Protokoll der Sitzung vom 30.08.2012

Junge Menschen von heute erwerben andere Qualifikationen und Fähigkeiten in der Schule. Ich glaube, dass Arbeitgeber und -geberinnen teilweise eine Haltung haben, dass sie diesen Fähigkeiten gegenüber nicht offen sind, aber gleichzeitig verlangen, dass andere Dinge eingehalten werden, die Schüler und Schülerinnen vielleicht nicht in dem geforderten Maß haben.

Wir haben immer gesagt, wir unterstützen die schwächeren Schüler und Schülerinnen im Übergang von Schule und Beruf. Wir haben am ovalen Tisch auch immer Statistiken vorgelegt bekommen, aus denen hervorgeht, dass ein Großteil von Schülern und Schülerinnen mit mittlerem Bildungsabschluss nicht „gut genug“ für den Arbeitsmarkt waren.

Natürlich müssen wir feststellen, dass die Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt erheblich größere Anforderungen als in der Vergangenheit stellt. Ich denke aber, man kann sehr schön bei unseren Schülern und Schülerinnen sehen, dass auch dort Bildungsgrade zunehmen und wir dort, wo es nötig ist, bestimmte unterstützende Maßnahme initiieren.

Ich habe es gesagt: Auch die Schulstrukturreform ist ein Punkt gewesen, der maßgeblich dazu beiträgt, dass Schüler und Schülerinnen mit dem Abgang von der Schule qualifiziert sind, eine Ausbildung zu machen.

Ich denke, wenn wir über die schwächeren Schüler und Schülerinnen sprechen, kann ich nur sagen, wir unternehmen viel im Land. Frau Ahnen hat viele Initiativen mit der Wirtschaft in den Schulen zur Berufswahlorientierung und zur Stärkung von bestimmten Kompetenzen gestartet.

Über unser Ministerium wird im Übergang von Schule und Beruf sehr viel gemacht, um die Arbeitgeber und geberinnen dort zu unterstützen, wo sie sagen, wir wünschten uns an der Stelle andere Skills, Fähigkeiten oder Qualifikationen.

Insofern bin ich immer skeptisch bei dieser allgemeinen Aussage. Natürlich sind die Schüler von heute nicht die Schüler von vor 20 Jahren, aber auch die Arbeitswelt ist nicht mehr die von vor 20 Jahren. Insofern glaube ich,

sind wir sowohl im schulischen Bereich als auch in der Frage des Übergangs zu Ausbildung und Beruf auf einem sehr guten Weg hier in Rheinland-Pfalz.

Meine Damen und Herren, es liegen noch Zusatzfragen des Kollegen Oster, der Kollegin Frau Anklam-Trapp und des Kollegen Herrn Schreiner vor. Ich möchte damit die Rednerliste für die erste Anfrage abschließen.

Herr Kollege Oster, Sie haben das Wort.

Frau Ministerin, noch eine Nachfrage von meiner Seite: Wie wichtig ist es für Sie, den einzelnen Fall als Ministerin wahrzunehmen? Sicherlich gibt es immer schwierige, individuelle Fälle. Für mich wäre die Frage, wie die Wertschätzung ist, sich um jeden Einzelnen konkret zu kümmern. Ist das überhaupt möglich?

Wir haben die Situation, dass Fachkräfte der Zukunft gesucht werden, wenngleich ich auch noch einmal richtigstellen muss, wir haben in den Abgangszahlen keinen großen Rückgang. Wir haben in den Eingangszahlen einen deutlichen Rückgang, aber nicht in den Abgangszahlen.

Das heißt aber, da die Jugend auf dem Arbeitsmarkt begehrter ist als lange zuvor, dass wir sehr stark darauf achten müssen, dass wir keine Spaltung auf dem Ausbildungsmarkt erleben werden.

Wir haben die Jugendlichen mit hervorragenden und herausragenden Qualifikationen, die sozusagen mit Handkuss von jedem Unternehmen genommen werden. Es ist auch wichtig, die Menschen in diese Situation zu bringen.

Aber wir haben Schülerinnen und Schüler, die etwas schwächer sind und auf dem Ausbildungsmarkt nicht so begehrt sind. Deshalb ist es sehr wichtig, auf jeden Einzelnen zu schauen. Die Gruppe der Jugendlichen, die im Moment noch arbeitslos ist, beinhaltet auch Altfälle, die schon im letzten oder vorletzten Jahr auf dem Ausbildungsmarkt nicht erfolgreich waren. Daher ist es wichtig, sich um diese Schülerinnen und Schüler zu kümmern, damit wir sie nicht verlieren.

Wenn man sich einmal vor Augen führt – und darüber diskutieren wir ebenfalls in diesem Parlament –, wie lange wir arbeiten und in Zukunft arbeiten sollen, ist es eigentlich unvorstellbar, dass wir es in unserer Gesellschaft nicht hinbekommen sollten, dass ein junger Mensch mit 16, 17, 18 oder 20 Jahren es nicht schafft, eine Ausbildung zu machen und eine anständige Beschäftigung zu finden. Dies sind Menschen, die das System über Jahrzehnte „durchschleppt“, und was dies

an persönlicher Frustration und Ausgrenzung bedeutet, wissen wir auch alle.

Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Anklam-Trapp.

Sehr geehrte Frau Ministerin, meine Frage schließt sich dem an. Rheinland-Pfalz unternimmt seit Jahren besondere Anstrengungen, um gerade junge Menschen mit besonderen Vermittlungshemmnissen – junge Mütter, Menschen mit Migrationshintergrund oder Menschen mit Behinderungen – in den Arbeitsmarkt oder in Ausbildung zu bringen. Ich möchte Sie nach Modellprojekten fragen, die es in Rheinland-Pfalz gibt, beispielsweise „SKA PLUS“, das Projekt „Stellwerk“ und andere Programme. Welche Maßnahmen, welche Instrumente haben wir, um diese Menschen abzuholen und zu fördern?

Wir haben in Rheinland-Pfalz zahlreiche Projekte dieser Art. „SKA PLUS“ ist bereits genannt worden. Bei diesem Projekt geht es darum, dass berufsbildende Schulen in ganz Rheinland-Pfalz angesprochen werden. Schülerinnen und Schüler erhalten darin die Möglichkeit, ihre sozialen Kompetenzen gerade in der Anfangsphase einer Ausbildung zu steigern.

Das Projekt „Stellwerk“ ist auch bekannt. Das Projekt richtet sich an Schülerinnen und Schüler mit Tendenzen zur Schulverweigerung. Damit werden insbesondere Jugendliche im Übergang zwischen Schule und Beruf erreicht, die andernfalls ganze Schultage nicht im System sind. Ein weiteres Projekt ist „MuT“, ein Projekt, das wir schon länger durchführen und das aus meiner Sicht sehr wichtig ist, weil wir damit junge Migrantinnen und Migranten in der Berufsfindung ansprechen und in der Ausbildungsplatzsuche fördern. Es gibt noch mehr solcher Maßnahmen, aber diese drei Projekte stehen stellvertretend dafür, dass wir in den unterschiedlichsten Bereichen aktiv sind.

Man könnte auch noch die Menschen mit Behinderungen dazunehmen. Auch in diesem Bereich gibt es viele Projekte im Übergang zwischen Schule und Beruf, mit denen wir ihnen den Weg ebnen, auf dem ganz normalen Arbeits- und Ausbildungsmarkt ihren Platz zu finden.

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Schreiner.

Frau Ministerin, warum haben Sie vorhin wörtlich formuliert, es sei eine zwiespältige Sache, qualifizierten jungen Leuten aus Europa in Deutschland eine Ausbildung

anzubieten? – Es ist doch gerade im Interesse der exportorientierten deutschen Volkswirtschaft, wenn diese Menschen in Europa im Laufe ihres Berufslebens eine Brücke zu den wichtigen innereuropäischen Märkten bauen können.

Ich gebe Ihnen bei Letzterem recht, aber ich sehe es trotzdem als zwiespältig an; denn ich denke, wir haben auch eine Verantwortung, dass die europäischen Staaten, die sich im Moment in der Krise befinden, ihre besten Kräfte selbst ausbilden und ihnen Beschäftigung schaffen können.

Deshalb muss es immer um die Frage gehen: Wie können wir den jungen Menschen individuell neue Chancen einräumen, und wie kann es andererseits auch funktionieren, dass in den Ländern Spanien oder Griechenland, die sich derzeit in der Krise befinden, die jungen Menschen trotzdem einen ertragreichen Beitrag dazu leisten können, dass diese Gesellschaften irgendwann wieder einmal blühen können?

Deshalb ist es zwiespältig, und deshalb stehe ich trotzdem dazu. Aber ich sage auch, man muss es mit viel Fingerspitzengefühl tun, und man muss es sehr überlegt tun, sodass diejenigen Staaten, denen es heute nicht so gut geht, auch langfristig eine Zukunftsperspektive haben. Die Zukunft liegt nun einmal in den Händen der jungen Menschen, und deshalb ist es so wichtig, dass sie dort Perspektiven haben.

Danke schön für die Beantwortung der Mündlichen Anfrage.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich darf Soldaten der Bundeswehr aus Bad NeuenahrAhrweiler im Landtag begrüßen. Seien Sie herzlich in Mainz willkommen!

(Beifall im Hause)

Des Weiteren begrüße ich Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrer der Realschule plus aus Selters sowie Seniorinnen und Senioren aus Altrip. Willkommen in Mainz!

(Beifall im Hause)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Bettina Dickes, Brigitte Hayn und Gerd Schreiner (CDU) , Sorge um die Zukunft der landesgeschichtlich bedeutenden Klosterruine Disibodenberg und um die vom Land gezahlten Fördergelder – Nummer 2 der Drucksache 16/1541 – betreffend, auf.

