Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Namen der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Steinbach wie folgt:
Zu Frage 1: Die Landesregierung hat zusammen mit den Ländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen die Einbringung eines Entschließungsantrages mit der Überschrift „Maßnahmen für mehr Steuergerechtigkeit und gegen Steuerbetrug“ beim Bundesrat beschlossen. Das heißt, die Kabinette dieser drei Länder haben das beschlossen. Im Bundesrat wird er am 3. Mai eingebracht und auch zur Abstimmung gestellt.
Darin wird unter anderem auch die Neuauflage einer sogenannten schwarzen Liste für Steueroasen befürwortet, in die vor allem jene Länder aufgenommen werden sollen, die zu keinem hinreichenden Informationsaustausch bereit sind. So etwas gab es bereits in den Zeiten vor 2009.
Es genügt aber nicht, letztlich nur den Steueroasensumpf zu markieren, also zu sagen, wo Steueroasen sind, sondern man muss ihn auch konsequent trockenlegen. Deshalb sieht der gemeinsame Entschließungsantrag eine ganze Reihe von weiteren Maßnahmen vor. Dazu gehört beispielsweise auch die in der Fragestellung angesprochene Verlängerung der Frist für die strafrechtliche Verfolgung von Steuerhinterziehungen einheitlich auf zehn Jahre. Bislang gilt eine zehnjährige Verjährungsfrist nur in besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung, während die übrigen Fälle innerhalb von fünf Jahren nach der Tatvollendung verjähren.
Zu Frage 2: Die EU arbeitet derzeit unter anderem an einer Richtlinie für eine gemeinsame konsolidierte körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage. Dieser Prozess wird von einer Bund/Länder-Arbeitsgruppe begleitet, an der auch Rheinland-Pfalz teilnimmt und beteiligt ist. Damit bewegt sich die EU grundsätzlich in die richtige Richtung.
In letzter Konsequenz bedarf es aber nicht nur einer Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen, also der Frage, was besteuert werden soll, sondern auch der Steuersätze und insgesamt einer Harmonisierung der Steuersysteme. Das ist für die Vorstellung nationalstaatlicher Steuerautonomie nicht ganz einfach, aber wenn man den Freiheitsgrad bei der Niederlassungsfreiheit für die Unternehmen hat, ist das wohl die notwendige Konsequenz innerhalb der Europäischen Union, wenn man praktisch keine kleinen Steueroasen innerhalb der EU bilden möchte.
Nur so lassen sich mittelfristig solche Steuergestaltungen innerhalb der EU vermeiden, die auf einem Belastungsgefälle infolge unterschiedlicher Besteuerungssysteme aufbauen.
Zu Frage 3: Die Landesregierung begrüßt die EUTransparenzrichtlinie. Die EU-Transparenzrichtlinie schafft Mindesttransparenzanforderungen für börsennotierte Gesellschaften. Die Richtlinie verbessert die Unterrichtung der Anleger über die Ergebnisse und die Finanzlage dieser Gesellschaften sowie über Änderungen größerer Beteiligungen. Dies erhöht den Anlegerschutz, dies stärkt das Vertrauen der Anleger, und das trägt zu einem besseren Funktionieren der europäischen Kapitalmärkte bei. Zugleich werden dem Fiskus wichtige Informationen zu grenzüberschreitenden Gewinn- und Steuertransfers vermittelt.
Zu Frage 4: Deutschland und die USA haben am 21. Februar 2013 ein Abkommen zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei grenzüberschreitenden Sachverhalten paraphiert. Das Abkommen lehnt sich an ein Abkommensmodell an, das die USA bereits mit Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien ausgehandelt hat. Es steht im Zusammenhang mit dem in der Fragestellung angesprochenen sogenannten FACTA-Abkommen der Vereinigten Staaten. Hiernach ist vorgesehen, dass Deutschland und die USA sich gegenseitig zu einem weitreichenden Informationsaustausch in Bezug auf Finanzinstitute und Kontendaten verpflichten. Das Abkommen zeigt, dass Deutschland auf dem Weg ist, den FACTA-Standard zu etablieren.
Ich möchte noch einmal auf den Aspekt der Steuergestaltungsmöglichkeiten eingehen. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, Steuergestaltungsmöglichkeiten beispielsweise über Lizenzgebühren, Lizenznutzungen und die Verwertung von Markenrechten bzw. über Managing Fees einzugrenzen bzw. zurückzudrängen?
