Protokoll der Sitzung vom 08.12.2011

(Hering, SPD: Wegen der CDU-Länder!)

Das muss man offen sagen. Es ist also keine A- oder BLänder-Frage, sondern das war eine Frage zu verhindern, dass dieser Antrag abgelehnt wird. Er steht zum Wiederaufruf an.

Sie wissen, im Bundesrat ist der Wiederaufruf dann angezeigt, wenn man eine Chance für eine Mehrheit hat. Die haben wir derzeit nicht, aber es gibt Bewegung in dieser Frage.

Deswegen begrüßen wir im Interesse der Bürgerinnen und Bürger des Landes ausdrücklich die Bereitschaft des Landes Hessen für ein gemeinsames Vorgehen in dieser Angelegenheit. Ein gemeinsames Vorgehen im Bundesrat hat wesentlich höhere Erfolgsaussichten. Ich will an dieser Stelle aber auch deutlich sagen, dass die Meinungen zwischen den Regierungen zu dem Thema „Nachtflugverbot am Flughafen Frankfurt“ immer noch klar unterschiedlich sind. Das muss man in der Gesamtbetrachtung sehen.

Wenn man in dieser Frage unterschiedlicher Meinung ist, heißt das nicht, dass man in einer anderen Frage keinen gemeinsamen Weg gehen kann. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir eine klare Differenzierung vornehmen. Was das Nachtflugverbot anbelangt, gibt es eine klare Haltung dieser Landesregierung. Da sind wir sehr optimistisch, dass das Bundesverwaltungsgericht Leipzig entsprechend entscheidet.

Die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch darauf, dass alles getan wird, um die negativen Auswirkungen des Flugbetriebs zu mildern. Rheinland-Pfalz und Hessen wollen deshalb darauf hinwirken, dass der Lärmschutz bei der Gestaltung von Flugverfahren und im praktischen Flugbetrieb verbessert wird.

Ich will es kurz darlegen. Es geht hier um eine Initiative zur Änderung von § 29 b Abs. 2 des Luftverkehrsgesetzes dahin gehend, dass sich das Gebot, auf den Lärmschutz hinzuwirken, nicht nur auf den Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm oberhalb der Zumutbarkeitsgrenze erstreckt. Wir haben derzeit im Gesetz den sogenannten unbestimmten Rechtsbegriff „unzumutbarer Fluglärm“ und wir möchten darauf hinwirken, dass in Absatz 2 geregelt wird, dass nicht der Frage der Unzumutbarkeit, sondern schlechthin dem Schutz vor Fluglärm Vorrang eingeräumt wird, und zwar bei den Abwägungen, was die Festlegung von Routen anbelangt, sodass das Gewicht dann eindeutig in Richtung von mehr Fluglärmschutz verschoben wird.

Außerdem wird in der Initiative, die wir derzeit gemeinsam mit Hessen abstimmen, noch einmal betont, dass dem nächtlichen Fluglärm in besonderem Maße Rechnung zu tragen ist und Nachtflüge noch stärker unter den Abwägungsmaßstab „Fluglärm“ gestellt werden.

Zusätzlich werden die Flugverkehrskontrolldienste unter das Postulat des Fluglärmschutzes gestellt. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt, da der Fluglärm tagtäglich die Bürgerinnen und Bürger sehr stark belastet. Damit dürfen künftig Abweichungen von den Flugrouten nur noch unter Beachtung der Fluglärmauswirkungen zugelassen werden. Dies ist derzeit nicht der Fall.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist die erste Stufe, mit der aus Sicht des Landes – unabhängig von der Beteiligung des Landes Hessen – ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung getan wird. Klar ist aber auch, dass weitere gesetzliche Schritte folgen müssen, insbesondere – es wurde von Herrn Fraktionsvorsitzenden Hering schon angesprochen – die Transparenz und die angemessene Beteiligung der Betroffenen bei der Festlegung von Flugrouten. Dies wird der zweite Schritt sein, und dafür gibt es nach unserer Einschätzung auch eine große Übereinstimmung. Daran werden wir weiter arbeiten.

Ich möchte noch zwei weitere Punkte erwähnen. Die Landesregierung wirkt auf ihr Betreiben hin in der „Taskforce zur Optimierung der Flugrouten“, insbesondere hinsichtlich der Anflughöhen, mit. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Sie wissen, dass wir in der Fluglärmkommission nur Gaststatus haben. In der Taskforce sitzen zwei Regierungen, die Regierung aus Hessen und die Regierung aus Rheinland-Pfalz. Auf unsere Initiative nehmen wir an den Gesprächen teil. Dies ist eine Arbeitsgruppe, die auf Fachebene kurzfristig Lösungen erarbeitet. Insoweit können wir auch dort die rheinlandpfälzischen Interessen vertreten.

