Protokoll der Sitzung vom 26.04.2013

Sicher, man hätte auf den Klausner-Vertrag komplett verzichten können. Das hätte dann aber wohl 30.000 Existenzen gekostet. Wenn die damalige Landesregierung dies gemacht hätte, würden Sie uns heute doch genau das vorwerfen.

Herr Rüße, es ist eben nicht so, dass es zu einfach ist, zu sagen, hinterher sei man immer schlauer. Im Übrigen ging das in die gleiche Richtung wie das, was Frau Watermann-Krass gesagt hat. Sie sagte, heute könnten wir nachvollziehen, was gewesen ist. Frau Watermann-Krass, Sie sagten eben, man habe sich damals nicht vorstellen können, welche Entwicklung die Preise nehmen würden. Genau das zeigt, was Sie an dieser Stelle tun: Sie messen mit zweierlei Maß. Mit dem Wissen von sechs weiteren Jahren tun Sie so, als hätte man vor sechs Jahren alles schon anders entscheiden können.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Watermann-Krass?

Ich gestatte immer noch keine Zwischenfrage.

Sie tun gerade so, als ob Sie mit einer rot-grünen Kristallkugel die Zukunft auch damals schon hätten voraussagen können. Wozu solche Blicke in eben diese rot-grüne Kristallkugel führen können, das haben wir in anderen Bereichen schon gesehen. Das

zeigt sehr schön, wie sehr Sie hier mit zweierlei Maß messen.

Der Grüne Fritz Kuhn schrieb einmal in einem Aufsatz, dass – ich zitiere – von dieser Technologie – in die Zukunft blickend – ökologische, technische und soziale Risiken ausgehen. – Gemeint waren der Videotext im Fernsehen und ISDN-Telefone.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, tun Sie nicht so, als hätten Sie die Weisheit mit Löffeln gegessen. Tun Sie nicht so, als wüssten Sie immer schon alles, was sich in der Zukunft entwickelt.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Klausner ist ein schwieriger Fall – keine Frage. Herr Kollege Rüße, Sie sagten eben, die Firma wäre so eine Art Heuschrecke der Branche. In diesem Sachzusammenhang können wir vielleicht die Heuschrecke durch den Borkenkäfer ersetzen. Ich frage mich aber schon, warum mit den übrigen A-Kunden auf einmal einvernehmliche Lösungen erreicht werden konnten, nur mit Klausner nicht. Deshalb stelle ich Ihnen noch einmal die Frage, die Ihnen der Kollege Busen eben gestellt hat und auf die wir keine Antwort bekommen haben: Liegt das vielleicht an der sozialdemokratischen Beraterin Frau Martini, die ihren Genossinnen und Genossen in NordrheinWestfalen das Leben so schwer macht?

Es wäre besser gewesen, sehr verehrte Damen und Herren, wir hätten an dieser Stelle über die Inklusion beraten. Nachdem wir am Mittwoch schon über Inklusion in der Schule gesprochen haben, gab es ja ein enormes Feedback für die Landesregierung. In der „Rheinischen Post“ hieß es „Städte kritisieren rot-grünes Inklusionsgesetz“. Bei den „Westfälischen Nachrichten“ war zu lesen: „Opposition zerpflückt Inklusionsplan“, und im WDR: „Harsche Kritik am rot-grünen Inklusionsgesetz“. Sie sehen also, wir hätten gut daran getan, uns mit diesem Thema auseinanderzusetzen, anstatt wenige Tage vor der nächsten wichtigen Entscheidung in Sachen Holz eine Diskussion im luftleeren Raum zu veranstalten. Mit diesem Gepolter zu ungelegten Eiern ist niemandem geholfen.

(Beifall von der FDP)

Herr Kollege Höne, Sie haben noch eine Kurzintervention abzuarbeiten. Herr Mostofizadeh hat sich gemeldet, um 90 Sekunden zu intervenieren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie werden dann Gelegenheit haben, innerhalb von 90 Sekunden darauf einzugehen. – Bitte schön, Herr Kollege Mostofizadeh.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Höne nennt uns aufgescheuchte Hühner und sagt, wir

würden in Glaskugeln gucken und dass der Kollege Mostofizadeh nach seinen Worten nur unqualifizierte Zwischenrufe macht und sich deswegen für Zwischenfragen nicht qualifiziert.

