Protokoll der Sitzung vom 08.03.2013

Frau Kollegin Lemke und ich sind der Einladung des Betriebsrates und der örtlichen Gewerkschaft, der IGMetall, gerne gefolgt und sind zur Betriebsversammlung gekommen. Sie für das Wirtschaftsressort und ich für das Arbeitsressort haben angeboten, dass wir die Unternehmensleitung gern einladen und sie beraten, wie man den Standort Neuwied, der nicht nur ein traditions

reicher, sondern auch ein sehr innovativer Standort ist, zukünftig für Aufgabenfelder im innovativen Bereich transformieren kann.

Natürlich habe ich auch aus dem Arbeitsministerium heraus alle Möglichkeiten angeboten, die wir über die Arbeitsverwaltung haben.

Gleichwohl – so viel darf ich sagen – habe ich in der Betriebsversammlung deutlich gemacht, dass ich für den Standort Neuwied die Möglichkeiten der Arbeitsverwaltung noch gar nicht in Erwägung ziehe, sondern dass es das gemeinsame Anliegen der Landesregierung sowie der politisch Verantwortlichen vor Ort, insbesondere der kommunalen Verantwortungsträger, ist, den Standort Neuwied zu halten. Ich denke, dieser Kampf ist noch lange nicht verloren.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Demuth.

Herr Minister, haben Sie schon über Jahre hinweg Kontakt mit dem Standort Neuwied, und sind Sie eingebunden in die Entwicklung des Standorts? Wussten Sie von den Investitionen in Brasilien und Amerika? Gibt es einen Kontakt zu den dortigen Niederlassungen von ThyssenKrupp, oder ist das neu für Sie?

Frau Abgeordnete, nachdem Sie die Frage an mich persönlich richten, muss ich Ihnen sagen, dass ich erst seit wenigen Wochen im Amt bin und mich die Unternehmensleitung in diesen Wochen nicht in ihre Entscheidungen eingebunden hat.

Eine weitere Zusatzfrage von Frau Kollegin Thelen.

Sehr geehrter Herr Minister, ich denke aber doch, dass Ihnen bekannt ist, dass Ihr derzeitiger SPDSpitzenkandidat doch einige Jahre Mitglied im Aufsichtsrat war und von daher vielleicht doch Möglichkeiten bestehen, zumindest einmal zu versuchen nachzuvollziehen, welche Hintergründe solche Konzernentscheidungen haben, was im Übrigen nicht bedeutet, dass wir sie in irgendeiner Weise gutheißen. Meine Frage lautet: Welche Informationen gibt es vielleicht auch über diese Kontakte?

Ich würde gern noch eine zweite Frage hinterherschicken. Haben Sie vonseiten ThyssenKrupp schon irgendwelche Hinweise im Hinblick auf das in Neuwied angesiedelte Ausbildungszentrum erhalten, das für bei

de Standorte die Ausbildung hervorragend durchführt? Haben Sie schon Hinweise dazu erhalten, wie dessen Zukunft aussehen könnte?

Ich möchte der Ordnung halber sagen, bitte stellen Sie nur eine Frage. So haben Sie es selbst in der Geschäftsordnung geregelt. Aber Ihre Anciennität hat mich davon abgehalten, Sie zu unterbrechen.

Ich danke.

Bitte schön.

Frau Abgeordnete Thelen, ich bedauere ausdrücklich, dass Sie in diese Debatte, die vor Ort vor allem von Sorge getragen ist, eine Debatte hineinbringen, die vor Ort keiner verstehen könnte und die – liebe Frau Thelen, ich muss es Ihnen so deutlich sagen – nur parteipolitisch nachvollziehbar ist. Liebe Frau Thelen, Sie bringen damit den Kanzlerkandidaten der SPD in eine Standortentscheidung von ThyssenKrupp Steel in Neuwied.

(Frau Thelen, CDU: Herr Schweitzer, das ist die Realität, auch wenn sie unangenehm ist für Sie!)

