Protokoll der Sitzung vom 16.09.2016

Das haben vermutlich die Grünen in den Antrag geschmuggelt, denn das ist eine eindeutige Aussage gegen die unflexible Braunkohle.

Wenn Sie das doch wissen, warum weigern Sie sich dann beharrlich, unserer Forderung nach einem Braunkohleausstiegsgesetz zu folgen? Die Frage geht auch an Herrn Duin, der gestern wohl dieses

schöne Zitat gebracht hat: Es ist alles bekannt, wir halten zu lange an den alten Technologien fest. – Das Braunkohleausstiegsgesetz wird dennoch brüsk abgelehnt. Das finden wir komisch. Dem Antrag werden wir aber zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schmalenbach. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Remmel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mich wundert schon – um das an dieser Stelle klar zu sagen –, dass bei einem so fundierten, fachlich ausgereiften Antrag durch Herrn Deppe und Herrn Brockes vonseiten der Opposition nur Reflexe zu hören sind.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Jo- sef Hovenjürgen [CDU]: Ach!)

Das ist der Sache nicht angemessen. Denn wir haben hier ein faktisches Problem, das auf der Strecke für den Standort Nordrhein-Westfalen von besonderer Bedeutung ist und für das wir Lösungen brauchen. Wenn ich dann aber die Äußerungen von Ihnen auf den Sachgehalt abklopfe, dann bleibt nicht viel übrig. Mir graut vor der Zeit – um es ehrlich zu sagen –, wenn Sie in diesem Land tatsächlich Verantwortung übernehmen müssten. Da ist nichts an inhaltlicher Substanz, auf die Sie dann aufbauen könnten.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Dr. Joachim Stamp [FDP]: Warten Sie mal ab!)

Das ist der gleiche Fehler – und mich beschleicht der Gedanke, dass das noch nicht einmal damit zusammenhängt, dass Sie sich fachlich damit nicht beschäftigt hätten, sondern das hat politische Strategie und ist systematisch...

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Kümmern Sie sich doch um Ihr Haus!)

Herr Stamp, lassen Sie mich doch den Sachverhalt kurz erläutern. – Das ist der gleiche Fehler, der von Ihrer Seite nach dem Atomausstieg 2002 und 2003 gemacht worden ist. Sie haben sich nicht damit beschäftigt, welche Alternativen aufgebaut werden müssen. Wir haben deshalb jetzt das Problem, diesen zeitlichen Druck. Und genau diesen Fehler wiederholen Sie an dieser Stelle.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es ist in der Tat unzweifelhaft, dass Nordrhein-Westfalen in der Speicherfrage andere Interessen verfolgt

als die Bundesregierung. Wir haben hier einen offenen Dissens. Es wird von uns auch gar nicht bestritten, dass er vorhanden ist. Das hat mehrerlei Gründe; Herr van den Berg hat es dargestellt. Wir sind ein Industriestandort, und wir brauchen Versorgungssicherheit. Wir müssen jetzt die Planung und die Projekte auf den Weg bringen, um 2025 alles parat zu haben. Gar keine Frage! Versorgungssicherheit ist ein hohes ökonomisches und ökologisches Gut, das wir als Standortstärke für diesen Standort auch weiter sichern müssen. – Das zum einen.

Zum Zweiten sage ich Ihnen hier und heute: Nordrhein-Westfalen hat die zentrale räumliche Funktion, wenn es um Speicher in der Bundesrepublik geht. Wir sind in der Nord-Süd-Achse entscheidend, und wir sind auch in der Ost-West-Achse entscheidend. Die Zukunftsoption für Nordrhein-Westfalen ist deshalb tatsächlich, zu einem Speicherland zu werden.

Wenn Sie sich mal den Forschungsetat anschauen, wenn Sie sich mal umschauen, wo wir Entscheidungen getroffen haben, um europäische Mittel zu konzentrieren: Es gibt kein anderes Bundesland, das diese Prioritätensetzung vorgenommen hat, gerade in Speicherforschung, Energieforschung und im Bereich der erneuerbaren Energien die Mittel der Europäischen Union zusammen mit Landesmitteln zu präzisieren und auch zu priorisieren. 25 % hat kein anderes Bundesland. Insofern brauchen wir uns an dieser Stelle überhaupt nichts vorwerfen zu lassen.

Herr Minister, würden Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Schmitz von der FDP-Fraktion zulassen?

Sehr gerne.

Danke, Herr Minister, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Herr Minister, Sie werfen uns vor, wir hätten keine Substanz. Die FDP betreibt aber eine realistische Energiepolitik – da stimmen Sie mir zu.

(Unruhe)

Stimmen Sie mir zu, dass die Speicherforschung im Moment noch in den Kinderschuhen steckt und wir noch einige Zeit brauchen werden, bis ein entsprechender Energiespeicher geschaffen ist, der sich rechnet, und wir so lange einen Speichermix nutzen müssen, der auch die konventionellen Speicher gebraucht?

Es tut mir leid, Frau Kollegin, aber Ihre Frage ist der Beweis dafür, dass keine Substanz vorhanden ist.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

Was verstehen Sie unter konventionellen Speichern? Wir haben konventionelle Kraftwerke.

Speichertechnologien werden in der Tat entwickelt. Aber alles das, was wir bräuchten, liegt auf der Hand, ist vorhanden. Wir haben die Gutachten. Wir haben die Rahmenbedingungen. Es gibt potenzielle Investoren.

