Protokoll der Sitzung vom 24.05.2019

Wir müssen bei der Kriminalitätsbekämpfung auf der Höhe der Zeit sein. Deswegen fordern wir, diesen Fünfpunkteplan aus Berlin als gutes Beispiel zu nehmen und ihn in Nordrhein-Westfalen umzusetzen.

Ich will Ihnen ein zweites Beispiel nennen: Hamburg hat ein Shisha-Bar-Gesetz auf den Weg gebracht. Das ist ein echter Schutz der Bevölkerung. Wir können solch ein Gesetz in Nordrhein-Westfalen ebenfalls gut gebrauchen.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, ich will noch einen dritten Bereich nennen, und zwar die phänomenorientierte Autovermietung; auch darüber haben wir immer wieder gesprochen. Lassen Sie uns da gemeinsam härter drangehen, damit die Clans nicht mit illegalen Autorennen, mit Hochzeitskorsos oder mit Fahrzeugen, die sie sich gar nicht leisten können, durch unsere Innenstädte fahren und posen.

Das sind die Aufgaben, die Sie erledigen müssen. Ich hoffe, dass wir gemeinsam daran arbeiten können. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank. – Für die Fraktion der Grünen hat nun die Abgeordnete Frau Schäffer das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Panske, Herr Brockmeier, unterlassen Sie die Legendenbildung, die Bekämpfung der sogenannten Clankriminalität wäre eine Erfindung von Schwarz-Gelb; das ist nachweislich falsch.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das steht sogar in Ihrem Bericht. Das steht im Bericht des LKA. Ich hoffe, Sie haben ihn gelesen; bei Herrn Brockmeier war ich mir nicht so ganz sicher.

(Zuruf von der FDP: Ah!)

In dem Bericht steht auf Seite 20 – Zitat –:

Während einige Behörden von konkreten Planungen berichten, skizzieren andere Kriminalhauptstellen seit Jahren umgesetzte und zum Teil mittlerweile abgeschlossene Initiativen.

Das ist nachzulesen im Bericht des LKA, Seite 20. Ich kann Ihnen das als Lektüre sehr empfehlen.

Im Übrigen kann man Kriminalität auch bekämpfen, Herr Reul, ohne dass man sich den Sheriffstern anheftet oder die Landespressekonferenz zur Teilnahme an einer Razzia einlädt. Das funktioniert auch. So kann man auch Innenpolitik machen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Möglicherweise – das ist nur so ein Gedanke; nehmen Sie das einfach einmal mit – sind Durchsuchungen auch effektiver, wenn die Polizei und der Innenminister dabei nicht von der Presse begleitet werden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wir haben letzten Donnerstag im Innenausschuss schon über dieses Thema diskutiert. Ich fand, das war ausführlich, sachlich und ruhig. Ich frage mich deshalb immer, warum das nicht möglich ist, wenn man hier mit Ihnen diskutiert. Aber gut, ich hoffe, wir führen die Diskussionen im Innenausschuss fort; wir haben damit ja bereits letzte Woche begonnen.

Ich habe den Lagebericht jedenfalls ausführlich gelesen.

(Zuruf von der CDU: Andere auch!)

Ich finde die Straftaten, die in diesem Lagebild aufgeführt sind, wirklich erschreckend: Etwa ein Drittel der aufgeführten Straftaten sind Rohheitsdelikte. Dazu gehören Raub, schwere Körper- und Gewaltdelikte; das muss man hier so benennen.

Ich finde aber auch, dass man die Zahlen einordnen muss; auch das gehört zu einer sachlichen Debatte dazu. Diese Zahlen werden so ähnlich auch in der Polizeilichen Kriminalstatistik aufgeführt. Es sind verzeichnete Straftaten. Es ist eine Eingangsstatistik.

Es ist keine Verlaufsstatistik – wir hatten die Diskussion über die PKS, über die Polizeiliche Kriminalstatistik, Anfang des Jahres –, aber eigentlich wäre eine Verlaufsstatistik das Interessante.

Die Frage ist doch: Wie viele Straftaten führen nachher zur Anklage? Wie viele Verurteilungen wird es geben? – Genau daran, Herr Reul, bemisst sich der eigentliche Erfolg, und da dürfen wir gespannt sein.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Frage ist doch: Was macht die Landesregierung jetzt überhaupt? Wir hatten im Innenausschuss auf Antrag der SPD-Fraktion einen Bericht. Diesbezüglich wurde gefragt: Wie sieht denn jetzt die Strategie der Landesregierung aus?

