Protokoll der Sitzung vom 10.07.2019

Frau Kollegin Düker, ich habe noch gut im Ohr, wie unter anderem Sie, aber auch andere, darum gebeten haben, konkrete Auswirkungen der verschiedenen Modelle, die auf Bundesebene noch denkbar sind, zu ermitteln.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Genau das machen wir jetzt. Das ist eine reine Sachverhaltsermittlung, damit dargestellt werden kann, welche Auswirkungen unterschiedliche Modelle, die in der Diskussion auf Bundesebene sind, für Nordrhein-Westfalen haben könnten. Daraus werden wir dann die entsprechenden Schlüsse ziehen. Ich unterstelle mal, dass Sie über diese Ermittlung eigentlich froh sein müssten.

(Zuruf von Monika Düker [GRÜNE])

Nach dem von Ihnen priorisierten Modell wird es nach dem, was Sie voraussagen, die wesentlich besseren Ergebnisse geben. Insofern wird unsere Analyse wahrscheinlich in der Lage sein, Ihre persönliche

und parteipolitische Auffassung im Zweifel zu untermauern. Das kann Ihnen in Wahrheit also nur helfen.

Vielen Dank. – Als Nächstes hat die Kollegin Schäffer das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Lienenkämper, ich dachte eigentlich, dass man solche Prüfungen vorher unternimmt und nicht erst dann, wenn das Gesetz auf dem Tisch liegt.

Ich dachte immer, dass diese Koalition sich im Bund einbringen will. Daher auch die Frage, wie Sie sich auf der Finanzministerkonferenz zu den verschiedenen Modellen verhalten haben. Und wie haben Sie sich dort zu dem Kompromissmodell von Olaf Scholz verhalten?

Frau Kollegin Schäffer, wir machen diese Prüfungsschritte streng nach Logik. Wir können erst etwas prüfen, wenn etwas vorliegt; vorher können wir naturgemäß nichts prüfen. Seit der letzten Sitzungswoche des Deutschen Bundestages vor der dortigen Sommerpause liegt nun ein Gesetzentwurf vor. Sobald er uns vorliegt, prüfen wir ihn – so verfahren wir.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Das Land Nordrhein-Westfalen hat sich konstruktiv in die Gespräche der Länderminister eingebracht, und es hat bereits zusammen mit anderen Ländern verschiedene Änderungen am Scholz-Modell erreichen können. Diese gehen in Richtung Vereinfachung und besserer Administrierbarkeit; denn es ist uns wichtig, diese Einnahmequelle für die Kommunen zu erhalten. Das gelingt nur dann, wenn das Modell, das letztendlich zum Tragen kommt, auch bis zum 31.12.2024 rechtssicher administrierbar ist. Dazu tragen die Vereinfachungen bei, die wir zusammen mit anderen Ländern erreichen konnten.

Das war unser Ansatz. Ich habe immer gesagt: Um diese Einnahmequelle zu erreichen, müssen alle Partner – Bund und alle anderen Länder – kompromissbereit sein. Diese Auffassung gilt naturgemäß unverändert.

Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Herr Kollege Mostofizadeh von Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Herr Finanzminister, ich muss Ihnen mal Folgendes sagen. Wir haben mehrfach Fragen in Ihre Richtung gestellt, welche Kompensation das Land zu zahlen bereit ist, wenn es keine Grundsteuer mehr gibt. Alles, was Sie im Moment tun, deutet darauf hin, dass Sie mit dem Koalitionspartner noch nicht einig

sind. Sie stellen Modellrechnungen an, die andere Länder längst abgeschlossen haben.

Deswegen stelle ich Ihnen ganz konkret folgende Frage: Stellen Sie als Finanzminister von NordrheinWestfalen sicher, dass die Kommunen in NordrheinWestfalen am 10. Januar 2020 definitiv keine Einnahmenausfälle erleiden werden, und das Land Nordrhein-Westfalen die Einnahmeausfälle, die durch Ihre Politik drohen, kompensieren wird?

Kollege Mostofizadeh, Ihre Schlussfolgerungen bleiben naturgemäß Ihnen überlassen. Eine Rechtfertigung dafür, die sich aus meinen Äußerungen ergeben würde, kann ich allerdings nicht erkennen.

