Ich sage Ihnen: Wenn in einer ähnlichen Situation – wir hatten solche Situationen in den fünf Jahren, in denen wir Verantwortung in diesem Land getragen haben – die Regierung Rüttgers, die Wirtschaftsministerin Thoben, der Arbeitsminister Laumann sich so verhalten hätten, wie Sie sich in den letzten sechs Monaten verhalten haben, Sie hätten uns zu Recht – zu Recht! – durch die Arena gezogen und uns vorgeworfen, dass wir die Interessen der Menschen dieses Landes nicht wahrnehmen.
Und das müssen wir Ihnen hier vorwerfen: Sie nehmen die Interessen der Menschen NordrheinWestfalens nicht wahr, weil Sie tatenlos zusehen, wie ein Unternehmen einen Standort schließt, der gute Arbeit geleistet hat!
Aber es ist nicht zu spät. Sie haben hier heute die Gelegenheit, zu erklären, wie Sie gedenken, sich in den nächsten Wochen und Monaten zu verhalten. In Ihrer Rede, Frau Ministerpräsidentin, haben Sie dazu kein Wort gesagt. Darum fordere ich Sie noch einmal ausdrücklich auf: Erklären Sie den Betriebsräten von Opel, erklären Sie den Menschen im Ruhrgebiet, in Bochum, erklären Sie der Bevölkerung in diesem Land, was Sie in den nächsten Wochen und Monaten tun werden, um die Situation in Bochum zumindest abzumildern, wenn Sie sie schon nicht abwenden können.
Ich glaube, es ist jetzt Ihre Aufgabe, Brücken zu bauen. Es ist Ihre Aufgabe – wie Karl-Josef Laumann es gesagt hat –, die Sprachlosigkeit zu überwinden. Sie haben eine Mittlerfunktion. Sie dürfen jetzt nicht die Hände in den Schoß legen und sagen: Wir schau‘n mal. Es wird am Ende alles gut werden. – Nein! Sie müssen tätig werden. Sie müssen tatsächlich Perspektive für Bochum, Perspektive für die Opelaner, Perspektive für das Ruhrgebiet und damit für Nordrhein-Westfalen vom Zaun brechen. Da kann man sich nicht zurückziehen. Das ist nicht die liebe Landesmutter, die man da geben kann. Da muss man kämpfen. Da muss man kraftvoll
die Angelegenheiten der Menschen in diesem Land vertreten. Das haben Sie in der Vergangenheit nicht getan. Wir haben aber die große Hoffnung, dass Sie das jetzt tun.
Unsere Forderung an Sie ist ganz klar und eindeutig: Wir verlangen von Ihnen, dass Sie Sorge dafür tragen, dass die Menschen wieder miteinander reden, dass der Betriebsrat, die Gewerkschaft, das Management von Opel darüber sprechen, nicht nur,
wie es nach der Schließung des Werkes weitergeht, sondern auch, ob es nicht doch noch eine Möglichkeit gibt, Arbeitsplätze bei Opel über 2015 hinaus zu erhalten.
Das ist jetzt Ihre Aufgabe, diese Mittlerfunktion wahrzunehmen. Wir fordern Sie auf, diesem Hohen Hause heute zu erklären, wie Sie diese Verantwortung wahrzunehmen gedenken. Dann werden Sie Ihrer Aufgabe als Ministerpräsidentin gerecht. Dann werden Sie Ihrer Aufgabe als Landesregierung gerecht. Dann werden Sie auch die CDU -Fraktion dieses Hauses an Ihrer Seite haben.
Denn das eint uns am Ende allesamt: Wir wollen so viel Opel und so viele Arbeitsplätze wie möglich in Bochum erhalten. Aber dazu muss man etwas tun. Die werden nicht vom Himmel fallen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Betriebsrat bei Opel! Das gemeinsame, parteiübergreifende Motto im Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes NordrheinWestfalen war: Möglichst lange möglichst viel Opel in Bochum!
Dies ist ein richtiges Motto. Wir sollten gemeinsam daran arbeiten, das kleine Zeitfenster zu nutzen, das sich nach der Entscheidung des OpelAufsichtsrates am 17. April aufgetan hat, und gucken, welche Möglichkeiten es gibt, nachdem Opel beschlossen hat, keine Automobilproduktion in Bochum mehr nach dem Jahr 2014 aufrechterhalten zu wollen, welche Optionen es trotzdem gibt, möglichst viel Opel möglichst lange in Bochum zu halten. Dieses Zeitfenster ist jetzt da.
An dieses Zeitfenster und seine Nutzung sind Bedingungen zu stellen. Der Betriebsrat, die Gewerkschaften, aber auch die Arbeitgeber hängen mit vielen Fragen im Moment in der Luft, weil der Sanierungstarifvertrag in Bochum nicht angenommen worden ist. Wie sieht es mit bestimmten Komponenten aus? Wie sieht es mit Verteillagern etc. aus?
Ein gutes Signal dieses Hauses wäre ein einiges Signal gewesen, genauso wie es vonseiten des Wirtschaftsausschusses ausgegangen ist. Was hier
passiert ist, ist keine Politik. Das ist Parteipolitik. Ich will Ihnen ehrlich sagen: Für mich als Bochumer ist es beschämend, wie diese Debatte verlaufen ist. Sie hilft nicht; sie schadet dem, was wir eigentlich gemeinsam wollen.
