Protokoll der Sitzung vom 04.07.2012

Wiederholungswahl, lieber Herr Sommer, heißt: Wenn wir am 26. August 2012 wählen, dann wählen wir für die nächsten anderthalb Jahre bis 2014, bis wieder Kommunalwahlen sind. Dann haben Sie die Chance, als Piraten anzutreten, und dann können Sie in Dortmund alles verändern. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Middendorf. – Ich erteile nun für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herrn Kollegen Krüger das Wort.

Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Wertes Landtagspräsidium! Die Dortmunder Riege trifft sich hier an diesem Pult – durchaus zu Recht.

Herr Sommer, Sie haben in Ihrer Einführung den Bezug zu der Situation in Dortmund hergestellt. Ich will durchaus nicht verkennen, dass die Dortmunder manchmal eigene Wege gehen, die nicht ganz nachvollziehbar sind. Man wählt gerne und immer wieder. Das soll so sein, und insofern werden wir uns auch der Wahl am 26. August 2012 stellen.

Ich sehe, bezogen auf die Ereignisse in Dortmund, durchaus einen Regelungsbedarf. Wir haben beispielsweise sehr intensiv diskutiert, wie es mit der Entsendung von Arbeitgebervertretern aus der Kommune in kommunale Unternehmungen weitergeht oder wie man die Situation der Fraktionsmitarbeiter regelt. Da hat es einiges an Gesprächen gegeben. Man hat versucht zu improvisieren und ist auch zu ganz guten Lösungen gekommen. Die dabei gemachten Erfahrungen sollten genutzt werden, um eine generelle Regelung zu schaffen.

Inwieweit Ihr Wunsch richtig und sinnvoll ist, das ist eine ganz andere Frage. Ich vergleiche das immer ein bisschen mit dem Sport. Das ist wie bei einem 400-m-Hürdenlauf, bei dem jemand durch ein grobes Foul einen Start unterbunden hat, der dann neu angesetzt werden muss, und jemand sagt: Ich möchte auch gerne dabei sein.

Sie, Herr Sommer, haben sich als Partei in Dortmund ganz bewusst entschieden, 2009 nicht anzutreten – wohl wissend, dass diese Periode 2014 endet. Es ist von meinen Vorrednern gerade schon ausgeführt worden: Wir reden hier von einer Wiederholungswahl, bei der im Grundsatz der Wahl

gang mit der gleichen Kandidatenriege wie bei der Ausgangswahl anzugehen ist.

Sie werden, so habe ich mir berichten lassen, in dieser Woche die Wahlvorschläge für die Dortmunder Wiederholungswahl einreichen. Wahrscheinlich wird die entsprechende Wahlprüfung ergeben, dass diese nicht statthaft sind, und sie werden abgelehnt. Sie beabsichtigen in diesem Zusammenhang, vor das Verwaltungsgericht zu ziehen. Diesen Weg sollen Sie gehen.

Wir sind gut beraten, Ihren Gesetzesentwurf in den entsprechenden Fachausschüssen zu behandeln – auch unter Würdigung dessen, was beispielsweise das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen oder vielleicht das OVG in Münster zu der beabsichtigten Klage sagen werden.

Nach meiner Einschätzung ist das nicht zulässig. Aber wir sind ergebnisoffen und hören gerne zu. Dann werden wir zu einer entsprechenden Einschätzung kommen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Krüger.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Das war auch die ers- te Rede!)

Das war auch die erste Rede. Dann möchte ich mich natürlich ganz herzlich dafür bedanken und Ihnen zu Ihrer Jungfernrede gratulieren.

(Allgemeiner Beifall)

Für die Fraktion der FDP hat nun Herr Abruszat das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Bevor wir zu dem Antrag der Fraktion der Piraten kommen,

(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Piratenfraktion!)

sei noch einmal darauf hingewiesen – die Kollegin der CDU-Fraktion hat das ja bereits getan –, warum dieser Antrag heute überhaupt hier im Plenum beraten werden soll.