Frau Thelen, ich will Ihnen sagen, das hat Herr Kollege Rüddel auch versucht. Es war eine nicht öffentliche Betriebsversammlung. Er war nicht dort, aber er hat es im Vorfeld versucht. Ich kann Ihnen aber auch aus einer nicht öffentlichen Betriebsversammlung so viel sagen, es hat Herrn Rüddel in der Region nicht gutgetan, dass er versucht hat, Peer Steinbrück in diese Sache mit hineinzubringen, wo doch jeder weiß, dass es um eine Unternehmensentscheidung geht, die vor Ort begründet sein muss und die eben nicht gut begründet ist. Das habe ich schon dargelegt.

(Frau Thelen, CDU: Aber die doch Teil einer Konzernstrategie ist, Herr Schweitzer!)

Liebe Frau Thelen, ich habe es in aller Zurückhaltung formuliert. Ich hätte es auch noch anders formulieren können. Es geht um Existenzen,

(Frau Thelen, CDU: Das ist richtig! Das ist traurig!)

und es geht um viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; denn wir reden nicht nur über die Menschen in Neuwied – ich habe versucht, dies deutlich zu machen –, sondern es besteht die Befürchtung, dass man sich innerhalb des Rasselstein-Konzerns, innerhalb des Standortes, der natürlich eng mit dem Konzern verflochten ist, sozusa

gen einen Virus einfängt, den sich die Konzernleitung in Brasilien und Nordamerika geholt hat, und dass dieser Virus von Neuwied auf Andernach überspringt, und damit reden wir von sehr vielen Existenzen und Familien. Ich denke, wir sollten gemeinsam eine gewisse Ernsthaftigkeit in der Debatte bewahren, aber so kenne ich Sie auch, Frau Thelen.

Zu der Ausbildungsstätte möchte ich sagen, auch dies ist eine Frage, die wir uns sehr genau anschauen. Wir werden über die bereits angekündigten Gespräche hinaus dort noch weitere Gespräche führen in Bezug auf die Frage, wie es dort in Sachen Ausbildung weitergehen wird, die letztendlich auch eine Ausbildung ist, die für den metallverarbeitenden Standort insgesamt dienlich sein könnte. Aber es ist völlig klar, dass weder innovative Entwicklungsprojekte am Standort noch die Ausbildung langfristig eine Zukunft haben, wenn der klassische Produktionsstandort verschwindet. Insofern muss dies der Hauptfokus unserer hoffentlich gemeinsamen Bemühungen sein.

Eine Zusatzfrage des Kollegen Steinbach.

Ich möchte die Frage des Kollegen Ruland aufgreifen. Herr Minister, würden Sie meiner Auffassung zustimmen, dass die Debatten bzw. die Probleme um die Schließung des Standortes nicht von endogenen Problemen ausgelöst werden, also keine Probleme der Standorte in der Bundesrepublik Deutschland bzw. in Rheinland-Pfalz darstellen, sondern Probleme des Konzerns und seiner Fehlentscheidungen sind?

Es ist ganz klar – dies hat auch die Unternehmensleitung gar nicht anders dargestellt –, dass man branchentypische Probleme, aber eben auch originär Thyssen- Krupp-Steel-Probleme hat. Ich habe versucht, dies mit Blick auf die Frage, wie man sich in Übersee in Investitionen begeben hat und wie gut kalkuliert sie waren, deutlich zu machen.

Ich möchte aber auch an das erinnern, was ich eingangs meiner Beantwortung der Fragen deutlich gemacht habe, dass wir nämlich momentan mit der Situation umzugehen haben, dass die Zahlen, die Daten und Kennziffern, die zu den angekündigten Entscheidungen führen, noch nicht wirklich transparent sind. Insofern möchte ich mich auch insgesamt abschließender und endgültiger Bewertungen durchaus enthalten. Ich sage nur gerichtet an die Unternehmensleitung von ThyssenKrupp Rasselstein, es wäre nun durchaus angezeigt, wenn nicht nur sozusagen einige im Unternehmen, sondern auch die allgemeine Öffentlichkeit wüsste, auf welcher Grundlage solche weitgehenden Entscheidungen getroffen werden. Dann kann man sicherlich auch über die Ursachen gemeinsam reden, die zu diesen Problemen geführt haben.

Eine weitere Zusatzfrage der Frau Kollegin Demuth.

