Protokoll der Sitzung vom 02.05.2012

(Zuruf der Abg. Frau Schleicher-Rothmund, SPD)

Herr Innenminister, es geht um 30 Tage. Es soll Vorsorge getroffen werden.

(Pörksen, SPD: Warum 30 Tage?)

Wir hatten 2011 eine Flüchtlingswelle nach Europa. Deshalb soll für diese 30 Tage Vorsorge getroffen werden. Um nichts anderes geht es. Die Betroffenheit von Rheinland-Pfalz ist doch lächerlich. Es werden doch bei uns nirgendwo die Grenzbäume wieder heruntergehen. Das ist doch der absolute Unsinn, den Sie zu verbreiten versuchen.

(Beifall der CDU)

Am scheinheiligsten bei dieser Thematik sind die GRÜNEN. Auch Sie reden von rechtspopulistischer Rhetorik. Der Ministerpräsident äußert sich leider ähnlich. Was soll das denn?

Ich frage mich, was schlimmer ist, den Flüchtlingen den Eindruck zu vermitteln, dass wir alle aufnehmen könnten und sie dauerhaft hierbleiben könnten und den Menschen ungerechtfertigte Hoffnungen zu machen

(Zurufe von der SPD)

oder aber die Flüchtlingsströme vernünftig einzugrenzen und Entwicklungshilfe vor Ort zu leisten, damit die Menschen in ihrer Heimat bleiben können.

(Beifall der CDU – Zurufe von der SPD)

Sie wecken bei den Betroffenen falsches Vertrauen. Das ist nicht nur scheinheilig, sondern menschlich unanständig.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Menschlich unanständig, habe ich das richtig gehört?)

Herr Kollege Hering, Sie haben das Wort.

Herr Seekatz, ich habe Ihnen und der CDU keine rechtsradikalen Tendenzen unterstellt, sondern bedauert, dass Sie sich nicht von der Vorgehensweise des Bundesinnenministers Friedrich distanzieren. Er hat Folgendes getan. Als erfahrener Politiker weiß er, dass man versucht, in Frankreich, um die Wahlen für Sarkozy noch gewinnbar zu machen, was hoffentlich scheitern wird, ein rechtsradikales Wählerpotenzial zu binden. In diesem Zusammenhang wurde dieser Brief zu diesem Zeitpunkt mit dem Ansatz geschrieben. Davon haben Sie sich nicht distanziert.

Das haben andere Politiker von CDU/CSU und auch von der FDP getan, die gesagt haben: Diese Diskussion darf zu dieser Zeit nicht geführt werden. – Selbst wenn man im Detail eine andere Auffassung hat, wie Grenzkontrollen durchgeführt werden sollen, ist das in dem Zusammenhang geschehen, Schützenhilfe im französischen Wahlkampf zu leisten.

Sie waren sich nicht zu schade, sich davon nicht zu distanzieren und deutlich zu machen, dass RheinlandPfalz davon am meisten betroffen wäre. Herr Kollege Lewentz hat recht, 25 % aller Berufspendler in Europa an den Binnengrenzen sind in der Region Saar-Lor-Lux zu finden.

Deshalb haben wir ein großes Interesse daran, dass aus populistischen Gründen diese Errungenschaft nicht infrage gestellt wird. Es ging nur darum, dass Sie sich von dieser Vorgehensweise nicht distanziert haben. Um nicht mehr, aber auch um nicht weniger ging es.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es hat sich der Innenminister zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Lewentz.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will bewusst noch ein Argument aufgreifen, das Frau Spiegel nannte. Die Wurzeln von sozialen Problemen liegen in den Heimatländern. Dort müssen wir ansetzen; wir müssen mithelfen, dass die Lebensbedingungen für die Menschen dort deutlich besser werden.