Warum funktioniert das nicht? Weil der Markt nicht orientiert ist und wir keine Rahmenbedingungen von der Bundesregierung bekommen, dass im Markt investiert wird. Die Investoren stehen da, die Technik ist vorhanden. Wir könnten sofort loslegen – mit mehreren Projekten in Nordrhein-Westfalen: Pumpspeicherkraftwerken, Speicherkraftwerken unter Tage – verschiedenen Technologien, die entwickelt sind. Das ist nicht das Thema. Wir müssen in die Investition und Planung kommen. Das muss in den nächsten zehn Jahren realisiert werden.

Und da wäre Ihre Unterstützung gegenüber der Bundesregierung entscheidend. Aber Sie meinen ja, wir kommen mit den Dingen aus, die vorhanden sind. Das passt aber nicht in ein neues Energiesystem, bei dem Netze und Speicher genauso wie neue Kraftwerke relevant sind, damit das funktioniert.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Minister, es liegt eine Frage des Kollegen Deppe vor. Möchten Sie diese zulassen?

Sehr gern.

Herr Minister, der Landtag hat 2014 auf Antrag der Regierungsfraktionen beschlossen – ich darf zitieren –:

„Der Landtag fordert die Landesregierung auf, … bei den künftigen Entscheidungen zu Strommarktdesign und Energiewende darauf hinzuwirken, verlässliche ökonomische Rahmenbedingungen zu schaffen, um Investitions- und Planungssicherheit“

auch für Pumpspeicherkraftwerke –

„zu gewährleisten.“

Ich denke, das ist unstrittig. Aber das Hohe Haus würde jetzt sicher interessieren: Was für Modelle hat die Landesregierung denn erarbeitet und vorgelegt?

Und was hat sie dafür getan, dass die Bundesregierung entsprechend in diese Richtung tätig wird?

Bitte schön, Herr Minister.

Vielen Dank für die Frage. – Wir haben natürlich den Auftrag des Landes vollständig umgesetzt. Wir haben gegenüber dem Ausschuss dokumentiert, an welcher Stelle wir uns im Bundesrat eingesetzt haben. Aber: Der Bundesrat hat hierzu Beschlüsse gefasst, die die Bundesregierung leider nicht umgesetzt hat. Das ist der Punkt.

Die Bundesregierung hat die Auffassung – und da liegen wir im Streit –, dass wir Speicher erst ab einem Kapazitätsanteil von gut 70 % erneuerbarer Energien brauchen. Das halte ich für falsch, das hält die Landesregierung für falsch. Wir brauchen jetzt die Investitionen. Die Planungen müssen jetzt beginnen. Deswegen braucht es jetzt Rahmenbedingungen, Marktbedingungen, damit Unternehmen investieren.

Ein Punkt, der sehr stört, ist, dass auf Pumpspeicherstrom sozusagen zweifach Umlage gezahlt wird. Sowohl wenn er in das Pumpspeicherwerk reingeht als auch wenn er rausgeht, muss Umlage gezahlt werden. Ich halte das für völlig falsch. Das ist kein Anreiz, dass investiert wird. Das zu ändern, haben wir mehrfach im Bundesrat gefordert. Der Bundesrat ist uns gefolgt. Aber die Bundesregierung will das nicht umsetzen.

Wir haben in Nordrhein-Westfalen im Haushalt ein Extraprogramm, um die Planungskosten für Speicherkraftwerke zu unterstützen. Auch das hat kein anderes Bundesland.

Ich will Ihnen sagen, wo der politische Konflikt auf Bundesebene liegt: Verständlicherweise möchte die Bundesregierung nicht, dass die Kosten der Energiewende ins Exorbitante steigen.

Sie hat sich aber an einer Stelle erpressen lassen, wo es darum ging, dem bayerischen Ministerpräsidenten nicht nur eine Extrabratwurst zu genehmigen, sondern eine ganze Wurstfabrik! Es ging um die Frage der Leitung. Der ganze Kram, der da gemacht werden muss, kostet uns 3 Milliarden €. Diese 3 Milliarden € in Speichertechnologien in Nordrhein-Westfalen zu investieren, wäre die richtige Entscheidung in Sachen Energiewende gewesen.

(Beifall von den GRÜNEN und Minister Mi- chael Groschek)

Herr Minister, es gibt eine weitere Frage des Kollegen Priggen.

Sehr gern.

Herzlichen Dank, Herr Minister. – Weil sich der Kollege Deppe gerade gemeldet hat: Erinnere ich mich richtig, die weitestgehende Planung für einen Pumpspeicher in Nordrhein-Westfalen, am Rursee in der Eifel, vorangetrieben von der Trianel, im Prinzip die größte Investition in der Eifel in der Geschichte der Bundesrepublik, ist im Regionalrat in Köln gescheitert?

(Zurufe von der CDU: Nein, nein! – Zuruf von der SPD: Oh ja!)

Herr Kollege Priggen, Ihre Erinnerung trügt sie nicht. Ich habe noch die Debatten im Ohr, wo plötzlich sozusagen der Regionalrat die Landespolitik bei der CDU bestimmt hat. Leider! Schade. Aber ich denke, wenn die Rahmenbedingungen entsprechend sind, können wir auch hier erneut daran anknüpfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen Ihre Unterstützung, wir brauchen die Unterstützung des Parlaments, von allen Fraktionen, um in Berlin für die notwendigen Rahmenbedingungen zu sorgen. Wir stehen parat, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. – Herzlichen Dank.