Dieser Antrag soll beraten werden, weil die Wahl 2009 in Dortmund unter ganz besonderen Voraussetzungen stattgefunden hat. Es war nämlich die Stadtspitze und es waren die kommunalpolitisch Verantwortlichen in dieser großen Westfalenstadt Dortmund, die die Bürgerinnen und Bürger

schlichtweg im Unklaren gelassen haben ob der Finanzsituation in Dortmund.

Das muss noch einmal betont werden. Das ist der Auslöser, und deswegen ist es richtig, dass wir uns mit der Wiederholungswahl hier beschäftigen.

Darüber hinaus sei gesagt: Wiederholungswahlen müssen sich – allein wegen der Begrifflichkeit – irgendwie mit dem beschäftigen, was man gemeinhin Rekonstruktionsprinzip nennt. Denn Wiederholungswahlen finden eben aufgrund von Wahlfehlern statt, wie in Dortmund. Sie sind durchzuführen, wenn im Wahlprüfungsverfahren die Wahl teilweise oder insgesamt für ungültig erklärt worden ist. Genau diese Wahl muss dann quasi rekonstruiert werden. Deswegen ist an diesem Grundsatz erst einmal festzuhalten.

Aber ich sage auch: Das Anliegen der Kolleginnen und Kollegen, das Herr Kollege Sommer vorgetragen hat, ist natürlich nachvollziehbar. Warum? – Wenn aktives Wahlrecht und passives Wahlrecht – und damit das Wahlrecht als Ganzes – auseinanderfallen im Hinblick auf die Möglichkeit, das eine und das andere wahrzunehmen, dann ist es ein Gebot der demokratischen Vernunft und Klugheit, darüber nachzudenken, ob und inwieweit wir diesem Anliegen hier im Hohen Hause, im Landtag, Rechnung tragen. Das ist etwas, was mit Demokratie zu tun hat. Ich glaube, wir tun gut daran, uns im Ausschuss damit zu befassen.

Meine Damen und Herren, ein bisschen aber hat mich dieser Antrag auch an das erinnert, was wir in der letzten Wahlperiode durch die Fraktion Die Linke erlebt haben, die eine Art Lex Sauerland eingebracht hat, als es um die Frage der Abwahl von Hauptverwaltungsbeamten ging. Genauso ist das hier eine Art Lex Dortmund. Deswegen ist es gesetzessystematisch richtig und klug zugleich, diese wichtige Thematik des kommunalen Wahlrechts gesamthaft anzugehen:

Wir müssen ja nicht nur das Kommunalwahlgesetz einer Prüfung unterziehen, sondern wir müssen auch die Kommunalwahlordnung einer Prüfung unterziehen. Das taucht in Ihrem Antrag nicht auf. Deswegen – daher stimmen wir der Überweisung zu – gehört der Antrag in den zuständigen Fachausschuss des Hauses. Ich freue mich sehr auf die Beratungen und hoffentlich tragfähige Ergebnisse. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Abruszat. – Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Jäger.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte gerne auf zwei Redner eingehen, um einer gewissen Legendenbildung vorzubeugen.

Herr Abruszat, wir haben oft und häufig darüber diskutiert: Es hat in der Vergangenheit keine Lex Sauerland gegeben. Es wird auch zukünftig in die

sem Land keine Lex für einen Oberbürgermeister, einen Bürgermeister oder Landrat geben.

(Kai Abruszat [FDP]: Vorläufig!)

Sie wissen, dass es Änderungen an der Gemeindeordnung gegeben hat, die längst vereinbart waren, bevor diese Tragödie in Duisburg geschah.

(Beifall von der SPD)

Deshalb bitte ich, zukünftig solche Formulierungen möglichst zu unterlassen.

Gleiches gilt für das bereits von Vorrednern kommentierte Urteil betreffend Dortmund. Ich sage es ganz deutlich: Ob wir alle hier in diesem Raum mit diesem Urteil und seinen Folgen für zukünftige Kommunalwahlen glücklich sein werden, steht noch in den Sternen.

