Protokoll der Sitzung vom 05.06.2014

Mit dem Bekenntnis zum Pumpspeicherkraftwerk verbinde ich natürlich auch die verlässliche Aussage, dass dieser Eingriff in die Natur – das Kraftwerk Nethe benötigt zum Beispiel 90 ha Fläche – nicht mit dem üblichen Flächenausgleich beaufschlagt wird. Denn diese Speichbecken dienen ja der umweltverträglichen Energiegewinnung. Der notwendige Eingriff sollte mittels Ersatzzahlung abgegolten werden. Man kann sich vor Ort gut vorstellen, das gleich am Nethe-Lauf zu realisieren. Von der Quelle bis zur Mündung hätten wir viele Möglichkeiten. Zusätzlicher Flächenverbrauch würde den ohnehin angespannten Bodenmarkt nur belasten und – das ist ganz wichtig – die Akzeptanz vor Ort gefährden. Es ist einer unserer wichtigen Punkte, dass wir Akzeptanz brauchen. Deshalb werbe ich auch dafür.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ergreifen wir doch bitte gemeinsam die Chance, der bisher schwachen Energiespeicherkapazität in NRW von zurzeit 300 MW mit dem Nethe-Kraftwerk weitere 390 MW hinzuzufügen – und das im Einklang mit der betroffenen Region. Verspielen wir bitte nicht durch unnötiges Taktieren diese vielleicht einmalige Möglichkeit!

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, das Ritual des Hauses wird wahrscheinlich unseren Antrag, der meines Erachtens deutlicher und umfassender als Ihrer ist, gleich in der Abstimmung nicht berücksichtigen. Im Kern der Sache sind wir dennoch nah beieinander. Schade, dass Ihnen die Ausgleichsproblematik keine Herzensangelegenheit ist. Die Betroffenen im Kreis Höxter wären Ihnen sehr dankbar.

(Beifall von der CDU, der FDP und Reiner Priggen [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Fehring. – Auf den Weg zum Pult macht sich bereits Herr Kollege Abruszat für die FDP-Fraktion.

Ganz herzlichen Dank. – Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit über vier Jahren regieren Sie nun hier in NordrheinWestfalen. Aber bei der wichtigen technologischen Fragestellung, wie wir in Zukunft Pumpspeicherkraftwerke und auch andere Speichertechnologien voranbringen können, ist konkret relativ wenig geschehen. Das, was Sie bisher gemacht haben, waren Ankündigungen. Das, was bisher geschehen ist, ist im Entwurfsstadium geblieben. Konkrete Dinge vorgelegt haben Sie bislang nicht.

Frau Kollegin Brems, Sie haben gesagt: alter Wein in neuen Schläuchen. Das retourniere ich gern zurück: Der rot-grüne Antrag ist alter Wein in neuen Schläuchen. Sogar die Überschrift ist wortlautidentisch mit Ihrem Antrag vom letzten Mal.

(Marc Herter [SPD]: Die Risikoabwägung hat es noch nie in Deutschland gegeben!)

Das heißt: Der Erkenntnisgewinn bei Ihnen, meine Damen und Herren, erschöpft sich offensichtlich im Wiederholen. Wir sagen an der Stelle: Die Pumpspeichertechnologie muss langfristig und nachhaltig so ausgestattet sein, dass daraus ein eigenständiges taugliches und tragfähiges Geschäftsmodell wird. Wir wissen, dass Pumpspeicherwasserkraftwerke technisch sehr effizient sind. Wir Freien Demokraten begrüßen es, dass es Investoren und Vorhabenträger gibt, die solche Anlagen realisieren wollen.

