Protokoll der Sitzung vom 18.01.2012

Ein solcher punktueller Schnellschuss hat auch die typischen Mängel, die ein solcher Schnellschuss haben muss. Geforderte anlassbezogene Berichtspflichten, meine Damen und Herren, haben wir schon. Sie ergeben sich bereits aus dem geltenden § 21.

Es ist in höchstem Maße zweifelhaft, ob eine größere Häufigkeit der Berichterstattung tatsächlich das geeignete Mittel ist, um eine größere parlamentarische Kontrolle zu erreichen.

Eine größere parlamentarische Kontrolle ist wünschenswert. Da müssen wir uns Gedanken machen, wie man das auch mit anderen Initiativen hinbekommt. Dazu bedarf es einer umfassenden Evaluierung. Da ist Aktionismus in diesem sensiblen Bereich überhaupt keine Lösung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Nicht zuletzt sollten wir berücksichtigen, dass es bereits auf Bundesebene eine Gesetzgebungsinitiative gibt. Anstatt mit eigenen Schnellschüssen vorzupreschen und diese auch nur in ganz bestimmten Vorschriften anzubringen, sollten wir diese Ergebnisse abwarten, dann für unsere Gegebenheiten bewerten und in Ruhe und Sorgfalt die nötigen Schlüsse für Rheinland-Pfalz ziehen, und zwar alle notwendigen Schlüsse.

Ähnlich verhält es sich mit Ihrem Entschließungsantrag. Ein Entschließungsantrag mit Forderungen, die sämtlich bereits umgesetzt werden, erscheint – gelinde gesagt – entbehrlich.

(Pörksen, SPD: Das ist aber sehr zurückhaltend!)

Aus diesen Gründen werden wir, wie vom Innenausschuss empfohlen, weder dem Gesetzentwurf noch dem Entschließungsantrag zustimmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich erteile Herrn Staatsminister Lewentz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Landtag hat am 7. Dezember 2011, wie ich meine, sehr eindrucksvoll mit einer einstimmig verabschiedeten Resolution gegen den Rechts

extremismus ein Zeichen der Solidarität für die Opfer rechtsextremistischer Gewalt und deren Angehörigen gesetzt. Zugleich wurde der gemeinsame Wille bekräftigt, den Rechtsextremismus weiter konsequent zu bekämpfen.

Meine Damen und Herren, diese Bekundung ist wichtig und richtig; denn der Rechtsextremismus ist und bleibt die zentrale Herausforderung für Staat und Gesellschaft, jedenfalls in der Frage des Extremismus.

Für die Landesregierung gilt, wir stellen uns dieser Herausforderung, wie wir es bisher getan haben. Ich bin davon überzeugt, dass es uns weiter gelingen wird, den Rechtsextremismus in seine Schranken zu verweisen und ihn wirksam zu bekämpfen. Das ist insbesondere die Aufgabe des rheinland-pfälzischen Innenministeriums.

Viele Einrichtungen des Landes, insbesondere der Verfassungsschutz und unsere Polizei, leisten gute Arbeit. Ich bin Frau Raue und Herrn Pörksen sehr dankbar für die lobenden Worte; denn dort wird wirklich ein sehr verantwortungsvoller Job gemacht. Allerdings bin ich auch dankbar für viele Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land. Ich will das Netzwerk für Demokratie und Courage nur stellvertretend für viele nennen, die gemeinsam mit uns Vorbildliches in der Bekämpfung des Rechtsextremismus geleistet haben.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Rechtsextremisten wissen, sie haben hier auf Dauer keine Chance, in breitem Umfang Fuß zu fassen. Das ist gut so.

Wir sind über den Rechtsextremismus hinaus auf keinem sogenannten Auge blind. Das ist eine Selbstverständlichkeit für einen Innenminister und für eine Landesregierung. Natürlich ist der terroristische Islamismus eine Herausforderung und Bedrohung, der wir uns stellen. Selbstverständlich bekämpfen wir militanten Linksextremismus. Auch militanten ausländischen Organisationen wie der Arbeiterpartei Kurdistans bieten wir die Stirn. Die Verhinderung der unkontrollierten Verbreitung von Know how zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen gehört zu den Aufgaben, die der Verfassungsschutz zu erledigen hat. Proliferation ist bei uns fest im Blick.