Was ist Sinn und Zweck einer solchen Aktuellen Stunde? – Sinn und Zweck wäre es gewesen, den Betroffenen in Bochum in der jetzigen Situation Solidarität vor Ort zu zeigen, denjenigen, die um ihre Arbeitsplätze bangen. Das haben wir getan.
Der zweite Sinn und Zweck wäre gewesen, in Richtung des Unternehmens die Kritik zu transportieren, die berechtigterweise an der Aufstellung des Unternehmens in der Vergangenheit und in der gegenwärtigen Situation geübt worden ist.
Gleichzeitig wäre Sinn und Zweck ein geschlossenes Signal dieses Hauses gewesen, darüber mit den Verantwortlichen bei Opel sprechen zu wollen, wie es mit der Komponente aussieht, wie es mit Verteillagern aussieht und wie es vielleicht noch mit anderen Dingen aussieht, die in Bochum belassen werden können und bei denen es gute Standortvoraussetzungen gibt, um Opel im Wettbewerb der verschiedenen Standorte in Bochum zu halten. Dadurch könnten Flächen von Opel in Bochum nutzbar gehalten werden.
Was es heute gibt, ist ein zerstrittenes Signal dieses Hauses. Einigen Rednern ist es wichtiger, den Applaus aus den eigenen Reihen zu bekommen als die wirkliche Notwendigkeit zu beleuchten. Mich beschämt das zutiefst, Kolleginnen und Kollegen.
Ich habe mich auf diese Debatte gefreut, denn ich glaube, dass Bochum die Unterstützung gut gebrauchen kann.
Ich habe in der Oppositionszeit Verantwortung für die SPD in der Wirtschaftspolitik getragen, als es um Nokia ging. Natürlich habe ich damals deutlich angemahnt, was Regierungen tun müssen. Ich habe es oftmals in Gesprächen mit Herrn Baganz und Frau Thoben getan, aber nicht in der Öffentlichkeit. Ich habe mit ihnen über Dinge gesprochen, die ich wusste und die ich hätte nutzen können. Im Sinne der guten Sache habe ich es nicht getan, weil Ziel nicht eine Skandalisierung war, sondern von Nokia möglichst viel zu bekommen und möglichst gute Standortvoraussetzungen für die Flächen nach Abzug von Nokia zu schaffen.
Jetzt geht es eben auch darum, Opel deutlich zu machen, was Opel selbst noch möglichst lange in Bochum tun kann. Es geht darum, mit ihnen darüber zu reden, was auf den Flächen passiert, die sie
nicht brauchen, die sie auch dann nicht brauchen, wenn es noch möglichst lange möglichst viel Opel in Bochum gibt. Diese nicht benötigten Flächen gibt es ja schon heute.
Es ist richtig: Dazu gibt es einen gemeinsamen Auftritt, eine Arbeitsgruppe, eine Gesellschaft „Bochum Perspektive 2022“. Es wäre heute ein gutes Signal dieses Hauses gewesen, Opel deutlich zu machen, dass auch diese Gesellschaft kein Feigenblatt für das Image von Opel werden darf. Sie muss wirklich dem Standort dienen. Dazu gehört beispielsweise, die Grundstücke über kurz oder lang in eine solche Gesellschaft einzubringen und nicht den Eindruck zu erwecken, man möchte sich nur mit einem möglichst guten Image oder mit möglichst wenig Imageverlust vom Acker bzw. aus dem Staub machen. – Auch diese Chance ist heute verpasst worden. Auch das beschämt mich zutiefst.
Vielleicht nutzt mein Bochumer CDU-Kollege, der seinen Platz in der Redeliste gerade an den Kollegen Wittke für dessen Auftritt abgetreten hat, noch einmal die Gelegenheit, um deutlich zu machen, dass es eine breite Mehrheit in diesem Hause gibt, die gemeinsam von diesem Platz aus appelliert: Schaut doch, ob nicht Bereitschaft auf beiden Seiten des Verhandlungstisches besteht, um miteinander ins Gespräch zu kommen über das, was unter den jetzt vorhandenen Rahmenbedingungen „möglichst lange möglichst viel Opel in Bochum „bedeuten kann. – Das wäre mein Wunsch. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Herr Kollege Eiskirch, die Bereitschaft, gemeinsam zu appellieren, habe ich bereits der Debatte entnommen. Wir wollen aber auch wissen, wie die Landesregierung handeln will,
in welche Richtung die Landesregierung in dieser Frage agiert. Wir wollen es eben nicht beim Appell belassen.
Vor diesem Hintergrund war der Debattenbeitrag von Hannelore Kraft nun wirklich bemerkenswert. Frau Kraft, offensichtlich haben wir Ihnen auf den Nerv gebohrt, oder Sie empfinden inzwischen jede
Die Ministerpräsidentin war auf diese Debatte so unvorbereitet wie die Regierung insgesamt auf die Situation in Bochum unvorbereitet war.
Keine Strategie, keine Planung. Deshalb haben Sie auch nicht zur Sache gesprochen, Frau Ministerpräsidentin.