Protokoll der Sitzung vom 07.03.2013

Vor dem Hintergrund der aktuellen Berichterstattung zu einem möglichen Rückzug des Landes aus der Finanzierung des Flughafens Zweibrücken und dessen Abgabe an das Saarland fragen wir die Landesregierung:

1. Welches Konzept verfolgt die Landesregierung zu Betrieb und Entwicklung des Flughafens Zweibrücken?

2. Wie will die Landesregierung den Flugplatz und die Region zur Stärkung der Wirtschaftskraft zukunftsfest machen?

3. Welchen Stand und welche Perspektiven gibt es hinsichtlich der Überlegungen und Verhandlungen der Landesregierung zu möglichen Flughafenkooperationen und -verbünden?

4. Bleibt die Landesregierung bei ihrer u. a. in der Antwort auf die Kleine Anfrage 1548 dargestellten Einschätzung, der Flughafen Zweibrücken sei „eine der tragenden Säulen der wirtschaftlichen Entwicklung der Region“?

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Lewentz. – Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle wissen, als vor 20 Jahren der damalige US-Verteidigungsminister Cheney die Schließung des US-Militärflugplatzes Zweibrücken verkündete, war dies der Auftakt zum massiven Abbau der mehr als vier Jahrzehnte umfassenden starken Präsenz von NATO und Bundeswehrstreitkräften in RheinlandPfalz. Zigtausend zivile Arbeitsplätze wurden in Rheinland-Pfalz abgebaut, und riesige Militärflächen wurden freigegeben.

Speziell für Zweibrücken lassen sich die Dimensionen an den Arbeitslosenzahlen in der Stadt Zweibrücken Anfang der 90er-Jahre verdeutlichen, die bei über 20 % lagen.

Mit der von der Landesregierung und den betroffenen Kommunen vor Ort gemeinsam entwickelten VierSäulen-Strategie für die zivile Nachnutzung aus Flugbetrieb, Multimedia Internet Park bzw. gewerbliche Entwicklung, Designer-Outlet sowie Freizeit- und Tourismussektor ist es gelungen, den Flughafen Zweibrücken im Süden der Stadt mit dem angrenzenden gewerblichindustriellen Umfeld als Jobmotor und Zugpferd für die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region zu positionieren.

Der Flugbetrieb ist dabei ein wichtiger Pfeiler im VierSäulen-Modell des Konversionsprojekts Flughafen Zweibrücken.

Die wirtschaftlichen Effekte in und für die Region sind groß. Im Jahr 2012 waren 2.813 Menschen in 220 Betrieben auf dem Konversionsareal Flughafen Zweibrücken beschäftigt. Das sind über 100 zusätzliche Arbeitsplätze, oder anders ausgedrückt, plus 4 % gegenüber dem Vorjahr. Damals waren es 2.705.

Nach einer aktuellen Studie des Zentrums für Recht und Wirtschaft des Luftverkehrs vom Januar 2013 sind gesamtwirtschaftlich 6.047 Arbeitsplätze mit einer Bruttowertschöpfung von 253,5 Millionen Euro mit dem Konversionsprojekt Zweibrücken verknüpft. Dies ist für die Region, in der die Arbeitslosenquote im Dezember 2011 mit 6,9 % noch immer knapp 2 % über dem Landes

durchschnitt liegt, von besonderer strukturpolitischer Bedeutung. Dafür wurden mehr als 150 Millionen Euro Landesmittel, der größte Teil davon in die Erschließung und die nicht flugbetriebliche Infrastruktur, investiert.

Hinzu kommen Mittel für die allgemeine Infrastruktur, wie zum Beispiel für den freigegebenen Kreisel L 700/ L 480 beim Outlet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Anfrage wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 2: Für die Landesregierung ist und bleibt das Vier-Säulen-Konversionsprojekt Flughafen Zweibrücken auch weiterhin eine wichtige Infrastrukturmaßnahme, die wir bedarfsgerecht unterstützen werden.

Die Landesregierung will die wirtschaftlichen Impulse und Potenziale des Flughafens als wirtschaftlichen Motor für die gesamte Region stärken und erhalten. Speziell in der Säule Flugbetrieb müssen wir uns aber zwei zentralen Herausforderungen stellen.

