Protokoll der Sitzung vom 08.03.2013

Zu Frage 3: Zwei Punkte sind für den Beginn des Gesetzgebungsverfahrens relevant. Zum einen muss das Ergebnis der Befragung ein mehrheitliches positives Votum zur Verkammerung der Pflege ergeben. Das Ergebnis – ich habe es schon geschildert – werden wir Ende März haben. Darauf folgt die Einbeziehung der gesetzlichen Regelung zur Einrichtung einer Landespflegekammer in den Entwurf zur Novellierung des Heilberufsgesetzes. Die weitergehenden gesetzestechnischen Arbeiten können daher im Frühsommer des Jahres 2013 angegangen werden. Eine entsprechende Aussage zum Verlauf wurde bereits in der Antwort der Landesregierung auf die vorgenannte Große Anfrage der Fraktion der CDU getroffen.

Zu Frage 4: In der Antwort zu Frage 23 der vorgenannten Großen Anfrage der Fraktion der CDU hat die Landesregierung den Zeitablauf konkretisiert. Ich füge Ihnen gern noch einmal hinzu, es geht um die Befragung und Auswertung der Berufsangehörigen und Auszubildenden im ersten Quartal 2013. Da das Inkrafttreten der Novellierung des Heilberufsgesetzes zum 1. Juli 2014 und die Errichtung einer Landespflegekammer zum 1. Juli 2015 vorgesehen ist, ist es daher nicht nötig, einen Zeitplan in irgendeiner Weise zu korrigieren.

Nach den Erfahrungswerten bei der Einrichtung der Landeskammer der Psychotherapeuten wird es etwa ein Jahr nach Inkrafttreten der gesetzlichen Regelungen dauern, bis die Pflegekammer ihre Tätigkeit umfänglich wird aufnehmen können. Zunächst muss ein Gründungsausschuss alle notwendigen Arbeiten bis zum ersten Eintritt der Delegiertenversammlung leisten. Insbesondere ist hier die Registrierung der rheinlandpfälzischen Pflegekräfte, die Erstellung vorläufiger Satzungen, um handlungsfähig zu sein, und die Vorbereitungen zu den ersten Wahlen der Kammergremien zu nennen.

So viel zur Beantwortung der Mündlichen Anfrage.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Gibt es Zusatzfragen? – Frau Kollegin Thelen hat eine Zusatzfrage.

Sehr geehrter Herr Minister Schweitzer, nach Äußerungen Ihrer Regierung unterstützen Sie dieses Ziel. Deshalb meine Frage: In welchem Umfang und mit wie vielen Veranstaltungen versuchen Sie, für diese Einrichtung der Pflegekammer zu werben?

Liebe Frau Abgeordnete Thelen, es ist tatsächlich so, die Landesregierung hätte diesen Weg nicht beschritten und diese – man darf das ohne Übertreibung sagen – historisch einmalige Chance den Pflegeangehörigen in einer Befragung, in einer Umfrage mit allen Berufsangehörigen, übrigens historisch auch bundesweit gesehen, zur Verfügung gestellt, wenn wir nicht grundsätzlich davon ausgingen, dass diese Pflegekammer ein gutes Instrument wäre.

Ergo haben wir uns auch engagiert, eben durch das, was ich geschildert habe, immer auch auf der Grundlage der Wahrnehmung, dass, wenn man davon ausgeht, dass die Berufsangehörigen, also die Betroffenen selbst, eine Entscheidung zu treffen haben, die Debatte über das Für und Wider einer Pflegekammer dann auch im Kreis der Berufsangehörigen und ihrer Verbände stattfinden soll. Insofern haben wir Veranstaltungen konzi

piert, eingeladen und zahlreiche Veranstaltungen durchgeführt, zu denen wir Kritiker, Befürworter und Fachleute eingeladen haben, das Für und Wider zu diskutieren.

Ich kann mich an eine Veranstaltung erinnern, die wir gerade vor wenigen Tagen hier in Mainz hatten. Ich glaube, es waren auch Mitglieder Ihrer CDU-Fraktion anwesend.

(Frau Thelen, CDU: Ja!)

Dann konnten Sie sich selbst ein Bild davon machen. Ich habe geschildert, dass wir ein umfangreiches OnlineAngebot haben, in dem nicht nur registriert werden kann, sondern auch alle Informationen zugänglich sind. Wir haben darüber hinaus, um unmittelbar in den Einrichtungen, in den Häusern, die Pflegekräfte zu erreichen, 80.000 Flyer – übrigens ganz hübsch gestaltet – auf den Weg gebracht, in denen ebenfalls alle Informationen enthalten sind. Ich denke – Frau Abgeordnete Thelen, das ist aber meine Bewertung –, das ist schon eine ordentliche Vorleistung, die eine Landesregierung auf den Weg gebracht hat, um eine solche Kammer, die sozusagen ein Instrument der Berufsangehörigen sein soll, auf den Weg zu bringen.

Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Anklam-Trapp.

Sehr geehrter Herr Staatsminister Schweitzer, seit mehr als zwei Jahrzehnten wird das Für und Wider einer Pflegekammer diskutiert. Was bewegte die Landesregierung, die Befragung zur Pflegekammer jetzt zu initiieren?

(Frau Thelen, CDU: Der Parteitagsbeschluss der CDU!)

Zunächst einmal die Debatte, die Sie beschrieben haben, liebe Frau Abgeordnete Anklam-Trapp, aber natürlich auch die Tatsache, dass wir im Bereich der Pflege eine, wie wir es empfinden, immer virulenter werdende Diskussion darüber haben, was dieser Gesellschaft die Pflege eigentlich wert ist. Alle reden vom demografischen Wandel. Alle wissen, wir brauchen auch in Zukunft gute Qualitätspflege, wir brauchen auch mehr Pflege, und wir brauchen auch gute Ausbildung in der Pflege. Es gibt – das ist kein Geheimnis, man muss es nicht verschweigen – natürlich auch innerhalb der medizinischen Berufe manche Diskussion, was die Wertigkeit der Pflege in den Krankenhäusern ist.

Wird denn insgesamt gesellschaftlich, auch medial, vor allem auf die, die im medizinischen Bereich tätig sind, auf die Ärzte und Ärztinnen, geschaut, oder wird auch auf die geschaut, die die Pflege machen und die, wie ich finde, ganz entscheidend zur Qualität der medizinischen und pflegerischen Versorgung beitragen?

Diese Diskussion hat bei den Berufsangehörigen dazu geführt, dass man gesagt hat: Wir brauchen eine stärkere Möglichkeit, uns gemeinsam zu artikulieren, ein Forum zu finden, das über die bisherigen Foren hinausgeht. – Da ist die Frage der Verkammerung immer wieder eine Diskussion gewesen.

Die Frau Ministerpräsidentin, die damalige Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie, hat gesagt: Dann müsst ihr auch selbst diese Entscheidung tragen, wenn sie wirklich eine tragfähige sein soll, und wir geben diese Befragung auf den Weg.

Ich glaube nach wie vor, es ist klüger, es nicht vom grünen Tisch der Landesregierung aus zu entscheiden, ob es eine Kammer geben soll, die übrigens immer auch dazu führt, dass sie in eine Pflichtmitgliedschaft führt, sondern man muss das dann auch den Angehörigen überlassen, sozusagen basisdemokratisch darüber zu entscheiden.

Genau in dieser Phase sind wir. Wir werden ein Ergebnis haben und haben dann die Möglichkeit, es gemeinsam zu bewerten.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Konrad.

Sehr geehrter Herr Minister Schweitzer, hat die Pflegekammer aus Ihrer Sicht einen Einfluss auf die künftige Versorgungsstruktur in Rheinland-Pfalz, und zwar angesichts dessen, dass im ländlichen Bereich die ärztliche Versorgung in vielen Regionen in der Zukunft gefährdet sein könnte und die Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen sich diesbezüglich weiterentwickeln muss?

Sollte es zur Einrichtung einer Pflegekammer kommen, würde ich mich sehr darüber freuen, wenn ein solches Ziel dann auch tatsächlich Ergebnis der Arbeit einer Pflegekammer wäre. Es ist genau die Zukunftsherausforderung, vor der wir stehen, dass wir gute pflegerische und medizinische Versorgung im ländlichen Raum auch in Zukunft gewährleisten können.

Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Thelen.

Sehr geehrter Herr Minister, ich gehe davon aus, dass Ihnen bekannt ist, dass ver.di die Einrichtung einer Pflegekammer durchaus kritisch sieht. Wie beurteilen Sie die Argumente, die ver.di in diesem Zusammenhang vorbringt?

Liebe Frau Abgeordnete Thelen, ich habe ausgeführt, dass die Landesregierung eine solche Entscheidung nicht vom grünen Tisch aus gefällt hat, sondern gesagt hat, wir haben eine intensive Diskussion innerhalb der Berufsverbände, der Pflegeangehörigen und auch der Gewerkschaft ver.di.

Diese Diskussion muss man nicht kritisieren. Das Gegenteil ist der Fall. Ich bin froh darüber, dass über die Pflege und die Zukunft der Pflege diskutiert wird. Es ist doch völlig selbstverständlich, dass auch die unterschiedlichen Facetten in dieser Diskussion zum Tragen kommen.

Insofern freue ich mich über jeden, der an dieser Diskussion teilnimmt, weil sie letztendlich die Aufmerksamkeit der Gesellschaft auf die Errichtung einer Pflegekammer richtet. Das ist genau das, was wir gemeinsam wollen.

Eine weitere Zusatzfragen der Frau Kollegin AnklamTrapp.

Wo wird die Tarifverhandlung im Bereich der Pflege angesiedelt?

