Protokoll der Sitzung vom 21.03.2013

Sie haben übrigens auch nicht mit den Beteiligten geredet und sie an einen Tisch geholt, wie ich es im Rahmen des Krippengipfels getan habe und auch weiterhin tun werde.

Nach den aktuellen Zahlen, die die Jugendämter – das ist mir ganz wichtig – am vergangenen Freitag gemeldet haben, trägt dieses große Engagement aller Beteiligten, für das ich mich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich bedanken möchte, endlich Früchte. Wir haben beim Platzangebot einen riesigen Schritt nach vorne gemacht. Insgesamt kommen im Kindergartenjahr 2013/2014 landesweit 27.804 neue Plätze hinzu, davon allein 22.000 Plätze in Kindertageseinrichtungen. Damit stehen insgesamt in Nordrhein-Westfalen ab dem 1. August 144.883 Plätze für die Betreuung der unterdreijährigen Kinder zur Verfügung.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

In Anbetracht der demografischen Entwicklung ist das eine landesweite Betreuungsquote von 33,1 %. Damit liegen wir über der vom Deutschen Jugendinstitut für NRW seinerzeit festgestellten Betreuungsquote von durchschnittlich 32 %, die im Jahr 2007 den im Rahmen des Krippengipfels vereinbarten Ausbauplanungen zugrunde gelegt worden ist.

Wenn wir nur die Rechtsanspruchskinder, also mit anderen Worten zwei Jahrgänge – nämlich die ein- und zweijährigen Kinder – in den Blick nehmen, kommen wir landesweit sogar auf eine Betreuungsquote von 49,2 %. Dabei haben wir im Land sicherlich eine große Spannbreite, die darauf beruht, dass die Bedarfe vor Ort unterschiedlich sind. Sicherlich

müssen wir jetzt die regionale Entwicklung im Blick behalten.

Die Umsetzung des Rechtsanspruches zum

1. August 2013 ist in Anbetracht dieser Zahlen jetzt auch realistisch. Es ist realistisch, weil wir 2010 den Hebel umgelegt haben. Ich sage allerdings ausdrücklich, dies ist ein Etappenziel. Wir haben in den nächsten Wochen und Monaten und danach noch große Aufgaben zu lösen. Daran arbeiten wir so konsequent weiter wie bisher.

Wir lösen Probleme, meine Damen und Herren von der Opposition, Sie beschwören Probleme und manchmal erfinden Sie Probleme. Sie hatten sich ganz lange darauf festgelegt, dass 144.000 Plätze im nächsten Kita-Jahr nicht zu schaffen sind. Sie haben sich in der CDU- und der FDP-Fraktion in der Kassandra-Rolle verfangen. Ich kann noch einmal Herrn Tenhumberg vom 24. Januar 2013 zitieren:

„Trotz dieser leidvollen Erfahrungen und der Unfähigkeit, das Versagen einzugestehen, versprechen Sie von Rot-Grün wider besseres Wissen zum 1. August dieses Jahres 144.000 U3Betreuungsplätze, davon 106.200 im Kita-Bereich. Nach dem bisherigen Desaster glaubt Ihnen das keiner mehr.

Meine Damen und Herren, es ist vollkommen schleierhaft, wie die zuständige Ministerin die landesweit fehlenden Betreuungsplätze schaffen will. Die Ausbaudynamik ist erlahmt. … Diese Landesregierung stochert im Dunkeln! Kein Flächenland in Deutschland ist derzeit so weit davon entfernt, die versprochenen Vorgaben zu erfüllen, wie Nordrhein-Westfalen.“

Herr Tenhumberg, anstatt der 106.200 Plätze im Kita-Bereich haben wir jetzt 106.657. Das möchte ich an dieser Stelle nur noch einmal deutlich sagen. Mein Rat ist: Würdigen Sie die Leistung aller Beteiligten! Wenn Sie die der Landesregierung nicht würdigen wollen, dann würdigen Sie doch bitte die Leistung der Kommunen und der Träger, die sich mit uns gemeinsam unglaublich angestrengt haben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ihre Fragestellung und Ihr Verhalten lassen aber befürchten, dass Sie das eigentlich gar nicht interessiert. Vielmehr erwecken Sie zunehmend den Eindruck, dass Sie nicht damit zurechtkommen, dass wir den Karren, den Herr Laschet damals in den Dreck gestellt hat, wieder flottgemacht haben. Ihnen geht es offenbar nur um das politische Kalkül, wenn ich Ihre Pressemitteilung lese

(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

lesen Sie einmal die Pressemitteilungen von Herrn Hafke und von Herrn Tenhumberg, Herr Dr. Stamp –, und das zulasten der vielen Eltern und Kinder im Land.