Zu Ihrer konkreten Frage: Wir haben immer gesagt, dass die Einnahmequelle der kommunalen Grundsteuer erhalten werden soll und muss. Dazu werden wir als Landesregierung das Notwendige veranlassen.

Vielen Dank, Herr Minister. Die nächste Frage stellt Ihnen Kollege Remmel von Bündnis 90/Die Grünen.

Schönen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrter Herr Minister, der Kollege Witzel hat für die FDP-Fraktion im Haushalts- und Finanzausschuss im April dieses Jahres zu Protokoll gegeben, dass man sich in NordrheinWestfalen endgültig erst dann verhalten könne, wenn man wisse, was auf dem Tisch liege.

Das ist jetzt der Fall. Wir wissen aber auch, dass für die Länderöffnungsklausel eine Grundgesetzänderung nötig ist; das heißt, es braucht dafür Mehrheiten im Bundesrat. Haben Sie, hat die Landesregierung, hat der Ministerpräsident gegenüber der Bundesregierung ein Signal gegeben, dass Nordrhein-Westfalen in jedem Fall die Grundgesetzänderung passieren lassen will, also zustimmen wird?

Kollege Remmel, herzlichen Dank für die Frage. Der Kollege Witzel hat natürlich völlig recht. Wir können über die Dinge erst dann entscheiden, wenn sie vorliegen. Wir entscheiden also zu dem Zeitpunkt, zu dem wir wirklich wissen, was am Ende des Tages im Bundesrat zur Abstimmung steht. Dann wissen wir auch, ob die Grundgesetzänderung kommen wird oder nicht.

Wir haben als Landesregierung von Nordrhein-Westfalen eine klare Position: Wenn die Grundgesetzänderung kommt und eine Öffnungsklausel für die Länder auf diesem Wege ermöglicht wird, dann wird dieser Umstand nicht der Grund dafür sein, dieses Gesetz abzulehnen.

Vielen Dank, Herr Minister. Die nächste Frage stellt Ihnen Herr Kollege Hübner von der SPD-Fraktion.

Vielen Dank für die Worterteilung. – Herr Minister, wenn wir schon so dezidiert nachfragen, müssen Sie doch zugestehen, dass sich das Ganze im ersten Halbjahr in den Ausführungen aus Ihrem Haus sehr anders angehört hat.

Auch Ihr Staatssekretär hat sich dahin gehend geäußert, dass sich Nordrhein-Westfalen in den Abstimmungsgesprächen mit den anderen Bundesländern – dabei will ich Bayern einmal bewusst außen vor lassen – in allen Punkten durchgesetzt hat bei der Anpassung des wertorientierten Modells als Vorabstimmung, bis es im Bundeskabinett auf den Weg gebracht worden ist. So hat er sich darstellen und zitieren lassen.

Damit wird auch eine – zum damaligen Zeitpunkt – Richtungsentscheidung deutlich gemacht, nämlich dass es ein wertabhängiges Modell geben müsse und eben kein Flächenmodell. Das Risiko mit dem Flächenmodell aus Bayern – inklusive der Länderöffnungsklausel, für die es eine Grundgesetzänderung geben müsste – liegt darin, dass die Grundsteuer nicht mehr deutschlandweit einheitlich administriert werden würde.

Würde das Land Nordrhein-Westfalen für eine heterogene Administration im Bundesrat die Stimme erheben? Oder würden Sie nicht eher für eine homogene Anwendung bei der Grundsteuer im Sinne einer Vergleichbarkeit und der Gleichheit der Lebensverhältnisse werben? – Ich halte das Letztere für wesentlich sinnvoller, gerade vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“.

Herr Kollege Hübner, die Frage richtet sich an den Minister. – Herr Minister, bitte.

Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege Hübner, wir werden genau beobachten, was die Verhandlungen, die auf Bundesebene über die Grundgesetzänderung geführt werden, tatsächlich ergeben. Das ist eine Verhandlung, die zunächst einmal auf Bundesebene angekündigt und die dort auch geführt worden ist.

Dann werden wir im Lichte der dort gefundenen Verhandlungsergebnisse über unser eigenes Abstimmungsverhalten entscheiden.