Herr Minister, haben Sie bei Ihren Gesprächen vor Ort in Andernach und Neuwied eine Auskunft erhalten, wie lange der Entscheidungszeitraum ca. sein wird, bis im Werk eine Entscheidung gefallen ist?

Die Unternehmensleitung befindet sich zurzeit noch in internen Diskussionen. Das ist das, was man mir am Rande der Betriebsversammlung mitgeteilt hat. Insofern kann ich Ihnen den Zeitkorridor nicht abschließend nennen. Ich denke aber, dass es in den nächsten Wochen und Monaten dazu kommen wird, dass man sich gemeinsam aufstellt und dafür sorgt, dass die Entscheidung, sollte sie in die Richtung gehen, wie wir sie befürchten, wieder revidiert wird.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht mehr vor. Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Hedi Thelen und Adolf Kessel (CDU), Aktueller Stand der Einrichtung einer Pflegekammer – Nummer 6 der Drucksache 16/2086 – betreffend, auf.

Frau Thelen, ich gehe davon aus, Sie werden die Fragen vortragen. – Bitte schön!

Herr Präsident, wir fragen die Landesregierung:

1. Wie ist der aktuelle Stand des Befragungs- und Registrierungsverfahrens?

2. Wie erklärt die Landesregierung, dass erst jetzt das Befragungs- und Registrierungsverfahren für die Einrichtung einer Pflegekammer in Rheinland-Pfalz beginnt, wo doch bereits am 6. März 2012 laut epdGespräch mit der damaligen Ministerin Dreyer eine Umfrage unter den Pflegefachkräften in Vorbereitung gewesen sein sollte?

3. Aus welchen Gründen wurde der im März 2012 angekündigte Beginn des Gesetzgebungsverfahrens Ende 2012 oder Anfang 2013 nicht gehalten?

4. Inwieweit muss der im März 2012 genannte Zeitpunkt „Anfang 2014“ für den Beginn der Tätigkeit einer Pflegekammer in Rheinland-Pfalz korrigiert werden?

Für die Landesregierung antwortet Herr Sozialminister Schweitzer. – Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Hedi Thelen und Adolf Kessel beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Befragung der rheinland-pfälzischen Pflegekräfte und Auszubildenden in der Pflege zur möglichen Einrichtung einer Pflegekammer findet in einem zweiteiligen Verfahren statt. Zunächst wurde am 17. Dezember 2012 das Registrierungsverfahren gestartet, das bis zum 18. März 2013 durchgeführt wird. An der Befragung interessierte Pflegekräfte und Auszubildende können sich bei der zentralen Befragungs- und Registrierungsstelle melden und werden registriert.

Anhand dieser Registrierungen wird eine Datenbank erstellt, die als Grundlage für die eigentliche Befragung dient. Da die Kontaktdaten der Pflegekräfte nicht zentral erfasst vorliegen, ist dieses Verfahren notwendig.

Zentrales Instrument ist hierbei die Homepage www.pflegekammer-befragung-rlp.de der Befragungs- und Registrierungsstelle. Die Phase der eigentlichen Befragung begann am 1. März 2013 und wird am 25. März 2013 enden. Die Befragten können für oder gegen die Pflegekammer stimmen. Das Registrierungs- und Befragungsverfahren ist inzwischen angelaufen. Da möglichst viele Pflegekräfte die Möglichkeit haben sollen, an der Befragung teilzunehmen, wird die Landesregierung auch weiter dafür werben, dass sich alle Berufsangehörigen und Auszubildenden der Pflegeberufe registrieren lassen und ihre Meinung artikulieren.

Zu Frage 2: Die Befragung der Pflegekräfte und Auszubildenden zur möglichen Einrichtung einer Landespflegekammer ist ein Projekt, bei dem mit personenbezogenen, also sensiblen Daten gearbeitet werden muss. Daher war und ist es das Bestreben der Landesregierung, so wenig aufwendig wie möglich, aber so rechtssicher wie nötig zu agieren. Außerdem ist bei der gewählten Vorgehensweise jeder Schritt mit dem rheinlandpfälzischen Beauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit abgestimmt, sodass jede teilnehmende Pflegekraft mit Blick auf ihre Daten sicher sein kann.

