Protokoll der Sitzung vom 21.03.2013

Wir haben natürlich auch anteilige Ansätze in jenen Kultureinrichtungen. Wir haben darüber hinaus häufig auch noch Kultureinrichtungen für Kinder und Jugendliche im Bereich der Bildung, die praktisch durch ihre Einrichtung selbst schon ein Spezifikum darstellen. Ich nenne nur einmal die Bibliotheken und die Musikschulen. Da wird eine Auflistung doch etwas schwierig.

Aber wenn wir noch einmal die Haltung und den Gesamtblick betrachten, dann müssen Sie sich fragen: Was ist ein möglicher Ordnungsrahmen? Diesen Ordnungsrahmen kann die Kommune darstellen. Deswegen ist es immens wichtig, dass wir eine kommunale Strategie kultureller Bildung entwickeln. Das ist einer der Wege. Auf Landesebene müssen wir schauen, wie wir es in vielen Bereichen entsprechend unterstützen können, auch ein Stück weit weg von dem Gedanken der Projektierung. Das sage ich ganz offen.

Auf die zweite Frage gehe ich nicht groß ein. Es ist vieles im Internet. Es ist nicht so, dass wir hier Projekte machen und darüber nicht sprechen. An den entsprechenden Stellen ist es durchaus transparent ersichtlich.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist beendet.

Ich beeile mich. – Ich komme noch zu dem Punkt, ob die Zusammenführung Sinn macht. Wenn man zusammenführt, muss es einen Mehrwert haben. Diesen Mehrwert sehe ich derzeit in dieser Form nicht.

Noch einmal: Wichtig sind die Gesamtkonzeptionen der kulturellen Bildung in den Kommunen. Es ist ebenfalls wichtig – auch das noch einmal zur Haushaltsführung –: Ich kann nicht flächendeckend alle erreichende kultureller Bildung, die teuer ist, an

mahnen und gleichzeitig immer wieder skandalisieren, dass dieser Haushalt die Schuldenbreme nicht entsprechend einhält. Davon muss man ein Stück weit wegkommen.

Ihre Redezeit ist um eine Minute überzogen.

Das ist der letzte Satz. – Sie haben beim letzten Mal die Nautik angesprochen. Deswegen antworte ich noch einmal mit der Nautik. Mit dem Antrag haben wir noch keinen gemeinsamen Ankerplatz gefunden. Selbstverständlich überweisen, selbstverständlich über kulturelle Bildung reden! – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bialas. – Für die CDU

Landtagsfraktion spricht Herr Prof. Dr. Dr. Sternberg.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen, meine Herren! In Nordrhein-Westfalen gab es einmal von 1946 bis 1995 ein Kultusministerium. Dieses Kultusministerium hatte die klassischen Bereiche Schule, Wissenschaft und Kultur. In der Kultusministerkonferenz hat sich der Begriff noch gehalten, obwohl es solche Kultusministerien nur noch in drei Ländern gibt: in Thüringen, in MecklenburgVorpommern und in Rheinland-Pfalz.

Seit 1995 ist die Kultur in andere Ministerien abgewandert, und zwar in ganz unterschiedliche Bereiche, bis sie dann 2005 in die Staatskanzlei geholt wurde und mit einem eigenen Staatssekretär, mit Herrn Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, besetzt wurde. Jetzt ist sie wieder Anhängsel und fünftes Rad am Wagen zusammen mit Familie, Kindern, Frauen, Jugend, Senioren und Sport, wahrscheinlich auch noch Freizeit und Erholung und rangiert jetzt unter „ferner liefen“.

Warum sage ich das? Die Trennung der Kultur von der Bildung war ein verhängnisvoller Fehler. Denn heute wird Kultur sehr häufig in dem Kontext von Freizeitgestaltung wahrgenommen. Wenn jedoch Kultur nur eine Form der Zerstreuung, des Entertainments und der Events meint, dann hat sie ihre Förderungslegitimation verloren.

Meine Damen und Herren, kulturelle Bildung ist streng genommen eine Tautologie. Kultur hat eigentlich immer mit Bildung zu tun. Der Begriff taucht übrigens zum ersten Mal bei Cicero auf. Er verwendet ihn als cultura animi, als die Pflege des Geistes, und so wurde er auch immer gebraucht.

Am 11. April wird zum ersten Dialogtreffen der kulturellen Bildung in Frankfurt am Main eingeladen – eine ganz frische Einladung –, und das findet unter dem schönen Titel – den finde ich wunderbar – „Kultur bildet“ statt. Der Titel ist genau richtig.