Wir können uns alle noch sehr gut an das erinnern, was im Zuge der letzten Kommunalwahl in einer ganzen Reihe von Städten nachträglich klar geworden ist – sei es in Neuss, in Krefeld –, als nach der Kommunalwahl Haushaltsveränderungen öffentlich wurden. Um es deutlich zu sagen: Die Regierungspräsidenten waren in letztgenannten Fällen – anders als in Dortmund – weniger von politischen Interessen geleitet. Nur weil es mit Blick auf Dortmund anders war, ist es zu diesem Urteil gekommen. Ich weiß nicht, ob es wirklich ein Beitrag zur kommunalen Demokratie ist, demokratische Entscheidungen bei Wahlen – aus welchen Gründen auch immer – vor Verwaltungsgerichten anzufechten.

Dass die Piraten den Wunsch haben, im August an der anstehenden Wiederholungswahl teilzunehmen, kann man wegen der Wahlerfolge ihrer Partei verstehen. Man muss nur wissen: Dahinter verbergen sich ganz persönliche Interessen dieser einen Partei, aber nicht das Demokratieprinzip, das eigentlich bei der Bewertung dieser Frage hervorzuholen ist.

Das Demokratieprinzip sagt eindeutig, dass eine Wiederholungswahl keine Neuwahl ist. Das Demokratieprinzip sagt eindeutig: Wenn eine Wiederholungswahl ansteht, muss sie möglichst unter denselben Bedingungen stattfinden wie die Ursprungswahl.

(Zuruf von der SPD: Und zeitnah!)

Es gibt möglicherweise einige wenige zulässige Ausnahmen, sei es zum Beispiel, dass Kandidaten versterben, nicht mehr bereitstehen oder wegen der ständigen Bevölkerungsfluktuation in einer Stadt Wählerinnen und Wähler weggezogen oder zugezogen sind. Nur diese streng begrenzten Veränderungen sind bei einer Wiederholungswahl zulässig.

Ich glaube, dass dieses Prinzip richtig ist, weil die Wählerinnen und Wähler bei dem Ursprungswahltermin darauf vertrauen durften und zukünftig darauf vertrauen sollen, dass diejenigen, die zu einer Wahl antreten, für die gesamte Wahlperiode zur Verfügung stehen.

Wenn sich im Nachhinein Mängel an einer solchen Wahl in Teilen oder in Gänze herausstellen sollten, kann es nicht sein, dass diese Erwartungshaltung der Wählerinnen und Wähler nachträglich dadurch verändert werden darf, dass zusätzliche Bewerber oder Parteien bei einer Wiederholungswahl antreten dürfen. Gerade sind schon viele Bilder bemüht worden, wann es im täglichen Leben eine Wiederholung gibt. Ich will nicht auf den Elfmeter eingehen, bei dem man sich bei einer Wiederholung auch nicht aussuchen kann, ob der Schütze derselbe oder ein anderer sein soll. Dieses Prinzip der Gemeindeordnung stellt immer nur eine Ausnahme dar für den Fall einer Wiederholungswahl. Das ist, glaube ich, gut und richtig.

Ich freue mich auf eine inhaltliche Diskussion im zuständigen Ausschuss und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Mir liegt noch eine Wortmeldung des Kollegen Sommer vor, der damit das Wort hat.

Nach den Redebeiträgen, die ich zum Thema gehört habe, möchte ich mich vor allen Dingen bei Herrn Innenminister Jäger bedanken. Es ist definitiv keine Lex Dortmund, keine Gesetzgebung für die Piraten. Würde es der Piratenpartei in Dortmund nur darum gehen, an den Wahlen teilzunehmen, hätten wir ohne Probleme zwei Listen übernehmen und mit neuen Kandidaten besetzen können. Wir wären dann einfach unter einem anderen Namen angetreten, aber weiter mit Piratenpersonal. Das wäre nicht das Problem gewesen.

Der Weg, den wir jetzt gehen, ist explizit nicht darauf ausgerichtet, sich über den Umweg des Landtags in die Wahlen hineinzubringen. Das kann gar nicht funktionieren. Der zeitliche Ablauf gibt das gar nicht her, wie Sie wissen dürften.

Deshalb finde ich es ein bisschen schade, dass das unterstellt wird.