Frau Hayn trägt die Fragen vor.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche konkreten Schritte in Sachen Disibodenberg hat die Landesregierung unternommen, nachdem die Verbandsgemeinde Bad Sobernheim im Mai 2011 Kulturministerin Ahnen um Hilfe bat?

2. Wann, durch wen und in welcher Form sind Kulturstaatssekretär Walter Schumacher und Kulturministerin Doris Ahnen über die Rückübertragung der Eigentumsverhältnisse am Disibodenberg unterrichtet worden?

3. Hat die Landesregierung die Rechtmäßigkeit der Rückübertragung und die Geltendmachung prüfen lassen?

4. Welche Anstrengungen unternimmt derzeit die Landesregierung, um die gezahlten Fördergelder vom jetzigen Eigentümer zurückzuverlangen?

Es antwortet Herr Staatssekretär Walter Schumacher.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Bettina Dickes, Brigitte Hayn und Gerd Schreiner beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Ich möchte zunächst mit einer Vorbemerkung beginnen. Die Klosterruine Disibodenberg ist ein wunderbarer Ort der Kulturgeschichte und der Natur. Sie ist offen für alle Besucherinnen und Besucher, sie ist täglich geöffnet und wird von vielen Menschen besucht, nicht nur aus der Region, die das Andenken Hildegards von Bingen suchen. Dieses Kulturerbe auf dem Disibodenberg ist in einem würdigen Zustand, auch dank der Förderung des Landes. Die Klosterruine ist gesichert und gepflegt. Wir reden über die unbefriedigende Eingangssituation unten am Berg.

Die Klosterruine Disibodenberg ist eng mit dem Leben und Wirken der Heiligen Hildegard von Bingen verbunden. Der Disibodenberg ist das Kloster, in dem Hildegard von Bingen den längsten Teil ihres Lebens verbrachte. Seit 1989 befindet sich der Disibodenberg im Eigentum der privaten Scivias-Stiftung, war aber auch schon vorher, nämlich im 19. Jahrhundert, in Privateigentum.

Mit Bescheiden vom 14. August 1997 und 10. Juli 1998 hat das damalige Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau der Disibodenberger Scivias-Stiftung im Rahmen der Projektförderung einen Zuschuss von insgesamt 695.130 DM zur Durchführung von Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen an der Klosterruine Disibodenberg sowie für den Neubau eines Besucherzentrums mit Umfeldgestaltung gewährt. Die Förderbescheide des damaligen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau enthalten

für die zugewiesenen Fördermittel eine Zweckbindungsfrist von zehn Jahren und eine Auflage, dass die Klosterruine sowie das Besucherzentrum für die Dauer von mindestens 30 Jahren der Öffentlichkeit zugänglich sein müssen. Die Landesdenkmalpflege hat in den vergangenen Jahrzehnten Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen an der Klosterruine Disibodenberg mit insgesamt 411.000 Euro gefördert.

Der Sachverhalt der Förderung der Scivias-Stiftung durch das Land war bereits Gegenstand der Kleinen Anfrage Nummer 876 der Abgeordneten Bettina Dickes (CDU). Insoweit habe ich aus der Beantwortung dieser Kleinen Anfrage zitiert, weil die Antworten richtig waren und die Fragen ähnlich sind.

Zu Frage 1: Das Kulturministerium hat zunächst telefonisch und anschließend schriftlich mit Herrn Bürgermeister Kehl (CDU) Kontakt aufgenommen und ihm mitgeteilt, dass auch das Land an einer Lösung der Probleme und an der Erarbeitung eines zukunftsfähigen Konzepts zum Erhalt und zur Offenhaltung der Klosterruine Disibodenberg für Besucherinnen und Besucher interessiert sei. Das Kulturministerium hat dabei auch deutlich gemacht, dass das Land bei der Erarbeitung dieses Konzepts vermittelnd, fördernd und unterstützend tätig ist, dass aber die Zukunft zunächst einmal nur gemeinsam zwischen der Scivias-Stiftung als Eigentümerin und den Kommunen gestaltet werden sollte. Dies habe ich auch bei einem Besuch und bei einer Besichtigung des Disibodenbergs gegenüber der Familie von RacknitzAdams deutlich gemacht.

Es gab in der Folge eine Fülle von Gesprächen im Rathaus, per Mail und in Telefonaten, ich will sie nicht alle aufzählen. Es gab viele Schlichtungsversuche. Dort ist das Kommunikationsklima – sagen wir es einmal so – etwas frostig. Man sieht es auch an den Zeitungsberichten, und man kann es heute schon bei der Morgenlektüre lesen. Es gab auch im vergangenen Jahr Ende November einen Vermittlungsversuch des Landrates Diehl (CDU) mit allen Beteiligten – der Scivias-Stiftung, der Verbandsgemeinde, den Ortsgemeinden Odernheim und Staudernheim –, jedoch ohne Erfolg. Übrigens hat der Landrat das Land dazu nicht eingeladen, warum auch immer. Deshalb konnten wir auch nicht kommen.