Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die beiden heute zu behandelnden Anträge der Fraktionen von CDU und FDP sind in der Sitzung des Landtags am 27. September 2007 an den Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur überwiesen worden. Der Ausschuss hat beide Anträge in insgesamt vier Sitzungen, darunter eine Anhörung, beraten. Während der Behandlungsphase im Ausschuss kam das Programm der Landesregierung mit dem Sondervermögen für die Hochschulen hinzu. Zum Abschluss der Beratungen hat der Ausschuss durch Beschluss empfohlen, beide Anträge abzulehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich darf zunächst einmal ein paar Worte zur wirtschaftlichen Entwicklung von Rheinland-Pfalz sagen und in diesem Zusammenhang auch auf den Aufbau der Hochschulstruktur in unserem Land verweisen. Zunächst einmal blicken wir auf die Gründung unseres Landes zurück. Wir sind in der Tat stolz auf eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik. Grundsatz war immer die Stärkung mittelständischer Strukturen. Der Aufstieg auf Platz 3 im Ländervergleich ist ein Riesenerfolg. Ich sage auch ganz bewusst, da können wir alle hier im Landtag vertretenen Parteien einbinden. Alle hier im Landtag vertretenen Parteien haben in bestimmten Phasen entscheidend daran mitgewirkt, natürlich auch fast 20 Jahre lang liberale Wirtschaftsminister.
Verächtlich wurde am Anfang gesagt, wir seien das Land der Reben und Rüben. Inzwischen sind wir zu einem wirtschaftsstarken Bundesland geworden.
Als Zweites möchte ich ein paar Worte zum Aufbau der Hochschulstrukturen sagen. Da haben wir bei null angefangen. Es war nichts da. Zunächst kam der Aufbau der großen Universität Mainz, dann der Doppelstandort Trier und Kaiserslautern, dann getrennt selbstständige Universitäten, die Universität Koblenz und Landau, dann
aber auch der Aufbau einer Fachhochschulinfrastruktur in diesem Land im Zusammenhang mit der Konversion. Die Bewältigung der Probleme ist eigentlich eine Erfolgsstory. Auch das können wir so sagen. Auch da waren alle hier im Landtag vertretenen Parteien in irgendeiner Form zu irgendeiner Zeit positiv mit eingebunden.
Wir haben in der Tat eine ausbaufähige Grundstruktur im Land. Das möchte ich einmal als Feststellung zum Positiven sagen.
Meine Damen und Herren, dann stellen wir uns noch die Frage: Warum stehen eigentlich Bayern und BadenWürttemberg mit ihrer enormen Wirtschaftskraft mit Abstand deutlich vor uns?
Gibt es denn nicht so viele wirtschaftspolitische Gemeinsamkeiten? So stark unterscheidet sich die Wirtschaftspolitik von Baden-Württemberg, Bayern und RheinlandPfalz nicht. Woher kommt das? Wie erklären wir hinreichend diesen deutlichen Vorsprung?
Meine Damen und Herren, nachvollziehbar wird der Abstand, wenn wir die Wissenschafts- und Forschungslandschaft etwas genauer betrachten. Der Vorsprung von Baden-Württemberg resultiert losgelöst von den deutlich höheren gegenwärtigen Investitionsvolumen auch aus dem Standortvorteil in der Gründungsphase. Wir kennen die traditionsreichen Hochschulstandorte in Baden-Württemberg. Ich muss sie nicht nennen.
Der Vorsprung von Bayern resultiert nicht zuletzt aus massiven Investitionen zur Zeit der Strauß-Ära. Der Ministerpräsident hat zu Recht immer wieder auch in diesem Haus darauf hingewiesen, mit wessen Geld das passiert ist und wie die Finanzströme damals gelaufen sind. Das brauchen wir hier nicht zu erörtern. Aber Bayern hat in der Tat in diesen Jahrzehnten heftig in seine Forschungs- und Wissenschaftsstandorte investiert.
Die traditionellen Standortvorteile von Hochschulen und Forschungseinrichtungen, aber auch massive Investitionen – diese kommen bis heute noch dazu – waren und sind starke Impulse für das gesamtwirtschaftliche Wachstum dieser Länder. Da gibt es in der Tat einen signifikanten Zusammenhang. Der erklärt nach meiner Einschätzung im Wesentlichen auch den Abstand zu diesen Ländern.