Des Weiteren möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass wir uns an den Klagen der besonders betroffenen rheinhessischen Gemeinden beteiligen. Es gibt eine Übereinkunft – und ich glaube, das ist eine sehr gute Entscheidung –, dass sich die fünf Gemeinden, die nach unserer Auffassung die größten Chancen haben, was die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss anbelangt, zusammentun und die Stadt Mainz und der Kreis Mainz-Bingen die juristischen Kräfte bündeln und damit auch die Kosten entsprechend reduzieren. Die Landesregierung ist bereit, 50 % der Kosten zu übernehmen. Ich glaube, es war eine sehr kluge Entscheidung, dass wir dies gemeinsam auf den Weg gebracht haben, damit klar wird, dass die Landesregierung und die Region gemeinsam gegen den Planfeststellungsbeschluss vorgehen. Das ist ein gutes Signal.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Ich darf weitere Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse der Deutschherrenschule, Realschule plus, aus Waldbreitbach. Seid herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die SPD-Fraktion hat nun Frau Kollegin BredeHoffmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Vorredner haben es bereits gesagt: Die Belastung in Mainz und in Rheinhessen ist unmäßig gestiegen. Wir reden nicht mehr von Lärmbelästigung, wir reden nicht mehr von Gesundheitsgefährdung, sondern wir sind eigentlich schon an einem Punkt angekommen, dass es eine drohende Körperverletzung ist. Medizinische Gutachter haben dies in den letzten Wochen mehrfach bestätigt.

Von den wirtschaftlichen Schädigungen, die Eigentümer von Immobilien erleiden müssen, möchte ich gar nicht erst reden. Von der Unverkäuflichkeit von Grundstücken hören wir jetzt allenthalben aus den hessischen Flughafenanrainergemeinden, und die Mainzerinnen und Mainzer warten nur auf den Tag, an dem auch ihr Grundstück nicht mehr verkäuflich ist.

Die Mainzerinnen und Mainzer, die Rheinhessen wehren sich. Man kann nur den Bürgerinitiativen danken, die schon seit Jahren darauf hinweisen und seit Jahren Menschen um sich scharen. In der Zwischenzeit sind es nicht mehr nur die Bürgerinitiativen allein, die diese Menschen um sich scharen, sondern es sind die Menschen selbst, die bei ihren Nachbarn dafür werben, sich an den Demonstrationen am Flughafen zu beteiligen, Briefe zu schreiben, sich zu beschweren oder zu klagen. Dies ist eine Entwicklung, von der man sagen muss: Gäbe es den Begriff „Wutbürger“ nicht, wir könnten ihn in Mainz neu erfinden.

Die Mainzerinnen und Mainzer, die Rheinhessen wollen es sich nicht mehr gefallen lassen, und ich glaube, dass an dieser Wut der Menschen, die sich nach außen darstellt, nun schließlich auch die Fraport, die hessische Landesregierung und – wie ich hoffe, Herr Kollege Schreiner – endlich auch die CDU und die FDP auf Bundesebene nicht mehr vorbeigehen können. Das kann man weder überhören noch übersehen, was dort bei den Bürgerinnen und Bürgern passiert.

Ich möchte daran erinnern, dass noch im Wahlkampf Frau Klöckner zusammen mit Herrn Koch in einer Wahlkampfveranstaltung für Verständnis für diesen Flughafen geworben hat.

Käme es zu einer Wiedereinführung von Nachtflügen, würde die Bundesregierung tatsächlich dem Ansinnen Rechnung tragen, und käme es nach der von Herrn Koch angeregten und in einer Koalitionsvereinbarung der CDU stehenden Überlegung dazu, das Luftverkehrsgesetz in der Form zu ändern, wie es Herr Staatssekretär Häfner soeben beschrieben hat, dann können

Sie sicher sein, dass der Topf in dieser Region wirklich überkocht.

(Beifall bei SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Glocke der Präsidentin)

Ich bin froh, dass die SPD eine andere Position eingenommen hat. Wir haben einen Beschluss, und die Mainzerinnen und Mainzer, die Rheinhessen werden es wahrnehmen. Sie werden aber auch wahrnehmen, dass die Bundesregierung noch immer ihre Koalitionsvereinbarung umzusetzen gedenkt. Bei jedem Flieger, der über sie hinweg fliegt, werden sie daran denken. Seien Sie gewiss!

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Schreiner hat für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Daniel Köbler, wer nun die Heilige Johanna gegeben hat, wollen wir einmal dahingestellt sein lassen. Es ist positiv zu bewerten, dass nun Bewegung in der Sache ist, und zwar sowohl aufgrund der rheinlandpfälzischen Bundesratsinitiative vom März als auch aufgrund der gemeinsamen Initiative des hessischen Wirtschaftsministers und des rheinland-pfälzischen Innenministers.

Insofern geht es im Kern um die zwei Formulierungen: Zum einen sollte in Absatz 1 des angesprochenen Paragrafen der Satz ergänzt werden, dass auf die Nachtruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen ist, zum anderen geht es neben dem, was Sie schon ausgeführt haben, Herr Staatssekretär Häfner, um das Wort „unzumutbar“, das man dann schlicht und ergreifend wahrscheinlich streichen würde.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass Bewegung in der Sache ist. Eine Bundesratsinitiative von Hessen und Rheinland-Pfalz hat schlicht und ergreifend mehr Aussicht auf Erfolg im Deutschen Bundesrat und letztendlich auch im Deutschen Bundestag als eine Bundesratsinitiative, die von einem wahlkämpfenden RheinlandPfalz allein eingebracht wird.

