Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass keine weiteren Zusatzfragen vorliegen. Die Mündliche Anfrage ist beantwortet.
Ich rufe nun die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Herbert Jullien und Heinz-Hermann Schnabel (CDU), Geplante Änderungen zulasten der Kommunen im Doppelhaushalt 2002/2003 – Nummer 4 der Drucks ache 14/425 – betreffend, auf.
1. Welche konkreten Maßnahmen schlägt das Land den Kommunen vor, um die von ihm verursachten Mehrbelastungen der kommunalen Haushalte auszugleichen?
Grunde noch der Höhe nach feststehenden freiwilligen Ausgaben der Kommunen in den Verwaltungshaushalten?
3. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass sich die Zahl der unausgeglichenen Haushalte im Jahr 2002 durch die vorgesehenen Eingriffe des Landes in die kommunale Finanzausstattung drastisch erhöhen wird?
4. Ist der Landesregierung bewusst, dass ein Großteil der Steigerungsraten bei den Zuweisungen an die Kommunen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erstattung von übertragenen Aufgaben steht, der Öffentlichkeit jedoch der Eindruck vermittelt wird, die Kommunen verfügten Dank des Landes über erhebliche zusätzliche Mittel, ohne dass dem entsprechende Mehrbelastungen gegenüberstehen?
Meine Damen und Herren! Herr Präsident, zunächst bitte ich damit einverstanden zu sein, dass ich eine noch ausstehende Information gebe, was die geplante Nettokreditaufnahme angeht. Diese wird sich im Jahr 2002 – ich nenne die runden Zahlen – auf 918 Millionen DM und im Jahr 2003 auf 876 Millionen DM belaufen.
Hinzu kommen die Beträge bezüglich der Landesbetriebe, die sich nicht verändert haben und nicht verändern werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Fragen beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Elementarer Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung ist das Recht der Kommunen, ihren jeweiligen Haushalt selbst und eigenverantwortlich aufzustellen. Das bedeutet in Zeiten wie diesen auch, dass jede Kommune selbst prüft, wie sie Einnahmeminderungen haushaltsmäßig umsetzt.
Da die Haushaltsstrukturen und damit auch die Sparpotenziale von Kommune zu Kommune stark differieren, wäre eine einheitliche Sparvorgabe des Landes an die Kommunen nicht nur verfassungswidrig, sondern auch kontraproduktiv. Sie würden leichtfertig den entscheidenden Vorteil föderativer Ordnungen, das heißt, die dezentrale, der jeweiligen Situation angemessene Problemlösung zu finden, preisgeben.
Allerdings wird das Land davon absehen, die Kommunen in den Jahren 2002 und 2003 an den aufgrund der
neuen Steuerschätzung sich ergebenden Mindereinnahmen des Landes zu beteiligen. Das macht in beiden Haushaltsjahren zusammen den Betrag von 123 Millionen DM aus.
Des Weiteren ist eine Ministerratsvorlage mit einem Lösungsansatz für das Problem der Altfehlbeträge der so genannten Bugwelle in Vorbereitung.
Das Ministerium des Innern und für Sport entwirft zudem ein Standardöffnungsgesetz, das den Kommunen ermöglichen wird, staatlich vorgeschriebene und kostentreibende Standards zu unterschreiten. So können Entlastungen auf der Ausgabenseite realisiert werden.
Zu Frage 2: Es ist wenig sinnvoll und statistisch problematisch, für die inhomogene Gruppe der Kommunen einen einheitlichen Prozentsatz an freiwilligen Leistungen ermitteln zu wollen. Entsprechende Erkenntnisse liegen der Landesregierung jedenfalls nicht vor.
Hinzu kommt, dass die Abgrenzung freiwilliger Aufgaben sehr stark vom Zeithorizont abhängig ist. Was heute zwangsläufig der Fall ist, war früher oft eine freie Entscheidung, und was heute noch durch Gesetze, Vorschriften und Standards zwangsläufig erscheint, kann morgen durch die Änderung dieser Vorgaben anders gestaltet werden. Im Übrigen dürfte ein Landeshaushalt aufgrund der inflexiblen Ausgabenblöcke für Personal, Zinsen, den kommunalen Finanzausgleich und für Leistungsgesetze insgesamt einen deutlich geringeren Flexibilitätsgrad als der durchschnittliche kommunale Haushalt aufweisen. Zudem weisen die Kommunen auf der Einnahmeseite größere Gestaltungsspielräume als die Länder auf.