Meine Damen und Herren, was schließen wir daraus für Rheinland-Pfalz? Neben einer klar – hoffentlich auch weiterhin – mittelstandsfreundlichen Wirtschaftspolitik wird die Entwicklung der Wissenschafts- und Forschungsstandorte die notwendige Grundlage für qualitatives Wachstum in Rheinland-Pfalz von existenzieller Bedeutung sein. Wir brauchen hervorragend ausgebildete junge Menschen. Wir müssen in die Lehre, in die Förderung der Grundlagenforschung und in noch intensivere Entwicklung von Technologietransfers investieren. Welche Schlussfolgerungen leiten wir daraus ab?
Meine Damen und Herren, bei der Anhörung zu unserem Antrag wurde zweifelsfrei klar und hat sich zweifelsfrei ergeben, dass Rheinland-Pfalz in Lehre und Forschung einen erheblichen Investitionsbedarf hat.
Um wenigstens einen Mittelplatz in Deutschland zu erreichen, haben wir einen Investitionsbedarf von zusätzlich 90 Millionen Euro pro Jahr, und zwar über die 40 Millionen Euro hinaus, die Sie zur Verfügung gestellt haben. Aber auch dann sind wir noch nicht auf Tuchfühlung mit den Spitzenländern Bayern und BadenWürttemberg. Das Beispiel der Exzellenzinitiative zeigt, dass die Hochschulstandorte in diesen Ländern allein wegen ihrer gegenwärtigen Stärke erhebliche Mittel, unter anderem vom Bund, aber auch aus anderen Bundesländern, leider auch aus Rheinland-Pfalz, an sich binden und somit ihre Leistungskraft weiter stärken und den Abstand zu uns weiter vergrößern. Das ist der Ausfluss der Stärke dieser Forschungs- und Wissenschaftslandschaft in diesen beiden Bundesländern. Im Wettbewerb steigt unser Entwicklungsrisiko also immer weiter an.
Meine Damen und Herren, wenn wir davor die Augen verschließen, machen wir den entscheidenden strukturpolitischen Fehler, dessen Folgen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten unsere Wachstumschancen spürbar ausbremsen werden.
Herr Dr. Krell, das hat nichts mit Schlechtreden zu tun. Das größte politische Risiko ist vielmehr das Schönreden, das uns den perspektivischen Blick auf das Notwendige versperrt.
Meine Damen und Herren, unser Antrag stützt sich auf zwei Säulen. Mehr Freiheit und Eigenverantwortung für unsere Hochschulen werden einen deutlichen Entwicklungsschub auslösen. Auch das hat die Anhörung gezeigt. Es gibt andere Beispiele. Wir zeigen mit unserem Antrag den Weg zu diesem Ziel. Die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, Frau Wintermantel, unterstützt in ihrer Stellungnahme ausdrücklich den FDPAntrag. Die Präsidenten der Universitäten Aachen und Darmstadt – das sind Universitäten von Weltniveau – verweisen voller Stolz auf die neue Dynamik durch mehr Freiheit und Eigenverantwortung. Daraus sollten wir lernen.
Meine Damen und Herren, Frau Ministerin, Sie gestatten mir – da fällt mir Schiller, Don Carlos, ein – das weltberühmte Zitat: Sir, geben Sie Gedankenfreiheit. – Frau Ministerin, ich sage zu Ihnen: Signora, geben Sie Hochschulfreiheit. – (Beifall der FDP – Eymael, FDP: Jawohl!)
Die zweite Säule unseres Antrags bezieht sich auf das klar belegte Finanzierungsdefizit im Hochschulbereich. Alle Institute kommen zum selben Ergebnis. Frau Ministerin, ich frage Sie: Wie schließen Sie die Lücke von 90 Millionen Euro, um wenigstens einen Mittelplatz unter den Bundesländern zu erreichen? Wir erwarten auf diese Frage eine klare Antwort der Landesregierung.
