Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

109.845 Studierende sind an den rheinland-pfälzischen Hochschulen im Wintersemester 2008/2009 eingeschrieben. Das sind 4 % mehr als zu Beginn des vergangenen Wintersemesters. Außerdem können wir einen neuen Höchststand bei der Zahl der Studierendenanfänger feststellen. Hier haben wir eine Steigerung von 5,8 %, was in absoluten Zahlen bedeutet, dass wir an unseren Hochschulen 14.453 Erstsemester haben. Das Statistische Landesamt spricht von einem „historisch hohen Zulauf“.

Diese Zahlen sind sehr erfreulich und bestätigen die Hochschulpolitik der rheinland-pfälzischen Landesregierung. Die SPD-Fraktion ist sich mit der Regierung darüber einig, dass wir nach wie vor eine höhere Zahl von Studierenden brauchen. Um den derzeitigen und zukünftigen Anforderungen des Arbeitsmarktes und einer hoch komplexen, ausdifferenzierten Gesellschaft gewachsen zu sein, brauchen wir mehr akademisch gebildete Kräfte. Dabei dürfen wir Rheinland-Pfälzer für uns in Anspruch nehmen, dass Rheinland-Pfalz als eines der wenigen Bundesländer ein Importland von Studierenden ist. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag, um den zukünftig wachsenden Bedarf an hoch qualifizierten Fachkräften zu decken. Wir belassen es in Rheinland-Pfalz nicht dabei, dass in Sonntagsreden von der Ressource Bildung gesprochen wird, den Menschen aber nicht die Gelegenheit gegeben wird, sich der Ressource Bildung zu bedienen.

Wie schon gesagt, es ist mittlerweile politischer Konsens – hoffentlich auch in diesem Haus –, dass Deutschland um seiner Zukunftsfähigkeit willen mehr und nicht weniger akademisch ausgebildete Menschen braucht. Deshalb sei bereits an dieser Stelle betont: Rheinland-Pfalz befindet sich auf dem richtigen Weg in der Hochschulpolitik, und die SPD-Fraktion im Landtag unterstützt diesen Weg nachdrücklich.

(Beifall bei der SPD)

Allerdings haben wir gerade zu Beginn des Semesters feststellen müssen, dass dieser historisch hohe Zulauf an unseren Hochschulen auch Probleme mit sich bringt. An verschiedenen Hochschulstandorten kam es zu Studierendenprotesten. Insbesondere in Trier stand man

vor unerwartet großen Problemen. Wir haben im Landtag über die Ursachen diskutiert. Die Universität Trier ist regelrecht von dem Ansturm auf die Hochschule überrollt worden. Die Unileitung – das stelle ich wiederholt mit großem Respekt fest – hat sich aber nicht in die Büsche geschlagen und von dort aus nach Schuldigen gesucht, sondern beherzt organisatorische Maßnahmen ergriffen. Das betraf sowohl die Raumorganisation als auch die Verbesserung der Personalsituation.

Insofern haben die Trierer in ihrer Eigenverantwortung bzw. im Rahmen ihrer Autonomie ihre Probleme weitestgehend in den Griff bekommen. Geblieben sind volle Lehrveranstaltungen und auch die Perspektive, die zugleich eine Hoffnung ist, dass sich mehr junge Menschen für ein Studium entscheiden werden und vor allen Dingen, dass sie sich dafür auch entscheiden können.

Es liegt ein Antrag der FDP zur flächendeckenden Einführung von Campus-Managementsystemen vor. Hierbei handelt es sich um eine elektronische Informations-, Kommunikations- und Organisationsplattform für die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge. Um diese modularisierten Studiengänge besser handeln zu können, entschließen sich die Hochschulen, solche Systeme zu installieren. Es liegt also in der Autonomie der Hochschulen, sich eine Software zu beschaffen oder auch nicht.

Insofern könnte man den Antrag mit der sicherlich zutreffenden Begründung abbügeln, dass die Hochschulen entsprechend handeln sollen, wenn man ihnen schon Autonomie zubilligt. Das ist aber die alte Leier. Auf der einen Seite wird von der Opposition lautstark nach Autonomie für die Hochschulen gerufen. Wenn diese dann im Rahmen ihrer Autonomie handeln und hierbei gelegentlich Probleme haben, wird sogleich das Land dafür haftbar gemacht und werden entsprechende Anträge gestellt.