Ich sage ganz bewusst: Wenn alle europäischen Regionen dem Beispiel folgen würden, das wir in diesem Jahr, im 30. Jahr mit unserer Ruanda-Partnerschaft – sicherlich nur für ein kleines Land in Afrika – mit einer sehr, sehr aktiven Hilfe bieten, damit die Lebensbedingungen dort besser werden, und wenn alle europäischen Regionen mithelfen würden, dass es vor Ort besser gehen kann, hätten wir viele der angesprochenen Wanderungsbewegungen aus Afrika nach Europa nicht.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es ist überhaupt keine Hilfe, so zu reagieren, wie Sie reagiert haben. Das hilft weder den Menschen, noch kann man dadurch die Wurzel des Problems angehen. Darin besteht keine Chance. Wir müssen sehen, dass wir vor Ort helfen und wir hier humanitär und menschlich aufgestellt sind.

Wenn ich dann Herrn Seekatz höre, das hätte nichts mit der Grenze zwischen Deutschland und Frankreich zu tun, muss ich Ihnen sagen, es spielt sich ganz überwiegend bei uns in Rheinland-Pfalz ab. Wir haben eine lange Grenze zu Frankreich. Ich will genau nicht, dass sich so etwas bei uns abspielt.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nach der Geschäftsordnung haben die Fraktionen jetzt noch ein zusätzliches Rederecht von zwei Minuten pro Fraktion. Gibt es noch Wortmeldungen? – Dann ist der erste Teil der Aktuellen Stunde abgeschlossen.

Wir kommen zum zweiten und dritten Thema der

AKTUELLEN STUNDE

„Aktuelle Entwicklungen am Nürburgring“ auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 16/1189 –

„Prüfverfahren der EU-Kommission zum Nürburgring-Projekt und mögliche Konsequenzen für den Landeshaushalt“ auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/1193 –

Wir haben eben eine Redezeit von fünf Minuten in der ersten Runde und von zehn Minuten in der zweiten Runde vereinbart. Herr Kollege Hering hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Europäische Kommission hat im Beihilfeverfahren zum Nürburgring nach Abschluss des Vorverfahrens das förmliche Verfahren und damit das Hauptverfahren eröffnet. Damit ist in der Sache noch keine Entscheidung getroffen worden, aber aufgrund der Tatsache, dass von der EU-Kommission in diesem Vorverfahren Zweifel, zum Teil erhebliche Zweifel an den Zuwendungen im Zusammenhang mit den Projekten am Nürburgring geäußert wurden, ist es notwendig und sinnvoll – das wird von der Landesregierung bereits jetzt praktiziert –, alle weiteren Schritte zur Neuordnung am Nürburgring sehr eng mit der EU-Kommission abzustimmen.

Einige Beschwerdeführer hatten Wert darauf gelegt, dass die Frage, ob eine Motorrennstrecke für Formel 1 und die Formel 1 selbst staatlicherseits gefördert werden dürfen, grundsätzlich untersucht wird. Diese Initiative ist von der EU-Kommission aufgegriffen worden. Diese Frage wird in der Tat am Projekt Nürburgring grundsätzlich untersucht. Das will ich gar nicht kommentieren.

Wir müssen uns darauf einstellen, dass strengere Maßstäbe angelegt werden, als man das noch vor einiger Zeit unterstellen konnte. Ich mache das auch daran fest, dass ich bei dem Projekt der Tierkörperbeseitigung des Zweckverbandes zwischen rheinland-pfälzischen, saarländischen und hessischen Kommunen vor ein oder zwei Jahren nicht auf die Idee gekommen wäre, dass es sich dabei um einen Vorgang handelt, der von der EUKommission unter beihilferechtlichen Gesichtspunkten untersucht wird. Dort hat die EU-Kommission auch dazu aufgefordert, dass Zuwendungen von 30 Millionen Euro vom Tierkörperbeseitigungs-Zweckverband an die Landkreise zurückgeführt werden sollen. Das ist ein Beleg dafür, dass offensichtlich härtere Maßstäbe angewandt werden.

Ich bin aber der Überzeugung, dass die EU in einem offenen und transparenten Verfahren, das bei dem weiteren Abstimmungsprozess an den Tag gelegt wird, strukturpolitischen Argumenten offen gegenüberstehen wird. Es waren strukturpolitische Argumente; denn es sind auch Zahlungen betroffen, die noch zu Zeiten einer SPD/FDP-Koalition für die Formel 1 geleistet wurden. Wenn der Untersuchungszeitraum bis in die 70er- und 80er-Jahre zurückginge, wären die Zahlungen, die frühere Regierungen geleistet haben, unter den jetzigen Kriterien auch Gegenstand von Beanstandungen. Das muss man in der Diskussion berücksichtigen.