Da zunächst geprüft wurde, ob die Einrichtung einer Landeskammer für Pflege- und Therapieberufe auf den Weg gebracht werden soll, wurden die entsprechenden Berufsverbände hierzu befragt. Die Berufsverbände der Pflege votierten einstimmig für die Einrichtung einer Landespflegekammer, während sich das Bild bei den Verbänden der therapeutischen Berufe differenzierter darstellte. Daraus folgte, dass die Berufsangehörigen und Auszubildenden in der Pflege in einem zweiten Schritt zu befragen waren, ob sie für oder gegen die Einrichtung einer Pflegekammer stimmen. Bei dieser

Personengruppe handelt es sich insgesamt um geschätzt 40.000 Menschen.

Wie bereits erläutert, liegen der Landesregierung die Kontaktdaten der zu befragenden rheinland-pfälzischen Berufsangehörigen in den Bereichen Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege, Krankenpflegehilfe, Altenpflege sowie der Altenpflegehilfe nicht vor, was das Vorhaben erschwert. Daher musste ein gestuftes Registrierungs- und Befragungsverfahren entwickelt werden, was in einem freihändigen Vergabeverfahren mündete.

Im Rahmen dieses Registrierungs- und Befragungsverfahrens müssen interessierte Pflegekräfte, die sich für die Befragung registrieren und an der Abstimmung teilnehmen wollen, nachweisen, dass sie potenzielle Mitglieder einer Pflegekammer in Rheinland-Pfalz sind. Sie müssen daher neben dem artikulierten Wunsch, sich für die Befragung registrieren zu lassen, eine Kopie der Berufsurkunde, eine Bestätigung des aktuellen Arbeitgebers sowie eine Erklärung der wahrheitsgemäßen Angaben an die Befragungs- und Registrierungsstelle senden. Die Bestätigung des Arbeitgebers entfällt für arbeitslose und nicht mehr berufstätige Pflegekräfte. Diese senden neben der Erklärung eine selbstverfasste Bestätigung, dass sie ohne feste Anstellung bzw. nicht mehr berufstätig sind.

Schülerinnen und Schüler bedürfen einer Bestätigung des jeweiligen Ausbildungsträgers sowie die Erklärung der wahrheitsgemäßen Angaben, um sich registrieren zu lassen. Die Pflegekräfte und Auszubildenden in der Pflege erhalten nach der erfolgreichen Registrierung ihre Befragungsunterlagen. Angeben können sie auf dem Fragebogen, ob sie für oder gegen die Einrichtung einer Pflegekammer in Rheinland-Pfalz sind. Der Fragebogen kann postalisch an die Befragungs- und Registrierungsstelle zurückgesendet werden. Zudem besteht aber auch die Möglichkeit der Online-Abstimmung auf der Homepage, die ich schon genannt habe. Der Auftraggeber, das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung, DIP, stand schließlich vor der Herausforderung, nicht zuletzt die technischen Voraussetzungen für das Registrierungs- und Befragungsverfahren bereitzustellen. Der gesamte Prozess hat dementsprechend Zeit in Anspruch genommen. Wie bereits in der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der CDU-Fraktion betreffend Pflegekammer dargestellt, wird die Befragung im ersten Quartal des Jahres 2013 durchgeführt und das Ergebnis anschließend ausgewertet.

Zu Frage 3: Zwei Punkte sind für den Beginn des Gesetzgebungsverfahrens relevant. Zum einen muss das Ergebnis der Befragung ein mehrheitliches positives Votum zur Verkammerung der Pflege ergeben. Das Ergebnis – ich habe es schon geschildert – werden wir Ende März haben. Darauf folgt die Einbeziehung der gesetzlichen Regelung zur Einrichtung einer Landespflegekammer in den Entwurf zur Novellierung des Heilberufsgesetzes. Die weitergehenden gesetzestechnischen Arbeiten können daher im Frühsommer des Jahres 2013 angegangen werden. Eine entsprechende Aussage zum Verlauf wurde bereits in der Antwort der Landesregierung auf die vorgenannte Große Anfrage der Fraktion der CDU getroffen.