Zum einen verursacht diese Säule seit Jahren Verlust. Vor diesem Hintergrund wurde bereits in der Koalitionsvereinbarung der rot-grünen Landesregierung festgelegt, dass die Zuschüsse für den Flughafen Zweibrücken schnellstmöglich zurückgeführt werden sollen. Hier geben Haushaltlage und Schuldenbremse der Landesregierung einen engen Rahmen vor.

Zwar ist es 2011 erstmals seit neun Jahren gelungen, die Verluste des Flughafens mit minus 4,656 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr um 263.000 Euro – immerhin 5,35 % – zu reduzieren. Auch für die kommenden Jahre sind weitere Ergebnisverbesserungen durch zusätzliche Parkeinnahmen, moderate Gebührenerhöhung und die erweiterte Übernahme von Sicherheitskosten analog zum Flughafen Hahn zu erwarten, wodurch sich das Defizit auf rund 3 Millionen Euro in 2013 verringern könnte. Doch gilt es, für die Zukunft weitere Einsparungen zu realisieren.

In diesem Zusammenhang ist die rheinland-pfälzische Landesregierung davon überzeugt, dass über ein Kooperationsmodell Saar-Pfalz-Airport zusätzliche substanzielle Ergebnisverbesserungen möglich wären. Zum anderen hat die Europäische Kommission am 22. Februar 2012 das förmliche Prüfverfahren gegen den Flughafen Zweibrücken eröffnet und mit gleichem Datum auch ein Verfahren gegen Saarbrücken eingeleitet, weil sie das derzeitige Finanzierungssystem unter anderem in Bezug auf den Defizitausgleich durch die Gesellschafter als nicht beihilfekonform ansieht.

Auch in diesem Zusammenhang könnte eine Kooperation nach derzeitigem Stand die Möglichkeit bieten, für beide Standorte ein beihilferechtskonformes Finanzierungskonzept aufzustellen.

Im gemeinsamen Gespräch der Staatssekretäre Häfner und Barke mit dem stellvertretenden Direktor der Generaldirektion Wettbewerb Gert-Jan Koopman am 29. August 2012 in Brüssel hat dieser eine Flughafenkooperation als guten und vernünftigen Ansatz bewertet, um

die gemeinsame Zukunftsperspektive beider Standorte zu verbessern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung wird bis zur endgültigen Entscheidung über die langfristige Struktur des Flughafens Zweibrücken den Flugbetrieb aufrechterhalten, auch wenn hierfür weitere Finanzmittel zum Ausgleich des Defizits notwendig werden sollten.

Wir wollen, dass von Zweibrücken aus auch in Zukunft weiter geflogen werden kann.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Firmen und Fluggesellschaften am Flughafen sowie die Menschen in der Region stehen im Mittelpunkt des Handelns der Landesregierung. Gemeinsam gilt es nun, den Flughafen Zweibrücken auf ein langfristig tragfähiges, gesundes betriebswirtschaftliches Fundament zu stellen, das schnellstmöglich auf Zuschüsse des Landes zum Verlustausgleich verzichten kann.

Zu Frage 3: Seit dem Juni 2011 führen die Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und dem Saarland Gespräche darüber, wie die Flughäfen Zweibrücken und Saarbrücken enger kooperieren können, um positive Effekte für die Kostenstrukturen beider Standorte zu erzielen.

Die rheinland-pfälzische Landesregierung ist davon überzeugt, dass für die beiden Standorte das Kooperationsmodell eines Saar-Pfalz-Airports ein für die Zukunft richtiger Weg ist.

Am 28. Februar 2012 haben die Länder Rheinland-Pfalz und Saarland übereinstimmende Kabinettsbeschlüsse zur Kooperation der Flughäfen Saarbrücken und Zweibrücken herbeigeführt. Auf rheinland-pfälzischer Seite hatte mit gleichem Datum auch der kommunale Mitgesellschafter, der Zweckverband Entwicklungsgebiet Flugplatz Zweibrücken (ZEF), die geplante Kooperation gebilligt.

Auf der gemeinsamen Ministerratssitzung vom 18. September 2012 wurde die Konkretisierung des Kooperationskonzepts durch einen belastbaren Businessplan für eine gemeinsame Flughafengesellschaft beschlossen.

Die Eckpunkte für die Ausarbeitung des Businessplans werden derzeit zwischen den zuständigen Aufsichtsratsvorsitzenden beider Flughafengesellschaften abgestimmt.

