Der Gesetzgeber hat – dies wird an den Cash-GmbHs sehr deutlich – in seinem Bestreben nach erbschaftsteuerlicher Begünstigung für Betriebsvermögen in verfassungsrechtlich bedenklicher Art und Weise überzogen. Schon vor der Entscheidung des BFH – sie ist erst wenige Wochen alt – hat der Bundesrat mit ausdrücklicher Unterstützung des Landes Rheinland-Pfalz eine Stellungnahme zum Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2013 beschlossen, in dem der Einsatz der CashGmbHs als Steuersparmodell unterbunden werden sollte. Diese Haltung hatte die Landesregierung insofern vor dem BFH-Urteil. Die Landesregierung sieht sich durch das BFH-Urteil nachdrücklich in ihrer Haltung bestärkt.
Zu Frage 2 „Teilt die Landesregierung die Haltung der Bundesregierung zu diesem Vorstoß?“, also zu diesem Vorstoß aus dem Bundesrat: Der Gesetzesbeschluss
des Bundestages zum Jahressteuergesetz 2013 greift die Anregung des Bundesrates zur eben genannten Problematik nicht auf. Würde es bei dieser Fassung bleiben, blieben auch die Gestaltungsmöglichkeiten der Cash-GmbHs bestehen und somit eine Regelung, die vom Bundesfinanzhof als verfassungswidrig eingestuft wurde.
Um dies zu verhindern, wird die Landesregierung im Sinne einer verfassungskonformen Ausgestaltung der Erbschaftsteuer die Anrufung des Vermittlungsausschusses zu erwirken suchen. Auch deshalb ist der Minister der Finanzen derzeit in Berlin. Die mehr als klaren Worte des Bundesfinanzhofes sollten die Bundesregierung dazu bewegen, über zielgenaue Maßnahmen zur Vermeidung von Missbräuchen mit uns zu beraten.
Zu Frage 3 „Welche Einnahmen und Einnahmepotenziale für das Land sieht die Landesregierung durch die Erbschaft- und Schenkungsteuer und entsprechende Reformschritte?“: Die Ertragshoheit der Erbschaft- und Schenkungsteuer liegt bei den Ländern. Das Aufkommen betrug in unserem Land im Jahr 2007 222 Millionen Euro, 2008 214 Millionen Euro, 2009 196 Millionen Euro, 2010 145 Millionen Euro und 2011 200 Millionen Euro, wobei hier ein einmaliger Sondereffekt bereinigt worden ist.
Die durchschnittlichen jährlichen Einnahmen – um Zahlen auch einmal plastisch abzubilden – aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer haben einen Gegenwert von etwa 3.500 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten.
Die Kommunen in Rheinland-Pfalz haben in den letzten Jahren aus diesen Einnahmen 64 Millionen Euro erhalten. Das Erbschaftsteueraufkommen ist also auch mit Blick auf die kommunale Finanzsituation von nicht vernachlässigbarer Bedeutung.
Die Aufkommenswirkung einer verfassungsrechtlich unbedenklichen Ausgestaltung der Verschonungsregelung kann seriös jetzt nicht quantifiziert werden, weil Substitutionseffekte von der Neuausgestaltung der Regelungen abhängig sind.
Zu Frage 4 „Teilt die Landesregierung die Forderung der JU nach einer Abschaffung?“: Die Erbschaftsteuer ist verfassungsrechtlich ausdrücklich legitimiert. Sie ist integraler Bestandteil einer generationenübergreifend gerechten Besteuerung. Die Junge Union hat vor wenigen Wochen die Abschaffung der Erbschaftsteuer auf ihrem Deutschlandtag beschlossen, und im Grundsatzprogramm aus dem Jahr 2012 wird ausgeführt, die Erbschaftsteuer sei eine Reinform einer ideologisierten Neidsteuer.
