Protokoll der Sitzung vom 14.06.2018

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Ich habe es heute erst gehört!)

Das ist das Problem. Sie hören nicht zu. Das hat man daran ja gesehen.

(Zuruf von Arndt Klocke [GRÜNE])

Deswegen merken Sie auch nicht, dass wir Ihnen seit Monaten vorbeten, wie es geht. Sie können ja nicht einmal die fünf Minuten zuhören zwischen der Rede der Ministerin und der Aussage der SPD, wir würden das nicht fordern.

(Beifall von der FDP und Rainer Deppe [CDU])

Ich wiederhole es also noch einmal – das wurde ja heute hier schon mehrfach gesagt; vielleicht können Sie es sich dann merken –:

Das Aachener Verwaltungsgericht hat auch in diesem Fall keine Fahrverbote direkt gefordert. Sie sind nur eine Möglichkeit, die es gibt. Die rechtlichen Hürden für diese Möglichkeit sind recht hoch. Das wurde auch dargestellt. Das Aachener Urteil betont und fordert lediglich noch einmal das, was die Landesregierung, was die NRW-Koalition und was die Bezirksregierungen seit Monaten tun, nämlich, einen vernünftigen Luftreinhalteplan in einer angemessenen Zeit aufzustellen. Und das werden wir tun. Das ist für uns eine Selbstverständlichkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Denn uns sind Klarheit und Planungssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Punkt besonders wichtig.

Das gilt auch für die Messstationen, die uns Werte liefern, mit denen wir selbstverständlich umgehen müssen und auch wollen, die aber trotzdem im Zweifel gravierende Folgen haben. Es mehren sich auch die Zweifel, ob die Messstationen entsprechend den europäischen Vorgaben korrekt aufgestellt sind. Das gilt es zu überprüfen.

Es geht uns nicht darum, Messstationen an kritischen Punkten abzubauen, sondern um eine Evaluation aller Standorte, auch der Standorte, die keine Grenzwertüberschreitungen dokumentieren. Denn dazu sind wir verpflichtet, weil – und das ist das andere Problem – sich natürlich die Stimmen von Fahrzeugbesitzern mehren, die gegen die Aufstellung im Zweifel gerichtlich vorgehen wollen.

Diese weitere Rechtsunsicherheit in dem ganzen Verfahren können und wollen wir uns als NRWRegierung und als Koalition nicht leisten.

Die Bürgerinnen und Bürger – egal, ob sie Anwohner oder Eigentümer von Fahrzeugen sind – haben einen Anspruch darauf, dass die Messstellen korrekt aufgestellt sind und korrekte Messwerte liefern.

Deshalb gilt für uns weiterhin: Die NRW-Koalition und die Landesregierung lehnen Fahrverbote auch nach dem Urteil aus Aachen ab. Wir werden keine Fahrverbote anordnen, sondern setzen auf die geeigneten Maßnahmen, die wir Ihnen seit Monaten vorbeten. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Diekhoff. – Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Loose.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die

Grenzwerte sind in Brüssel politisch festgelegt worden und eben nicht wissenschaftlich oder nach toxikologischen Gutachten, die diese Grenzwerte begründen. Das hat Ihnen Herr Dr. Blex bereits klar dargelegt.

Das gilt auch für die Grenzwerte im Straßenverkehr, liebe grüne Ministerin Heinen-Esser. Auch dazu gibt es nicht ein einziges wissenschaftliches Gutachten, das belegt, ob 40 richtig ist, ob 500 richtig ist oder ob 200 richtig ist. Sie sollten vielleicht einmal mit Herrn Löttgen darüber reden. Er hat das Problem schon verstanden.

(Beifall von Helmut Seifen [AfD])

Trotzdem haben Ihre Kollegen im EU-Parlament die Grenzwerte durchgewunken – die politischen Grenzwerte. Am Ende werden wieder unsere Bürger die Zeche für Ihre Entscheidungen zahlen müssen, allen voran die Eigentümer der Dieselfahrzeuge. Viele leiden schon jetzt, weil ihr Auto nicht mehr so viel wert ist und sie nichts mehr für das alte Auto bekommen, wenn sie einmal ein neues Auto kaufen wollen.

Der Weggang vom Diesel ist ohnehin eine absolute Blödelei. Denn das wäre auch eine absolute Ressourcenverschwendung. Allein die 13 Millionen privaten Pkw in Deutschland sparen 5 Millionen Tonnen Treibstoff jährlich.

Diese Debatte wird hier zudem völlig ohne Vernunft geführt. Bei über 90 % der Messstationen in Deutschland werden selbst die politisch gesetzten Grenzwerte eingehalten.

Die Fahrzeuge erfüllten zudem beim Bau sämtliche gesetzlichen Bedingungen – abgesehen von der Schummelsoftware.

Eine Nachrüstung zulasten der Autobauer wäre demnach auch juristisch gar nicht durchsetzbar. Das geht an die Adresse der Grünen und der SPD, die das ja beide fordern. Das, was Sie fordern, ist schlichtweg eine industriefeindliche Träumerei.