Zunächst zum ersten Teil, nämlich zu der Frage, wie man Steuergestaltungsmöglichkeiten über Lizenzgebühren, das heißt über immaterielle Güter, einschränken kann. Das ist nicht ganz einfach. Während man bei materiellen Gütern einen klaren Preis, einen klaren Wert hat, den man ansetzt, besteht bei immateriellen Gütern eher eine Gestaltungsmöglichkeit und vor allen Dingen für die Finanzbehörden eine schwierigere Überprüfungsmöglichkeit.
Das Modell, das dahintersteht, ist klar. Jemand verlagert zu überteuerten Lizenzgebühren die Lizenzen auf seine Tochtergesellschaft in der Steueroase, produziert damit Kosten am heimischen Standort und damit tendenzielle Verluste und verlagert die Gewinne über die hohen Lizenzgebühren in die Steueroase.
Letzten Endes wird so etwas immer als Steuergestaltungsmöglichkeit übrig bleiben, solange es ein Steuersatzgefälle gibt. Deswegen halte ich es für notwendig, dass wir kritisch hinschauen, Informationen austauschen, viel Transparenz und Erklärungspflichten von denjenigen verlangen, die Preise für Lizenzgebühren festsetzen, damit dies überprüfbar ist. Aber es zeigt einmal mehr, dass der Kern für die Lösung des Problems darin besteht, dass man es schafft, Steueroasen auszutrocknen und dort, wo es keine Steueroasen, aber
Steuergefälle gibt, also innerhalb der Europäischen Union, versucht, die Gesetze zu vereinheitlichen.
In einer ähnlichen Art und Weise gilt das für die angesprochenen Management Fees. Da haben wir allerdings die Möglichkeit, innerstaatlich Regelungen zu treffen, damit theoretisch keine Scheinverluste produziert werden.
Es ist immer die Abwägung zwischen notwendiger unternehmerischer Freiheit, die man belassen sollte, weil sie Innovationen fördert, und auf der anderen Seite zwischen der Gefahr zu treffen, dass missbräuchliche Steuergestaltung stattfindet. Das ist kein einfacher Akt, aber es gibt viele Dinge, bei denen ist heute klar erkennbar, dass eher Reparaturbedarf besteht, als dass man ein größeres Laissez-faire zulassen muss.
Sehr geehrter Herr Finanzminister, können Sie vor dem Parlament ausschließen, dass Vertragspartner des Landes von grenzüberschreitenden Steuersparmodellen profitieren, und zwar auf Grundlage von Lücken, sogenannten Steuerschlupflöchern, in genau den Verträgen, die das Land mit ihnen geschlossen hat? Das heißt, dass sie Gelder, die sie auf der Grundlage der Verträge in Rheinland-Pfalz erwirtschaften, nicht hier versteuern, sondern irgendwo in der Welt.
Das kann ich natürlich nicht ausschließen, weil ich nicht alle Verträge kenne, die das Land Rheinland-Pfalz macht, und ehrlich gesagt gar nicht genau verstanden habe, auf welchen konkreten Fall Sie hinauswollen. Sagen Sie den einfach, dann kann ich Ihnen sagen, ob es den gibt. Wenn ich es nicht weiß, dann verspreche ich Ihnen, dass wir ihn überprüfen.
Herr Minister, teilen Sie die weit verbreitete Auffassung, dass entsprechende internationale Abkommen – in diesen Rahmen der internationalen Abkommen gehört sicherlich das Deutsch-Schweizer Abkommen als ein Mosaikstein dazu – zu den wirksamsten Mitteln zählen, Steueroasen auszutrocknen?
Ich habe gesagt, man muss, um zu einem Austrocknen der Steuersümpfe zu kommen, mit denen entweder vernünftige Vereinbarungen treffen. Das ist die andere Möglichkeit. Das ist bei den Steueroasen, insbesondere bei den kleinen Inseln, nicht so einfach. Freiwillig tun sie es nicht. Warum sollen die mit uns verhandeln? Oder man muss versuchen, einen hinreichend großen Druck auszuüben.
Da Sie auf das Deutsch-Schweitzer Steuerabkommen angespielt haben, da waren wir der Auffassung, dass das, was im Konsens offensichtlich nur zu erreichen war – wir können das nicht so genau beurteilen; wir haben nur partiell mit am Verhandlungstisch gesessen –, nicht das war, was ausgereicht hätte, um die Steuersümpfe auszutrocknen.
