Schließlich ist es auch richtig, wenn das Gesetz sein Ziel so definiert, wie es in § 2 des Gesetzes, das uns zur Beschlussfassung vorliegt, geschehen ist.
Der Bundesgesetzgeber hat den Gesetzeszweck in der Begründung genau so definiert, wie es dieser § 2 vorsieht; denn durch Therapie sollen hoch gefährliche Straftäter nach der Strafverbüßung in die Lage versetzt werden, wieder unter uns zu leben. Das ist mit hohem Aufwand verbunden. Schätzungen aus Baden-Württemberg reden davon, dass das pro Betroffenen pro Jahr 150.000 Euro kosten wird.
Aber diesen Aufwand muss uns das wert sein. Das ist ein Gebot des Rechtsstaates, ein Gebot vor allen Dingen aber auch des Schutzes der Allgemeinheit, und genau das ist mit dem Gesetz aus unserer Sicht völlig zu Recht angesprochen.
Eine ganz andere Frage wird sein, wie das Gesetz in der Praxis dann konkret vollzogen und angewendet werden wird. Da hatte ich schon in der ersten Lesung die Frage aufgeworfen, wie das Spannungsverhältnis ist, das unter Umständen zwischen einerseits Sicherungsuntergebrachten und andererseits Therapieuntergebrachten entstehen kann, die sozusagen unter einem gleichen Dach untergebracht sind und betreut werden. Zwei Rechtssysteme, zwei Gruppen von Leuten, eine Einrichtung, in der sie betreut werden, das könnte auch zu Problemen für das Personal in der tagtäglichen praktischen Anwendung führen.
Ich habe mit Strafvollzugsbediensteten gesprochen. Die sind eigentlich relativ optimistisch, dass das machbar sein wird. Wir werden es natürlich beobachten. Aber wir können es schlussendlich erst beurteilen, wenn der Bundesgesetzgeber sein Gesetz erlassen hat, mit dem er die Sicherungsunterbringung bis nächstes Jahr geregelt haben muss. Erst dann werden wir endgültig beurteilen können, was mit unserem Gesetz am Ende werden wird. Möglicherweise werden wir auch dieses Gesetz noch einmal ändern müssen.
Aber so, wie es jetzt ist, so, wie es jetzt vor uns liegt, ist es ein vernünftiger Schritt, ein richtiger Ansatz. Deswegen werden wir ihm zustimmen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir begrüßen es sehr, dass das Landesgesetz über den Vollzug der Therapieunterbringung in großer Übereinstimmung heute auf den Weg gebracht werden wird. Es hat sich bereits im Rechtsausschuss abgezeichnet. Wir bedanken uns dafür.
Das Landesgesetz dient der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit. Es ist ein gutes Gesetz mit einer guten Vorarbeit. Herzlichen Dank auch an die Landesregierung.
Bei den Vollzugsregelungen geht es im Kern um zwei wichtige Aspekte, gleichwertige Aspekte. Der erste Aspekt ist der Schutz der Bevölkerung vor schwersten Straftaten, ausgelöst von psychisch gestörten Straftätern mit einem hohen Gefährdungspotenzial, und zum Zweiten der Therapieanspruch der betroffenen Täter, die ihre Haft verbüßt haben, die ihre Strafe gesühnt haben, die viele Jahre – in aller Regel viele Jahre – in der Sicherungsunterbringung verbracht haben. Sie haben einen Anspruch auf Therapie, auf Behandlung.
Es ist Ziel des Therapieunterbringungsgesetzes, dass diese Menschen wieder eine Perspektive haben, irgendwann in Freiheit zu leben, und zwar straffrei in Freiheit zu leben. Auch diesem Ziel dient das Therapieunterbringungsgesetz und unser Landesvollzugsgesetz.
Beide Aspekte sind gleichrangig, gleichwertig. Beiden Aspekten muss die Gesetzgebung genügen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat klare Hürden aufgezeigt. Das sind Hürden, die wir in die Gesetzgebung absolut mit einkalkulieren müssen. Es geht darum, dass eine nachträgliche Verlängerung der Sicherungsunterbringung als menschenrechtswidrig erkannt wurde.
Das Bundesverfassungsgericht hat ebenfalls sehr enge Grenzen gesetzt, wenn es darum geht, Menschen weiter in Einrichtungen festzuhalten. Aber das Bundesverfassungsgericht hat auch aufgezeigt, dass die Therapieunterbringung ein Weg ist, eine Auffangregel ist, um eine Situation dergestalt zu regeln, dass gefährliche Straftäter nach der Sicherungsunterbringung weiter in einer Einrichtung verbleiben.
Es ist ein Spannungsfeld, das die Gerichte aufgebaut haben. Dieses Spannungsfeld wird im Therapieunterbringungsgesetz und auch im Landesvollzugsgesetz aus meiner Sicht gut gelöst. Es ist die rechtsstaatliche Antwort auf die Frage, wie eine Abwägung erfolgen kann, einerseits dem Schutzbedürfnis der Bevölkerung und andererseits den subjektiven Freiheitsrechten des Einzelnen gerecht zu werden und dies in Einklang zu bringen.