Im Zuge des Erbschaftsteuerreformprozesses 2008 erklärt die Junge Union – ich zitiere wieder mit der Erlaubnis des Präsidenten –: „Bei dieser reinen Neidsteuer geht es darum, die Leistungsträger unserer Gesellschaft, die Familienunternehmen, zu bestrafen.“ – Weiter heißt
es: „Die geplanten Regelungen zum Übergang von ererbtem Betriebsvermögen, die Haltefristen und die – – –
(Frau Klöckner, CDU, macht einen Zuruf in Richtung des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie können sich jetzt einmal dazu äußern! – Steinbach, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der Herr Staatssekretär hat das Wort!)
Weiter heißt es: „Die geplanten Regelungen zum Übergang von ererbtem Betriebsvermögen, die Haltefristen und die an konkrete Beschäftigungszahlen sowie die Lohnsumme geknüpften Voraussetzungen für mögliche Vergünstigungen von der Erbschaftsteuerlast vernichten womöglich tausende von Arbeitsplätzen.“ –
Erstens geht das Erbschaftsteuerreformgesetz mit den dortigen Verschonungsregelungen ja maßgeblich auf die Vorstellung der unionsgeführten Bundesregierung zurück. Ich hatte aus dem Koalitionsvertrag zitiert.
Zweitens moniert der Bundesfinanzhof gerade einen Gleichheits- und somit verfassungswidrigen Privilegierungsübergang beim Übergang von Unternehmensvermögen, weil – ich zitiere aus dem BFH-Beschluss – die in den §§ 13a und 13b Erbschaftsteuergesetz vorgesehenen Steuervergünstigungen in wesentlichen Teilbereichen von großer finanzieller Tragweite über das verfassungsrechtlich gefertigte Maß hinausgehen.
Während also ein Teil der Union findet, die Verschonungsregelungen seien zu schwach, kommt der Bundesfinanzhof zu dem Schluss, sie seien in verfassungswidriger Weise zu stark ausgeprägt.
Dann zu dem Argument, die Erbschaftsteuer vernichte Arbeitsplätze. Auch damit hat sich der BFH intensiv befasst und sogar die Bundesregierung zum Beitritt zum Verfahren bewegen können. Was sagt der BFH? – Für die Annahme – so der BFH –, typischerweise gefährde die erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Belastung die Betriebsfortführung, fehle jeder konkrete Anhaltspunkt.
Nach Darlegung des BFH sei die Prämisse für eine umfangreiche Begünstigung des Betriebsvermögens, die Erbschaftsteuer gefährde generell die Existenz mittelständischer Wirtschaft, nicht zu verifizieren. Insofern sind die Gründe, welche die Junge Union für ihre Forderung erhebt, durch den BFH in alarmierender Weise widerlegt worden. Insofern teilt die Landesregierung die Haltung der Jungen Union nicht, aber auch deshalb nicht, weil die Erbschaftsteuer für die Landesregierung ein pivotaler Baustein einer generationenübergreifend gerechten Besteuerung darstellt.
Herr Staatssekretär, für Ihre Ausführungen und Erhellungen vielen Dank. Noch einmal, um das zusammenzufassen und es zu verdeutlichen: Teilen Sie die Auffassung, wenn wir bei dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz diese §§ 13a und 13b nicht neu regeln, dass dann die Gefahr besteht, dass die Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer insgesamt auf dem Spiel steht und damit auch die Einnahmen für den Landeshaushalt?
Vielen Dank für die Rückfrage. Das wäre ein „worst case“, den man jetzt nicht beurteilen kann, weil es ja ein Vorlagevermerk an das Bundesverfassungsgericht ist. Es wird zu entscheiden haben, ob wirklich eine Verfassungswidrigkeit vorliegt, und wenn ja, muss dann neu entschieden werden, welche Konsequenzen das hat. Wir gehen derzeit nicht davon aus, dass es diese gravierenden Konsequenzen hätte. Aber klar ist, dass wir jetzt eine Regelung brauchen, die verfassungsrechtlich unbedenklich ist, und jetzt nicht sehenden Auges eine Regelung herbeiführen oder belassen können, von der wir nun ziemlich deutlich gesagt bekommen haben, dass hier eine Verfassungswidrigkeit aus Sicht des BFH – zu entscheiden hat das Bundesverfassungsgericht – vorliegt.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Rechtsauffassung, dass in dem dem Bundesfinanzhof vorliegenden Fall, in dem es um eine Cash-GmbH ging, der Bundesfinanzhof auch abschließend hätte entscheiden können, da es sich um rechtsmissbräuchliche Steuergestaltung im betreffenden Fall gehandelt hat und das schon durch das geltende Erbschaftsteuerrecht unzulässig wäre?