Herr Kollege Höne, bescheiden, wie Sie auftreten, vielleicht könnten Sie folgende Frage schlichtweg beantworten: Herr Busen hat vorhin vorgetragen, dass es auch nach Ablauf von nunmehr sieben Jahren aus seiner Sicht richtig war, diese Verträge abzuschließen. Sind auch Sie dieser Auffassung – entgegen dessen, was der Kollege Hovenjürgen hier meines Erachtens zutreffend vorgetragen hat, nämlich dass es falsch war, diese Verträge so abzuschließen und dass man auch schlauer werden und dazulernen kann? Oder sind Sie der Auffassung, dass wir aufgescheuchte Hühner sind und solche Fragen nicht beantwortet bekommen dürfen? Vielleicht beziehen Sie einmal Stellung und machen nicht nur Pöbelei in Richtung anderer Leute.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Mostofizadeh, ich finde es spannend, wenn Vertreterinnen und Vertreter der Koalitionsfraktionen davon sprechen, dazulernen zu können. Ich denke an die letzten drei verfassungswidrigen Haushalte. Soviel zum Thema „Wir lernen dazu, und die anderen tun es nicht“.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Der Kollege Busen hat eben gesagt: Ohne das Wissen, was wir heute haben, und mit dem Druck, der damals herrschte, musste irgendeine Kröte geschluckt werden. Er hat in keiner Weise gesagt: Wir würden es heute noch einmal genauso machen. Da schließe ich mich dem an, was der Kollege Hovenjürgen eben ausgeführt hat: Das war ein Fehler, man hätte das besser machen können. – Das aber wissen wir jetzt, damals wussten wir das nicht. Ebenso würden Sie wahrscheinlich behaupten, Sie hätten nicht gewusst, dass die verfassungswidrigen Haushalte – trotz der vielen Experten, die Sie eben auch immer angeführt haben – vor dem Gerichtshof in Münster keinen Bestand haben würden.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Danke schön, Herr Höne. – Nun spricht für die Piratenfraktion Herr Kollege Rohwedder.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne und auch außerhalb des Landtages! Ich möchte ein paar andere Aspekte, die hier noch nicht erwähnt wurden, in die Diskussion bringen.

Wir alle wissen nicht erst seit dem letzten Waldzustandsberichts des Umweltministeriums aus dem

Jahr 2012, dass die Situation in nordrheinwestfälischen Wäldern trotz zaghafter Ansätze zu Verbesserungen nach wie vor dramatisch ist.

(Zurufe: Mikro lauter!)

Konsequentes Handeln ist nach wie vor dringend notwendig. Nur ein Drittel der einheimischen Wälder weist keine Schäden auf. Die Ursachen sind seit Jahren bekannt: vor allem Schadstoffeinträge aus Industrie und Verkehr sowie die Intensivlandwirtschaft.

(Zurufe: Lauter!)

Ich bekomme die Rückmeldung, dass ich irgendwie zu leise bin.

Herr Kollege Rohwedder, es könnte auch daran liegen, dass es im Saal zu laut ist.

(Beifall von den PIRATEN)

Insofern versuchen Sie es noch einmal. Gehen Sie womöglich ein bisschen näher an das Mikrofon heran, oder heben Sie einfach die Stimme. Dann wird das schon gehen. – Bitte schön, Sie haben das Wort.

Gut. – Die Ursachen für den schlechten Zustand des Waldes sind seit Jahren bekannt: Es sind vor allem Schadstoffeinträge. Gelegentlich kommt aber auch einmal ein kleiner Sturm, der die Monokulturen umlegt.

Hier nun – mit Erlaubnis des Präsidiums – ein Zitat aus dem „Landesbetrieb Wald und Holz NordrheinWestfalen“:

„Der Wald ist unser Naturerbe, unsere grüne Lunge, er ist der wichtigste Kohlendioxidspeicher nach den Weltmeeren. Die Verwendung von nachhaltig produziertem Holz ersetzt Stahl, Beton, Aluminium und Co und erspart uns so noch einmal erhebliche Klimabelastungen.“

Die Landesregierung ist entsprechend gefordert, auch die Entwicklung standortgerechter, naturnaher und damit an den Klimawandel angepasster Wälder zu fördern und zu unterstützen. Die prägenden Rahmenbedingungen für die Waldwirtschaft in Nordrhein-Westfalen sind die hohe Bevölkerungsdichte, die große Zahl privater und kommunaler Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer neben dem Land selbst und die Holzwirtschaft mit bedeutenden Arbeitsplatzangeboten und zunehmendem ökonomischem Gewicht.

