Protokoll der Sitzung vom 18.12.2014

Frau Kollegin, bitte bleiben Sie noch einen Moment am Pult. Es liegt eine Kurzintervention der Frau Kollegin Beer vor.

Frau Beer, bitte schön.

Danke schön. – Monika Pieper, Ihrem Wunsch komme ich gerne nach, meinen Beitrag offiziell anzumelden und nicht zur dazwischenzurufen. – Ich bin davon überzeugt, es ist nicht richtig, pauschal von Schulen zu reden, wie das gerade wieder der Fall gewesen ist. Vielmehr ist der Blick darauf zu richten ist, dass vielen Schulen eine innovative Schulentwicklung gelungen ist.

Wir können auch gerne mal unterwegs sein. Das biete ich nicht nur den Herren in der Runde von CDU und FDP an.

(Zuruf von der FDP)

Fahren wir doch mal zum Clara-Schumann-Gymnasium nach Dülken! Übrigens hat auch die GEWZeitung „nds“ darüber berichtet, wie dort das G8 gelingt. Gerne fahren wir auch nach Alsdorf und schauen wir uns ein Gymnasium an, ausgezeichnet mit dem Deutschen Schulpreis, in dem es ohne Sitzenbleiben geht.

Das ist das Schulprogramm, und das ist die Ausrichtung. Es geht darum – das habe ich eben auch sehr deutlich gesagt –, dass sich nicht das Kind an die Schule anpassen muss, sondern das Ziel ist, die innere Schulentwicklung, die individuelle Förderung so auszurichten, dass die Schule alles zum Lernerfolg des Kindes tun kann. Das ist eine sehr klare Ausrichtung. Dazu braucht man Verlässlichkeit und Ruhe in der Schulentwicklung. Dazu braucht man Lehrerfortbildung. Dazu braucht man die Begleitung.

Das wollen wir auf den Weg bringen, anstatt wieder Schulstruktur-, Rückabwicklungsdebatten zu haben, die die Schulen belasten. Das ist die Abwägung, die bei vielen am runden Tisch gelaufen ist. Das war sehr deutlich abzulesen. Das ist die Wahrnehmung, die da ist. Wir diskutieren nicht im leeren Raum, was die Initiativen gerne gehabt hätten. Wir sind in einem Gesamtgefüge.

Frau Kollegin.

Genau das ist die Bewegung nach vorne.

(Beifall von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE])

Okay. Vielen Dank. – Frau Pieper, bitte schön.

Vielen Dank, liebe Kollegin Beer. Ich glaube, wir haben durchaus bei sehr vielen Dingen Konsens. Natürlich bin ich für individuelle Förderung. Aber ich muss Ihnen auch ganz ehrlich sagen, in allen Feldern wird immer an drei Stellen gesagt: Best Practice. – Wir brauchen strukturelle Rahmenbedingungen und Veränderungen. Da hilft es nicht, dass wir eine Handvoll Schulen haben, an denen es so ist.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Mehr als eine Hand- voll!)

Na gut, dann sind es zwei Handvoll. Aber wir haben reichlich Schulen, an denen es nicht so ist. – Es ändert nichts daran, zu gucken und zu sagen: Wir brauchen dieses längere Lernen zur Persönlichkeitsentwicklung. Deswegen sagen wir: Wir müssen zumindest mittelfristig über eine sechsjährige Sekundarstufe I nachdenken. Wir müssen jetzt anfangen zu überlegen, wie das gehen kann, und nicht in zwei Jahren, wenn wir evaluiert haben, wie G8 gelaufen ist.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Pieper. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Löhrmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Pieper, ich will zunächst auf Ihren Beitrag eingehen. Ich habe, ehrlich gesagt, nicht so ganz genau verstanden, wofür Sie jetzt in dieser Situation eintreten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie haben gesagt, man muss irgendwie gucken und alles berücksichtigen, ohne zu sagen, wie Sie mit den Empfehlungen des „Runden Tisches zu G8/G9“ umgehen wollen.

(Dr. Stefan Berger [CDU]: Sie regieren doch!)

Ich habe überhaupt nicht verschwiegen, dass es differenzierte Stellungnahmen gegeben hat. Ich habe das eben sogar ausdrücklich gesagt. In den Empfehlungen ist ja alles dokumentiert. Da steht, welcher Verband gesagt hat: Ich hätte eigentlich lieber dieses. – Sie haben einzelne Punkte angesprochen.

Aber dann hat es noch mal eine zentrale Frage gegeben: Sollen wir jetzt zurück, sollen wir jetzt schulstrukturell an den Gymnasien etwas anders machen? Und da haben – bis auf die beiden Bürgerinitiativen – alle Verbände gesagt: Nein, das wollen wir nicht, weil wir die Gymnasien jetzt nach diesem mühevollen Weg nicht erneut in eine Strukturdiskussion verwickeln wollen, sondern die zehn Punkte umgesetzt werden sollen.

Das ist ein breites Ergebnis, von dem ich nicht wusste, dass es in dieser Breite zustande kommt. Dieser Vergewisserungsprozess ist, glaube ich, ganz, ganz wichtig, damit die Gymnasien heute hier ein Signal bekommen: Ja, diesem Weg folgt der Landtag. Diesen Weg will der Landtag.

