Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Beide Gesetze sind im Zuge der ersten Lesung und in den Ausschüssen umfangreich diskutiert worden. In der ersten Lesung kam schon die klare Positionierung der FDP – damals sehr engagiert durch Herrn Kollegen Creutzmann vorgetragen, der jetzt im Europäischen Parlament sitzt – zum Ausdruck.
Im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr hat sich die CDU bei der Abstimmung zu diesen Gesetzen noch der Stimme enthalten. Deshalb bin ich auf die heutigen Ausführungen gespannt. Heute werden schließlich beide Gesetze verabschiedet.
Meine Damen und Herren, Grundlage für diese Gesetzentwürfe ist, dass die Europäische Dienstleistungsrichtlinie zum 28. Dezember 2009 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Die Richtlinie sieht unter anderem die Einrichtung des sogenannten Einheitlichen Ansprechpartners vor. Über diese einheitlichen Ansprechpartner sollen alle Verfahren und Formalitäten, die für die Aufnahme und Ausübung einer Dienstleistung erforderlich sind, abgewickelt werden können.
Zentrale Aufgabe dieser einheitlichen Ansprechpartner soll die Übermittlung von Informationen darüber sein, welche Anforderungen für die rechtmäßige Aufnahme und Ausübung einer Dienstleistung zum Beispiel in Rheinland-Pfalz bestehen. Auf Wunsch des anfragenden Dienstleisters nimmt dann der einheitliche Ansprechpartner bei all diesen Verfahren eine unterstützende Funktion ein. Das ist keine Verpflichtung, da er sich auch direkt an die einzelnen Behörden wenden kann.
Die Länder müssen nun ihrerseits die Vorgaben der EUDienstleistungsrichtlinie umsetzen. Dabei ist – das hat sich gezeigt – die eigentlich strittige Frage nur, wo man diesen einheitlichen Ansprechpartner am besten in Rheinland-Pfalz verortet.
Wenn man einmal einen Blick auf die Lösungswege in anderen Bundesländern wirft, zeigen sich eine breite Palette an Möglichkeiten der Verortung – also wo man ihn installiert – und die unterschiedlichsten Betrachtungsweisen. Ich möchte Ihnen nur einige Beispiele geben. Der einheitliche Ansprechpartner nach der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie soll in NordrheinWestfalen bei den Kreisen und den kreisfreien Städten verortet werden. In Thüringen soll das bei den Kammern geschehen. Das ist die von der FDP favorisierte Lösung. In Schleswig-Holstein ist dagegen die Gründung einer Anstalt des öffentlichen Rechts in gemeinsamer Trägerschaft von Land, Kommunen und Wirtschaftskammern beschlossen worden.
Wenn man sich der Meinung der deutschen kommunalen Spitzenverbände anschließt, so ist gerade die kommunale Ebene für die Verortung der einheitlichen Ansprechpartner prädestiniert. Sie sehen: Viele Wege,
viele Möglichkeiten werden angeboten bzw. als gangbar angesehen und nun auch in den einzelnen Ländern umgesetzt.
Man muss sich nur in die Rolle eines Dienstleisters versetzen, der irgendwo in einem Mitgliedstaat, dessen Sprache und Rechtsraum ihm nicht geläufig sind, eine Niederlassung gründen will. Damit dieser Vorgang von jedermann diskriminierungsfrei bewältigt werden kann, gibt die Richtlinie zwei wesentliche Bausteine vor. Zum einen muss dieses Verfahren aus der Ferne durchgeführt werden können und muss elektronisch leicht zugänglich sein, und die Informationen und die Unterstützung müssen in einer klaren und eindeutigen Weise erteilt werden. Der zweite Baustein besteht in diesem einheitlichen Ansprechpartner, der zur Verfügung stehen muss und über den alle erforderlichen Verfahren und Formalitäten abgewickelt werden können. Das sind Erklärungen, Anmeldungen oder auch Anträge auf Genehmigungen, also alles, was dazugehört.
Ich denke, mit beiden Forderungen wird die Hürde für Dienstleistungserbringer deutlich niedriger, und beide Dinge stehen auch heimischen Dienstleistern zur Verfügung. Das muss man sehen. Das ist ein wichtiger Fortschritt. Sie erleichtern den Einstieg in den Dienstleistungsmarkt eines anderen EU-Staates. Das gilt auch im Umkehrfall für Dienstleistungsunternehmen in Rheinland-Pfalz, die diesen einheitlichen Ansprechpartner dann auch im Ausland antreffen müssen.
Die Bundesländer können diesen einheitlichen Ansprechpartner dort ansiedeln, wo sie es für sinnvoll halten, wo die Aufgaben effizient und effektiv im Sinne der Dienstleistungsrichtlinie umgesetzt werden können. In Rheinland-Pfalz haben wir uns dafür entschieden, dass die Aufgaben der einheitlichen Ansprechpartner für eine Erprobungsphase von drei Jahren von der Landesregierung auf die beiden Struktur- und Genehmigungsdirektionen, also auf die SGD Nord und auf die SGD Süd, übertragen werden. Danach soll eine Bewertung erfolgen, um zu beurteilen, ob das Angebot an der verorteten Stelle wirtschaftsnah, effizient und zielgenau durchgeführt werden kann.