Es wird neue Tatbestände durch die Therapieunterbringung geben. Wir haben bei der ersten Lesung auch
darauf hingewiesen. Die Frage ist beispielsweise, was eine psychische Störung ist, wie eine Prognose für die Zukunft aussieht, wie gerichtsfest diese Prognose ist. – Dies sind Dinge, die sich aus der Praxis herausbilden müssen. Auch hier wiederum, es gibt sehr klare Grenzen und Hürden. Deshalb muss auch diese Frage der Einschätzung der Prognose sehr gründlich vorgenommen werden. Hier ist ein Vier-Augen-Prinzip vorgesehen. Das ist vollkommen richtig.
Ich möchte dennoch feststellen, dass wir dieses Therapieunterbringungsgesetz und die Vollzugsregelungen brauchen, weil es Fälle geben könnte, in denen schwere Straftäter aus der Haft bzw. aus der Sicherungsunterbringung entlassen werden müssten, und dies kann gerade unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten heraus, wenn man das Schutzbedürfnis der Bevölkerung sieht, wenn man auch den Opferschutz betrachtet – ein ganz wichtiger Aspekt – schwer verantwortbar sein. Das wäre auch im Hinblick – Herr Dr. Wilke hat es gesagt – auf die Überwachungserfordernisse der Polizei schlicht und ergreifend nicht leistbar.
Meine Damen und Herren, mit dem Landesvollzugsgesetz zur Therapieunterbringung kommen wir unserer Verantwortung einer rechtsstaatlich gebotenen Ausgestaltung der Therapieunterbringung nach. Wir halten ebenfalls die Bezugnahme zum Maßregelvollzugsgesetz für sachgerecht. Es gibt enge Parallelen, obgleich natürlich das Abstandsgebot es nicht möglich macht, Therapieuntergebrachte dauerhaft in einer Einrichtung des Maßregelvollzugs unterzubringen.
Wir halten es auch für sachgerecht, dass die Zuständigkeit der Vollzugsbehörde auf die Kreise und kreisfreien Städte übertragen wird. Es ist im Bundesgesetz so angelegt, dass es eine untere Verwaltungsbehörde für den Verwaltungsvollzug gibt. Es gibt Bedenken bei den kommunalen Spitzenverbänden, aber es ist klar, dass es einerseits eine sachliche Nähe der kommunalen Ebene gibt. Ich nenne hier das Psychiatriegesetz, das Landesgesetz für psychisch kranke Menschen, die Unterbringungen, die vonseiten der kommunalen Ebene im Verwaltungsvollzug gut erledigt werden, zum anderen sind es nur wenige Fälle, die in Zukunft denkbar sind.
Darüber hinaus gibt es eine Auffangregel, dass normalerweise die Anstalt, die auch die Sicherungsunterbringung vollzogen hat, den Antrag auf Therapieunterbringung stellt und für die Zuführung verantwortlich ist.
Frau Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vieles wurde schon gesagt, aber auf einiges möchte ich trotzdem noch hinweisen. Dieses Gesetz, zu dem wir quasi gezwungen werden, um das Bundesgesetz umzusetzen, bindet uns als Gesetzgeber in vielerlei Hinsicht die Hände. Schon mehrfach haben wir an dieser Stelle über die konventionsrechtlichen Bedenken gesprochen, denen das Therapieunterbringungsgesetz des Bundes ausgesetzt ist. Wir haben auch darüber gesprochen, dass das eine Einzelfallgesetzgebung ist, die nur wenige Betroffene hat. Dann möchte ich noch darauf hinweisen, dass wir die Sicherungsunterbringung im Rahmen des Maßregelvollzugs haben. Darüber hinaus haben wir das Landesgesetz für psychisch kranke Personen. Dies ist nach unserem Dafürhalten völlig ausreichend.
Wenn die schwarz-gelbe Bundesregierung nun die Notwendigkeit sieht, für die Menschen eine Gesetzgebung zu schaffen, die von keinem dieser Gesetze erfasst werden und die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte freizulassen gewesen wären, ist das ein Rechtsverständnis, das dem unseren diametral widerspricht, meine Damen und Herren.
Für die Menschen, die eigentlich freizulassen gewesen wären, wurde das Therapieunterbringungsgesetz geschaffen. Ob dieses Gesetz den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entspricht, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden.
Nun müssen wir das aber umsetzen. Unser Umsetzungsgesetz bezieht sich im Wesentlichen auf die Vorschriften des Bundesgesetzes. Es beschränkt sich auf das Notwendige und ist damit der Angelegenheit angemessen.
Positiv bei der Therapieunterbringung sind u. a. die Regelung zum Behandlungsplan und die Beiordnung eines Rechtsbeistandes von Anfang an und für die gesamte Dauer der Unterbringung. Sehr kritisch sehen wir die psychische Störung als Anordnungsvoraussetzung; denn diese ist zu unbestimmt und entspricht keinem der bisher in der juristischen Praxis verwendeten Rechtsbegriffe.