Die Pächter haben die unterschriebenen Verträge nicht erfüllt. Insbesondere sind sie ihrer Hauptverpflichtung nicht nachgekommen, die Pacht zu zahlen. Daher war es vom Land konsequent und richtig, den Vertrag zu kündigen, um eine Neuordnung zu erreichen und zeitnah in den Besitz des Pachtobjektes zu kommen. Auch war es mit Sicherheit sinnvoll, eine einvernehmliche Regelung zu ermöglichen, um möglichst zeitnah eine Neuordnung auf den Weg zu bringen.

Eine Einigung kam zu akzeptablen Bedingungen nicht zustande. Auch das wird von den regierungstragenden Fraktionen ausdrücklich unterstützt. Es wird keinen

„goldenen Handschlag“ geben, sondern es war klar, es können nur Zuwendungen erfolgen, die sich aus dem Vertrag ableiten lassen, bei denen Leistung und Gegenleistung darstellbar sind. Es war klar, es wird nie einen „goldenen Handschlag“ geben. Deshalb konnte auf die erhöhten Forderungen der Pächter nicht eingegangen werden. Daher ist es auch konsequent und richtig, dass jetzt bezüglich der nicht erfolgten Pachtzahlungen und der Räumung des Projektes der Klageweg beschritten wird, sodass eine Neuordnung zeitnah möglich sein kann.

Es ist erforderlich – das wird eingehalten werden –, das im Einvernehmen mit der EU-Kommission zu vereinbaren. Klar ist aber auch, dass wir dort Argumente geltend machen werden, wonach es möglich sein muss, strukturpolitischen Herausforderungen Rechnung tragen zu können. Strukturpolitik muss in Europa, muss in strukturschwachen Regionen nach unserer Auffassung weiter möglich sein. Das wird ein tragendes Argument bei einer Neuordnung gegenüber der EU-Kommission sein.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich erteile das Wort Frau Kollegin Klöckner.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! An uns Politiker, vor allem an die regierenden, werden von den Bürgern zu Recht besondere Anforderungen gestellt; denn der Auftrag des Wählers macht eine Regierung nur zum Treuhänder des Landesvermögens, aber nicht zum Eigentümer. Deshalb kann eine Landesregierung nicht nach Lust und Laune Entscheidungen treffen, die am Parlament und an der Öffentlichkeit vorbeilaufen, deren Risiken nicht absehbar und nicht kalkulierbar sind, deren Konsequenzen bewusst verschleiert werden und die die kommenden Generationen überfordern. Handelt eine Regierung so wie die hiesige, setzt sie sich dem Verdacht der Untreue, der Veruntreuung von Steuergeldern aus.

(Beifall der CDU)

Über 500 Millionen Euro, die am Nürburgring geflossen sind, werden beihilferechtlich infrage gestellt. Sehr geehrter Herr Hering, die EU hat nicht erhebliche Zweifel, sondern sie hat erhebliche Feststellungen. Das ist ein ganz entscheidender Unterschied.

(Beifall der CDU)

Herr Hering, wir können gerne darüber reden, ob wir über die 550 Millionen Euro oder ob wir über die 330 Millionen Euro reden. Sie tun aber gerade so, als ob das alles in einen Topf geworfen würde. Es geht nicht nur um die Rennstrecke, sondern es geht um das, in dem die Landesregierung proaktiv ihre Hände hatte,

nämlich um den Freizeitpark. Sie haben sich die 330 Millionen Euro am Parlament vorbei selbst ans Bein gebunden. Darum wird es gehen und nicht um andere Rennstrecken.

(Beifall der CDU)

Von 23 rechtswidrigen Zahlungen ist die Rede. Von staatlich subventionierten Wettbewerbsvorteilen Dritter ist auszugehen.