Protokoll der Sitzung vom 13.11.2020

Es ist vermutlich sogar eher umgekehrt. Schließlich sieht § 1 Nr. 4 Atomgesetz ausdrücklich „die Erfüllung internationaler Verpflichtungen der Bundes

republik Deutschland auf dem Gebiet der Kernenergie“ vor.

Bereits im Jahr 2017 haben Sie hier außerdem behauptet – und das haben Sie heute wieder in relativ polemischer Art und Weise getan –, dass Gutachten vorliegen würden, die besagten, dass man die Anlagen in Gronau und Lingen einfach schließen könne. Auch das ist falsch. Sie zitieren diese Gutachten nur zur Hälfte; denn in ihnen steht, dass es bei Schließung dieser Urananreicherungsanlage wahrscheinlich zu Schadenersatzforderungen kommen wird.

Im Übrigen müsste das natürlich auf Bundesebene gemacht werden. Insofern ist es auch falsch, dem Ministerpräsidenten vorzuhalten, dass das einfach so möglich sei.

Das ist die gleiche Nebelkerze, die Sie schon 2017 geworfen haben. Sie zündet aber auch diesmal nicht.

Überhaupt fällt bei allen Punkten, die Sie aufführen, auf, dass Sie die Kritik immer an den Bundesgesetzgeber und nicht den Landesgesetzgeber richten müssten.

Deswegen ist auch ganz interessant, dass Sie den Abschnitt II mit der Überschrift „Landesregierung muss sich für den Stopp rechtswidriger Uranexporte einsetzen“ beginnen. Da stellt man sich ja die Frage, was jetzt kommt. Ist der rechtswidrige Export von Uran etwa gängige Praxis? – Die Antwort darauf lautet: Nein.

Gleichzeitig muss man feststellen, dass die Landesregierung sich stets dafür einsetzt, dass rechtswidrige Praktiken in unserem Land zu beenden bzw. zu unterbinden sind. Das wird selbstverständlich gewährleistet.

Anhand eines weiteren eben von Ihnen vorgebrachten Gutachtens unterstellen Sie, die Verbringung von Uranhexafluorid nach Russland verstoße gegen Europarecht. Mich überrascht, dass Sie das hier zur Sprache bringen; denn dafür wäre doch eigentlich wiederum der Bund zuständig. Ich bin sicher, dass die Bundesumweltministerin in Berlin das einschätzen kann und die ganze Sache bei ihr in guten Händen ist.

Sie arbeiten, so finde ich, hier wieder mit vielen Suggestionen und versuchen, irgendeinen Kritikpunkt an der Landesregierung zu nennen. Letztlich sind das alles Nebelkerzen. Es ist alles Schall und Rauch. Insofern sind alle Argumente, die Sie schon 2017 vorgelegt haben, heute wieder die gleichen. Sie zünden aber nicht. Ich freue mich trotzdem auf die Diskussion im Ausschuss. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Bell.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen wiederholt erneut die Anliegen der Antragsteller. Das ist bereits hier im Haus, aber auch ausführlich und umfänglich im Bundestag diskutiert worden. Dies beschreiben Sie in Ihrem Antrag selbst.

Weil ich ein bisschen Zeit hatte, habe ich mir gestern bei der Vorbereitung auf die Debatte unter anderem das Anhörungsprotokoll des Deutschen Bundestages vom 17. Oktober 2018 zu Gemüte geführt.

Damals ging es um zwei Gesetzentwürfe. Das eine war ein Gesetzentwurf der Grünen, Frau Brems, der die Änderung des Atomgesetzes zum Inhalt hatte. Herr Dr. Untrieser hat hier ja richtig vorgetragen, dass dies notwendig wäre, um diesbezüglich entsprechend aktiv zu werden. Außerdem ging es um einen Gesetzentwurf der Linken mit dem Ziel, Anlagen zur Kernbrennstoffversorgung stillzulegen und Exporte von Uranbrennstoffen zu untersagen.

Ich empfehle allen mit dem Thema befassten Kolleginnen und Kollegen wirklich, sich diese Anhörung einmal im Detail anzuschauen, weil die Argumente, die wir bei einer möglichen Anhörung hier im Hause wahrscheinlich hören werden, dort bereits ausführlich ausgetauscht worden sind. Im Kern ist es so, dass der Bundestag beide Gesetzentwürfe abgelehnt hat.