Dazu gehört dann eben auch die nachhaltige Sicherung und Entwicklung der Waldfunktion und der Holzwirtschaft für die Menschen hier in NordrheinWestfalen. Die zukunftsfähige Waldwirtschaftsstrategie muss daher für uns Piraten die drei Säulen der Nachhaltigkeit – die Ökologie, die Ökonomie und

auch die sozialen Belange wie Erholen und Lernen im Wald – in Einklang bringen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hovenjürgen?

Ja, gerne.

Das ist nett von Ihnen. – Bitte schön, Herr Hovenjürgen.

Sehr geehrter Herr Rohwedder, herzlichen Dank, dass Sie die Frage zulassen. – Vielleicht habe ich es auch falsch verstanden. Haben Sie, was „Kyrill“ angeht, von einem „kleinen Sturm“ gesprochen?

Ich weiß jetzt gar nicht mehr, ob ich „klein“ gesagt habe. Es war eine spontane Aussage. „Kyrill“ war, um das klarzustellen, ein Orkan, wie er selten auftritt. 200 Stundenkilometer Windgeschwindigkeit sind schon sehr ungewöhnlich. Das war ein singuläres Ereignis.

Wir sehen zum Beispiel durch die Vergabe des Zertifikates des „Forest Stewardship Council“ für vorbildliche und nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes einen guten Anfang für einen Erhalt der biologischen Vielfalt auch im Ökosystem Wald sowie einen guten Start hin zu einer verantwortungsvollen Nutzung des Waldes. Das wollen wir gerne für alle Wälder in Nordrhein-Westfalen erreichen. Zumindest die Staatsforsten sind vor Kurzem mit diesem FSC-Zertifikat ausgezeichnet worden. Das begrüßen wir ausdrücklich.

Wir wissen auch, dass der Landesbetrieb Wald und Holz seinerzeit im Jahr 2007 diesen famosen Klausner-Vertrag nicht unterschrieben hat. Der wurde vom Leiter der Landesforstverwaltung des Ministeriums für Landwirtschaft unterschrieben, also der Nummer drei im Ministerium nach dem Minister und dem Staatssekretär. Die Klausner AG hat jetzt gerichtlich feststellen lassen, dass ihr Vertrag mit dem Land rechtens ist und erfüllt werden muss, dass also in den nächsten neun Monaten das gesamte Fichtenholz des Staatswaldes Nordrhein-Westfalen an die Klausner AG geliefert werden muss.

Durch die dadurch nötigen drastischen Einschlagsmengen zum Beispiel in Ostwestfalen – aber wohl nicht nur dort – wird in den Wäldern ein regelrechter Kahlschlag stattfinden. Das Prinzip einer nachhaltigen Bewirtschaftung des Waldes können wir dann komplett vergessen. Diese Brutalität würde die Biodiversität bedrohen, auch wenn die Fichtenmonokulturen, um die es hier geht – die „DachlattenPlantagen“ –, nicht die Krönung der Artenvielfalt sind. Völlig wertlos sind sie denn aber auch nicht.

Diese Plünderung des Staatswaldes wäre also Option eins, um aus dieser Bredouille herauszukommen.

Die zweite Option wäre, das an Klausner zu liefernde Holz im Ausland oder in anderen Bundesländern zu kaufen, um unsere Staatswälder und die heimische Holzwirtschaft zu schonen. Das würde dann allerdings auch in den anderen Ländern bzw. in den Nachbarbundesländern den Druck auf die Wälder insgesamt erhöhen und ist deshalb auch keine verantwortbare Lösung. Das würde den Kahlschlag nur exportieren: Aus den Augen, aus dem Sinn. Dies wäre keine Nachhaltigkeitssäule.

(Beifall von den PIRATEN)