Protokoll der Sitzung vom 22.06.2011

(Bracht, CDU: Alles vergessen?)

Genau das haben wir vereinbart, das können Sie nachlesen.

(Bracht, CDU: Über den Haufen geworfen, mit der Koalition – – –)

Wir haben konkret Maßnahmen für Einsparungen, Effizienzsteigerungen und für bestimmte Einnahmeerhöhungen vereinbart. Das haben wir getan. Das haben wir in einer Art und Weise getan, wie es bislang in keinem anderen Bundesland der Fall gewesen ist. Wer ist in

allen Fällen dagegen? Das ist die CDU im Landtag, herzlich willkommen.

Sie sollten den Begriff „nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik“ wirklich nicht mehr in den Mund nehmen; denn davon verstehen Sie definitiv nichts, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Einhaltung der Schuldenbremse ist unser erklärtes politisches Ziel. Wir werden alles tun, das zu erreichen. Wir sind es nicht allein, die das erreichen können; denn die amtierende Bundesregierung macht es den Bundesländern nicht gerade leicht, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen. Allein das Wachstumsbeschleunigungsgesetz – Frau Klöckner, hören Sie sich das an, es ist wahr – schlägt eine Schneise von 200 Millionen Euro pro Jahr in die Haushalte der Kommunen und des Landes Rheinland-Pfalz.

Meine Damen und Herren von der CDU, wenn Ihnen die Konsolidierung des Haushaltes so wichtig ist, wie Sie in Ihrem Antrag behaupten, dann würden Sie in Berlin nicht ständig wildgewordene Steuersenkungsdebatten führen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das sind Steuersenkungen auf Pump, die vor allen Dingen den Vermögenden und Besserverdienenden zugute- kommen. Das ist keine nachhaltige Haushaltspolitik in Berlin und nicht in Rheinland-Pfalz, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Frau Klöckner, ich nehme Sie ein zweites Mal beim Wort. Sie haben in Ihrer Erwiderung zur Regierungserklärung des Ministerpräsidenten angekündigt, dass Sie dieser Landesregierung für eine nachhaltige Haushaltspolitik die Hand reichen und die Schuldenbremse einhalten wollen. Da nehme ich Sie beim Wort. Wenn das so ist, dann stellen Sie – das hat Herr Hering schon gesagt – Ihre politischen Vorstellungen von Einsparungen, Effizienzsteigerungen und möglicherweise Einnahmeerhöhungen hier zur Disposition und zur Debatte. Wirken Sie auf Ihre Parteifreundinnen und -freunde ein, damit nicht ständig finanzielle Lasten von Berlin aus auf die Länder verlagert werden.

Beteiligen Sie sich in diesem Haus an einer sachlichen Debatte, wie man dieses Ziel erreichen kann. Das können Sie tun, wenn es Zeit ist. Das ist dann der Fall, wenn die Einbringung des Haushaltes 2012/2013 ansteht. Sie können dann Ihre gut vorbereiteten Vorschläge zur Disposition stellen. Wir werden darüber reden. Es reicht aber nicht mehr, nur die Lippen zu spitzen oder zu schürzen, meine Damen und Herren von der CDU, dann müssen Sie pfeifen. Wir werden Sie beim Wort nehmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Versuchen Sie bitte nicht wieder, mit Ihrer Form der kreativen Buchführung und Einmaleffekten die Menschen an der Nase herumzuführen.

(Frau Klöckner, CDU: Hat Ise Thomas auch immer gesagt!)

Das werden wir Ihnen bei den Haushaltsberatungen garantiert nicht mehr durchgehen lassen.

(Baldauf, CDU: Hat Ihnen Frau Thomas die Rede geschrieben?)

Es ist schön, dass sich die Haushaltspolitiker der CDU an Frau Thomas erinnern müssen!

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Wenn Ihnen daran gelegen ist, dass wir in diesem Land die Lücke zwischen den Ausgaben und den Einnahmen schrittweise schließen, dann lassen Sie uns den ersten Schritt dazu im Jahr 2011 tun, indem wir die erwartbaren Steuermehreinnahmen zur Senkung der Nettokreditaufnahme verwenden. Genau dafür bedarf es keines Nachtragshaushaltes. Deshalb ist Ihr Antrag substanzlos, irreführend sowie in der Sache unbegründet. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab. Das sage ich aus voller Überzeugung.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich erteile Herrn Kollegen Schreiner das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat in der 15. Wahlperiode im Rahmen der Haushaltsberatungen für 2011 eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes postuliert. Die CDU-Fraktion hat dies bereits seinerzeit bestritten. Die wirtschaftliche Entwicklung des ersten Halbjahres 2011 gibt uns recht. Die CDU hat recht gehabt. Deutschland ist sehr gut aus der Krise gekommen, sogar am besten, wenn man die Länder in Europa oder uns mit den Nachbarn vergleicht.

Die Entscheidungen der Regierungen Merkel – nicht nur die aktuelle Regierung, ich nehme auch die vorigen Regierungen Merkel mit ins Boot – zur Bewältigung der Krise waren richtig und weitsichtig.

