Protokoll der Sitzung vom 07.11.2002

Meine Damen und Herren, ich hatte die Ehre, einen Vortrag vor der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaft in Speyer vor Menschen aus Europa über die Frage zu halten, wie man in Deutschland und in Rheinland-Pfalz im Terrorismus insgesamt dieser Entwicklung begegnet. Neben dem Wissen, das ich Ihnen genannt habe, und den beiden Augen, die man haben muss, habe ich Ihnen ein Drittes genannt. Das ist mir bei einem Besuch in Brüssel bei der Kommission klar geworden, als wir über die Frage der internationalen und der nationalen Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg diskutiert haben.

Es führt kein Weg daran vorbei, wir müssen die Ländergrenzen verlassen, wir müssen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Sprachen besser schulen. Wir müssen diese internationalen Verbindungen viel besser pflegen: EUROPOL ist ein Stichwort, EUROJUST ist ein weiteres Stichwort, das zu nennen ist. – Ich denke, mit den beiden Begriffen – um das einmal zu beschreiben – werden wir uns nicht nur beschäftigen müssen, sondern wir müssen uns auch politisch damit auseinander setzen: Was wird das Parlament an Mittel bereitstellen, wie werden wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter positionieren, weil wir nur über das Wissen wiederum weiterhin erfolgreich sein werden?

Ich denke, dass dieser Verfassungsschutzbericht auch zeigt, dass wir analysieren können, wir Ihnen lagebezogen Wissen geben können und ich mich dem Dank an den Verfassungsschutz, den Sie ausgesprochen haben,

anschließen kann. Das, was dort geleistet wird, ist ganz vorzüglich.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Mit der Besprechung ist der Bericht der Landesregierung erledigt.

Wir kommen nun zu Punkt 13 der Tagesordnung:

Die Terroranschläge am 11. September 2001 –

Ein Jahr danach

Konzept für eine gezielte Terrorismusbekämpfung

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 14/1439 –

Die Fraktionen haben eine Redezeit von jeweils zehn Minuten vereinbart.

Meine Damen und Herren, ich darf weitere Gäste im Landtag Rheinland-Pfalz begrüßen, und zwar Stipendiaten der Hanns-Seidel-Stiftung im Rhein-Main-Gebiet. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag RheinlandPfalz!

(Beifall im Hause)

Für die Fraktion der CDU erteile ich Herrn Abgeordneten Hörter das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär, das, was Sie eben gesagt haben, können wir weitgehend unterstreichen und unterschreiben. Es ist natürlich Aufgabe der Opposition, an der einen oder anderen Stelle deutlich zu machen, wo wir noch Schwachstellen sehen. Sie haben eben gesagt, Sie haben nicht überzogen reagiert. Die Frage dürfen wir aber trotzdem stellen, ob ausreichend reagiert wurde. In einem sind wir uns sicherlich alle einig, dass uns die Terroranschläge vom 11. September in einer Dimension konfrontiert haben, die so bisher kaum vorstellbar gewesen ist, und es nicht nur ein Anschlag gegen die USA, sondern gegen die gesamte zivilisierte Welt gewesen ist.

Dass unser Antrag „Ein Jahr danach“, der eigentlich für die letzte Plenarsitzung vorgesehen war, noch mehr an Aktualität gewonnen hat, ist auch eine der schmerzlichen Erfahrungen der letzten Wochen. Ich nenne nur das Stichwort „Terroranschlag im Oktober auf Bali“. Das macht deutlich, die Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist unverändert und angesichts der weltpolitischen Konstellation eine Daueraufgabe. Es ist im Grund auch eine der erschütternden Erkenntnisse, dass gerade Deutschland im Zentrum der Ermittlungen im Zuge der Anschläge vom 11. September steht. Drei der vier in den USA entführten Flugzeuge waren von

Selbstmordpiloten gesteuert, die lange Zeit in unserem Land, in Hamburg, gelebt haben.

Meine Damen und Herren, wir leben zudem noch in einem Dilemma, das auch die Diskussion hier im Hause deutlich machen wird. Wir fragen nämlich, ob man die Öffentlichkeit informieren und damit viele Mitbürgerinnen und Mitbürger in Angst und Schrecken versetzen oder darauf vertrauen soll, es geht wieder gut. Der Opposition wird dann hier und dort Panikmache vorgeworfen, obwohl doch jeder weiß, dass man sich – – – Ich erlaube mir, aus der „FAZ“ vom 18. Oktober nur die Überschrift zu zitieren:

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

„Es ist nur eine Frage des Wann und Wo.“ Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um die Sicherheit und die Freiheit unserer Gesellschaft gegen den Angriff fanatischer islamischer Terroristen mit ihren pseudoreligiösen Motiven zu verteidigen. Dies umfasst nicht nur Fragen konkreter Maßnahmemöglichkeiten der Sicherheitsorgane, Polizei und Verfassungsschutz, sondern auch, was wir in unserer freiheitlichen Gesellschaft bereit sind zu dulden und was nicht.