Ich habe vorhin schon einmal gesagt: Falls es zu einer Länderöffnungsklausel kommen sollte, wird das am Ende des Tages nicht der Grund sein, warum

Nordrhein-Westfalen das gesamte Gesetz ablehnt. Daraus können Sie eigentlich alle Schlüsse ziehen.

(Michael Hübner [SPD]: Ja, es sind alle Fra- gen offen!)

Vielen Dank, Herr Minister. Die nächste Frage stellt Ihnen Herr Kollege Becker von Bündnis 90/Die Grünen.

Schönen Dank. – Frau Präsidentin! Herr Minister! Der Ministerpräsident hat früher, in Zeiten der Opposition, immer die besondere Wichtigkeit von Nordrhein-Westfalen hervorgehoben. Halten Sie es vor diesem Hintergrund für angemessen, dass Nordrhein-Westfalen im Gegensatz zu anderen Bundesländern bis jetzt keine Proberechnung zu den einzelnen Modellen vorlegen kann?

(Beifall von den GRÜNEN)

(Zurufe)

Der Minister hat geantwortet. – Die nächste Frage – das ist dann Ihre dritte Nachfrage – stellt Ihnen Frau Kollegin Düker von Bündnis 90/Die Grünen.

Danke schön. – Meine Frage geht an einen Minister ohne eigene Meinung; vielleicht bekomme ich ihn jetzt doch dazu, mal eine zu äußern. Ich hatte eben eine Frage gestellt, die Sie nicht beantwortet haben; das ist die dritte Komponente – ich nenne sie mal „optimiertes Scholz-Modell“ –, das Flächenmodell zu prüfen.

Die dritte Variante, die im Raum steht, ist die Bodenwertsteuer. Diese hat wiederum den Vorteil, dass sie das Modell mit dem geringsten Verwaltungsaufwand ist, weil man in Nordrhein-Westfalen über ein System verfügt, mit dem die Bodenwerte sehr schnell zu ermitteln sind. Das heißt, es braucht nicht den Vorlauf für Hunderte von Verwaltungsbeamten oder Verwaltungsmitarbeitern.

Daher mein Versuch, dem Minister doch noch eine Haltung zu entlocken: Wird die Bodenwertsteuer in die Prüfung einbezogen? Ist es für Sie eine Option – es geht nicht darum, ob Sie das nachher machen –, die Öffnungsklausel zu nutzen?

Frau Präsidentin! Liebe Frau Kollegin Düker! Ich habe eben beschrieben, dass die Prüfungen, die wir während der Sommerpause vornehmen, der Sachverhaltsermittlung dienen, und dass ich davon ausgehe, die beiden – ich sage mal – extremen Beispiele, die

sich im Moment in der Diskussion befinden, auf diese Art und Weise zu prüfen. Alle anderen Ergebnisse werden mutmaßlich irgendwo dazwischen liegen. Insofern kann man indirekt die Auswirkungen auch für andere Modelle abschätzen.

Ich habe es ebenso offengelassen, wie wir uns am Ende verhalten, weil es erst der Sachverhaltsermittlung, der Analyse und der Beobachtung des weiteren Gesetzgebungsprozesses bedarf, um zu wissen, auf welcher Basis wir Entscheidungen treffen können. Wir gehen das ziemlich pragmatisch an, indem wir uns erst mal die Basis anschauen und dann auf dieser Basis eine Entscheidung treffen.

(Zuruf von der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage – das ist seine zweite – stellt Ihnen Herr Kollege Mostofizadeh von Bündnis 90/Die Grünen.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Herr Finanzminister! Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie der Auffassung sind, dass Sie bisher keine Proberechnung anstellen und auch keine Vorbereitung treffen mussten, um einen eigenen Gesetzentwurf einzubringen. Sie sagten auch, dass das angemessen sei, wenngleich andere Bundesländer das gemacht hätten.

Aus meiner Sicht stehen zwei konkrete Fragen im Raum, wobei ich mich auf eine Frage fokussieren werde. Ist das, was auf dem Tisch liegt, verfassungsgemäß, insbesondere die Tatsache, dass der Bund von einer konkurrierenden Gesetzgebung Gebrauch macht, um dann diese konkurrierende Gesetzgebung wieder ins Belieben der Länder zu stellen?