Der Kollege Fehring hat vorhin zu Recht das Beispiel im Kreis Höxter genannt. Mehrere Hunderttausend Haushalte können dort bei Realisierung dieses Projektes mit Strom versorgt werden. Solche Wasserspeicher als zentrale Einheiten sind neben den dezentralen Einheiten ideale Kraftwerke, die wir bei erhöhter Nachfrage von verfügbarer Energie im Netz bzw. bei Netzüberschüssen brauchen, damit das auch zum Einsatz kommt. Deshalb leisten diese Technologien einen wesentlichen Beitrag.

Wir sind in Ostwestfalen-Lippe – in der Region Höxter und in der gesamten Region – schon viel weiter

als anderswo. Der Dialogprozess mit der Bevölkerung vor Ort läuft sehr gut. Wir haben ein Raumordnungsverfahren bei der Bezirksregierung. Wir hatten – auch in einem fraktionsübergreifenden Konsens – eine Beteiligung des Regionalrates, was sehr vorbildlich war.

Das zeigt: Wenn man den Prozess richtig anlegt, kann die Energiewende vor Ort auch gelingen und erfolgreich sein.

Das, was uns fehlt – das hat auch Kollege Fehring deutlich gemacht –, ist die Gesamtstrategie. Die Gesamtstrategie der Landesregierung ist nicht erkennbar. Sie erschöpft sich im Moment jedenfalls im Ankündigen und das reine Bereitstellen eines Blankoschecks von 50 Millionen €. Das reicht natürlich nicht, um die Dinge voranzubringen.

Wir benötigen das Speicherpotenzialkataster, damit wir wissen, auf welchen Flächen die Erprobung und Anwendung dieser Technologie möglich ist. Wir benötigen eine perspektivische Ausrichtung, in welcher Weise die Errichtung von Stromspeichern auch als ein rentabel betriebenes Geschäftsmodell dauerhaft ausgestaltet werden kann. Und wir müssen natürlich auch die eigenen landesrechtlichen Regelungen in den Blick nehmen. Unser eigenes Landesrecht darf den Ausbau der Speicherpotenziale nicht unverhältnismäßig beeinträchtigen, sondern es muss so ausgestaltet sein, dass die Entwicklung zukunftsträchtiger Speichertechnologien auch wirkungsvoll unterstützt werden kann.

Sie haben – auch das ist bei meinem Vorredner angeklungen – noch keine Konzepte erkennen lassen, wie mit betroffenen landwirtschaftlichen Flächen

(Thomas Kufen [CDU]: Aha!)

umgegangen werden kann, die durch entsprechende Investitionsvorhaben beeinträchtigt werden.

(Zustimmung von Thomas Kufen [CDU])

Warum setzen wir uns nicht gemeinsam für eine qualitative Aufwertung von Bestandsflächen in diesem Zusammenhang ein? Das alles muss insgesamt gesehen stimmiger verzahnt, miteinander vernetzt werden.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Pumpspeicher sind – darin sind wir uns, wie ich glaube, auch alle einig – ein wesentlicher Baustein für den Erfolg der Energiewende.

Es muss aber noch mehr zusammenkommen. Es gibt derzeit in der Entwicklung zahlreiche andere vielversprechende Technologien. Es ist für uns unverzichtbar, genau hier anzusetzen, Anreize zu schaffen, innovative Speichertechniken weiterzuentwickeln. Neben den Dingen, die genannt worden sind, nenne ich auch noch das Thema Brennstoffzelle, Batteriespeicher, und vieles andere könnte man hier noch ergänzen.

Kurzum: Ich glaube, dass der Antrag von CDU und FDP weitergeht, spezieller ist und deshalb auch die Zustimmung dieses Hauses verdient. – Ganz herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Danke schön, Herr Abruszat. – Nun spricht für die Piratenfraktion Herr Schmalenbach.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier und zu Hause! Es ist kein Geheimnis: Konventionelle Kraftwerke sind in der Krise. Leider gehören zu diesen konventionellen Kraftwerken auch die Pumpspeicherkraftwerke. Die aber sind in Abgrenzung zum Rest für die Energiewende dringend erforderlich. Einzig fraglich bleibt der Umfang, in dem wir diese Kraftwerke benötigen werden. Es ist also erforderlich, dafür zu sorgen, dass Pumpspeicherkraftwerke dort, wo geeignete Standorte existieren, wirtschaftlich zu betreiben sind. Darüber kann kein Dissens existieren, wenn man die Energiewende will.