Ich besuche sehr, sehr viele Schulen. Viele Gymnasien sagen: Das war nicht gut, wie das gelaufen ist. Aber wir wollen jetzt nicht erneut einen acht- oder neunjährigen Entwicklungsprozess. Wir wollen die Intensität unserer Arbeit auf die innere Schulentwicklung legen, weil wir da etwas angefangen haben, was gut ist. Das war vielleicht ein Crashkurs, aber zurück wäre genauso falsch. – Das haben die Kirchen gesagt. Das haben die Rektorenvereinigungen der Gymnasien gesagt. Das hat die Landeselternschaft gesagt. Die einzige Ausnahme sind die Bürgerinitiativen. Bei denen stand das Ergebnis aber vorher schon fest.

Alle anderen haben sich auf einen Diskurs eingelassen. Das will ich bei dieser Gelegenheit auch sagen. Alle anderen haben diesen Prozess gut gefunden, dass ich nicht mal eben „basta“ gesagt habe, sondern diesen Entwicklungsprozess ermöglicht habe, weil es jetzt breiter getragen ist, Empfehlungen umzusetzen. Dahinter steht auch die LandesschülerInnenvertretung. Dahinter stehen auch die GEW, der Verband Bildung und Erziehung und all die anderen Verbände.

Es ist alles transparent dokumentiert. Sie haben ja gerade so getan, als hätten Sie detektivisch hier nachweisen müssen, dass das nicht eine FriedeFreude-Eierkuchen-Veranstaltung war. Das wissen wir. Das haben wir mitbekommen. Aber es ist gerungen worden im Interesse der Schülerinnen und Schüler

(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])

und im Interesse auch einer Verlässlichkeit für die Gymnasien in Nordrhein-Westfalen. Das ist ein aus meiner Sicht tragfähiges, verantwortliches Ergebnis. Da sind wir alle gemeinsam in einer Verantwortung.

Frau Pieper, ich bitte Sie, das einmal zu reflektieren. Im globalen Vergleich, international, ist ein achtjähriger Bildungsgang zu einem Hochschulabschluss in Skandinavien, in Großbritannien, in Polen und in vielen anderen Ländern dieser Welt Standard. Dort können Kinder und Jugendliche gut zu einem solchen Abschluss kommen.

Wir haben fast keine Diskussionen in den ostdeutschen Ländern. Wir haben Sachsen mit guten Ergebnissen. Wir haben dort keine Diskussion. Wir haben jetzt in Thüringen eine Regierung, die nicht schwarz-gelb ist, die das aber auch nicht infrage stellt.

Wenn andere das können, bilde ich mir ein, dass in Nordrhein-Westfalen unsere Schülerinnen und

Schüler und unsere Gymnasien das auch können müssen. Dabei sollten wir sie unterstützen,

(Beifall von den GRÜNEN)

Zumal die Gymnasialverbände das selbst ja auch im Wesentlichen für sich so wollen.

Viel entscheidender als alleine die quantitative Frage ist meines Erachtens die qualitative Frage. Da geht es nicht nur um eine Handvoll Schulen, Frau Pieper. In dem Programm „Lernpotenziale“, begleitet von der Stiftung Mercator, haben wir jetzt schon rund 140 Gymnasien in Nordrhein-Westfalen, die individuelle Förderung zu ihrem Markenzeichen gemacht werden, die gut angenommen werden

(Beifall von den GRÜNEN)

und bei denen Eltern ihre Kinder auch anmelden. Das macht mich auch zuversichtlich, dass das in Nordrhein-Westfalen auch unsere Gymnasien

schaffen.

Zu der Frage, ob wir den Schülerinnen und Schülern noch ein Jahr länger geben sollen: Ja, warum nehmen wir dann nicht 14 Jahre? Es kommt doch auf die Qualität an. Es kommt doch auf das Wesen des Lernens in einer Schule an, das gut und richtig sein soll. Da geht es meines Erachtens um die Qualität und nicht alleine um Quantitäten. Dafür hat der runde Tisch sehr, sehr gute Grundlagen gelegt.

Jetzt möchte ich noch etwas zur CDU sagen. Herr Kaiser, ich finde, Sie haben da eine ziemlich alte

Kamelle herausgeholt. Chancengleichheit heißt nicht Ergebnisgleichheit. Wer würde das denn hier behaupten? Chancengleichheit heißt gleiche Zugangsmöglichkeiten, gleiche Fördermöglichkeiten. Aber niemand hier in diesem Saal glaubt, dass alle Jugendlichen zu gleichen Ergebnissen kommen. Ich weiß nicht, wo Sie das hergeholt haben. Da sind Sie, finde ich, in Vor-Schulkonsens-Zeiten zurückgefallen.

An die CDU: Es wäre einfach sehr viel ehrlicher, wenn Sie sich jetzt einbringen und einmal sagen würden: Ja, damals ist etwas falsch gelaufen. Das wäre gut für die weitere Diskussion.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich habe Staatssekretär Winands davor gewarnt, das in diesem Schweinsgalopp durchzuziehen. Aber es wollte nicht gehört werden. – Glauben Sie gar nicht, dass ich mit Herrn Winands auch schon gesprochen habe? Ich habe ihn davor gewarnt.

(Zurufe von Armin Laschet [CDU] und Josef Hovenjürgen [CDU])

Lieber Herr Laschet, Sie fühlen sich offenbar getroffen, weil Sie offensichtlich nicht fähig sind...

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Herr Laschet, Sie haben am Kabinettstisch gesessen und haben dieses überstürzte G8 hier in Nordrhein-Westfalen mit zu verantworten.

(Zurufe von Armin Laschet [CDU] und Josef Hovenjürgen [CDU])