Wenn wir jetzt strenger über kulturelle Bildung sprechen, handelt es sich um ein absolutes MegaThema der Kulturpolitik. Vor wenigen Wochen stellte die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e. V. in Remscheid das neue Handbuch „Kulturelle Bildung“ vor. Auf über 1.000 Seiten werden in 88 Beiträgen die verschiedenen Aspekte unseres Themas diskutiert. Die neue Bundesministerin Johanna Wanka stellt übrigens darin dar, wie in Niedersachsen bis zum Regierungswechsel in diesem Jahr kulturelle Bildung als Querschnittaufgabe begriffen wurde.

Der Schlussbericht der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ behandelte 2007 das Thema auf immerhin 47 Seiten. Die dortigen Handlungsempfehlungen an die Länder sind nach wie vor außerordentlich lesenswert.

Bezeichnend ist, dass der Text – da schließe ich an Kollegen Bialas an – bei der Enquetekommission sehr nachdrücklich mit dem Kapitel beginnt: Kulturelle Bildung in der Lebensperspektive. Denn kulturelle Bildung kann nicht nur eine Sache für Kinder und Jugendliche sein, sondern sie reicht weiter über die Erwachsenenbildung bis hin zur Seniorenbildung.

In Nordrhein-Westfalen wurden wir 2005 einmal zum Musterland der kulturellen Bildung mit dem Programm „Kultur und Schule“, das bis heute erfolgreich läuft, mit dem neuen Etatposten „Interkulturelle Kulturarbeit“ und nicht zuletzt mit dem großen Modellprojekt JeKi, dem größten Feldversuch der kulturellen Bildung, den es in Deutschland je gab, und seinen Ablegern JeKiSS. Es war der erste und wichtigste Beitrag zur Kulturhauptstadt Ruhr 2010.

Damit sind wir schon beim Kernproblem. Natürlich war immer klar, dass das einen Versuchscharakter hatte und die Kulturhauptstadt die Begrenzung auf das Ruhrgebiet legitimierte. Wir haben die Ausweitung damals durch erste Haushaltsansätze und eine Evaluation vorbereitet. Trotzdem wird das Programm seit 2010 auf das Ruhrgebiet begrenzt. Sie können JeKi verändern, vereinfachen, reduzieren, erweitern, Sie können ganz vieles machen – nur eine Einschränkung auf das Ruhrgebiet ist durch nichts zu legitimieren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Die Ministerpräsidentin hat gestern gesagt, die kulturelle Bildung werde weiter gefördert im Sinne der Kinder in unserem Land. Man muss hier wohl einschränken: Gemeint sind vor allem Kinder im Ruhrgebiet.

Herr Abgeordneter, würden Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Priggen zulassen?

Aber immer gern.

Herr Kollege Priggen, bitte schön.

Ganz herzlichen Dank, Herr Prof. Sternberg, für die Zulassung der Zwischenfrage. Wenn ich es richtig weiß, dann ist in diese Stiftung außer 25.000 € Kapital keine weitere Zustiftung geflossen. Nur das Land NordrheinWestfalen gibt über 8 Millionen € im Jahr hinein. Meine Frage: Müsste nicht eigentlich festgestellt werden, dass dieses Projekt gescheitert ist, wenn niemand anderes eingestiegen ist und es mitfinanziert?

Herr Prof. Sternberg.

Herr Priggen, das beantworte ich sehr gerne. Es ist so, dass in dieses Projekt im Ruhrgebiet tatsächlich nachher keiner mehr eingestiegen ist. Aber das Projekt ist mehrfach kopiert worden, und zwar nicht nur in Deutschland. Es ist durchaus ein Modell geworden.

Ich habe vorhin bereits gesagt: Ich kann mir vorstellen, JeKi deutlich zu verändern, auch deutlich günstiger zu machen. Damit habe ich kein Problem. Nur die Begrenzung auf das Ruhrgebiet in der jetzigen Form, die ist nicht zu legitimieren.