Nachdem ich zuletzt mit meinem Kollegen Heiko Maas entsprechende Überlegungen in verschiedenen Ausdifferenzierungen erörtert habe, werden die Aufsichtsratsvorsitzenden der Flughafengesellschaften, die Staatssekretäre Jürgen Häfner und Jürgen Barke, die Gespräche auf der politischen Ebene am 20. März fortsetzen. Diese Gespräche werden mit dem Ziel geführt, den Flugbetrieb in Zweibrücken dauerhaft zu sichern. Dabei werden alle denkbaren Optionen erörtert und die Vor- und Nachteile sorgfältig abgewogen.

Parallel dazu werden aber auch weiter Verhandlungen mit privaten Interessenten geführt. So wurden die Gespräche mit einem französischen Unternehmen bezüg

lich einer möglichen Privatisierung oder Teilprivatisierung wieder aufgenommen, nachdem von dort aus klargestellt wurde, dass nicht nur eine Betreiber-, sondern auch eine Investorenlösung vorstellbar sei.

Zu Frage 4: Wie bereits meiner Vorbemerkung zu entnehmen war, ist die Landesregierung nach wie vor der Auffassung, dass der Flughafen Zweibrücken eine ganz wichtige Säule der wirtschaftlichen Entwicklung in der Region ist und sich das konversionspolitische VierSäulen-Konzept mit der Verknüpfung von Flugbetrieb, Gewerbepark und Multimedia Internetpark, Outlet sowie dem Freizeit- und Tourismussektor besonders bewährt hat.

So viel zur Beantwortung der gestellten Fragen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Gibt es Zusatzfragen? – Herr Kollege Klein, bitte schön.

Herr Minister, vielen Dank für die Beantwortung der Mündlichen Anfrage. Sie haben gesagt, dass der Flughafen weiter bedarfsgerecht unterstützt, gestärkt und erhalten werden soll. Wie verträgt sich das mit den Aussagen Ihres Koalitionspartners, die der Presse zu entnehmen waren, dass ab 2014 keine Mittel mehr an den Flughafen Zweibrücken fließen und im Haushalt bereitgestellt werden sollen?

Ich habe die verschiedenen Presseverlautbarungen so nicht verstanden, sondern ich habe Ihnen die Haltung der Landesregierung vorgetragen. Das ist unsere gemeinsame Haltung.

Es folgt eine Zusatzfrage von Herrn Kollegen Baldauf.

Herr Staatsminister, ich möchte von Ihnen wissen, wann Sie eine abschließende Konzeption vorlegen. Schließlich muss der nächste Doppelhaushalt aufgestellt werden. Dann würde es Sinn machen, das vorher schon in einer abschließenden Konzeption zu begleiten.

Ja, wenn wir mit den Kollegen im Saarland bis dahin so weit einig wären, dass zum Beispiel dieses Modell ein

Zukunftsmodell sein könnte – in welcher Ausgestaltung auch immer –, wird das natürlich in den Doppelhaushalt einfließen. Ansonsten werden wir im Doppelhaushalt Vorsorge dafür treffen, dass wir in den nächsten Jahren am Flughafen handlungsfähig bleiben. Das ist doch selbstverständlich.

Eine Zusatzfrage von Herrn Kollegen Presl.

Herr Minister, wird das Land während der Verhandlungsphase mit dem Saarland in Richtung einer Kooperation weiter Gespräche mit möglichen Investoren und Partnern für den Fall führen, dass letztlich eine Kooperation mit dem Saarland scheitert?

Herr Minister, Sie sprachen von Gesprächen mit einem französischen Unternehmen. Sind Sie mit mir der Meinung, dass auch im Falle einer Kooperation mit dem Saarland weiter Investoren und Partner notwendig sein werden?

Ich bin davon überzeugt, dass dann, wenn man eine Konstruktion Saar-Pfalz-Airport hinbekommt, auch diese neue Gesellschaft daran interessiert sein wird und daran interessiert sein sollte, weitere Partner zu gewinnen, die dort mit tätig sein werden. Zu den bisherigen Gesprächen habe ich im Zuge der Beantwortung der Mündlichen Anfrage einiges ausgeführt.

Es folgt eine weitere Zusatzfrage von Herrn Kollegen Klein.

Herr Minister, wie realistisch ist denn der Erhalt beider Standorte, wenn darüber spekuliert wird, dass der Flughafen vielleicht ganz an das Saarland verkauft oder abgetreten werden soll?