Frau Ministerin, die prekären Beschäftigungsverhältnisse gelten als chronische soziale Stressoren und Mangel an Lebensperspektive. Welche Folgen können diese auf die Gesundheit haben, und wer übernimmt am Ende die Kosten?
Wir wissen aus der Gesundheitsberichterstattung, dass arme Menschen einen schlechteren Gesundheitszustand haben. Prekäre Beschäftigungen führen leider häufig dazu, dass sich am Lebensstandard der Menschen nichts ändert. Damit sind das schlechte Bedingungen für ihre Gesundheit. Selbstverständlich zahlen die Kosten für die Gesundheit dann die Krankenkassen, das heißt wiederum ein System unserer Sozialversicherungssysteme. Insgesamt ist das Thema „prekäre Beschäftigung“ für unsere gesamten Sozialversicherungen ein großes Problem.
Frau Ministerin, Sie haben vorhin von den Problemen gesprochen, die Unterbrechungen der Erwerbsbiografie mit sich bringen. Unter anderem haben Sie die Altersarmut angesprochen. Wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund das Verhalten der Landesregierung, große Teile der Vertretungslehrkräfte immer wieder vor den Ferien in die Arbeitslosigkeit zu schicken und nach den Ferien wieder einzustellen?
Die Aussage, wie Sie sie tätigen, entspricht nicht der Realität. Insofern kann ich bei dieser Aussage bleiben.
Frau Ministerin, wie bewerten Sie vor dem Hintergrund der Ausweitung der prekären Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland aktuell diskutierte Pläne der Bundesregierung, unter anderem die Minijobs auszuweiten?
Das ist nach unserer Auffassung schlecht; denn es ermöglicht noch mehr, in unterschiedlichen Jobs tätig zu sein. Aber an der Problematik der Minijobs ändert sich nichts, im Gegenteil, sie werden scheinbar noch attraktiver gemacht. Das halten wir für ein großes Problem. Die Minijobs müssten eigentlich eingedämmt und sehr viel stärker reglementiert werden; denn unter allen Minijobs sind immerhin 63 % Minijobs, die nicht in der Nebentätigkeit ausgeübt werden, sondern die Haupttätigkeit der Menschen darstellen.
Die Konsequenzen aus den Minijobs sind klar. Sie sind schlecht für die Lebensbiografien vor allem der Frauen, da es vor allem Frauen sind. Sie können damit ihren Lebensunterhalt nicht bewerkstelligen und erst recht nicht ihre spätere Rente.
Insofern sollte man die Minijobs nicht noch ein bisschen attraktiver machen aus Sicht unterschiedlicher Akteure am Arbeitsmarkt, sondern man sollte sie einschränken.
Frau Ministerin, wie bewerten Sie die geschlechtsspezifischen Auswirkungen der prekären Beschäftigungsverhältnisse?
Ich habe es vorhin schon angedeutet. Die meisten Menschen, die von prekären Beschäftigungsverhältnissen betroffen sind, sind Frauen, und zwar zu einem ganz hohen Anteil. Das bedeutet, dass die Erwerbsbiografien dieser Frauen a) nicht auskömmlich sind und b) ganz klar in Altersarmut führen werden.
Das wird derzeit groß und öffentlich diskutiert. Man sollte das nicht kleinreden. Natürlich haben wir im Moment nicht das Problem der Altersarmut. Ich sage das ganz bewusst, weil wir in diesem Zusammenhang viele Kommentierungen mit verfolgt haben. Im Moment haben wir, glaube ich, etwas über 2 % der älteren Menschen, die armutsgefährdet sind. Aber wir wissen von diesem großen Teil vor allem der Frauen, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten prekär beschäftigt waren, dass sie in eine ganz schwierige Situation geraten werden, wenn sie älter werden und darauf angewiesen sind, im Sinne einer Rente ein Auskommen zu haben. Sie werden mit ihrer Rente unter dem Grundsicherungsniveau liegen. Das heißt, sie können allenfalls Grundsicherungsempfänger werden. Das ist mehr als unbefriedigend.
Sehr geehrte Frau Ministerin, hat die Instrumentenreform der Bundesregierung gerade für Menschen mit Vermittlungshemmnissen oder mit dem Wegbruch von Qualifizierungsangeboten Auswirkungen auf die prekäre Beschäftigung?
Es sind im Bereich der prekären Beschäftigung vor allem viele Menschen wiederzufinden, die keine besonders hohen Qualifikationen haben. Das heißt, wir haben eigentlich zwei Probleme am Arbeitsmarkt. Zum einen, dass wir keine Reglementierung in diesem Bereich haben, die Ordnung des Arbeitsmarktes ist nicht vorhanden, und zum anderen ist das Problem gegeben, dass diejenigen, die am wenigsten qualifiziert sind, am ehesten in der Gefahr stehen, in prekären Beschäftigungsverhältnissen zu münden.