Ich denke, es waren gute und nachvollziehbare Gründe, die die Landesregierung zu dieser Entscheidung geführt haben. Sicherlich kann man darüber diskutieren und auch anderer Meinung sein; aber ich muss Ihnen sagen, einen Fehler kann ich dabei nicht erkennen. Für mich gibt es eine Reihe von nachvollziehbaren Gründen, die zu dieser Entscheidung geführt haben, so einmal die Unsicherheit darüber, wie häufig dieser einheitliche Ansprechpartner überhaupt in Anspruch genommen werden wird. Bevor man eine Institution schafft, muss man gewisse Vorstellungen haben. Das ist im Hinblick auf die Häufigkeit der Frequentierung noch nicht gegeben. Zum anderen ist es eine echte Erprobungssituation. Das gilt auch für andere Bundesländer. Es ist also Neuland für alle. Zudem sind in dieser Dienstleistungsrichtlinie Genehmigungsfristen vorgegeben. Daraus entstehen haftungsrechtliche Fragen. Es hängt also schon einiges an diesem einheitlichen Ansprechpartner.
Ich denke, wir sollten das Ganze auf uns zukommen lassen und genau hinschauen, wie es läuft. Nach einer
angemessenen Zeit sollten wir uns mit allen Akteuren, auch mit den Kammern, noch einmal darüber unterhalten, ob der von uns eingeschlagene Weg beibehalten werden kann oder ob für uns ein anderer Weg besser wäre.
Ich bin recht zuversichtlich. Ich denke, es muss einfach nur gut gemacht werden. In diesem Sinne bitte ich, beiden Gesetzen zuzustimmen.
Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Frau Kollegin Mohr, in der Tat gibt es keinen Dissens über das Ob, allerdings gibt es einen über das Wie. Die Kollegen, die für die CDU-Fraktion dem Wirtschaftsausschuss angehören, haben eine klare Auffassung, es gab nur – ich sage das ganz offen – noch keine Abstimmung in der Fraktion. Deswegen gab es eine Enthaltung. Aber heute sage ich klar und eindeutig: Wir werden die beiden Gesetze ablehnen, weil wir sagen, dass wir einen anderen Weg einschlagen sollten.
Ich will noch ein paar Punkte bezüglich der Notwendigkeit der Umsetzung nennen, damit Betriebsansiedlungen, Betriebsniederlassungen und Betriebsneugründungen innerhalb Europas von Staat zu Staat erleichtert werden. Dem kann sich keiner verschließen, das ist umzusetzen. Die Richtlinie dazu will einheitliche Ansprechpartner in allen Ländern. Ab Dezember soll diese Richtlinie gelten und umgesetzt werden.
Die Dienstleistung soll in einer Berater- und Mittlerfunktion für Hilfesuchende gegenüber den Genehmigungsstellen bestehen. So ist es formuliert. Hierfür soll es einen einheitlichen Ansprechpartner geben, also einen Verfahrenslotsen, wie er in anderen Bundesländern genannt wird.
Aus dem Gesetz ist die Zielsetzung klar zu entnehmen: Zielsetzung ist es, den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Europäischen Union zu stärken, Wachstumspotenziale dieses Wirtschaftsbereichs für die gesamte Volkswirtschaft zu nutzen und über Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung deutliche Kostenentlastungen der Unternehmen zu erreichen. –
So steht es im Gesetz. Mit der Umsetzung sind Chancen und Risiken verbunden. Frau Kollegin, wir haben die Chance, ein neues Verfahren nicht für drei Jahre zur Erprobung in der SGD einzurichten, wir haben zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Chance, es nicht dort anzusiedeln; wir haben andere Möglichkeiten. Das Kammermodell wird in anderen Ländern vorgeschlagen, es gibt das Kooperationsmodell oder die Möglichkeit privater Aufgabenträger.
Die Kammern sind bereits Ansprechpartner und erfüllen derzeit schon grundlegende Aufgaben dieser Richtlinie.
Ich versuche einmal, elf Punkte zu nennen, wobei ich nicht weiß, ob ich sie in der mir zur Verfügung stehenden Zeit alle nennen kann: Die Kammern sind neutraler Verfahrenspartner für Unternehmen und Verwaltungen, eine langjährige Praxis als Selbstverwaltungsorganisation ist vorhanden.