Meine Damen und Herren, wir haben oft darüber gesprochen, dass zu den Aufgaben, die in das Spektrum gehören, auch das Stichwort „Wirtschaftsspionage“ gehört. Ich bin fest davon überzeugt, dass es wichtig ist, alle möglichen Verbindungen auch in unserem Land zu dem – ich wage es kaum auszusprechen – nationalsozialistischen Untergrund zu erforschen. Dafür haben wir eine Projektgruppe eingerichtet. Gott sei Dank haben wir bis auf Randzusammenhänge, wo dort genannte Personen bei Veranstaltungen in Rheinland-Pfalz aufgetreten sind oder eine Homepage entwickelt haben, bisher keine Verbindungen nach Rheinland-Pfalz finden können.

Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, dass wir beim gemeinsamen Abwehrzentrum Rechtsextremismus/Rechtsterrorismus mitarbeiten. Es ist ganz selbst

verständlich, dass wir gewaltbereite Rechtsextremisten und deren Strukturen, wie etwa die neonazistischen Kameradschaften und Autonomen Nationalisten im Blick haben und kontrollieren.

Meine Damen und Herren, für mich gehört zu diesem Selbstverständnis hinzu, wenn eine Partei demokratiefeindlich, menschenfeindlich und verfassungsfeindlich ist, dass dann mein Fazit ist – das gilt auch für die Landesregierung –, dass eine solche Partei verboten werden muss. Das gilt für die NPD. Ich bin sehr stolz, dass wir diese Beschlüsse gefasst haben.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Raue, Sie haben es angesprochen. Natürlich müssen wir da zusammenarbeiten. Über Agenturmeldungen habe ich gerade gesehen, dass das Bundeskabinett heute die Verbunddatei für Neonazis auf den Weg gebracht hat. In der Innenministerkonferenz hatten wir dazu eine einheitliche Meinung.

Im Übrigen hat an dieser Tagung auch der Bundesinnenminister teilgenommen. Es gibt eine erste Wertung des Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, des Herrn Kollegen Lorenz Caffier, CDU, aus MecklenburgVorpommern, der diese Entscheidung, die das Bundeskabinett heute getroffen hat, als mangelhaft kritisiert. Das will ich mir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu eigen machen, weil wir sie uns sehr genau anschauen sollten.

Wir haben erlebt, wie schwierig es innerhalb einer Regierung, der Bundesregierung, ist, Entscheidungen zu treffen, die etwas mit Sicherheitspolitik zu tun haben. Das Justizministerium hat eine deutlich abweichende Meinung zu der Meinung des Innenministeriums.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu der Forderung der CDU-Fraktion nach einer Änderung des Tagungsrhythmus sage ich Folgendes: Ich will noch einmal eine Lanze für die Zusammenarbeit in der PKK brechen. Herr Schneiders, Sie sind lange genug dabei. Wir haben immer über alles – das ist für uns eine Selbstverständlichkeit – offen informiert. Wir haben offensiv informiert. Immer wenn etwas anlag, haben wir eingeladen. Ich bin selbst Parlamentarier. Ich finde, das Recht des Parlamentariers, eine solche Zusammenkunft so oft, wie es der Parlamentarier wünscht, einzurichten, ist eine sehr weitgehende Forderung. Davon muss man Gebrauch machen. Vielleicht muss man an der Stelle etwas besser werden.