Für uns liegt der Schwerpunkt eindeutig auf der therapeutischen Behandlung der nach diesem Gesetz Untergebrachten. Wichtig wird sein, dass dies ein Schwerpunkt auch im späteren Vollzug sein wird. An dieser Stelle danke ich auch meinem Vorredner Herrn Dr. Wilke für die ausdrückliche Klarstellung, nur die Therapie, nur die Therapieangebote rechtfertigen es, den so Bestraften die Freiheit zu entziehen.
Wir erwarten, dass dieses Gesetz aus den genannten Gründen keinen großen Anwendungsbereich haben wird. Auch wenn es nur eine kleine Gruppe von Menschen betrifft, trifft uns aber die Verpflichtung, der Gesetzgebung alle erforderliche Sorgfalt angedeihen zu lassen. Wir kommen um eine Ausführung des Therapieunterbringungsgesetzes des Bundes nicht herum. Deshalb werden wir trotz aller Bedenken diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich danke den Fraktionen für die signalisierte Zustimmung zu dem Gesetz. Sie haben es bereits angesprochen, es geht um die Ausführung der bundesgesetzlichen Regelung der Therapieunterbringung. Das ist in einem sehr knappen Gesetz mit Verweis auf den Maßregelvollzug geschehen. Wir meinen, dass das inhaltlich richtig ist. Dabei wissen wir sehr wohl, dass die gesetzlichen Veränderungen im Maßregelvollzug in der nächsten Zeit erfolgen werden. Es macht aber keinen Sinn – in der zurückliegenden Debatte habe ich das auch schon gesagt –, das im Kontext dieses Gesetzes speziell zu regeln.
Sie haben angesprochen, dass es um sehr wenige Fälle geht. Das ist in der Tat so. Bisher hatten wir in Rheinland-Pfalz einen Fall. Ob weitere Fälle hinzukommen, muss abgewartet werden. Gleichwohl gilt – darauf hatten die Vorredner bereits hingewiesen – das Rechtsstaatsgebot. Es handelt sich um eine Gruppe, die ihre Strafe abgesessen hat, die aber potenziell gefährlich ist. Deshalb muss man Gefährlichkeitsprognosen anstellen.
Da, wo das Bundesverfassungsgericht eine Definition der psychischen Störung zugelassen hat, die in der Fachwelt sehr, sehr umstritten ist, knüpfen dann die Bedenken rechtsstaatlich an, die sicher irgendwann einmal, weil diese Entscheidungen immer angefochten werden, das Bundesverfassungsgericht oder der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte genauer definieren wird. Bis dahin müssen wir unsere Hausaufgaben dahin gehend machen, dass die Regelungen rechtsstaatlich getroffen sind. Das geschieht mit diesem Gesetz.
Wir warten jetzt darauf, dass auf der Bundesebene hinsichtlich der Sicherungsverwahrung die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden, damit geschehen kann, was wir wollen, nämlich dass Untergebrachte nach dem Therapieunterbringungsgesetz parallel in der gleichen Einrichtung in Diez untergebracht werden können, die wir im Moment bauen. Sie hatten darauf hingewiesen, dafür fehlt uns noch die Rechtsgrundlage. Wir halten es aber für sinnvoll, dass dies so geschieht und nicht noch eine Einrichtung mit dem dann dafür zusätzlich erforderlichen Aufwand betrieben werden muss, um verschiedene Synergien erzielen zu können. Es sei sinnvoll, wenn man die Verpflegung und andere Dinge zumindest in räumlicher Nähe vernünftig organisieren kann.
Herr Sippel, Sie hatten die Frage des Verwaltungsvollzugs durch die Kommunen angesprochen. Es ist ledig
lich ein Auffangtatbestand, dass diese Möglichkeit gegeben ist. Trotz aller Bedenken der kommunalen Spitzenverbände sollten sie dies als eine gewisse Chance sehen, da eingreifen zu können. Der Regelfall wird sein, dass die Vollzugseinrichtung den Antrag stellt, der vom Gericht geprüft wird, im Rahmen dessen sich in der Regel Sachverständige gutachterlich dazu äußern und diejenigen, die davon betroffen sind, anwaltlich vertreten werden.
Erst dann, wenn diese hohen Hürden genommen worden sind, kommt es überhaupt zu einer Therapieeinbringung. Dort steht dann in der Tat im Mittelpunkt, dass wir auf der einen Seite mit den Tätern arbeiten, damit sie möglichst entlassen werden können, aber auf der anderen Seite auch, dass der notwendige Schutz der Gesellschaft gegeben ist.
Sie hatten darauf hingewiesen, dass es ein sehr umfangreiches und teures Unterfangen ist, wenn wir Schutzmechanismen außerhalb aufbauen. Absolute Sicherheit – daran sei in dem Kontext erinnert – gibt es in der Gesellschaft nicht, aber wir tun unser Bestes, damit die Gesellschaft letztlich geschützt ist.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Daher kommen wir zur unmittelbaren Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/1358 – in zweiter Lesung.
Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das war einstimmig der Fall.