Das geht aus dem hervor, was Ihnen die Kammern in Rheinland-Pfalz vorgetragen haben. Ich nenne die umfassende Kompetenz zur Information und Beratung von Unternehmen, sie sind erste Ansprechpartner bei Gründung, Wachstum und Sicherung der Nachfolge von Unternehmen. – All das sind die Kammern ja schon. –
Zu nennen sind Kooperation und Netzwerkerfahrung mit wirtschafts- und verwaltungsnahen Institutionen, sie sind vielfach begutachtende Stelle, praktisches Know-how ist dort vorhanden, Sprachkompetenz und Erfahrung im Umgang mit ausländischen Unternehmen – 120 Repräsentanzen in 80 Ländern –, Kenntnis des Wirtschaftsrechts anderer Länder, flächendeckende Präsenz in allen Regionen Deutschlands und bundesweite Organisation und insbesondere auch eine elektronische Vernetzung. Diesen großen Strauß an vorhandenen Dingen will ich hier noch einmal genannt haben.
Ich betone es noch einmal: Wir haben die Chance, die Kompetenz der Kammern zu nutzen. Offensichtlich wollen Sie diese Chance nicht ergreifen. Wir haben auch die Chance, es finanziell günstiger zu gestalten. In dem Entwurf ist zu lesen, dass weitere Stellen geschaffen werden. Acht Stellen bei den Struktur- und Genehmigungsdirektionen und 1,5 Stellen bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion. Das ist dort erst einmal auch mit Software- und IT-Unterstützung zu installieren. Bei den Kammern können wir diese Möglichkeit sofort nutzen.
Ich bin davon überzeugt, dass, wenn Sie das durchsetzen, was Sie jetzt durchsetzen wollen, eine Evaluation in drei Jahren zeigen wird, dass es bei den Kammern kostengünstiger anzusiedeln ist. Ich will jetzt überhaupt nicht alle Facetten auflisten, aber ich bin davon überzeugt, dass fast zehn neue Stellen teuer sind und uns nicht in die Lage versetzen, das, was wir leisten wollen, effizienter zu leisten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Vorredner sind schon auf Detailfragen eingegangen. Es geht im Grunde genommen um die Einsetzung eines einheitlichen Ansprechpartners innerhalb der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie.
In diesem Zusammenhang begrüßen wir zunächst einmal das Angebot der rheinland-pfälzischen Wirtschaftskammer. Es ist nicht selbstverständlich, diese Institution kostenlos für das Land Rheinland-Pfalz zu übernehmen. Das ist zu begrüßen.
Wir haben in Deutschland derzeit sieben solcher Allkammer-Modelle. Da die Kammern sehr gut vernetzt sind und zum Beispiel 28 Starterzentren aufgebaut haben, haben sie den Vorteil, dass sie auch im Ausland über die Außen- und Handelswirtschaftskammern gut vernetzt sind.
Das spielt auch eine Rolle. Es gibt mehr als 100 Repräsentanten. Damit ist eine flächendeckende Präsenz in den Regionen gewährleistet.
Die Kammern haben über die Länder hinaus eine bundeseinheitliche Organisation aufgebaut. Auch die elektronische Vernetzung steht bereits. Insofern ist dies ein einzigartiges Netzwerk für die Unterstützung von Existenzgründungen und Ansiedlungen. Damit ist eine wirtschaftsnahe Betreuung der Unternehmen gegeben.
Es gab einen Brief der Kammern an den Ministerpräsidenten. Ich kenne die Antwort des Ministerpräsidenten nicht, sondern nur den Brief. Die Kammern haben angeboten, diese Einrichtungen kostendeckend über Gebühren zu finanzieren.
Das Land hätte keine Kosten gehabt. Jetzt baut das Land einen eigenen Ansprechpartner in den eigenen Reihen auf. Das bedeutet, dass zusätzlich 5,5 neue Stellen geschaffen werden.
Ich frage mich, ob diese schon jetzt auf Dauer geschaffen werden; denn nach drei Jahren soll evaluiert werden. 5,5 Stellen bedeuten mindestens eine halbe Million Euro im Jahr. Wenn Sie das hochrechnen, wissen Sie, dass dabei im Laufe der Zeit Millionenbeträge herauskommen. Auch für die Neukonzeption der IT-Umsetzung sind Millionen notwendig. Außerdem wird es wiederum Abstimmungsbedarf mit der ADD geben, weil nämlich das Binnenmarktinformationssystem über die ADD abgewickelt werden soll.
Es entsteht zusätzliche Bürokratie. Es wird ein Popanz an Bürokratie aufgebaut. In vielen Reden wird immer wieder von Vereinfachung und Entbürokratisierung gesprochen. Hier wird genau das Gegenteil getan. Man vertraut wieder mehr staatlichen Einrichtungen als den Selbstverwaltungseinrichtungen der Wirtschaft, die vom Grundsatz her wesentlich besser organisiert sind, ein besseres Netzwerk haben und das Ganze kostenlos machen.
Deswegen sagen auch wir, dass es eine falsche Entscheidung der Landesregierung war. Wir werden deswegen beide Gesetze ablehnen.