Protokoll der Sitzung vom 21.12.2017

Weil 16.000 Erzieherinnen in diesem Land fehlen, ist es notwendig, dass wir im Parlament entsprechende Rahmenbedingungen setzen, damit Träger auch ausbilden, sodass wir in Zukunft auch über Qualitätsverbesserungen diskutieren können.

Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen einen Plan vorgelegt, wie wir mit dem Kinderbildungsgesetz umgehen werden und wie wir hier vorgehen werden. Wir werden auch Schritt für Schritt daran herangehen, weil es darum geht, die Qualität nach vorne zu bringen. Es geht darum, das vernünftig zu machen und nicht irgendwelche Schnellschüsse zu starten, um nicht in ein paar Jahren ähnliche Probleme zu haben, wie wir sie heute vorfinden. Der Haushalt 2018 ist dafür ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Ich freue mich auf die weiteren Beratungen und hoffe, dass das Parlament diesem Haushaltsentwurf zustimmt, damit es tatsächlich mehr Chancengerechtigkeit für die Kinder und Jugendlichen in diesem Land gibt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Kollege Hafke. – Für die AfD-Fraktion spricht jetzt Frau Kollegin Dworeck-Danielowski.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, wenn man sich Ihre Rede vom 28. September 2017 im Familienausschuss zu Gemüte führt, kann man eigentlich kaum glauben, dass die rot-grüne Landesregierung tatsächlich abgelöst wurde.

Im Koalitionsvertrag klingt es noch so verheißungsvoll:

„stehen im Mittelpunkt unserer Politik.“

„Dabei ist die Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern.“

Der Kindertagesbetreuung kommt

„eine die Eltern unterstützende und ergänzende – jedoch keine ersetzende – Funktion zu.“

„Unser Ziel ist, ihnen die größtmögliche Wahlfreiheit zu eröffnen.“

Und zu guter Letzt:

„Familien, bei denen ein Elternteil die Kinder zu Hause betreut, sollen ebenfalls aktive Unterstützung erfahren.“

Mein Eindruck ist allerdings gewesen, dass Ihre persönliche Vorstellung von Familienpolitik eine völlig andere Tonart an den Tag legt: eine Politik für – Zi

tat – Familien als Fundament einer fortschrittsorientierten Gesellschaft oder, besser gesagt, Politik für Familien als Fundament einer schönen neuen Welt; Ihrer schönen neuen Welt.

Glauben Sie wirklich noch, dass Familien heute unter den starren Rollenbildern leiden? Glauben Sie wirklich, dass starre Rollenbilder die Ursache für immer mehr Einzelhaushalte, weiterhin hohe Scheidungsraten, niedrige Geburtenraten und eine viel zu hohe Anzahl von Schwangerschaftsabbrüchen sind? Glauben Sie wirklich, dass das heute tatsächlich noch ein zentrales Problem von Familien ist?

Es geht auch so weiter. Ihre euphemistische Beschreibung des Wunsches vieler Eltern nach – Zitat – freierer und partnerschaftlicher Aufteilung von familiären und beruflichen Aufgaben ist doch der blanke Hohn, meine Damen und Herren. Vielleicht trifft das in Ihren akademischen Kreisen auf ein selbst gestaltetes Rollenverständnis zu. Für die meisten Menschen in Nordrhein-Westfalen ist es jedoch bittere Notwendigkeit. Vergessen Sie nicht: Nach wie vor sind fast 80 % aller Eltern in Deutschland Arbeiter und Angestellte. Familien sind nach wie vor der Lastesel der Gesellschaft.

So, wie es aussieht, wird Schwarz-Gelb daran auch nichts ändern. Eine abenteuerliche Steuerlast und immer wieder neue Zwangsabgaben tragen doch mit dazu bei, dass ein Einkommen schon lange nicht mehr ausreicht, um eine Familie zu ernähren. Aber was tun Sie für die viel zitierte echte Wahlfreiheit in Sachen Kinderbetreuung? Ich sehe zwar Bemühungen, allerdings immer nur in eine Richtung, nämlich in Richtung der Fremdbetreuung.

Neu ist in der Tat die Fokussierung auf die Kinderwunschbehandlung. An sich ist das ein sehr schöner Gedanke. In diesem Zusammenhang könnte man sich aber auch einmal fragen, was die Politik dazu beitragen könnte, damit die Kinder, die schon auf natürlichem Weg gezeugt wurden, so erwünscht sind, dass sie zur die Welt kommen dürfen. Dies will ich aber nur am Rande erwähnen und zu dem sicher sehr wichtigen Anliegen „unerfüllter Kinderwunsch“ zurückkommen.

Hier möchte ich aus dem „Ärzteblatt“ vom März 2017 zitieren:

„Es ist ein Armutszeugnis moderner Gesellschaften, dass inzwischen nicht eine echte Infertilität das Gros der Frauen zur Kinderwunschtherapie nötigt, sondern der verlorene Wettlauf gegen das Alter.“

Meine Damen und Herren, besser wäre es, diesen Missstand zu erkennen und gegenzusteuern, also Bedingungen zu schaffen, damit jüngere Paare sich ohne Sorgen für Familie entscheiden können. Denn was bedeutet es für diese Familien und letztlich für eine ganze Gesellschaft, wenn Eltern immer älter

werden? Haben Sie sich jemals ernsthaft über die Folgen einer derartigen Familienpolitik Gedanken gemacht?