Ich habe mich gefragt, welchen Erkenntnisgewinn eine weitere Befassung in unserem Haus eigentlich haben kann. Der Überweisung werden wir natürlich trotzdem zustimmen, weil ich die Hoffnung habe, dass bei einer zu erwartenden Anhörung die Fragen auf zwei Aspekte gelenkt werden, die bisher noch nicht hinreichend diskutiert worden sind.

Der erste Aspekt ist – das haben Sie nicht antizipieren können – die gestrige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Sachen „Vattenfall“. In der Anhörung im Bundestag war es so, dass die mögliche Entschädigung bei einer Stilllegung der Anlage und die Interpretation der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus 2016 bei allen Sachverständigen eine sehr prominente Rolle gespielt haben.

Natürlich stellt sich die Frage, ob die dort getroffenen Feststellungen im Licht der aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Bestand haben werden. Das ist eine spannende Frage, bei der ich finde, dass sie durchaus gutachterlich vertieft werden sollte.

Der zweite Aspekt ist die Diskussion über das im Antrag genannte Gutachten, durch das die Lieferungen von Uranhexafluorid an das Unternehmen TENEX in die Russische Föderation und die Problematik des Dual Use thematisiert werden.

Auch diesbezüglich finde ich persönlich, dass dieser Aspekt eine vertiefende Betrachtung verdient hat,

weil sich darüber – jedenfalls gutachterlich – noch nicht hinreichend ausgetauscht worden ist und es zumindest aus meiner Sicht eine spannende Sache ist, die wir durchaus einmal intensiver miteinander diskutieren sollten.

Im Antrag thematisieren Sie darüber hinaus die Frage der Unterbindung des Transports von angereichertem Uran an grenznahe Atommeiler. Gemeint sind damit ja ausdrücklich die belgischen Kraftwerke Doel und Tihange. Darüber besteht in diesem Haus weitestgehend Einigkeit.

Ich will ausdrücklich für meine Fraktion die Bereitschaft signalisieren, eine gemeinsame Parlamentsinitiative auf den Weg zu bringen – mit dem Ziel, die Gesetzesinitiative von Svenja Schulze zu unterstützen und Herrn Altmaier in dieser Frage stärker unter Druck zu setzen. Herr Minister Laumann hat gestern im Zusammenhang mit der Regulation der Fleischindustrie darauf hingewiesen, dass ein fraktionsübergreifender Antrag aus NRW in Berlin Wirkung entfalten würde. Dann lassen Sie uns das doch gemeinsam auf den Weg bringen, um in der Frage der Versorgung grenznaher Altmeiler die Bundesumweltministerin in Berlin entsprechend zu unterstützen. Dafür stehen wir ausdrücklich bereit. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der FDP hat der Kollege Brockes das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Brems, es fällt mir, ehrlich gesagt, etwas schwer, über diesen Antrag zu debattieren, weil er bereits in seiner Überschrift mit einer falschen Behauptung beginnt; denn Sie sprechen hier von illegalen Urantransporten. Meine Damen und Herren, was heißt denn illegal? Illegal bedeutet, es wäre gesetzeswidrig oder ohne behördliche Genehmigung. Das ist bei diesen Transporten nun wirklich nicht der Fall. Wenn dem so wäre, Frau Kollegin Brems, dann müssten Sie damit vor die Gerichte gehen, aber nicht hier ins Parlament.

Aber auch der Antrag im Weiteren ist nicht viel besser. Wenn man sich alleine die erste Seite anschaut, liest man neunmal den Begriff „Bund“: Bundesregierung, Bundesumweltministerium, grüne Bundestagsfraktion, Bundesminister Altmaier etc. Das macht deutlich, dass sich der vorliegende Antrag der Grünenfraktion an den falschen Adressaten richtet. Der Landtag Nordrhein-Westfalen ist nämlich gar nicht zuständig. Das wissen Sie. Trotzdem suggerieren Sie hier bewusst eine Zuständigkeit des Landtags. Das ist, ehrlich gesagt, unredlich.

(Beifall von Henning Höne [FDP] und Jochen Ritter [CDU])

Aber es ist auch nicht das erste Mal, dass die Grünen im Landtag Nordrhein-Westfalen ein Thema zur Debatte stellen, das in die Zuständigkeit des Bundes gehört. An dieser Stelle möchte ich nur an den Antrag der Grünen zur Endlagersuche erinnern. Entsprechend laufen Ihre Forderungen hier abermals ins Leere.