Ein weiteres Problem ist, dass nicht jedes geplante Pumpspeicherkraftwerk auch gebaut wird. Auch an der Stelle kann es hilfreich sein, die Betreiber zu unterstützen. Dafür ist es dann aber auch erforderlich, dass sich der mögliche Betreiber auch selbst einige Spielregeln auferlegt, nämlich Spielregeln zur Beteiligung der Bürger. Das PSK Rursee ist ja auch maßgeblich am Widerstand der Anwohner – abgesehen von der Debatte, die wir gerade zur CDU hatten – gescheitert. Es gilt für den Betreiber, den Bürger von Anfang an mitzunehmen – oder das Scheitern ist vorprogrammiert.

Bisher also ein klares Ja zu diesem Antrag!

So detailliert er aber die Pumpspeicherkraftwerke bejubelt, so sehr fehlt mir persönlich der Blick über die PSK hinaus. Wir werden für die Energiewende nahezu jeden Speicher benötigen, den wir bekommen können. Ihr Antrag zu den virtuellen Kraftwerken spricht auch von Speichern und kann eben nicht nur Pumpspeicherkraftwerke meinen.

In den Versuchsmodellen Kombikraftwerk 1 und 2 war vor allem Power to Gas eine relevante Größe. Darüber hinaus benötigen wir aber noch weitere Speicher. Dem trägt Ihr Antrag keine Rechnung, was CDU und FDP in ihrem Entschließungsantrag auch ansprechen.

Den Antrag der CDU werden wir aber dennoch ablehnen, weil er wieder nur – das ist die Fortsetzung der Debatte von vorhin – in der Vergangenheit wühlt, die ich nicht bewerten will. Ich will mir hier Gedanken darüber machen, wie wir heute die Welt von morgen gestalten,

(Thomas Kufen [CDU]: Dann müssen Sie ei- nen eigenen Antrag vorlegen!)

und nicht, wer von den etablierten Parteien gestern, vorgestern oder von mir aus auch im letzten Jahrtausend die Karre vor die Wand gefahren hat.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir halten das nicht für zielführend. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Schmalenbach. – Nun spricht für die Landesregierung Herr Minister Remmel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat, Speicher erfüllen zukünftig eine wichtige Funktion im Energiegesamtsystem. Sie sind flexibel, sie sind zuverlässig, sie haben eine lange Lebensdauer, sie sind effizient und letztlich, auf die Lebensdauer gerechnet, auch mit akzeptablen Kosten verbunden. Das alles sind gute Eigenschaften. Deshalb brauchen wir solche Speicherlösungen, und deshalb müssen die Rahmenbedingungen für solche Speicher auch verbessert werden.

Unterm Strich werden wir sehen, welche Möglichkeiten wir in Nordrhein-Westfalen haben. Ist Nordrhein-Westfalen das Speicherland in der Bundesrepublik? Expertise an unseren Hochschulen in den einschlägigen Forschungsrichtungen ist derzeit schon vielfältig im Land vorhanden, ob das die Batterietechnik, ob das die Brennstoffzellentechnik oder ob das unsere Infrastruktur ist. Kein anderes Bundesland verfügt über 200 km Wasserstoffleitung. Und auch unsere geografischen Gegebenheiten für Pumpspeicherwerke sind ideal. Insofern haben wir hier eine originäre Standortoption und auch ein Standortinteresse in Nordrhein-Westfalen, Speicher zu realisieren.