Jetzt zu Herrn Düngel: Es geht um die Bedarfe. Die konkreten örtlichen Bedarfe stellen die örtlichen Jugendämter fest. Das ist auch ihre Aufgabe als örtliche Träger der Jugendhilfe. Das ist jetzt nicht ein Phänomen in Nordrhein-Westfalen, sondern das gilt für alle anderen Flächenstaaten. Das heißt, der Bedarf wird auf der örtlichen Ebene festgestellt und nicht zentral.

Dabei stehen allerdings die gemeldeten Platzzahlen, die die Jugendämter jetzt an uns gemeldet haben, in einem Zusammenhang mit dem örtlichen Bedarf, denn die Basis der örtlichen Jugendhilfeplanung – das ist der Kern der kommunalen Selbstverwaltung – ist der Bedarf der Eltern.

Die Bedarfsfeststellung erfolgt in den Jugendämtern sehr unterschiedlich. Manche Kommunen bedienen sich örtlicher Befragungen von Eltern und bemühen das gleiche Institut, das auch die Bundesregierung bemüht hat, um die Länderprognosen zu entwickeln. Einige Kommunen haben bereits elektronische Anmeldesysteme, und sicherlich fließen auch die Erfahrungen der örtlichen Gegebenheiten darüber, was üblicherweise an Anmeldungen ankommt, in die Planungen ein.

Letztlich sind das bei der erstmaligen Umsetzung des Rechtsanspruchs – das ist zum 01.08.2013 – Prognosen und Hochrechnungen. Ob nämlich die anhand von Befragungen ermittelten Bedarfe tatsächlich realisiert werden, das zeigt sich nun erstmals zum Kindergartenjahr 2013/2014. Das konkretisiert sich zurzeit vor Ort in einem Prozess, in dem alle Eltern, Einrichtungen, Tagespflegepersonen und die örtlichen Jugendämter beteiligt sind.

Dabei muss man berücksichtigen – das ist ganz wichtig –, dass Eltern nicht verpflichtet sind, ihren Bedarf beim örtlichen Jugendamt anzumelden. Sie können vielmehr an mehreren Kindertageseinrichtungen Anmeldungen abgeben, ganz direkt und ganz zentral. Sogar das örtliche Jugendamt weiß das nicht. Erst im Laufe des Prozesses der Rückmeldungen der Träger der Einrichtungen an die Eltern konkretisiert sich tatsächlich, wie die Wünsche der Eltern auch berücksichtigt werden können. Wenn Eltern dann nicht berücksichtigt werden, erst dann melden sie sich beim kommunalen Jugendamt. Das ist die Situation, was die Bedarfe angeht. Ich hoffe, ich konnte damit zur Aufklärung beitragen, wie sich das Bild in Nordrhein-Westfalen darstellt. – Herzlichen Dank.

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für eine erste Nachfrage erteile ich Herrn Kollegen Hafke das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Frau Ministerin für die Beantwortung der Fragen.

Ich möchte das Ganze von Ihnen noch etwas präzisierter in Erfahrung bringen und wissen, ob Sie dem Parlament darlegen können, wie die Situation beim Bedarf tatsächlich aussieht.

Sie haben am 19.03. die aktuellen Zahlen bei den U3-Plätzen in einer Pressekonferenz vorgestellt. Mich interessiert, welche Informationen der Landesregierung vorliegen, dass mit den vorgelegten Zahlen zum Beispiel in den Städten Duisburg, Dortmund und Wuppertal, wo die Betreuungsquote bei 26 % nach Ihren Aussagen liegt, tatsächlich die Elternnachfrage gedeckt werden kann bzw. die Umsetzung des Rechtsanspruches damit auch gewährleistet ist.

Frau Ministerin, bitte.

Herr Hafke, ich dachte, ich hätte das gerade ausführlich dargelegt.

Es ist so, dass die kommunalen Jugendämter die Bedarfe ermitteln und nicht das Land und dass die kommunalen Jugendämter kommunale Jugendhilfeplanungen machen. Sie können diese vornehmen, indem sie eine Befragung durchführen, indem sie auf ihren Erfahrungswerten aufbauen. Es ist aber nicht so, dass die Eltern ihre Bedarfe beim kommunalen Jugendamt jetzt zum Beispiel zum 15.03. angemeldet haben. Die Eltern gehen vielmehr zu einer Kita, dann gehen viele zu noch einer Kita. Manche Eltern versuchen es an fünf oder sechs Kitas gleichzeitig. Jetzt muss ich doch erst einmal klären, was tatsächlich passiert. Welche Kita welches Kind annimmt, das liegt auch in der Verantwortung der Kindertageseinrichtung.

Wenn sich das konkretisiert hat – das ist ein ziemlich aufwendiger Prozess, der zurzeit auf der kommunalen Ebene läuft –, wissen wir am Ende des Tages erst, welche Eltern keinen Platz für ihr Kind in einer Kita bekommen haben oder keinen Platz in einer Kindertagespflege. Die haben dann alles Recht, zum kommunalen Jugendamt zu gehen und zu sagen, ich habe einen Rechtsanspruch auf einen U3-Platz. In diesem Umfang muss das Jugendamt diesen Anspruch dann auch bedienen. So ist das Verfahren.