Meine Damen und Herren, in Ihrem Antrag fordern Sie etwa das, was Sie selbst zu Ihrer Regierungszeit nicht umgesetzt haben.

Die Beschlüsse – und das kommt noch dazu; darauf hat der Kollege Untrieser bereits hingewiesen – des Atomausstiegs beziehen sich eben nicht auf die Urananreicherungsanlage. Auch hier stellen Sie also bewusst falsche Vorwürfe in den Raum.

Für einen entsprechenden Beschluss wäre ebenfalls die Bundesregierung und nicht die Landesregierung zuständig.

Die Urananreicherungsanlage in Gronau hat in der Vergangenheit alle Stresstests bestanden. Daher muss beim Abschalten der Anlage mit hohen Entschädigungszahlungen gerechnet werden. Wir haben ja das gestrige Urteil vor Augen und wissen, wie dies dann aussehen könnte. Da frage ich Sie von den Grünen: Wer soll dafür aufkommen?

Ein Ende der Urananreicherung in Deutschland würde auch am internationalen Bedarf nichts ändern, der dann von Staaten mit weniger hohen sicherheitstechnischen Anforderungen gedeckt würde.

Gemäß internationaler Vereinbarung soll die Urananreicherung nur von politisch stabilen Staaten betrieben werden.

Alles in allem muss ich sagen: Ich würde es begrüßen, wenn dieser Antrag, da er bewusst falsche Behauptungen aufstellt und wir der falsche Adressat sind, hier nicht weiter beraten würde. Das würde der Sache gerecht werden. Den weiteren Beratungen im Ausschuss würden wir uns allerdings nicht verschließen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Brockes. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der AfD Herr Abgeordneter Loose das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Unternehmen Urenco ist der größte Gewerbesteuerzahler der Stadt Gronau. Die letzte in der Presse zu findende Zahl sind 30 Millionen Euro pro Jahr. Nicht

nur deshalb stehen die Bürger in Gronau hinter Urenco und ihrer Urananreicherungsanlage.

Mit den Gewerbesteuereinnahmen dieses Unternehmens wurden wichtige Investitionen in Gronau getätigt. Denken Sie an die Gesamtschule Gronau und auch an die Euregio-Gesamtschule in Gronau-Epe, wo es entsprechende An-/Neubauten gab. Denken Sie an den Neubau der Feuerwache oder an die Modernisierung des Werner-von-Siemens-Gymnasiums, die jetzt erfolgt. Modernisierungen, Neubauten und Investitionen wurden durch gute Gewerbesteuereinnahmen ermöglicht – auch von Urenco.

Aber nicht nur die Gronauer Bürger sollten sich über die hohen Gewerbesteuereinnahmen freuen. Nein, diese helfen auch anderen Städten in NRW. Denn die anderen Städte erhalten nun dank des Gemeindefinanzierungsgesetzes das Geld, das eigentlich den Gronauer Bürgern zustehen würde, weil Gewerbesteuereinnahmen den Anspruch auf Schlüsselzuweisungen reduzieren.

Wenn man die rund 10 Milliarden Euro, die jedes Jahr mit dem GFG an die Städte verteilt werden, entsprechend der Einwohnerzahl verteilen würde, dann stünden Gronau pro Jahr 25 Millionen Euro zu. Was hat Gronau in den letzten fünf Jahren tatsächlich bekommen? Im Jahr 2017 null, im Jahr 2018 null, im Jahr 2019 waren es 3 Millionen Euro, im Jahr 2020 null, im Jahr 2021 werden es geschätzt 1,8 Millionen Euro sein.

Statt also 125 Millionen Euro hat Gronau nur 5 Millionen Euro bekommen. Die übrigen 120 Millionen Euro wurden an die anderen Städte in NRW verteilt, insbesondere an schlecht geführte rot-grüne Städte.

(Michael Hübner [SPD]: So ein Quatsch!)

Denken Sie an die Nachbarstädte Duisburg, Gelsenkirchen, Oberhausen, Bochum und Dortmund.

(Michael Hübner [SPD]: Die Nachbarstädte von Gronau?)

Doch die Grünen freuen sich jetzt nicht etwa über diesen Geldsegen. Nein, die Grünen stören sich daran, dass man mit der Kernkraft Geld verdienen kann –

(Arndt Klocke [GRÜNE]: So ist das!)

Kernkraft, die übrigens in vielen Ländern auf der Welt an Fahrt aufnimmt.