Protokoll der Sitzung vom 29.09.2018

Des Weiteren wollen wir die Einrichtung eines Pünktlichkeitsportals an den großen Flughäfen in NRW voranbringen.

Mit den vorgenannten Maßnahmen in Verbindung mit einer fortlaufenden Berichterstattung im Ausschuss zu diesem Thema stärken wir die Interessen der Verbraucher massiv. Abweisen, Verschleppen

und angesichts der klaren Rechtslage völlig überflüssige Gerichtsverfahren sollten damit endgültig der Vergangenheit angehören. Die Kundinnen und Kunden haben ein Anrecht darauf, ihre rechtlichen Ansprüche erfüllt zu bekommen, und zwar ohne Verlust von Zeit und Geld. Dafür setzen wir uns als NRWKoalition mit diesem Antrag ein. – Danke schön.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Haupt. – Für die Fraktion der SPD hat nun Frau Kollegin Blask das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Folgende Begriffe sind Ihnen sicher alle unangenehm vertraut: Verspätung, Delay, Überbuchung, Annullierung, Downgrade.

Genauso wie die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen haben wir alle schon Bekanntschaft mit Verzögerungen oder gar Stornierungen von geplanten Flügen gemacht. Das Thema „Fluggastrechte“ ist also ein wichtiges Thema, das wir als Fraktion im Interesse der Verbraucher gerne unterstützen wollen. Hier sollten wir einen fraktionsübergreifenden Konsens finden.

Der Handlungsbedarf ergibt sich für uns nicht nur aus der Urlaubslust der Deutschen, sondern auch aus der Tatsache, dass wir in Nordrhein-Westfalen mit Düsseldorf und Köln/Bonn zwei der zehn größten Flughäfen in Deutschland haben. Damit werden in Nordrhein-Westfalen nicht nur die meisten Passagiere abgefertigt. Vielmehr kommt es hier dann leider auch zu den meisten Verspätungen und Annullierungen von Flügen.

Deutschlandweiter Spitzenreiter – das ist gerade schon einmal gesagt worden – war die Verbindung Köln/Bonn–Berlin-Tegel. Im letzten Jahr wurde allein diese Verbindung meines Wissens 319 Mal gestrichen.

Für das Bundesgebiet hat die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr bis Ende September dieses Jahres 20.861 Anträge auf Entschädigung gezählt. Schon zum jetzigen Zeitpunkt sind es also fast doppelt so viele Anträge wie im gesamten Vorjahr.

Die Tatsache, dass sich eine solche Schlichtungsstelle mit Flugreisen befasst und dabei so intensiv in Anspruch genommen wird, ist Beleg dafür, dass im Verhältnis zwischen den Verbraucherinnen und Verbrauchern auf der einen Seite und den Unternehmen der Flugverkehrsbranche auf der anderen Seite im Argen liegt.

Die entsprechende EU-Verordnung ist hier schon erwähnt worden. Sie regelt eigentlich alles, was bei einer Flugreise schieflaufen kann. Die Verordnung legt dabei klare Maßstäbe an, welche Ausgleichszahlung dem Fluggast in welchem Fall zusteht.

Warum bedarf es eigentlich einer solchen öffentlichen Schlichtungsstelle, um gesetzliche Ansprüche einfordern zu können? – Weil wir so viele Verbraucherbeschwerden in diesem Fall haben und es schwierig ist, sein Recht durchzusetzen. Es gibt auch viele Inkassounternehmen und private Einrichtungen, die versuchen, für die Verbraucherinnen und Verbraucher das Recht durchzusetzen. Das ist nicht nur lästig und aufwendig, es ist nicht nur ein Umweg, sondern bedeutet in der Regel auch eine Menge Kosten, die anfallen; man muss Provisionen zahlen. All das muss ja eigentlich gar nicht sein; denn im Gegensatz zur üblichen Entschädigungspraxis haben die Luftverkehrsunternehmen eine Bringschuld und nicht die Verbraucher eine Holschuld.

Ich denke, hier wird tagtäglich Recht gebrochen, meine Damen und Herren, und das kann so nicht sein.

(Beifall von der SPD)

Es gibt sogar Airlines, die in ihren AGBs Klauseln haben, die es den Verbrauchern verbieten, ihre Entschädigungsansprüche an Portale abzutreten. Auch das ist eine Sache, die nicht in Ordnung ist.

„Auch der Himmel stößt mal an seine Grenzen“ – Mit diesem Statement entschuldigte sich der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft bei seinen Kundinnen und Kunden zuletzt per ganzseitiger Zeitungsanzeige. Das ist nicht nur physikalisch eine fragwürdige Aussage. Wenn man sich die Gewinnzahlen der Branche in den letzten Jahren vor Augen führt, ist es auch unter ganz irdischen Maßstäben irreführend. Sie impliziert nämlich, dass den Luftverkehrsunternehmen sowohl bei den besseren Abwicklungen der Flugreisen als auch bei der schnelleren Bearbeitung von Entschädigungsansprüche die Hände gebunden seien.

