Protokoll der Sitzung vom 11.02.2004

Ich denke schon, dass Rheinland-Pfalz mitgearbeitet und sich an die Dinge gehalten hat, wie sie entwickelt worden sind. Ich glaube auch, dass unsere Lösungsvorschläge noch in diesen Rahmen hineinfallen. Das will ich noch einmal ausdrücklich unterstreichen. Es gibt inzwischen entsprechende Urteile, dass zum Beispiel die Schleierfahndung nicht verfassungswidrig ist.

Ich will noch einmal, vielleicht gerade in Richtung der GRÜNEN, darauf hinweisen, Entschuldigung, wir können nicht darauf warten und zuschauen – das sind wir unseren Bürgerinnen und Bürgern schuldig –, dass sich kriminelle Strukturen aufbauen, obwohl wir die Mittel technischer und personeller Art haben, um diese Strukturen zu beobachten und uns Informationen zu besorgen. Wir können uns zum Beispiel im Bereich von Menschen- und Mädchenhandel, oder – was Sie sonst so gern vor sich hertragen – bei den Rechtsradikalen nicht darauf einlassen und abwarten, bis etwas passiert und erst dann einschreiten. Das kann doch nicht wahr sein. Es ist im Sinn einer freiheitlichen Gesellschaft zwingend notwendig, dass wir die entsprechenden Instrumente zur Verfügung stellen.

Dass es bei der Diskussion insgesamt aus der jeweiligen Parteihistorie heraus das eine oder andere Augenmerk gegeben hat, habe ich auch im Innenausschuss gesagt. Natürlich gibt es auch im Bereich der SPD oder der FDP andere Traditionen, als sie bei der CDU bestehen. Wir sind stolz auf unsere, dass nämlich für uns die Sicherheit, die Innere Sicherheit, ein ganz wichtiges Thema ist. Ich denke, das haben wir im Vorfeld dieser Diskussion und auch heute bei der abschließenden Beratung noch einmal so zum Ausdruck gebracht.

Ich meine auch, der Minister hat vollkommen Recht. Es geht einfach nicht an, dass wir versuchen, die Problematik zu verharmlosen, indem wir Nebelfelder auflegen und so tun, als könnten wir die Augen zumachen und die Welt würde besser werden. Das geht nicht. Wir müssen uns den Gefahren stellen, und wir sind uns das auch schuldig.

Ich will daran erinnern, in der Begründung ist auch das Grundgesetz erwähnt. Ich glaube, es ist Artikel 2 des Grundgesetzes, wo abgeleitet wird, dass es staatliche Aufgabe ist, die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten

und dafür auch die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen.

(Glocke der Präsidentin)

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Thomas.

Meine Damen und Herren! Schwerpunkt meiner Einlassungen wird die Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes sein. Ich will vorher zwei Dinge sagen.

Frau Kohnle-Gros, zu Ihnen: Die Einschränkung der Grundrechte und der Bürgerinnen- und Bürgerrechte, die mit diesem Gesetzentwurf gemacht werden, sind fühlbar, lesbar und erkennbar. Das, was Sie an Fortschritten in den Ermittlungs- und Verbrechensbekämpfungsmöglichkeiten haben, sind bisher nur Ankündigungen, und auch in den Verschärfungen, die es in früheren Jahren gab, haben Sie nicht nachweisen können, dass damit tatsächlich mehr Erfolge erzielt wurden. Aber die Einschränkung der Bürgerrechte war für die Einzelnen zu spüren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Zuber, zu Ihnen: Wenn Frau Grützmacher Ihren Gesetzentwurf kritisiert und auch das, was nach den Änderungen zustande kommt, dann kritisieren wir nicht die rheinland-pfälzische Polizei, sondern Sie als den zuständigen Minister, der ein solches Gesetz eingebracht hat. Da können Sie dies nicht in falsche Bahnen lenken und uns vorwerfen, was wir für ein Bild von der rheinland-pfälzischen Polizei hätten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Jetzt zum Thema „Gewaltschutz“: Sie haben mit Recht gesagt, schon allein diese Regelungen hätten eine Novellierung des Gesetzes erforderlich gemacht. Deswegen haben wir nicht jahrelang, aber mehr als ein Jahr lang eingefordert, dass entsprechende Veränderungen in dem Polizei- und Ordnungsbehördengesetz vorgenommen werden. Deswegen haben wir, weil Sie nicht zu „Potte“ kamen, unseren Gesetzentwurf vor einem Jahr eingebracht. Warum ziehen wir ihn heute zurück? Weil Sie während des Gesetzgebungsverfahrens zu Änderungen gekommen sind, die den Gesetzentwurf der Landesregierung verbessert haben, nämlich Aufnahme des Näherungs- und Kontaktverbots – dies finden wir richtig –, und weil die Regelungen, die im Leitfaden für die Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen entwickelt wurden, eine gute Ergänzung sind und eine gute Grundlage für einen entschiedeneren Kampf gegen Beziehungsgewalt in diesem Land liefern.