Deshalb muss man an beiden Stellen ansetzen. Man muss zum einen die Ordnung am Arbeitsmarkt wiederherstellen und zum anderen dafür sorgen, dass Men
Ich will das auch noch einmal appellierend sagen. Das ist nicht einfach nur so dahingesagt. Es ist für uns ein großes Problem, wenn Menschen, die 20, 23 oder 25 Jahre sind, keine Perspektive haben, eine anständige Qualifizierung zu machen, weil die Instrumente nicht vorhanden sind. Sie werden Jahrzehnte über Transfersysteme durchgeschleppt. Auch für sie persönlich ist das eine Katastrophe.
Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Baldauf, dann der Kollegin Frau Thelen und dann des Kollegen Herrn Köbler. Ich glaube, dann ist die Beantwortung erfolgt.
Frau Ministerin, zwei Zahlen würden mich noch interessieren. Können Sie uns sagen, wie sich die Vollzeitbeschäftigung der letzten fünf Jahre in Rheinland-Pfalz entwickelt hat, wie viele Vollzeitbeschäftigte es 2007 gab und wie sich im Laufe der Jahre diese Zahl entwickelt hat?
Das Zweite ist: Wie viele befristete Beschäftigungsverhältnisse sind zwischen dem Land und den Angestellten abgeschlossen?
Zur ersten Frage: Wir haben in Rheinland-Pfalz eine niedrige Arbeitslosenquote, und wir haben einen starken Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse. Das ist erfreulich. Das möchte ich ausdrücklich hinzusagen.
Ich möchte darum bitten, keine Vermengung zwischen der Tatsache herzustellen, dass wir einen Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse und andererseits die Problematik auf dem Arbeitsmarkt haben, dass wir viele prekäre Beschäftigungsverhältnisse haben. Das eine stimmt, das andere stimmt aber auch. Über das Erste freuen wir uns, und bei dem Zweiten sehen wir Handlungsbedarf.
Ich habe keine Zahl im Kopf, wie viele befristete Beschäftigungen es in Rheinland-Pfalz zwischen Landesregierung und Angestellten gibt. Das müsste ich nachreichen.
Sehr geehrte Frau Ministerin, ich möchte noch einmal auf das Thema „Aufstocker“ zurückkommen. Sie haben
dargelegt, dass 1,3 Millionen Erwerbstätige von der Agentur ergänzende Leistungen beziehen müssen. Ich gehe davon aus, 1,3 Millionen stellt eine Bundeszahl dar. Können Sie uns die Landeszahl nennen? Können Sie uns sagen, wie viele dieser Erwerbstätigen nicht voll erwerbstätig sind, also in Teilzeit tätig sind, und wie viele diese Leistungen aufgrund ihrer Familiensituation erhalten? Das sind ja nicht alles Singles.
1,35 Millionen Menschen stellt eine Bundeszahl dar. Wir haben keine Differenzierung, welche Art von Beschäftigungsverhältnissen das sind. Wenn das Parlament sich für die Aussprache der Mündlichen Anfrage entscheidet, dann würde ich schauen, dass wir die Zahlen bis dahin noch bekommen. Ansonsten bekommen Sie sie nachgereicht.
Ich bin aber gar nicht sicher, dass wir diese Zahlen für Rheinland-Pfalz haben. Ich habe diese Differenzierung der verschiedenen Arbeitsverhältnisse nicht im Kopf.
Frau Ministerin, wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund die aktuelle Initiative des ersten CDU-geführten Bundeslandes Thüringen zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns?
Ich finde es zunächst einmal gut, dass sich eine Große Koalition auf den Weg macht und bestimmte Schranken überwindet, um gemeinsam zu einem Ziel zu kommen. Es ist ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn, der darin angegeben ist, und insofern glaube ich, dass dies eine gute Initiative ist.
Herr Köbler, hätten wir allerdings in Rheinland-Pfalz diese Initiative ergriffen, würden selbstverständlich auch 8,50 Euro darinstehen, und die Kommission würde auch ein wenig anders aussehen als dort; trotzdem muss man anerkennen, dass auch ein CDU-geführtes Land in einer Großen Koalition sich bereit erklärt hat, tatsächlich eine Initiative zum flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn zu starten.
Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Guido Ernst und Martin Brandl (CDU), Kooperation von Ganztagsschulen und Sportvereinen in Rheinland-Pfalz – Nummer 4 der Drucksache 16/1644 – betreffend, auf.
1. Wie hat sich der Prozentsatz der Schülerinnen und Schüler in den letzten fünf Jahren entwickelt, die ein Ganztagsschulangebot in Rheinland-Pfalz in Anspruch nehmen?
2. Wie bewertet die Landesregierung das Ergebnis der Studie des Landessportbundes, dass nicht Sportvereine, sondern Privatpersonen vornehmlich Kooperationspartner von Ganztagsschulen sind?
3. Inwieweit wird die Landesregierung auf das Ergebnis der Studie reagieren, dass Sportvereine die Auswirkungen der Ganztagsschule auf das ehrenamtliche Engagement skeptisch betrachten?