Zu Frage 3: Nach Auffassung der Landesregierung wird sich die Zahl der unausgeglichenen Haushalte im Jahr 2002 aufgrund der moderaten Adjustierungen der kommunalen Finanzausgleichsmasse nicht drastisch erhöhen. Es ist aber nicht auszuschließen, dass die schwierige konjunkturelle Lage
und die zunächst einnahmemindernden Effekte der Steuerreform zu einer höheren Zahl der nicht ausgeglichenen Haushalte führen. Das Ergebnis der Steuerschätzung zeigt, wie kritisch und problematisch es ist, auf eine unmittelbare Selbstfinanzierung von Steuersenkungen zu setzen.
Zu Frage 4: Die Landesregierung hat die Entwicklung der Zuweisungen an die Kommunen immer im Zusammenhang mit den Ausgaben und Einnahmen der Kommunen gesehen. Vergleichende Untersuchungen über den Kommunalisierungsgrad und den Nettotransfer vom Land an die Kommunen weisen für Rheinland-Pfalz einen relativ geringen Kommunalisierungsgrad und hohe Nettotransfers aus. Das heißt, verglichen mit dem Bundesdurchschnitt werden in Rheinland-Pfalz viele Aufgaben vom Land wahrgenommen. Gleichzeitig leistet das Land dennoch überdurchschnittlich hohe Zuweisungen an die Kommunen.
Herr Minister, Sie haben darauf hingewiesen, dass die Steuermindereinnahmen und damit die globalen Mindereinnahmen keine Auswirkungen auf die Kommunen haben werden. Sie wollen also in den Jahren 2002 und 2003 den Finanzausgleich damit nicht belasten. Stimmen Sie mir zu, dass Sie dann in den Jahren 2004 und 2005 diese Mindereinnahmen im Finanzausgleich abrechnen werden?
Das ist so. Wir wollen nicht das Finanzausgleichsgesetz außer Kraft setzen. Daher wird die Abrechnung der Jahre 2002 und 2003 zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, wie auch die positive Abrechnung der Jahre 1999 und 2000 im Laufe der kommenden zwei Haushaltsjahre erfolgen wird.
Das geschieht übrigens nicht im Jahr 2004, sondern wir werden die Abrechnung der Beträge, die sich aufgrund der Schonung der Gemeinden in den Jahren 2002 und 2003 ergeben, im Jahr 2005 vornehmen. Es ist also eine Kreditierung über einen beträchtlichen Zeitraum.
Ich will noch einmal deutlich von Ihnen hören, dass den Kommunen dann in jedem Fall das Geld im Jahr 2005 fehlt.
Herr Minister, bei der Beantwortung der ersten Frage haben Sie darauf hingewiesen, das Land könne den
Kommunen im Hinblick auf eine sparsame Haushaltsführung keine Vorgaben machen. Es war jedoch nach Vorschlägen, aber nicht nach Vorgaben gefragt.
Sie haben darauf aufmerksam gemacht, das Haushaltsrecht liege bei den Kommunen. Das ist zweifellos richtig. Können Sie meiner Einschätzung zustimmen, dass bei denjenigen Kommunen, die ihren Haushalt schon jetzt nicht ausgleichen können, bzw. bei denjenigen Kommunen, die ihren Haushalt in Zukunft nicht ausgleichen können, das eigene Haushaltsrecht faktisch erheblich eingeschränkt ist?
Ich verweise jedoch auf die konkrete Formulierung der ersten Frage. Dort heißt es: „Welche konkreten Maßnahmen schlägt das Land den Kommunen vor, um die von ihm verursachten Mehrbelastungen der kommunalen Haushalte auszugleichen?“
Meine Damen und Herren, welches Verständnis von Selbstverwaltung ist das denn? Das Land hat den Kommunen doch nicht zu sagen, wie sie in welchen Bereichen und in welchem Umfang zu sparen haben. Das machen sie doch selbst!