(Beifall bei der CDU)

Die Menschen in Rheinland-Pfalz profitieren durch sichere Arbeitsplätze. Unsere Staatskasse profitiert durch sprudelnde Steuereinnahmen. Das aktuelle Steueraufkommen im Mai, das angesprochen worden ist, liegt um 20 % über dem Vorjahresmonat. Wenn man das gesam

te Jahr betrachtet, so haben wir etwa 10 % mehr zu erwarten. Eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes liegt nicht vor.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Damit liegt die verfassungsgemäße Obergrenze der Nettokreditaufnahme in diesem Land bei 1,2 Milliarden Euro bzw. 800 Millionen Euro. Das ist der Betrag der eigenfinanzierten Investitionen. Die Schulden dürfen die Investitionen nicht übersteigen. Ich differenziere ausdrücklich, der Betrag von 1,2 Milliarden Euro ist inklusive der Zuführungen an den Pensionsfonds. Der andere Betrag ist ohne die Zuführungen an den Pensionsfonds, weil – das zeigt der Bericht des Rechnungshofes – wir erhebliche rechtliche Bedenken haben müssen, ob die Pensionsfondszuweisungen als Investition richtig definiert sind.

Damit übersteigt die Nettokreditaufnahme – das ist wichtig – trotz der bereits eingerechneten Steuermehreinnahmen die verfassungsmäßige Grenze um 300 Millionen Euro bzw. 700 Millionen Euro. Der Haushalt 2011 ist verfassungswidrig.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung ist aufgefordert, unverzüglich – es ist erst ein Halbjahr vorbei – einen Nachtrag vorzulegen.

Herr Kollege Hering, Sie kennen die Verfassung nicht. Es ist die Aufgabe der Regierung, einen Haushalt vorzulegen. Das Parlament kann den Fehler eines verfassungswidrigen Haushaltes nicht heilen. Die Regierung muss mehr tun als einen Nachtrag vorlegen. Sie muss bis zum Beschluss eines Nachtrages geeignete Maßnahmen der Haushaltsbewirtschaftung ergreifen, um die Ausgaben zu begrenzen.

(Beifall bei der CDU)

Schulden sind nie eine gute Idee. Mit Geld aus der Zukunft kann man die Gegenwart nicht gestalten. Deshalb hat die CDU-Landtagsfraktion bei den letzten Haushaltsberatungen entsprechende Einsparvorschläge gemacht.

(Hering, SPD: Welche denn? – Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD – Weitere Zurufe von der SPD)

Unbeschadet dessen, dass keine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes vorliegt, ist der Haushalt 2011 allein schon deshalb verfassungswidrig, weil es die Landesregierung der 15. Legislaturperiode versäumt hat, die von ihr unterstellte Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes hinreichend zu begründen und darzulegen, inwiefern die Ausgabeermächtigungen des Haushaltes 2011 ausreichend und geeignet sind, einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes entgegenzuwirken.

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die einschlägige Rechtsprechung, zuletzt vom 15. März dieses Jahres. Der Verfassungsgerichtshof Nordrhein-West

falen hat den dortigen Haushalt für verfassungswidrig erklärt und für recht erkannt – ich zitiere –: „Die Störungslage muss ernsthaft und nachhaltig sein oder als solche unmittelbare drohen.“

„Die erhöhte Kreditaufnahme muss außerdem zur Störungsabwehr geeignet und final darauf bezogen sein.“

Ich wiederhole das noch einmal – ein wörtliches Zitat aus dem Urteil –: „Es reicht nicht aus, dass eine erhöhte Kreditaufnahme durch eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts veranlasst ist, sie muss darüber hinaus final auf die Abwehr dieser Störung bezogen sein. (…) Nimmt er“ – der Haushaltsgesetzgeber – „die Ausnahmebefugnis in Anspruch, so trifft ihn die Darlegungslast für die Erfüllung dieser Voraussetzungen.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das mag sehr technisch klingen, aber wir stehen am Beginn einer neuen Wahlperiode. Viele Kollegen sind neu in Verantwortung. Nutzen wir die Chance für einen Neuanfang. Ein Neuanfang bedeutet einen Nachtrag, der die Rechtsmängel des Haushalts 2011 beseitigt und die Steuermehreinnahmen sichert; denn – mit Verlaub – wir als CDU-Fraktion haben unsere Erfahrungen mit den Versprechungen der SPD-geführten Landesregierung

(Beifall der CDU)

und einen Nachtrag, der seinen Beitrag dafür leistet. Wir sind dafür gewählt, dass unsere Kinder und Enkel auch noch die erforderlichen Gestaltungsspielräume haben.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Wansch das Wort.

(Frau Klöckner: Herr Kühl, sprechen Sie am Schluss? – Staatsminister Dr. Kühl: Herr Schreiner wollte mich nicht vorlassen! – Frau Klöckner, CDU: Das stimmt überhaupt nicht!)