Das Wichtige an diesen Initiativen ist auch, dass sie die Abwägung beinhalten: Es geht ganz klar darum, dass es letztendlich für alle Flughäfen in Deutschland gilt, um Wettbewerbsnachteile zu vermeiden, dass es aber umgekehrt im Wege der Abwägung auch möglich ist, Wettbewerbsvorteile zu nutzen.

Wenn Sie immer mit dem Finger auf Schwarz-Gelb in Berlin und auf die CDU in Rheinland-Pfalz zeigen, dann sind wir auch schnell bei einer Wunde der hiesigen Koalition. Ich nenne das Stichwort „Flughafen Hahn“. Es

kann durchaus auch Sinn machen, im Interesse der Bevölkerung und der Menschen vor Ort anders abzuwägen und Wettbewerbsvorteile dort zu nutzen, wo der Lärmschutz und die Betroffenheit eine andere ist als im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet. Beide Initiativen in Berlin würden dies ermöglichen. Ich bin gespannt, inwiefern sich Ihre Regierungskoalition in Rheinland-Pfalz zu der Frage verhält, wo sie die Perspektiven für den Flughafen Hahn sieht. Es wird spannend, wenn Sie diese Frage beantworten können.

Liebe Frau Kollegin Brede-Hoffmann, wenn Sie die Heilige Johanna spielen, kann ich nur sagen, wichtig ist, dass wir gemeinsam, über Parteigrenzen hinweg, für die Menschen etwas erreichen. Die Menschen brauchen keinen Schlagabtausch im Landtag, sondern es ist in ihrem Interesse, dass wir konkrete Erfolge haben und der Frankfurter Flughafen als Jobmotor und als Tor zur Welt gesichert wird. Er ist ein wichtiger Arbeitgeber in der Region und schafft eine wichtige Verkehrsinfrastruktur in der Region,

(Glocke der Präsidentin)

aber gleichzeitig muss auch alles getan werden, um den Lärm zu minimieren.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Frau Kollegin Blatzheim-Roegler das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Ich werde jetzt nicht die Heilige Jutta machen. Jutta heißt im Übrigen „die Sanftmütige“. Ich finde, das passt auch gut.

(Heiterkeit und Beifall bei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Zuerst verlacht, dann bekämpft, irgendwann wird es zu einer Selbstverständlichkeit. So ergeht es jetzt uns auch. Die Bürger haben einen Anspruch, dass alles getan wird, um die negativen Auswirkungen des Flugbetriebs zu mildern. Damit sind wir GRÜNEN seit Jahren unterwegs. Wir freuen uns natürlich, wenn wir immer mehr Mitkämpferinnen und Mitkämpfer an unserer Seite haben.

Wer jeden Montag mehrere Tausend Demonstranten im Flughafen hat, der bewegt sich offensichtlich. Anders scheint mir der Schritt des hessischen Verkehrsministers Posch gegen Fluglärm nicht zu erklären sein.

Ich begrüße das Mitgehen der CDU-Kollegen aus Hessen, zumal im schwarz-gelben Koalitionsvertrag in Berlin die Passage zu finden ist, dass der Ausbau der Flughafeninfrastruktur und besonders die Kapazitätsentwick

lung der Flughäfen im Hinblick auf internationale wettbewerbsfähige Betriebszeiten sicherzustellen sind.

Ich finde, das ist ein Stück ein Paradigmenwechsel, wozu ich gratuliere. Nun also doch geläutert!

Allerdings denke ich, es wird bei diesem gemeinsamen Ansatz sehr darauf ankommen, dass wir von rheinlandpfälzischer Seite ein Auge darauf werfen, dass der Elan auf der hessischen Seite nicht nachlässt. Wir GRÜNEN haben natürlich ein über den Frankfurter Flughafen hinausgehendes Interesse, die Welt lärmarmer zu machen, dafür vielleicht geräuschvoller. Vor lauter Lärm hört man nämlich keine Geräusche mehr. Kinderlachen, Fahrradklingeln, Laubrascheln – all das geht unter in einem Lärmteppich, in dem natürlich besonders und neuerdings die Region hier in Rhein-Main betroffen ist. Aber nicht nur Rhein-Main ist betroffen.

Nächtliche Lärmereignisse gibt es auch am Flughafen Hahn, beispielsweise im Juli: Insgesamt 689 Ereignisse über 67 dB(A) in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr.

Wenn ich sage, über 67 dB(A), dann heißt das, 75 bis über 80 dB(A). Das ist alles nachzumessen. Es gibt vier Messstationen. Insofern begrüße ich es sehr, dass von allen Seiten dafür eingetreten wird,