(Beifall bei der SPD)

Wir schlagen aber vor, den Antrag im Ausschuss zu beraten, um zu überprüfen, ob und welche Möglichkeiten die Landespolitik hat, um unterstützend einzugreifen. Diese Campus-Managementsysteme versprechen eine Entlastung aller Akteure im Hochschulbereich, also für Studierende, Lehrende und auch für die Hochschulverwaltung. Insofern erwartet man von ihnen, dass sie dabei helfen, Vorfälle wie in Trier zu Beginn des Semesters abfedern zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, am konkreten Umgang mit den steigenden Studierendenzahlen ist leicht zu sehen, dass Hochschulpolitik mehr ist als reine Finanzpolitik. Selbstredend ist sie aber ein wichtiger, ein zentraler Bestandteil davon. Auch das kann man in Rheinland-Pfalz selbstbewusst darstellen.

Die bedeutendste Steigerung liegt nicht in den zusätzlichen 5 Millionen Euro pro Jahr, die im Haushaltsentwurf etatisiert sind, sondern in der Bildung des Sondervermögens für den Hochschulbereich, das die Landesregierung zu Beginn des Jahres angekündigt hat.

Damit bin ich beim zweiten der eingangs erwähnten Aspekte. Wir verabschieden heute einen Doppelhaushalt zu Beginn einer Rezession. Darüber, wie sich die Entwicklung weiter darstellen wird, kann man spekulieren. Festzustellen ist jedoch, dass wir uns in einer konjunkturell unsicheren Zeit befinden. Mit der Bildung des Sondervermögens und auch mit dem Antrag meiner Fraktion, die bisher im Haushalt dargestellten Gelder des Programms „Wissen schafft Zukunft I“ ebenfalls in das Sondervermögen zu überführen, tragen die Landesregierung und die sie tragende SPD-Fraktion eine wirksame Vorsorge. Insgesamt soll das Sondervermögen ein Volumen von 400 Millionen Euro haben. Ich meine, jetzt haben Sie das alles verstanden.

Über die Bildung des ursprünglichen Sondervermögens ist schon viel Lobendes gesagt worden. Die CDUFraktion versteht die damit einhergehende, relativ einfach zu überschauende Operation offenbar immer noch nicht. Sie schwadroniert vom Verbrennen von Geld, von einem Marketinggag oder gestern noch von einer Mogelpackung. Wir sind aber geduldig und erklären es noch einmal: Pro Jahr stehen für die kommenden fünf Jahre

(Billen, CDU: Ganz langsam! Nicht so schnell!)

gesehen den Hochschulen 40 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung.

(Billen, CDU: Ganz langsam!)

Von diesen zusätzlichen Mitteln profitieren sowohl die Forschung als auch die Lehre. Beide Bereiche werden weiter gezielt ausgebaut werden können. Somit kommt das Sondervermögen im Allgemeinen und natürlich auch im Besonderen den Studierenden zugute, weil insgesamt attraktivere Studienbedingungen geschaffen werden.

Die mit dem Sondervermögen bereitgestellten 200 zusätzlichen Stellen, darunter 30 Stellen für neue Professorinnen und Professoren, werden die Grundausstattungen der Hochschulen spürbar stärken.

Die Bereitstellung des Sondervermögens sorgt dafür, dass wir das Qualitätsniveau der rheinland-pfälzischen Hochschulen weiter steigern können.

Insbesondere die Bildung des Sondervermögens unter dem Aspekt der Planungssicherheit zu sehen, dokumentiert erneut die Verlässlichkeit der SPD-geführten Landesregierung im Umgang mit ihren Hochschulen. Das wird auch von den Hochschulen so gesehen. Deshalb beantragen wir als SPD-Fraktion, die Mittel von „Wissen schafft Zukunft I“ ebenfalls in das Sondervermögen zu überweisen, das dann, wie gesagt, das Volumen von 400 Millionen Euro erhält.

Das wird von den Hochschulen begrüßt. Das war dem Statement der Unipräsidenten in der Anhörung des Haushalts- und Finanzausschusses zu entnehmen, aber auch ihren öffentlichen Stellungnahmen. Sie sehen darin

ein klares Bekenntnis zur Bedeutung von Bildung und Wissenschaft im Land Rheinland-Pfalz.

(Licht, CDU: Würden Sie die 35 Millionen abziehen und in einem Atemzug nennen – – –!)

Über die Studiengebühren ist schon oft diskutiert worden. Herr Mertin hat gestern wieder einmal ein vehementes Plädoyer dafür gehalten. In diesem Zusammenhang – jetzt komme ich auf Sie von der CDU zu sprechen – kann man immer wieder erstaunt feststellen, wie beherzt die CDU klatscht, wenn die FDP Studiengebühren fordert. Wenn sie allerdings selbst danach gefragt wird, hat sie mit all dem nichts zu tun.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren von der CDU, auch das ist ein Beitrag zur Glaubwürdigkeit von Politik. Wir bleiben bei unserer Argumentation: Studiengebühren sind insbesondere sozial ungerecht, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Wir erhöhen damit die Hürden für junge Menschen, die aus einkommensschwächeren Verhältnissen kommen. Sie belasten junge Menschen zu Beginn ihres eigenständigen privaten und beruflichen Lebens und erschweren z. B. auch die Gründung einer Familie. Wer das nicht sieht, übersieht entscheidende Kriterien, die die Biografie von Menschen beeinflussen.

Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Wenn wir sehen, dass von 100 Akademikerkindern 83 studieren, aber sich aus Familien ohne akademische Tradition dagegen nur 23 Kinder für ein Studium entscheiden, wird unmittelbar deutlich, wie stark die soziale Ungerechtigkeit in diesem Bereich ist. Wir sind gefordert, diese Ungerechtigkeit abzubauen und nicht zu zementieren. Dafür steht die SPD in diesem Land.

(Beifall bei der SPD)

Zum Schluss möchte ich noch auf den Antrag der FDP bezüglich des Ausbaus dualer Studiengänge eingehen. Die ersten Reaktionen darauf haben gezeigt, dass hierzu kein grundlegender Dissens vorhanden ist. So baut die Landesregierung das Angebot mit solchen Studiengängen deutlich aus. Rückgekoppelt ist dies an eine entsprechende Landeskommission, aus der heraus die Umsetzung erfolgt.

Insofern besteht trotz vielleicht vielerlei unterschiedlicher Akzentuierungen und Positionierungen im Landtag die Möglichkeit, die Dinge zumindest in Bezug auf die dualen Studiengänge gemeinsam voranzutreiben. Insofern könnten wir alle daran teilhaben, dass wir in RheinlandPfalz in konjunkturell schwieriger Zeit im Hochschulbereich Chancen nutzen, Chancen bieten und Chancen wahren.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Bevor ich das Wort weitergebe, begrüße ich zunächst weitere Gäste bei uns im Landtag, und zwar Seniorinnen

und Senioren aus Steinfeld, einem ganz bekannten Ort in Rheinland-Pfalz. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Weiter begrüße ich Mitglieder des SPD-Ortsvereins Wittlich. Herzlich willkommen im Landtag! Auch Wittlich ist in Mainz sehr bekannt.

(Beifall im Hause)

Ich erteile für eine Kurzintervention Herrn Kollegen Creutzmann das Wort.

Herr Kollege Dr. Krell, man sieht, wie man mit statistischen Zahlen umgehen kann. Ich komme aus einer Arbeiterfamilie. Da ich Betriebswirtschaft studiert habe, kommen meine Kinder aus einer Akademikerfamilie. Wir sollten uns diese Zahlen nicht immer vorhalten, sondern sollten überlegen, wie wir Kinder aus finanziell schwächeren Schichten zum Studium bringen können.

In unserem Modell, das wir vorgeschlagen haben, gehen wir beispielsweise davon aus, dass 30 % der Studierenden keine Gebühren zahlen sollen. Das muss unser gemeinsames Bestreben sein.

Ich sage es noch einmal, Studiengebühren sind ungerecht gegenüber dem Meister-BAföG, der Meisteranwärter bezahlt sie.

Es sind Studienbeiträge und keine Gebühren. Es verlangt keiner kostendeckende Gebühren.

Herr Kollege Dr. Krell, mich ärgert Folgendes dabei: Jemand studiert Medizin. Wir zahlen viel Geld dafür. Nach dem Studium geht er nach England oder in die Schweiz. Das haben die sozial Schwächeren mitfinanziert. Herr Kollege Dr. Krell, das finde ich persönlich sozial ungerecht. Es tut mir furchtbar leid.

(Beifall der FDP)

Ich erteile Herrn Kollegen Kuhn das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst sage ich einige Worte zum Sondervermögen „Wissen schafft Zukunft“.

(Vizepräsidentin Frau Klamm übernimmt den Vorsitz)

Es ist inzwischen den meisten Menschen, die sich damit beschäftigen, klar, wie Sie das mit dem Sondervermögen konstruieren. Dazu haben wir schon kritische Worte gesagt. Es müsste nicht so sein. Es gibt auch andere Möglichkeiten, eine verlässliche Finanzierung dauerhaft zu garantieren. Das sei einmal dahingestellt.

Wir haben einen zwiespältigen Eindruck. Ich komme zuerst zu den positiven Dingen. Wenn 20 Millionen Euro neu in die Forschung investiert werden, dann ist das sehr zu begrüßen. Das haben wir an vielen Stellen gesagt. Das wird anerkannt. Anerkannt wird auch, mit welcher Methode Sie das machen, wie Sie Forschung in den einzelnen Hochschulen vernetzen und in enger Kooperation miteinander die Eigenständigkeit fördern. Das ist in Ordnung. Das ist wirklich gut.