Das heißt, wir können nicht die Mehrfachanmeldungen in irgendeiner Weise erfassen. Ich weiß nicht, wie Sie sich das konkret und pragmatisch vorstellen.

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Eine weitere Frage stellt Herr Kollege Brockes.

Vielen Dank. – Frau Ministerin, wenn Eltern für ihr Kind doch keinen Platz bekommen und den Klageweg beschreiten müssen, wer ist dann für diese Eltern der Klagegegner?

Dazu gibt es zwei Gutachten der kommunalen Spitzenverbände, die diese in Auftrag gegeben haben. In diesen Gutachten ist ausdrücklich gesagt worden, dass sich die Klage gegen die kommunalen Jugendämter richtet und nicht gegen das Land.

Vielen Dank. – Eine weitere Frage stellt Herr Kollege Busen.

Frau Ministerin, Sie haben gerade gesagt, 440 Millionen € hätten Sie zur Verfügung gestellt. Können Sie mir sagen, wie viele Plätze Sie damit geschaffen haben?

Wir haben zum gemeldeten Tag insgesamt über 106.000 Plätze in den Kindertageseinrichtungen, und wir haben 37.800 Plätze in der Kindertagespflege. Diesen liegt das Volumen von 440 Millionen € an Landesmitteln und 484 Millionen € an Bundesmitteln zugrunde. Ich kann Ihnen jetzt nicht auf einen Platz genau sagen, wie viel das ist, weil gleichzeitig Bundes- und Landesmittel in die Fläche des Landes ausgeschüttet worden sind.

Vielen Dank. – Der nächste Fragesteller ist Herr Kollege Lürbke.

Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Ministerin, unter welchen Voraussetzungen hält die Landesregierung die Deckung der Nachfrage an U3-Plätzen unter Zuhilfenahme sogenannter provisorischer Lösungen für vertretbar?

Frau Ministerin.

Wir haben bei allen Rückfragen immer wieder gesagt, dass es in NordrheinWestfalen auch bei der Schaffung zusätzlicher Plätze nicht um Qualitätseinbußen gehen darf, sondern dass Qualität alleroberste Priorität hat.

(Vorsitz: Präsidentin Carina Gödecke)

Jede Einrichtung, die geplant wird, in Betrieb genommen wird, bei der sich etwas verändert, unterliegt der Betriebserlaubnis des Landesjugendamtes, das das Kindeswohl an oberste Stelle aller Entscheidungen stellt.

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Die nächste Frage kommt von Herrn Kollegen Ellerbrock.

Frau Ministerin, ich gehöre zu denen, die es für unwahrscheinlich gehalten haben, dass die Kommunen die 144.000 Plätze bereitstellen. Das erreicht zu haben, ist eine tolle Leistung der Kommunen, die man einfach mal würdigen muss.

(Beifall von der SPD)

Daran anschließend stellt sich die Frage: Was verbirgt sich hinter diesem Rechtsanspruch? Wie viele Stunden müssen die Kitas geöffnet haben? Welche Entfernungen gibt es? Wie sehen die Stundenkontingente und die Öffnungszeiten aus? Können Sie dazu nähere Ausführungen machen?

Das mache ich gerne, Herr Ellerbrock. Bei den Anmeldungen, die wir für das Jahr 2013 haben, möchten 57 % der Eltern eine 45Stunden-Betreuung für ihr U3-Kind, über 30 % der Eltern möchten eine 35-Stunden-Betreuung für ihr U3-Kind und ca. 7 % der Eltern möchten eine 25Stunden-Betreuung für ihr U3-Kind. Daran wird deutlich, dass wir einen hohen Zeitanteil bedienen und dass der Ausbau der U3-Plätze nicht zulasten der Zeit gegangen ist, die den Eltern zur Verfügung gestellt wird.

Zu den Entfernungen kann ich Ihnen nur sagen, dass ich fest davon überzeugt bin, dass alle kommunalen Jugendämter alles dafür tun werden, Eltern auch wohnortnahe Einrichtungen anzubieten.

Weil es in den Medien gelegentlich anders dargestellt wird, will ich hier aber die Gelegenheit nutzen, klar zu sagen, dass sich der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz richtet. Der kann entweder in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege zur Verfügung gestellt werden. Der Bund hat vorgesehen, dass 70 % der Plätze in Kitas vorgehalten werden sollen und 30 % in der Kindertagespflege. In Nordrhein-Westfalen haben wir jetzt 74 % in der Kindertagespflege

(Zuruf: Das wäre ja ein Ding!)

Entschuldigung: 74 % in den Kitas und 26 % in der Kindertagespflege. Ja, das wäre echt ein Ding.