Zum Beispiel lassen sich Fahrverbote über die „Blaue Plakette“, die Sie beide fordern, im Falle einer Einführung überhaupt gar nicht kontrollieren. Aktuell wird hinsichtlich der „Grünen Plakette“ nur der ruhende Verkehr kontrolliert, und der fließende Verkehr kann ungehindert weiterfahren. Oder wollen Sie demnächst wie im Mittelalter Schlagbäume aufstellen, um die Leute beim Passieren der Stadtgrenze zu kontrollieren?

Fahrverbote sind Gift für die Taxiunternehmen, die überwiegend Diesel fahren. Fahrverbote sind Gift für unsere Handwerker, die nicht mehr in die Städte hineinfahren können. Fahrverbote sind Gift für unsere Pendler, für die Malocher, die das Geld verdienen, das wir Abgeordnete bekommen.

(Beifall von der AfD)

Was sind Ihre Antworten darauf, liebe Abgeordnete? Etwa mehr StreetScooter wie bei der Post? Schauen wir einmal 106 Jahre zurück. Bereits 1912 stellte die Firma Bergmann aus Berlin einen elektrisch angetriebenen Zwei-Tonnen-Elektrolaster her, der insbesondere von der Deutschen Reichspost genutzt wurde. Zuladung und Reichweite waren ähnlich wie beim heutigen StreetScooter. Es handelt sich also um eine Technik von vor 106 Jahren.

Sie kommen jetzt mit dieser rückwärtsgewandten Technik aus der Schublade und wollen uns damit überzeugen. Haben Sie bei der Post einmal nach dem Erfolg gefragt? Vorgestern kam die Meldung, dass der Hersteller, eine Tochterfirma der Deutschen Post, im letzten Jahr damit 70 Millionen € Verlust gemacht hat.

Ich habe aber gehört, liebe Parteien des letzten Jahrtausends, dass Ihnen Recht und Gesetz ohnehin nicht immer so wichtig erscheinen. So war es auch Ihre Kanzlerin, die mit einer mündlichen Anweisung unsere Grenzkontrollen aushebelte und damit hunderttausendfach Recht und Gesetz brach. Warum bitten wir nicht einfach Ihre Kanzlerin um einen Zwischenerlass, der die Grenzwerte außer Kraft setzt? Wir könnten einfach einmal die EU ignorieren. Die Polizei müsste dann keine Kontrollen durchführen, und jeder Diesel würde einfach durchgewunken. Ich sehe schon Verkäufer von T-Shirts mit tollen Aufdrucken wie „Kein Diesel ist illegal“, „Diesel Welcome“ oder „Verschrottung ist unmenschlich“.

(Beifall von der AfD – Norwich Rüße [GRÜNE]: Wie blöd!)

Wie sieht es denn generell mit der Einhaltung des europäischen Rechts aus? Die Italiener erpressen uns aktuell beim Euro, und die Maastrichter Kriterien halten zum Beispiel bei der Verschuldung allein zwölf von 19 Ländern aus dem Euroraum nicht ein. All diesen Ländern sind die Regeln in der EU egal, und sie setzen ihre Interessen einfach durch.

Aber wenn es um eine der wichtigsten Branchen in Deutschland geht, nämlich die Automobilindustrie, schafft es die deutsche Regierung – allen voran Ihre Kanzlerin – nicht, darauf zu pochen, dass diese Grenzwerte endlich auf wissenschaftlich fundierter Basis festgelegt werden. Das ist ein wahres Armutszeugnis für das politische Verständnis Deutschlands und die diplomatischen Fähigkeiten Ihrer Kanzlerin.

Wir sollten in der EU eigentlich selbstbewusst auftreten.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Sie wollen doch aus- treten!)

Die Redezeit.

Aus der EU austreten können wir auch gerne, Herr Klocke. – Wir sollten nicht nur Zahlmeister sein, sondern auch jemand, der die Interessen des eigenen deutschen Volkes wahrnehmen kann. Wir stehen hier für unser deutsches Volk. – Danke schön.

(Beifall von der AfD)

Das war der Abgeordnete Loose für die AfD-Fraktion.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. – Das bleibt auch so. Dann schließe ich an dieser Stelle die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 1, der Aktuellen Stunde.

Ich rufe auf:

2 Nordrhein-Westfalen braucht einen Antisemi

tismusbeauftragten

Antrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2749

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat für die antragstellende Fraktion der CDU Herr Kollege Hagemeier das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! Die 17. Wahlperiode im Landtag Nordrhein-Westfalen ist gerade ein Jahr alt, und wir debattieren heute zum wiederholten Male über das Thema „Antisemitismus“. Leider gibt es dafür genügend Anlässe.

Antisemitismus ist ein Angriff auf unsere demokratische, weltoffene und tolerante Gesellschaft, den wir nicht dulden können und nicht dulden werden. Antisemitismus ist ein Angriff auf die Menschen jüdischen Glaubens, die zu Nordrhein-Westfalen und Deutschland dazugehören.

Deshalb liegt dem Parlament heute ein Antrag aller demokratischen Fraktionen vor, dessen wichtigste Forderung zugleich die Überschrift ist: NordrheinWestfalen braucht einen Antisemitismusbeauftragten.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Kampf gegen den Antisemitismus ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Er kann und darf nicht allein staatliche Aufgabe oder gar Aufgabe der hier in Nordrhein-Westfalen lebenden Menschen jüdischen Glaubens sein. Auch die Politik muss deutlich machen, dass in unseren Reihen für antisemitische Ansichten kein Platz ist.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)