Vielen Dank für die Rückfrage. Diese Rechtsauffassung kann mir gar nicht bekannt sein, weil es im vorliegenden Fall gerade nicht um eine Cash-GmbH ging. Im vorliegenden Fall hat jemand geklagt, weil er sagt, er sieht nicht ein, dass es unterschiedliche Steuerklassen gibt – die Steuerklassen II und III – und er eine Differenzierung aushalten muss. In der Bewertung dieser Frage hat das Gericht gesagt: Wir schauen uns die gesamten erbschaftsteuerlichen Regelungen an, weil die Sätze auch deswegen differenzieren, weil man ein bestimmtes
Aufkommen generieren muss und für das Aufkommen, das man generieren muss, die Frage der Verschonungsregelung natürlich von zentraler Bedeutung ist. –
Insofern ist die Prämisse nicht ganz richtig. Dann hat der BFH aber selbst die Frage gestellt: Liegt denn nicht eine missbräuchliche Ausnutzung eines Gesetzes vor? –
Denn dann hätte man über § 42 Abgabenordnung sagen können, man muss gar nicht das Gesetz ändern, sondern die Verwaltungsauffassung. Der BFH hat es ja ausführlich geprüft und kommt nicht zu dem Ergebnis, dass hier ein Zustand oder eine Regelungsnorm des § 42 AO vorliegt. Insofern – das sagt er auch sehr deutlich – wollte der Gesetzgeber explizit diese Verschonungsregelungen. Spätestens mit dem, was in den letzten Jahren hinzugekommen ist, hat er hier – jetzt sage ich es untechnisch – deutlich überzogen.
Angenommen, wir würden in § 13a und 13b die Regelung für die sogenannten Cash-GmbHs so gestalten, dass die weitgehend ausgeschlossen wären, dann würde doch weitaus mehr Vermögen nicht in das Schonvermögen des Betriebsvermögens verlagert werden können und tendenziell die Masse dessen, was der Erbschaftsteuer unterliegt, das Privatvermögen erhöhen. Das würde dann ergo meiner Berechnung nach dazu führen, dass unsere Erbschaftsteuereinnahmen steigen würden. Stimmen Sie dieser Auffassung zu?
Man kann nicht widersprechen; denn der Sinn einer Aufhebung eines Tatbestandes, der dazu führt, wie das Gericht schreibt, dass die Verschonung die Regel und die Besteuerung die Ausnahme ist, kann nur dazu führen, dass das Aufkommen geringer ist. Wir haben keine sehr präzisen Zahlen darüber, was in Cash-GmbHs transferiert wird. Aber wir gehen von Milliardenbeträgen jedes Jahr aus. Das Thema liegt auf dem Tisch. Es muss angegangen werden. Ich denke, es ist richtig, dass wir gerade versuchen, hierzu den Vermittlungsausschuss anzurufen.
Herr Staatssekretär, im jetzigen Gesetz, das zur Entscheidung vorliegt, sind zahlreiche Regeln enthalten, wonach bei der Vererbung von Betriebsvermögen Arbeitsplätze gesichert werden können. Gelten solche Regelungen auch für Cash-GmbHs?
Vielen Dank für die Nachfrage. Ja und nein. Ja, weil auch Cash-GmbHs Gesellschaften sind, die eine Verschonungsregelung in Anspruch nehmen können, wenn die Voraussetzungen für die Verschonung erfüllt sind. Zu diesen Voraussetzungen gehört, dass man – gemessen an der Lohnsumme – über einen langen Zeitraum kein Personal abbaut.