Zu den Initiativen der Landesregierung heißt es dann unter dem ersten Punkt in dem Bericht an den Innenausschuss: CDU und FDP haben die Bekämpfung der Clankriminalität in den Koalitionsvertrag geschrieben. – Ich würde mal sagen: Da haben die harten Jungs in Essen mal so richtig Angst bekommen, als sie das gelesen haben.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Es steht im Koalitionsvertrag – das ist ja eine super Maßnahme!

Ansonsten: Die Strategie setzt sich zusammen aus viel Gremien- und Netzwerkarbeit und Informationsaustausch. Was könnte man dagegen haben? Dagegen haben auch wir nichts; entscheidend sind aber natürlich die Ermittlungserfolge.

Den größten Raum in dem Bericht – das gestehe ich zu – nimmt der Kontrolldruck ein. Ziel sei die konsequente Verfolgung von Straftaten und Ordnungsverstößen.

Mit Verlaub: Das ist ohnehin die Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden, und natürlich müssen Kontrollen stattfinden, wenn es Hinweise auf Straftaten gibt. Das ist die originäre Aufgabe der Polizei, und wir erwarten zu Recht von der Polizei, dass sie genau das tut.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Aber – und das will ich hier auch noch klar benennen – dieser Kontrolldruck und die Kontrollen führen auch dazu, weil sie eben nicht zielgerichtet sind … Es wird eine bestimmte Bevölkerungsgruppe in bestimmten Stadtteilen kontrolliert. Dazu habe ich Gespräche geführt.

Vor Kurzem habe ich mich mit einer Jugendgruppe getroffen, die mir genau das berichtet hat: Zehnjährige, vierzehnjährige Kinder – das muss man so sagen – werden kontrolliert; sie bekommen mit, wie ihre Eltern kontrolliert werden, und nachher kommt nichts dabei heraus. Ich finde, das muss man so klar benennen, weil diese Kontrollen zu einer Stigmatisierung führen.

(Gregor Golland [CDU]: Das ist das, was Sie seit Jahren hier immer erzählen!)

Ja, Herr Golland, das können Sie vielleicht nicht glauben; aber wenn ein vierzehnjähriger Junge immer wieder am Essener Hauptbahnhof kontrolliert wird, kann ich Ihnen sagen, dass das zu einer Stigmatisierung führt, und das kann …

(Zurufe von der CDU)

Herr Golland, hören Sie mir einfach ruhig zu; Sie sind gleich noch dran. Es ist alles in Ordnung. Bleiben Sie ruhig: Es ist alles okay.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Es kann eben auch zu Solidarisierungseffekten führen und zu mangelnder Abgrenzung von Straftätern. Diese Abgrenzung benötigen wir aber ganz dringend.

(Zuruf von Michael Hübner [SPD])

Herr Reul, ich finde, Sie haben gestern in der Debatte zum Hambacher Wald

(Nic Peter Vogel [AfD]: Forst!)

sehr wohltuende Worte gefunden. Sie haben – ich habe mir die Debatte noch mal angeschaut – sinngemäß gesagt, dass es bezogen auf den Hambacher Wald

(Nic Peter Vogel [AfD]: Forst!)

wichtig ist, den überschaubaren Kreis der Linksextremen zu isolieren und die einen von den anderen zu trennen. Das finde ich gut. Das waren sehr wohltuende Worte. Ich fand es sehr gut, und ich war kurz davor, auch bei Ihnen mal zu klatschen.

Ich finde, das ist genau der richtige Ansatz, den wir auch auf dieses Thema hier übertragen müssen. Wir müssen dafür sorgen, dass Jugendliche und junge Menschen, die inzwischen zum Teil in der dritten Generation hier leben, die in Essen geboren sind,

(Daniel Sieveke [CDU]: Nein!)

die nur Deutsch sprechen … Die leben hier in Duldung. Welche Perspektive haben die eigentlich? Die haben keine Perspektive. Die wissen das. Die wissen mit zehn Jahren, dass sie in die völlige Perspektivlosigkeit gehen in Bezug auf Ausbildung, in Bezug auf Job usw. Das kann nicht sein.