Unser Vorschlag – übrigens ohne Neuverschuldung – beinhaltet ein verantwortungsbewusstes Finanzierungskonzept. Wenn Sie das so nicht wollen, nennen Sie bitte Ihre Alternativen.
Meine Damen und Herren, viele Politiker in RheinlandPfalz hat es in der Vergangenheit ausgezeichnet, über Wahlperioden hinauszudenken und losgelöst von vermeintlich politisch-persönlichen Interessen unseres Landes perspektivisch zu handeln. Bleiben wir in dieser Tradition und nehmen wir unsere Verantwortung heute wahr.
Meine Damen und Herren, stimmen Sie unserem Antrag zu. Sie können schließlich Ihre Meinung auch einmal ändern. Im Ausschuss wurde er abgelehnt, aber ich bin immer voller Hoffnung.
Stimmen Sie unserem Antrag zu. So stärken Sie den Wissenschafts- und Forschungsstandort RheinlandPfalz.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, zu den Anträgen, die zur Diskussion stehen, und auch nach dem, was Herr Kuhn von der FDP jetzt ausgeführt hat – von der CDU haben wir jetzt noch nichts zu den Anträgen gehört –, ist es sinnvoll, den Hintergrund darzustellen, vor dem wir diese Anträge diskutieren.
Die Politik der Landesregierung hat heute wie auch in der Vergangenheit die uneingeschränkte Unterstützung der SPD-Fraktion, weil wir diese Politik als einen integralen Teil der Bildungspolitik in Rheinland-Pfalz verstehen.
Uns geht es insgesamt darum, größtmögliche Bildungschancen für alle in Rheinland-Pfalz zu schaffen. Konkret heißt das für die Hochschulpolitik, dass wir keine Studierendengebühren erheben wollen. Wir wollen die Hürden senken und nicht aufbauen.
Wir bieten in Rheinland-Pfalz eine geschlossene Bildungskette mit einer deutlich sozialdemokratischen Prägung, die bereits im Vorschulbereich beginnt. Sie schlägt den Bogen bis hinein zum gebührenfreien Erststudium.
Bundesweit – das können wir für uns reklamieren – haben wir mit die höchsten Zahlen bei den Abschlussquoten. Wir haben in Rheinland-Pfalz steigende Studierendenzahlen, während sie in anderen Ländern sinken. Allein das macht schon die Attraktivität des Studienstandorts Rheinland-Pfalz aus.
Wir haben in Rheinland-Pfalz wissenschaftliche Exzellenz an den Universitätsstandorten. Gestern war das Universitätsklinikum Thema. Dort konnten wir das herausarbeiten. Wir haben einen anhaltenden Ausbau der Forschungsinstitute in unserem Land. Ich nenne nur die Max-Planck-Gesellschaft und die FraunhoferGesellschaft.
Das Land Rheinland-Pfalz unterstützt die Hochschulen bei der Etablierung eines Qualitätsmanagements und beim Ausbau der Autonomie durch die Einführung von Globalhaushalten. Auch was die Finanzierung anbelangt, hat die Landesregierung immense Summen in der Zeit ihrer Verantwortung für Wissenschaft und Forschung investiert. In diesem Zeitraum wurden die Ausgaben um 62 % gesteigert. Das bedeutet, dass bis in dieses Jahr hinein 930 Millionen Euro – allerdings ohne das Sondervermögen – an Höhe auflaufen.
Auf eine Sache möchte ich noch hinweisen, weil immer auch gerne Zahlen diskutiert werden. Die laufenden Grundmittel – das sind die Hochschulausgaben, die das Land aus eigenen Mitteln den Hochschulen für die laufenden Zwecke zur Verfügung stellt – sind sehr beachtlich. In den Jahren 1995 bis 2005 können wir in diesem Bereich eine Steigerung um 36 % verzeichnen. Das ist insbesondere auch interessant, wenn man sich ansieht, wie andere Länder dastehen. Schauen wir uns die Länder an, die um uns herumliegen. Das Saarland kann lediglich 2 % aufweisen, Baden-Württemberg 11 %, Bayern, das so hoch gelobt wurde, minus 4 %, Hessen 7 %, und insgesamt, auf die gesamte Bundesrepublik gesehen,