Allerdings greift diese Regelung im Erbschaftsteuergesetz, also die Bindung der Verschonungsregelung an die Fortführung gemessen an der Lohnsumme, erst ab Unternehmen ab 20 Mitarbeitern. Der Charme der CashGmbH ist, dass man Vermögen, also Wertpapiere, in einem Depot verwaltet, das man nicht angreifen darf. Das ist die zweite Verschonungsregelung. Dafür braucht man vielleicht ein oder zwei Leute, aber keine 20.
Insofern fällt man unter die Regelung, die man gemacht hatte, um Kleinstunternehmen aus der Lohnsummenfrage herauszunehmen. Man nutzt aus, dass eine CashGmbH mit bestenfalls ein oder zwei Leuten zum Teil im Nebenamt geführt werden muss. Was macht man da? Man schaut sich einmal die Woche die Kontoauszüge an und heftet sie wieder ab. Mehr ist im Wesentlichen in einer Cash-GmbH nicht zu tun.
Herr Staatssekretär, der Chef der Jungen Union und Mitglied des Deutschen Bundestags, Herr Mißfelder, hat die Erbschaftsteuer eine mittelstandsfeindliche Neidsteuer genannt. Ab wann zahlen bei den bisher bestehenden Freibeträgen im Bereich des Privatvermögens Privatpersonen Erbschaftsteuer, und bei welchem Vermögen fängt demnach für Herrn Mißfelder der Mittelstand an?
Vielen Dank für die Rückfrage. Sehen Sie mir bitte nach, dass ich zur Definition des Herrn MdB Mißfelder keine Aussagen treffen kann. Ich kann Ihnen nur sagen, wie die Freibeträge im Gesetz geregelt sind. Sie finden das in § 16 des Erbschaftsteuergesetzes. Darin sehen Sie, dass die Freibeträge hochgradig unterschiedlich sind und nach dem Verwandtschaftsgrad differenzieren.
Ich möchte ein Beispiel geben. Der Ehegatte hat einen Freibetrag von 500.000 Euro und leibliche Kinder von 400.000 Euro. Man muss sich einmal vorstellen, dass der Ehegatte mit zwei Kindern eine Erbschaft übernimmt. Dann sind die ersten 1,3 Millionen Euro noch im Freibetrag. Das heißt, bei einer Erbschaft von 1,3 Millionen Euro fällt immer noch keine Erbschaftsteuer an.
Das kann natürlich völlig anders sein, wenn der Erbe nicht das leibliche Kind, sondern irgendein Dritter ist.
Deswegen gibt es die drei Steuerklasen mit den unterschiedlichen Freibeträgen. Diese gehen bis auf 20.000 Euro herunter. Der Regelfall ist, dass Erbschaften erst in Millionenhöhe zu einer Erbschaftsteuerpflicht führen.
Herr Staatssekretär, Sie haben eben ausgeführt, dass auch ein Befreiungstatbestand bei der Vererbung von Betrieben gegeben ist, wenn man weniger als 20 Beschäftigte hat. Ist das in der Bundesrepublik bzw. in Rheinland-Pfalz ein Ausnahmetatbestand? Gibt es relativ wenig Betriebe mit weniger als 20 Beschäftigten, oder ist das die Mehrzahl? Gibt es von Ihnen dazu eine Einschätzung?
Genaue Zahlen habe ich nicht. Ich denke, das weiß die Wirtschaftsministerin. Ich schaue sie an. Sie nickt mir zu, wenn ich sage, dass weit über 80 % der Unternehmen in Rheinland-Pfalz – ich habe eine Zahl von 98 % im Kopf – sogenannte Kleinunternehmen unter 20 Personen sind. Ich will mich aber vom Parlament nicht festnageln lassen. Insofern greift diese Regelung für fast alle Unternehmen. Die Erbschaftsteuer ist für eine kleine Zahl von Unternehmen und eine nicht so bedeutende Zahl von Privatpersonen überhaupt ein Thema. Ich habe auf Rückfrage des Abgeordneten Steinbach die Freibeträge gemäß § 16 des Gesetzes formuliert.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Kollegen Steinbach. Danach halte ich die Anfrage für beantwortet.