Erst am vergangenen Freitag fanden sich aus diesem Grunde in Hamburg Vertreter der Branche und der Politik zum Luftfahrtgipfel zusammen und erklärten unisono, man wolle sich des Luftverkehrschaos annehmen und schnell Verbesserungen erreichen. Ich denke, das Thema „Fluggastrechte“ gehört auf die Tagesordnung in Berlin. Dort muss zur Stärkung der Fluggastrechte beigetragen werden.

Wir begrüßen aber auch diesen Antrag von CDU und FDP, um die Fluggastrechte hier in Nordrhein-Westfalen zu stärken. Verbraucher und Verbraucherinnen brauchen Information und Aufklärung. Das allergrößte Problem ist, das ist schon gesagt worden, die Rechtsdurchsetzung.

In diesem Zusammenhang bringen Sie die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ins Spiel und erwähnen eine App, ohne deren Funktion wirklich zu präzisieren. Unserer Auffassung nach sollte die App dafür sorgen, dass man bereits am Flughafen nachsehen kann, was bei Verspätungen oder Annullierungen zu tun ist. Sie kann aufklären, welche Ansprüche man hat. Idealerweise könnte man direkt aus der App den Musterbrief an die Verkehrsunternehmen schicken und auch den Eingang verfolgen und automatisch, wenn nichts passiert, die Einschaltung der Verbraucherzentrale beauftragen.

Wenn viele mitmachen, könnte dies ein geeignetes Marktwächterinstrument sein. Es sind circa 200 bis 700 Millionen Euro an Entschädigungszahlungen, die jedes Jahr nicht geltend gemacht werden. Ich finde, die Landesregierung sollte an dieser Stelle auch die Luftfahrtgesellschaften ins Boot holen, denn nur wenn die Luftfahrtgesellschaften mitmachen, kann eine solche App ein Erfolg sein, und daran wollen wir sie gerne messen.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich hätte mir gewünscht, wenn Sie dieses Thema auch zur Bundesratsinitiative gemacht hätten, man hätte es nach Berlin tragen und hier in NordrheinWestfalen ein Vorzeigemodell etablieren können. Das wäre aus meiner Sicht ein guter Weg gewesen. Wir werden dennoch Ihrem Antrag heute zustimmen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Blask. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Abgeordneter Klocke das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Koalitionsfraktionen, wir diskutieren ein Thema, das wirklich in den letzten Monaten, in den letzten zwei Jahren zu einem hochrelevanten Aspekt des Reisens geworden ist. Von daher ist es sicher gut und richtig, dass Sie dies aufgegriffen haben.

In dem, was Sie uns als Beschlussvorschläge vorgelegt haben, und auch in der Begründung skizzieren Sie die Symptome, die auch so wahrzunehmen sind, aber Sie diskutieren nicht mit uns die systemischen Gründe dieser Problemlage.

(Beifall von den GRÜNEN)

Da muss man gar nicht in irgendwelche grünen oder grünnahen Wahlprogramme oder Beschreibungen von alternativen Mobilitätsorganisationen schauen, es reicht ein Blick in die aktuelle Ausgabe der „Wirt

schaftswoche“. Ich möchte gerne aus der Titelgeschichte mit der Erlaubnis der Präsidentin kurz zitieren:

„Schluss mit Billig? Nach dem Chaos-Sommer mit Rekordverspätungen stoßen die Discounterairlines an ihre Wachstumsgrenzen. Steigende Spritkosten, überlastete Flughäfen, Managementfehler, ausfallende Flüge belasten die Bilanzen. Nun wird gespart, getrickst und an der Preisschraube gedreht – zulasten der Kunden.“

Das fasst die „Wirtschaftswoche“ so zusammen und ist sicherlich auch ein wesentlicher Grund, warum wir es mit den Vorkommnissen zu tun haben, die der Kollege Untrieser eben beschrieben hat: mit Verspätungsflügen, mit ausfallenden Flügen, mit Chaos an den Flughäfen, Problemen in den Sicherheitskontrollen etc.

Wenn Sie hier ehrlich und offen mit uns über die Problemlagen an den Flughäfen diskutieren wollen, dann lassen Sie uns auch über die Probleme der Billigairlines sprechen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir wissen ja, dass es beispielsweise Überlegungen an den größeren Flughäfen gibt, das komplette Grounding auszulagern. Das heißt, die Arbeitsaktivitäten an den Flughäfen selber zusammenzufassen, ist eine relevante Frage. Mein Blick richtet sich auch an die SPD, denn es geht hier auch um die Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte. Das haben wir sowohl bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei den Sicherheitskontrollen als auch bei der Frage der Menschen, die im Grounding aktiv sind.

Deswegen ist vieles, was Sie vorschlagen, politisch durchaus richtig, also beispielsweise eine Alternative zu den Überbuchungen oder bessere Organisation bei den Sicherheitskontrollen. Diese App, wenn sie denn technisch möglich ist, wenn sie eingeführt werden kann, ist sicherlich kein schlechter Vorschlag. Aber aus unserer Sicht greift es zu kurz, weil wir über die politischen Alternativen oder die politischen Eingriffsmöglichkeiten, was das System der Billigairlines betrifft, auch diskutieren müssten.