Ich glaube, wir brauchen derzeit die von Ihnen vorgeschlagenen Änderungen nicht. Wir haben mit ganz anderen Herausforderungen zu kämpfen. Ich bin sehr froh, dass die Polizei und der Verfassungsschutz, also die Bereiche, für die ich Verantwortung trage, äußerst engagierte und erfolgreiche Arbeit leisten. Von daher sollten wir bei der Bewertung – wenn es um die weiteren Bundesdiskussionen geht –, wie die Sicherheitsorgane in Rheinland-Pfalz arbeiten, dies im Blick haben. Wir haben in der Sache keinen Fehler gemacht. Wir arbeiten engagiert in dem Verständnis, Frau Raue, wie Sie das Gesetz zitiert haben. Wir arbeiten in dem Sinne, die Verfassung und die Bürgerinnen und Bürger zu schüt

zen. Das ist die Aufgabe. Dieser stellen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tagtäglich.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Kollegen Schneiders das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, um vielleicht noch eine Minute meiner Redezeit in Anspruch nehmen zu können.

Die heutige Lesung hebt sich positiv von der im Dezember ab. Wir hatten im Dezember gemeinsam einen tollen Einstieg mit der gemeinsamen Resolution und sind dann in der ersten Lesung bezüglich des Gesetzentwurfes und unseres Antrages auseinandergefallen. Das gilt auch für die Wortwahl. Heute hört sich das ein Stück weit mehr nach gemeinsamem Vorgehen und Konsens an. Das begrüße ich.

Herr Minister Lewentz hat es erwähnt, wir haben noch Aufgaben vor uns liegen, die wir gemeinsam zu bewerkstelligen haben. Denken wir an die NPD und die Vorbereitung eines weiteren Verfahrens gegen diese verfassungsfeindliche Partei.

Gleichwohl ist es mir ein Bedürfnis, hier insbesondere in Richtung Frau Raue zu erwähnen, dass ich mich an ganz andere Zeiten erinnern kann. Ihre Vorgängerfraktionen im Mainzer Landtag haben zu der Frage der Rolle des Verfassungsschutzes eine ganz andere Position eingenommen. Ich kann mich entsinnen, das eine oder andere von der Bundesebene mitbekommen zu haben, wo es dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nie weit genug gehen konnte, Informationen oft genug zu erhalten.

Meine Damen und Herren, es ist kein Aktionismus, wenn wir hier den Berichtsrhythmus des Innenministers verpflichtend von zwei auf vier Sitzungen im Jahr durch diese Gesetzesänderung fordern.

(Frau Klöckner, CDU: Im Gegenteil!)

Was spricht dagegen, das, was er angeblich ohnehin macht, gesetzlich festzuhalten?

(Beifall bei der CDU)

Frau Raue, eines will ich noch sagen. Wenn Sie bei einem so kleinen und schmalen Gesetz einen so großen Zeitraum brauchen, um evaluieren zu können und Sonstiges zu tun, dann werden wir das bei anderen Gesetzentwürfen, die Sie vielleicht mit heißer Nadel gestrickt haben und uns vorlegen wollen, auch berücksichtigen. Wir werden das gerne auf den Prüfstand legen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Meine Damen und Herren, mit Aktionismus jedenfalls hat diese berechtigte Forderung nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Herrn Kollegen Pörksen das Wort.

Herr Kollege Schneiders, Sie fingen gerade so schön an beim zweiten Teil Ihrer Rede. Ich habe gedacht, Donnerwetter, wir können unterschiedlicher Auffassung sein, aber wir gehen ordentlich miteinander um. Dann setzen Sie am Schluss Ihrer Ausführungen eine Drohung in die Welt.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wie Kinder!)

Ich weiß nicht, wie das zusammenpasst. Entweder beschäftigen wir uns ernsthaft mit den Themen „Rechtsextremismus“ und „Rechtsterrorismus“, oder wir bedrohen uns gegenseitig bei Parlamentsinitiativen. Sie müssen sich entscheiden. Eines von beiden müssen Sie machen. Ich glaube, das Erste ist das Vernünftigere.

Was Aktionismus betrifft, dazu sage ich nur einen Satz. Ich will den Begriff nicht wiederholen. Wenn man als eine Reaktion auf die schlimmen Vorfälle meint, dieser Gesetzentwurf oder der Antrag mit den sieben Positionen sei vielleicht eine richtige Teilantwort, dann muss man sich, glaube ich, die Frage stellen, ob das tatsächlich richtig ist, was Sie da gemacht haben.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile Frau Kollegin Schellhammer das Wort.