Die Behandlung ist für viele Paare psychisch und physisch eine große Belastung und bei Weitem nicht immer von Erfolg gekrönt. Mehrlingsgeburten kommen häufiger vor. Spätere Geschwisterkinder sind aufgrund des hohen Alters der erstgebärenden Mutter unwahrscheinlich. Die gesundheitlichen Risiken späterer Schwangerschaften nimmt man billigend in Kauf, obwohl diese Frauen auf natürlichem Wege hätten schwanger werden können; lediglich zu einem früheren Zeitpunkt.

Und was heißt das denn noch? Oma werden mit 80? Der natürliche Kreislauf des Füreinander wird durch die Zementierung dieses Missstandes dramatisch gestört.

Nein, Herr Minister Stamp, für Ihre Version von Familienpolitik kann es von unserer Seite aus nur Widerstand geben.

Noch ein Wort an die lieben Kollegen von der CDU: Viele Wähler haben sich von Ihren Wahlkampfslogans blenden lassen. Sie haben uns im Wahlkampf, insbesondere bei der Landtagswahl, teilweise sogar rechts überholt. Die Wähler haben sich einen Regierungswechsel erhofft, einen echten Kurswechsel, auch in der Familienpolitik. Deshalb haben die Menschen CDU und FDP gewählt.

(Jochen Ott [SPD]: Ach, Quatsch!)

Was machen Sie jedoch? Sie setzen die rot-grüne Einheitspolitik fort, und es gibt überhaupt keine ideologische Abweichung, keine Korrektur dieses falschen Kurses. Das ist schade. Schwarz-Gelb hat jetzt die Chance, selber zu gestalten. Sie sitzen doch an den Hebeln der Macht.

Enttäuscht kann man nur sein, wenn man vorher getäuscht wurde. Und glauben Sie mir: Die Wähler kriegen das mit. – Danke.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Frau Dworeck-Danielowski. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Dr. Stamp das Wort. Bitte schön, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nordrhein-Westfalen muss zum Land der Chancen werden. Das ist das Ziel von uns als Landesregierung. Jeder in unserem Land muss die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben und auf Aufstieg haben.

Wir wissen, dass die Grundlagen dafür schon in den ersten Lebensjahren gelegt werden. Deswegen gilt

unsere ganze Aufmerksamkeit auch den ganz Kleinen und der frühen Bildung.

(Dr. Dennis Maelzer [SPD]: Wir haben Ihre Haushaltsänderungsanträge lebhaft in Erinne- rung!)

Wir haben dieses Ministerium aufgewertet, Herr Kollege Maelzer. Vielleicht ist es ja auch ein bisschen Neid darauf, dass das Ministerium in der Vergangenheit bei der Regierung Kraft eben nicht die Rolle gespielt hat, die Sie sich als Fachpolitiker sicherlich gewünscht hätten.

(Beifall von der CDU und der FDP – Dr. Den- nis Maelzer [SPD]: Sie haben die halbe FDP im Ministerium!)

Wir haben bereits die halbe Milliarde Euro für die Kitas auf den Weg gebracht sind jetzt dabei, mit Mitarbeitern des Hauses, die ein schwarzes Parteibuch, ein rotes Parteibuch, ein gelbes Parteibuch und auch ein grünes Parteibuch haben, gemeinsam für dieses Land die Reform des KiBiz auf den Weg zu bringen. Für uns im Haus zählt nicht das Parteibuch, sondern alleine die Leistung und Orientierung an den Kindern in unserem Land, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir haben versprochen, dass wir die frühe Bildung in Nordrhein-Westfalen wieder nach vorne bringen. Dieses Versprechen werden wir halten.

Ich habe gesagt, dass der erste Schritt das Kita-Träger-Rettungspaket mit einem Umfang von einer halben Milliarde Euro ist. Das war dringend nötig, weil das Ganze unterfinanziert war. Deshalb haben wir das auch über den Nachtragshaushalt geregelt.

Wir haben es extra so unbürokratisch wie möglich gemacht. Damit haben wir dafür gesorgt, dass in den kommenden zwei Jahren kein Kindergarten in Nordrhein-Westfalen schließen muss. Inzwischen wurde eine halbe Milliarde Euro von den beiden Landesjugendämtern an die Jugendämter bewilligt und ausgezahlt – noch in diesem Jahr. Deswegen sind wir genau diesen Weg gegangen und haben es so unbürokratisch wie möglich gehalten. Das ist der Erfolg.

Die Begeisterung in der Trägerszene ist auch entsprechend groß. Das können Sie hier nicht kleinreden.

Die Jugendämter leiten die Gelder jetzt an die Träger weiter. Die Träger können unbürokratisch in eigener Verantwortung über den Einsatz der Mittel entscheiden – ganz so, wie es den Nöten und Notwendigkeiten vor Ort entspricht.

Wir wissen ganz genau, meine Damen und Herren, dass das nur der erste Schritt gewesen ist und dass wir dauerhaft ein auskömmliches System auf den Weg bringen müssen. Deswegen werden wir die

Hängepartie der KiBiz-Reform beenden. Wir haben viel Zeit verloren.

Herr Maelzer, in jeder Sitzungsperiode erinnern Sie noch einmal daran, dass es Rot-Grün in sieben Jahren nicht gelungen ist, eine solche Reform auf den Weg zu bringen. Es gab schon den Vorschlag, den Kollegen Maelzer in der Öffentlichkeitsabteilung unseres Hauses zum Mitarbeiter des Monats zu machen.

(Heiterkeit und Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Dr. Dennis Maelzer [SPD])

Wir werden dabei im Übrigen auch die Kindertagespflege insbesondere für die unter Dreijährigen als familiennahes Angebot fest im Blick behalten.