Allerdings war die Debatte hier und heute teilweise von dem Motto gekennzeichnet: mein Förmchen, dein Förmchen. Ich glaube, das können wir abhaken, wenn es der gemeinsame Grundkonsens ist, dass wir Speicheroptionen in Nordrhein-Westfalen realisieren müssen und wollen und dafür die Rahmenbedingungen verbessern.

Zum Zweiten kann ich den Verweis in die Vergangenheit nicht nachvollziehen, um mit dem Zeigefinger auf andere zu zeigen, wenn man selbst noch die eine oder andere Baustelle zu bearbeiten hat. Wir wären heute schon weiter, wenn es eine schwarz-gelbe Bundesregierung gegeben hätte, die die Marktbedingungen für Pumpspeicher- und Speicherlösungen insgesamt verbessert hätte. Solche Marktbedingungen haben wir bis heute nicht.

Wir wären auch in Nordrhein-Westfalen mit konkreten Projekten weiter, wenn der eine oder andere auf dieser Seite vor ein paar Monaten einfach den Rücken durchgedrückt hätte, sodass wir konkrete Projekte mit umfassender politischer Unterstützung hätten umzusetzen können.

Worum geht es? Wir haben zurzeit keinen Mangel an Speicheroptionen in Nordrhein-Westfalen. Wir haben alleine vier Unternehmen, die Projekte planen. Nichtsdestotrotz haben wir unsere Hausaufgaben gemacht. Wir haben eine Potenzialanalyse in Auftrag gegeben und streben an, die Ergebnisse noch dieses Jahr vorzulegen.

Aber es nützt nichts, Flächen zur Verfügung zu stellen oder räumliche Optionen zu eröffnen, ohne gleichzeitig die Marktbedingungen geklärt zu haben.

Man muss nur das einzig funktionierende Speicherkraftwerk in Nordrhein-Westfalen in Rönkhausen besuchen, um zu wissen, worum es geht. Noch vor Jahren konnte man jeden Mittag um 12 Uhr dort erscheinen; dann war das Kraftwerk in Betrieb. Die sind einfach „Strich gefahren“. Heute kann man nicht absehen, wann dieses Kraftwerk in drei oder vier Tagen rauf- und runtergefahren wird. Das hängt damit zusammen, dass erneuerbare Energien Flexibilität erfordern. Deshalb brauchen wir am Markt Rahmenbedingungen, die diese Flexibilitäten berücksichtigen – einen Flexibilitätsmarkt.

Die Frage – auch an diejenigen, die in Berlin entscheiden – lautet: Wie wird ein solcher Flexibilitätsmarkt zukünftig gestaltet? Wie können die nicht geringen Investitionen – wir reden über dreistellige Millionenbeträge – sicher abfinanziert werden? Man kann durchaus der Meinung sein, dass Speicher, wenn es um Netzstabilität geht, auch Teil der Netzstruktur sein könnten. Damit hätten wir eine sichere Finanzierungsoption – zwar mit niedriger Rendite, allerdings langfristig als Teil der Netze abfinanziert.

Die zweite Frage ist, ob diese langfristige Abfinanzierung mit Modellen, wie sie beispielsweise Töpfer vorgestellt hat, auch eine Option für Investitionen in Speicher sind. Denn solche Speicher werden 30 bis 40 Jahre Strom liefern, sodass man Investitionen auf diese Distanz berechnen muss. Auch das muss in Berlin entschieden werden.

Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Wir haben im Haushalt die Option zur Planungsabsicherung verankert. Das ist noch nicht die Investition. Die Investitionsentscheidungen müssen die Unternehmen selber treffen. Aber bei der Planungsabsicherung ist Nordrhein-Westfalen bei diesem Thema führend. Kein anderes Bundesland hat ein solches Instrument. Insofern sind wir gut gerüstet.

Sie sind herzlich eingeladen. Ich würde mich über einen breiten Konsens aller Fraktionen des Landtags zu dieser Initiative freuen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Remmel. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit sind wir am Schluss der Aussprache.