Deswegen finde ich es schade, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, dass Sie den Antrag heute hier zur direkten Abstimmung stellen. Das Thema wäre durchaus einer intensiveren Betrachtung und Beobachtung im Ausschuss wert. Da würde sich ein Sachverständigengespräch mit Sicherheit anbieten. Vielleicht überlegen Sie das noch einmal.

Wir von der grünen Fraktion werden uns, weil in dem Antrag nicht viel Falsches steht, bei der Abstimmung gleich enthalten, aber es fehlen uns entsprechende Aspekte.

Lassen Sie uns auch über die Fragen des Lärmschutzes beraten, weil das auch ein Aspekt der Billigairlines ist. Da geht es um die Umläufe, um den Blick in die Nacht. Köln/Bonn ist ja der einzige nachtoffene Flughafen, aber die Probleme, die wir am Flughafen Düsseldorf mit der ständigen Überschreitung der Nachtflugregelung feststellen, haben auch damit etwas zu tun, dass die Billigairlines mit mehr Umläufen planen, als es eigentlich von dem Geschäftsmodell angelegt ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist auch ein Teil der Wahrheit. Das fehlt in Ihrem Antrag.

Alles, was darin steht, ist, wie gesagt, richtig, manches jedoch fehlt. Ich würde mir wünschen, dass wir die Chance bekämen, diese Debatte intensiver zu führen. Vielleicht überlegen Sie noch einmal, ob es diese Möglichkeit entweder jetzt oder bei anderer Gelegenheit gibt. Es handelt sich um ein hoch relevantes Thema an der Schnittstelle zwischen Verkehr und Verbraucherschutz. Wir sagen Ihnen zu, das sachlich, interessiert und engagiert miteinander zu diskutieren, weil wir die Problemlagen genauso sehen.

Auf der einen Seite ist es gut zu wissen, dass es den nordrhein-westfälischen Flughäfen – das belegen die Fluggastzahlen – wirtschaftlich einigermaßen gut geht. Aber das Problem der Fluggastrechte, sprich das, was die Menschen an den Flughäfen tagtäglich erleben müssen – das betrifft vor allen Dingen die Ferienflüge –, ist eine Debatte wert. Die Tatsache, dass Sie diese Debatte anstoßen, ist aller Ehren wert, aber es ist unzureichend in der Problembeschreibung und auch in den Konsequenzen. Denken Sie noch einmal darüber nach, ansonsten enthalten wir uns. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Klocke. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Röckemann das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fluggastzahlen in Nordrhein-Westfalen haben weiter zugenommen, und sie sollen an vielen Flughäfen weiter ansteigen. Eine Rekordzahl reiht sich an die nächste. Das freut die Flughafenbetreiber und ist zudem gut für den Arbeitsmarkt. Der Himmel wäre strahlend blau, wäre da nicht die Sache mit den Verspätungen und den Flugausfällen, denn davon gibt es plötzlich mehr – wie ärgerlich!

Mit der Fluggastrechte-Verordnung sollte alles geregelt werden. So weit, so schlecht; denn mit diesem

Import aus Brüssel können und werden Sie in Turbulenzen geraten. Seit Jahren stehen diese Regeln in der Kritik. Unpräzise Vorgaben laden die Fluggesellschaften zum Taktieren ein. Die Berufung auf außergewöhnliche Umstände wird zum Schlupfloch. Bei der Freistellung von der Zahlungspflicht entwickeln die Fluggesellschaften Fantasie. Das zeigen auch die vielen Urteile der Gerichte.

Wenn CDU und FDP allerdings meinen, die schwarzen Schafe seien nur bei den Fluglinien und den privaten Anbietern zur Geltendmachung der Ansprüche zu suchen, dann sind sie im Blindflug unterwegs. Sie verfahren frei nach dem Motto: ein bisschen mehr Aufklärung, ein bisschen mehr up to date sein. Eine Fluggastrechte-App muss also her. Damit wollen Sie wohl auch eine Alternative zu den privaten Beratern schaffen, die doch tatsächlich Geld für ihre Dienste beanspruchen. Das ist auch gut so, entspricht der Ansatz doch unserer „Alternative für Deutschland“Vorstellung von freier Marktwirtschaft. Schon allein deshalb verstehen wir Ihren Ansatz nicht.

Sie betreiben also Populismus im wahrsten Sinne des Wortes und lösen damit keine Probleme. Nein, meine Damen und Herren, hier sind nicht die Airlines und die Rechtsberater der Fehler im System. Die Lösung à la Brüssel in Form der Fluggastrechte-Verordnung entpuppt sich bei näherer Betrachtung als handwerklich schlecht gemachtes Regelwerk. Die Verordnung taugt nichts, sie ist lückenhaft und unausgegoren. So gibt es zum Beispiel keine Insolvenzabsicherung zum Schutz der Kunden. Diese Erfahrung habe ich selbst diesen Sommer machen müssen, als ich mit meiner Familie auf einem Flughafen strandete.

(Ministerin Ursula Heinen-Esser: Im Aus- land?)