Ist es zutreffend, dass Schweizer Banken in den letzten Wochen vermehrt ihre Kunden auffordern, sozusagen die heimatliche Versteuerung zu belegen, da sie sonst beabsichtigen, die Geschäftsbeziehung abzubrechen, und dies damit begründen, dass in Deutschland aufgrund des Ankaufs von Steuer-CDs dies für ihr Modell in der Schweiz geschäftsschädigend wäre?
Ja, ich kann bestätigen, dass immer mehr Schweizer Banken sich so äußern. Man muss unumwunden sagen, das ist ein Fortschritt, das ist positiv, und das zeigt – nach meinem Empfinden; das ist ein subjektives Empfinden –, dass es auch in der Schweiz mittlerweile eine gesellschaftspolitische Debatte gibt, die eigentlich mehrheitlich in diese Richtung möchte. Es gibt – zugegebenermaßen – sicherlich eine starke Strömung, die sagt, es wäre uns lieber, wenn wir das selbst regeln würden und nicht irgendwie auf Druck der Bundesrepublik Deutschland.
Ich bin aber davon überzeugt, dass das eine Konsequenz des nicht unterzeichneten deutsch-schweizerischen Steuerabkommens ist. Ich glaube, dass diese Reaktionen, die in Erwartung eines automatischen Informationsaustausches kommen, und auch dieser gesellschaftliche oder wirtschaftspolitische Fortschritt in der Schweiz so nicht gewesen wären, wenn wir dem Abkommen zugestimmt hätten.
Das ist natürlich eine subjektive Bewertungsfrage, weil es das Abkommen nicht gibt und wir nicht wissen, was gewesen wäre, wenn.
Herr Staatsminister, noch einmal zurückkommend auf die Frage Steueroasen. Sie haben es mit dem schönen Bild des Trockenlegens des Sumpfes bezeichnet. Herr Kollege Dr. Weiland hat danach gefragt so nach dem Motto, über welche Strategie man geht, um zu Ergebnissen zu kommen.
Die konkrete Frage: Finden Sie es nicht bedenklich, dass gerade Partnerländer in der EU teilweise sehr aggressive Steuersparmodelle anbieten und die Steueroase damit keineswegs eine Südseeinsel mit Palmen, sondern teilweise eine Kanalinsel ist, wo bisweilen etwas raueres Klima herrscht? Wie geht man Ihrer Auffassung nach auf der europäischen Ebene in geeigneter Weise damit um?
Wie man im Einzelnen damit umgeht, weiß ich nicht, weil ich bei der Besprechung nicht dabei bin. Ich kann nur hoffen, dass die übrigen Finanzminister oder Regierungschefs auf Großbritannien einen entsprechenden Druck ausüben. Das gilt leider im Übrigen nicht nur für Großbritannien. Für Großbritannien gilt es als EU-Land. Aber es gilt auch für die USA.
Während die USA auf der einen Seite – wir nehmen uns das zum Teil politisch zum Vorbild – sehr stringent und sehr konsequent gegenüber beispielsweise Banken aus Ländern, in denen Steuerhinterziehung erleichtert wird, vorgehen – die USA sind relativ hart und deutlich gegenüber der Schweiz vorgegangen –, haben die USA gleichzeitig im eigenen Land, das heißt, im Staat Delaware, eine Steueroase.
Da muss man schon einmal die Frage stellen, ob sozusagen die Konkurrenten der eigenen Steueroase kaputt gemacht werden sollen oder die Steuermoral an erster Stelle eine Rolle spielt.
Sehr geehrter Herr Finanzminister, ich konkretisiere gerne meine Frage nach den Steuerschlupflöchern für Vertragspartner des Landes.
Wo zahlt beispielsweise der weltweite Formel-1Veranstalter seine Steuern auf die Erträge seiner verschiedenen Gesellschaften aus den Formel-1-Verträgen
mit dem Land bzw. dem Nürburgring? Hier, oder ist dem Land aufgrund der Vertragsgestaltung ein Schaden entstanden, oder wissen Sie es nicht?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können hier nicht nach den Steuerschulden und Zahlungen von Einzelnen im öffentlichen Bereich fragen. Das wissen Sie.
(Schreiner, CDU: Er hat um eine Konkretisierung gebeten! – Frau Klöckner, CDU: Der Minister hat darum gebeten!)