Lassen Sie mich dies an einem einzigen Beispiel verdeutlichen. Im Antiterrorgesetz von 1976 wurde das Werben für die Ziele der Terroristen ausdrücklich unter Strafe gestellt. Der Gesetzgeber war seinerzeit davon überzeugt, dass der Terrorismus mit allen Mitteln bekämpft werden muss. Die Werbung für den Terrorismus bereitet den Boden für den Terrorismus. Deshalb ist die Werbung kriminell und muss verboten werden.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt komme ich zu einem Punkt, der mich in der Tat betroffen macht, dass nämlich die Werbung für in- und ausländischen Terrorismus von Rotgrün im Bundestag ausdrücklich nicht mehr unter Strafe gestellt wird. Dies ist unvorstellbar, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Dass unser Justizminister – ich will dies ausdrücklich sagen – in einer Vorlage – 14/1465 – diese Politik der Bundesregierung für bedenklich hält und mit Besorgnis betrachtet, werten wir außerordentlich positiv.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich will ausdrücklich sagen: Wer Sympathiewerbung für Terrorismus von in- und ausländischen Terrorvereinigungen entkriminalisiert, geht den falschen Weg. Es darf nicht sein, dass die geistigen Brandstifter ungeschoren davonkommen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Stellen Sie sich bitte einmal vor, wenn Personen mit Plakaten „Hoch lebe Al-Kaida“ oder „Es lebe Bin Laden“ durch unsere Innenstädte ziehen, hat der Rechtsstaat keine Möglichkeiten, strafrechtlich dagegen vorzugehen. Meine Damen und Herren von der SPD, ich frage Sie, wollen Sie das wirklich so? Die Frage richtet sich natür

lich auch an den Ministerpräsidenten als einen der führenden Köpfe der Sozialdemokraten, ob er das in Berlin durchgehen lassen will.

Lassen Sie mich noch einmal auf den Anschlag auf Bali zurückkommen. Es ist noch etwas deutlich geworden. Die Praktik der Terroristen hat sich zumindest im Moment geändert. Offenbar geht es ihnen zurzeit nicht mehr so sehr um die ganz groß angelegten Operationen wie am 11. September, sondern um – ich setze das in Anführungszeichen – „kleinere“ Attentate auf leicht zu treffende Ziele, häufiger, unberechenbarer und ebenso tödlich. Dies muss für uns zweierlei bedeuten. Die Gefahr, dass Deutschland Ziel von terroristischen Operationen wird, steigt, nicht zuletzt, weil es bei uns gut funktionierende islamistische Netzwerke gibt. Dies bedeutet auch, dass der Staat, wir alle gemeinsam, zu größeren Anstrengungen im Kampf gegen den Terrorismus kommen müssen. Vor diesem Hintergrund will ich an dieser Stelle eine kritische Anmerkung machen. Es ist eben nicht ausreichend, nur die Stellen, die vor dem 11. September im Stellenplan des Verfassungsschutzes enthalten waren, die für die Aufrechterhaltung der Inneren Sicherheit unseres Landes notwendig waren, nach dem 11. September zu besetzen.

Da hätten mehr Stellen hingehört. Bei der Polizei stellen die 75 neuen Angestelltenstellen das Einzige dar, was wirklich gemacht wurde, wobei dies keine wirkliche Entlastung für die Polizei bringt,

(Beifall der CDU)

zumal offen ist, ob tatsächlich für diese 75 Stellen neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewonnen wurden oder nicht zumindest teilweise lediglich Umsetzungen erfolgten. Das will ich wenigstens als Frage in den Raum stellen.

Vorhin ist etwas über die Rasterfahndung gesagt worden. Ich will in diesem Zusammenhang unsere Forderung nach der verdachts- und ereignisunabhängigen Kontrolle erheben. Die verdachtsunabhängige Kontrolle wie auch die Rasterfahndung sind bereits dann ein Erfolg, wenn potenzielle Gewaltbereite verunsichert oder abgehalten werden, Anschläge in unserem Land zu planen, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Das ist reine Spekulation!)

Zwar wird mit dem Sicherheitspaket der Bundesregierung die Aufnahme biometrischer Daten in Ausweis und Visa angekündigt, aber seit einem Jahr ist es nicht umgesetzt.

(Pörksen, SPD: Wird doch gemacht!)

Das Sicherheitspaket läuft Gefahr, sich zum Papiertiger zu entwickeln. Die Bundesregierung muss auf europäischer Ebene die sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands durchsetzen. Ich weiß, dass der Bundesinnenminister es versucht hat.

Die Regelanfrage beim Verfassungsschutz im Einbürgerungsverfahren muss endlich gesetzlich verankert und in

ganz Deutschland durchgesetzt werden. Sie haben das vorhin erwähnt. Es kann nicht sein, dass zum Beispiel in Schleswig-Holstein die Regelanfrage von der Zustimmung des Betroffenen abhängig ist, meine Damen und Herren.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident.

In gleicher Weise brauchen wir die zwingende Regelanfrage, bevor wir Ausländern ein unbefristetes Aufenthaltsrecht in Deutschland geben. Auch dies ist Gegenstand unseres Antrags.

Lassen Sie mich zum Schluss eins deutlich machen. Wir brauchen alle gemeinsam diese Anstrengung. Es geht um viel zuviel, als dass wir uns im kleinen politischen Gezänk bewegen. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Pörksen.