(Beifall von Angela Freimuth [FDP])

Wenn wir uns das nicht für das ganze Land leisten können, dann bin ich doch für alles zu haben, dann müssen wir es ändern. Aber die Begrenzung aufs Ruhrgebiet ist eine unverantwortliche Bevorzugung der Kommunen des Ruhrgebietes gegenüber den anderen Kommunen im Land Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von Angela Freimuth [FDP])

Meine Damen und Herren, ich komme noch zu anderen Themen. Gestern haben die Koalitionsfraktionen in den Etatverhandlungen ja noch die Kurve gekriegt und die 500.000 € Kürzungen im Titel „Kunst und Kultur für Kinder und Jugendliche“ zurückgenommen. Aber eines bleibt: Die Kürzungen in Höhe von 13,5 Millionen € im Kulturetat werden sich auf alle Titel auswirken. Irgendwann braucht auch die Kunststiftung wieder einen Ankaufsetat. Irgendwann braucht man auch wieder freie Mittel für besondere Projekte. Das Geld fehlt.

Deshalb haben wir gestern trotz unseres klaren Sparwillens einen Antrag gestellt, die Kulturkürzungen vollständig zurückzunehmen. Wir bleiben bei unserem Prinzip und dem der Bundesregierung, dass die Kultur aufwachsen kann, auch wenn man die Haushalte konsolidiert. Unsere Regierung hat bis 2008 gezeigt – die Bundesregierung heute –, dass Konsolidierung und Gestaltung keine Gegensätze sind. Es kommt darauf an, dass man Kultur ernst nimmt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, es wäre über vieles zu reden. Es wäre zu reden über Schulpolitik, die viel mit kultureller Bildung zu tun hat. Es wäre zu reden über außerschulische Lernorte. Ich kann darauf aber jetzt nicht eingehen.

Der Antrag, der hier vorliegt, verfolgt das Ziel der Erfassung und Systematisierung der kulturellen Bildung und ihre Einbindung in ein stimmiges Konzept. Nachdem wir jetzt mehr als zwei Jahre immer wieder auf ein ominöses Kulturfördergesetz verwiesen worden sind, das alle kulturpolitischen Fragen dieser Welt klären soll, sollten wir uns jetzt in einem wichtigen Teilbereich an die Arbeit machen, etwas erarbeiten, strukturieren. Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Prof. Sternberg. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Kollege Abel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit dem beginnen, was die Ministerpräsidentin gestern in der Generaldebatte zum Haushalt gesagt hat. Aus meiner Erinnerung: Wir alle wissen, wie wichtig kulturelle Bildung gerade für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen ist. Da geht es in der Tat um Teilhabe. Gerade in diesem Alter entwickeln junge Menschen eigene kulturelle Interessen. Wir müssen ihnen alle Chancen geben, die Kreativität zu erproben und sich mit Kunst und Kultur vertraut zu machen.

Ich habe das hier gerne wiederholt, weil ich es bemerkenswert finde, dass sie das in der Generaldebatte erwähnt hat. Das zeigt den Stellenwert der kulturellen Bildung. „Kein Kind zurücklassen“ bedeutet eben auch, den Zugang zu Kunst und Kultur für alle zu ermöglichen. Das sehen wir als Fraktionen von Grünen und SPD so, das sieht die Landesregierung so, voran Ministerin Schäfer.

(Beifall von Reiner Priggen [GRÜNE])

Und das, meine Damen und Herren, ist auch Ausdruck der Erkenntnis, dass wir die Herausforderungen der Zukunft ohne die Kultur nicht werden bewältigen können, dass zu guter Bildung eben nicht nur

guter Unterricht gehört, sondern dass gerade Theaterbesuche, Lektüre von Büchern, Musik machen, Musik hören, Texte schreiben junge Menschen bewegen können.

Die Potenziale, die wir dadurch heben können, sind ein riesiger Schatz, von dem wir alle profitieren können. Ich meine das nicht ökonomisch. Aber es ist nicht von der Hand zu weisen, dass kreative Potenziale auch für die Wirtschaft immer wichtiger werden.

Meine Damen und Herren, genau deswegen satteln wir in diesen Bereichen drauf – trotz schwieriger Haushaltslage.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir haben seit Regierungsübernahme für Zuwächse bei Kunst und Kultur für Kinder und Jugendliche gesorgt, inklusive dem Kulturrucksack, der landauf, landab in vielen Kommunen gepackt wird.

Aktuell haben wir mit dem verabschiedeten Haushalt eine halbe Million Euro draufgelegt. Wenn Sie schauen, wo wir begonnen haben, und sehen, dass wir jetzt jedes Jahr 7,9 Millionen € alleine in diese Projekte geben – JeKi nicht mit eingerechnet –, dann zeigt Ihnen das doch bei einem Gesamtetat von etwas mehr als 182 Millionen €, wo die Prioritäten liegen.