Deswegen haben wir unseren Gesetzentwurf zurückgezogen. Ich glaube, das ist konsequent.

Herr Pörksen, dass wir dann einen Entschließungsantrag vorlegen, der im Prinzip unsere Beiträge während der gesamten Debatte noch einmal zu Papier bringt, sollten Sie nicht über formale Kriterien kritisieren, sondern Sie sollten schon konkret sagen, warum Sie es nicht mitmachen wollen.

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Ich will Ihnen unseren Antrag in zwei Punkten erläutern. Ich habe es oft genug von Ihnen mit Entschließungsanträgen erlebt.

Wir wollen Veränderung haben, was die Datenweitergabe angeht, zum Beispiel von den Gerichten zur Polizei. Ich weiß, das muss bundesgesetzlich geregelt werden. Das haben wir festgehalten. Da muss die Landesregierung initiativ werden, und wir wollen die Grundlage dafür schaffen, dass die Polizei die Daten, das heißt, Name und Telefonnummer der Betroffenen, der Opfer an die Interventionsstelle weitergeben kann.

Herr Pörksen, da haben wir einen Dissens.

Ich bin in der Anhörung überzeugt worden. Ich sage Ihnen, das hatten wir in unserem Gesetzentwurf ursprünglich auch anders drin. Aber ich bin in der Anhörung von den Praktikerinnen und Praktikern überzeugt worden, die berichtet und gesagt haben – es gibt schon Beratungsangebote –, es ist so, dass die Frauen, die in solchen Gewaltbeziehungen gefangen sind, von sich aus die Beratungsangebote nicht aufnehmen. Es ist auch so, dass in einer Krisenintervention, die von der Polizei erfolgt, eine Frau nicht ohne weiteres einen Zettel unterschreibt, der dann die Weitergabe ihrer Daten regelt.

Was wir wollen, ist, die Grundlage dafür zu schaffen, dass eine Einwilligung auch bei der ersten Kontaktaufnahme von der Interventionsstelle erfolgen kann. Das wird in anderen Ländern diskutiert. Wir wollten es nicht mit einem Änderungsantrag machen. Ich glaube aber, wir müssen daran arbeiten, dass wir dafür die Grundlage erstellen. Deswegen haben wir es in einem Entschließungsantrag gemacht.

Wir wollen weiterhin festhalten – da will ich konkreter werden als das, was Frau Kohnle-Gros gesagt hat –, dass, wenn wir in der Bekämpfung von Beziehungsgewalt weiterkommen wollen, wir das nicht allein als zusätzliche Aufgabe für die Polizei definieren, sondern die entsprechenden Unterstützungsangebote, Interventionsstellen, zur Verfügung stellen müssen.

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Herr Schweitzer, wir wollen eine Bedarfserhebung, wie viele wir brauchen.

Aus der Anhörung ist von allen deutlich geworden, dass diese geplanten fünf Interventionsstellen nicht ausreichen. Also müssen wir uns alle darüber Gedanken machen, wie wir es schaffen, das Netz dichter zu machen

und nicht nur der Polizei eine zusätzliche Aufgabe zu geben, die dann wieder und wieder zu Krisen intervenieren muss, sondern tatsächlich diesen Gewaltkreislauf unterbinden kann, indem entsprechende Beratungs- und Unterstützungsangebote eingerichtet werden.

(Glocke der Präsidentin)

Mit diesem Entschließungsantrag wollen wir das Parlament hierzu verpflichten, und nicht mehr. Ich kann mir nicht vorstellen, wo Sie an dieser Stelle ein Problem haben, diesem zuzustimmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Pörksen das Wort zu einer Kurzintervention.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu Ihren Vorbemerkungen: Die Polizei will dieses Gesetz. Sie fordert es. Sie nicht. Ich glaube, es ist wichtig, das zu wissen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Damit können Sie nicht auf den Minister zielen.