Natürlich ist das eine Aufgabe, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gemeinsam zu organisieren haben. Das wird auch in Zukunft keine Aufgabe einer Kammer sein. Die Gewerkschaft ver.di wird eine Rolle spielen. Das ist eine Diskussion, die wir auch gestern in Bezug auf den Mindestlohn geführt haben.

Liebe Damen und Herren der CDU-Fraktion, auch da werden wir staatsfern bleiben. Auch da wird es in Zukunft Entscheidungen geben, die von den Tarifparteien getroffen werden.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Kollegen Konrad.

Herr Minister, halten Sie grundsätzlich das Nebeneinander von tariflich vertretenen Gewerkschaften und berufsständischen Kammern angesichts dessen für ein Problem, dass die Gewerkschaften im Gesundheitsbereich, gerade der Marburger Bund im Arztbereich, wo die Verkammerung seit Jahrzehnten bereits besteht, enorm

an Einfluss gewonnen haben und die Tarifparteien sehr viel mehr auf Augenhöhe als früher miteinander umgehen?

Herr Abgeordneter Konrad, ich halte es grundsätzlich nicht für ein Problem, wenn es im Bereich der Pflege und der medizinischen Versorgung sowie der Diskussion darüber, auf welcher wirtschaftlichen und persönlichen Grundlage Pflegeangehörige ihren Beruf verrichten, viele Impulse gibt. Ich bin ein großer Anhänger davon, dass Fragen der Besoldung, Versorgung und alle Fragen, die insgesamt in einen Tarifvertrag mit implementiert werden können, Part der Tarifparteien bleiben. Insofern kann es Impulse geben. Es wird aber in Zukunft nicht Aufgabe einer Kammer sein, das zu entscheiden und auszuhandeln.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Enders.

Herr Minister, wie bewerten Sie die vereinzelt geäußerten Befürchtungen, Kammerbeiträge, die zwangsläufig erhoben werden müssen, könnten für Teilzeitbeschäftigte oder geringfügig Beschäftigte zu hoch sein?

Herr Abgeordneter Dr. Enders, diese Befürchtung muss man nicht haben, weil die Konzeption derer, die die Pflegekammer jetzt in die Befragung gebracht haben, so aussieht, dass man Beiträge braucht, aber diese gestaffelt werden können.

Deshalb wird es immer so sein, dass jemand, der Berufseinsteigerin oder Berufseinsteiger, Berufsrückkehrerin oder Berufsrückkehrer oder teilzeitbeschäftigt ist, immer einen anderen Beitrag bezahlen wird als der oder die, die für die Pflege in einer Einrichtung insgesamt Verantwortung trägt. Diese soziale Staffelung wird immer auch Teil der Konzeption sein.

Eine weitere Zusatzfrage der Frau Kollegin AnklamTrapp. Danach möchte ich die Frageliste schließen.

Sehr geehrter Herr Minister, die Pflegekammer ist eine Verkammerung von angestellten Beschäftigten. Welche Aufgaben hätte, sollte es zu einer Pflegekammer kommen, die Pflegekammer für die Pflegenden in RheinlandPfalz?

Frau Abgeordnete Anklam-Trapp, zu den Aufgaben einer Pflegekammer gehören die Vertretung der Pflegeangehörigen, die Unterrichtung der allgemeinen Öffentlichkeit über das Berufsbild, die Konzeption der Berufsordnung, die Beibehaltung einer lebendigen Diskussion über Veränderungen in der Berufsordnung und die Unterstützung dabei, dass sich eine Ausbildung an neuen Erkenntnissen immer wieder neu ausrichtet. Wir sind gerade dabei, die Pflegeausbildungen zusammen in ein Berufsbild zu bringen.

Insgesamt kann man für eine Pflegekammer sagen: Wenn sie so konzipiert wird, wie es sich insbesondere viele Angehörige der Berufe wünschen, wird die Pflegekammer das Bild, das Gesicht und die Stimme der Pflegeberufe in Rheinland-Pfalz sein.

Obwohl Sie nicht danach gefragt haben, möchte ich es trotzdem sagen dürfen. Wir müssen davon ausgehen, dass eine solche Diskussion über die Pflegekammer, zumal wenn sich die Berufsangehörigen am Ende dafür positiv entscheiden, ein einschneidendes Erlebnis für die Berufsangehörigen in Deutschland sein wird.

Ich habe schon Gespräche mit Amtskollegen in anderen Ländern, und zwar auch mit dem saarländischen Kollegen, geführt, die sagen, wir beobachten genau, wie ihr es macht, weil wir ganz genau wissen, dass es, wenn das bei euch auf den Weg kommt, auch bei uns in den Ländern kein Halten mehr geben wird. Dann wird auch dort der Wunsch deutlicher werden, dass man eine solche Pflegekammer als Instrument zur Verfügung gestellt bekommt.

Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet.

(Beifall der SPD und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)