Wir sind bereit und der gleichen Auffassung, dass im Bereich der Gewalt in engen sozialen Beziehungen die Grundrechte erheblich eingeschränkt werden. Das machen wir auch. Das ist in Ordnung. Aber bei der Bekämpfung der Schwerstkriminalität soll das nicht in Ordnung sein? Das verstehe ich nicht. Diesen Widerspruch müssen Sie mir erklären.

(Beifall der SPD, der FDP und der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Jetzt etwas zu Ihrem Entschließungsantrag: Ich habe Ihnen gesagt, ich finde es nicht in Ordnung, dass man in der Mittagspause einen Entschließungsantrag über drei Seiten vorfindet, wenn morgens die Fraktionsberatung stattfindet. Es wäre nicht so schwierig gewesen, diesen um 10:15 Uhr der SPD-Fraktion vorzulegen, damit sie sich inhaltlich damit auseinander setzen kann. Ich glaube, das Vorgehen, wie Sie es machen, ist nicht in Ordnung. Keiner kann doch überprüfen, ob das, was Sie gesagt haben, richtig ist.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben einen Punkt aufgegriffen. Sie haben den Punkt der Einwilligung der Betroffenen aufgegriffen, was die Frage der Kenntnisnahme der Interventionsstellen betrifft. Wir haben im Ausschuss klar gesagt, wir wollen es nicht ohne Einwilligung der Frau. Sie muss einwilligen, dass diese Mitteilung an die Interventionsstelle geht.

Solche Dinge muss man in der Fraktion beraten. Man kann nicht einfach per Entschließungsantrag abstimmen. Das können wir so nicht machen.

Weitere Punkte, die Sie anführen, sind in dem Leitfaden, der Ihnen bekannt ist und den Sie ausdrücklich loben, zum großen Teil enthalten. Die Frage der Zahl der Interventionsstellen ist umstritten. Es ist die Frage gestellt worden, ob dies bei jedem Präsidium – was in etwa die Marschrichtung ist – oder bei jeder Direktion sein soll. Über diese Frage werden wir natürlich noch beraten. Dann muss man aber auch über Geld reden; denn das kostet viel Geld. Man kann nicht einfach sagen: 7, 14 und 25 sind richtig. – Die Diskussion werden wir weiterführen. Wir werden auch einen Bericht bekommen. Sie können über einen Antrag den Minister auffordern zu berichten, wie es mit den Interventionsstellen gelaufen ist. Das müssen wir doch nicht heute in einem Entschließungsantrag festlegen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Daher ist dieser Entschließungsantrag für mich eher nur ein durchsichtiges Manöver nach dem Motto, mit dem Gesetzesantrag nicht weitergekommen zu sein, aber jetzt als Trittbrettfahrer noch schnell mitzufahren. Bei der Sache selbst Nein zu sagen, aber so zu tun, als wenn man in einem Bereich ganz weit vorn marschieren würde, das halte ich nur aus taktischen Gründen für vertretbar.

(Beifall bei SPD und FDP)

Zur Erwiderung hat Frau Abgeordnete Thomas das Wort.

Meine Damen und Herren! Herr Pörksen, ich will eine kurze Passage aus unserem Entschließungsantrag vorlesen: Der Landtag fordert die Landesregierung auf, aufgrund der Bedarfslage die beiden für 2004 geplanten Interventionsstellen zu Beginn des Jahres einzurichten. – Dafür ist das Geld vorgesehen. Sie müssen nur noch in die „Pötte“ kommen.

Nach unserem Antrag soll der Landtag die Landesregierung ferner auffordern, aufgrund der Bedarfslage eine wissenschaftliche Begleitung der bestehenden und noch einzurichtenden Interventionsstellen noch in diesem Jahr in die Wege zu leiten. Das muss erfolgen, weil sonst keine Absicherung und keine Überprüfung möglich ist. Soweit ich weiß, hat die Frau Ministerin gesagt, dass dies notwendig sei. Deshalb weiß ich nicht, weshalb Sie ein Problem damit haben, dem zuzustimmen.

Nach unserem Antrag soll der Landtag die Landesregierung ferner auffordern, aufgrund der Bedarfslage eine Erhebung für den flächendeckenden Ausbau von Interventionsstellen in Rheinland-Pfalz anzustellen und zur Beratung des nächsten Doppelhaushalts 2005/2006 vorzulegen. Dann wird über das Geld entschieden. Ich

verstehe nicht, weshalb Sie dem nicht zustimmen können und weshalb Sie so tun, als müsste man diesen Bereich beraten. Genau all diese Punkte haben wir bei der Ausschusssitzung beraten. Wir haben sie eingebracht. Das war für Sie nichts Neues.