Protokoll der Sitzung vom 20.02.2014

Wir haben eine hervorragende Konjunktur. Wir haben historisch niedrige Zinsen und überbordende Steuermehreinnahmen, und zwar 850 Millionen Euro in 2012 und nach dem vorläufigen Haushaltsergebnis für 2013 500 Millionen Euro.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind nicht die Steuereinnahmen, sondern die Mehreinnahmen über die Ansätze, die die Landesregierung ohnehin schon mehr im Haushalt gebucht hat.

(Beifall bei der CDU)

Trotzdem reicht das Geld, das die Rheinland-Pfälzer und Rheinland-Pfälzerinnen dieser Landesregierung zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung stellen, dieser Landesregierung nicht aus; denn trotzdem wird in 2012 eine Neuverschuldung von 1 Milliarde Euro produziert, und auch nach dem vorläufigen Ergebnis von 2013, das eben hier so hochgelobt worden ist, eine Verschuldung von 700 Millionen Euro, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Jetzt hat es der Landesfinanzminister nicht so gerne, wenn wir von Neuverschuldung reden. Er hat es auch nicht so gerne, wenn wir die nackten Zahlen dieser Neu

verschuldung nennen. Er bevorzugt den Begriff strukturelles Defizit.

(Staatsminister Dr. Kühl: Verfassung!)

Jetzt muss man in die Verfassung hineinschauen.

Verfassung war der Zwischenruf von der Regierungsbank. Manchmal sind die Zwischenrufe sogar hilfreich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man in die Verfassung, Artikel 117, hineinschaut, dann heißt es da, bei der Einhaltung der Schuldenbremse muss der Haushalt ohne neue Schulden ausgeglichen werden.

(Beifall der CDU)

In der Verfassung werden drei Ausnahmen ausdrücklich und abschließend zugelassen, und zwar für den Fall einer schlechten konjunkturellen Ausnahmelage dürfen vorübergehend Schulden gemacht werden, für die Begleichung der Kosten, die durch Naturkatastrophen entstehen, dürfen vorübergehend neue Schulden gemacht werden und für den Fall, dass es zu Steuermindereinnahmen aufgrund bundesgesetzlicher oder europagesetzlicher Regelungen kommt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Frau Klöckner, CDU: Haben wir auch nicht!)

Nichts von dem besteht im Land Rheinland-Pfalz.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, ich komme zum Schluss.

Ich werde gleich auf das strukturelle Defizit und die kreative Interpretation des Herrn Landesfinanzministers noch näher eingehen.

(Beifall der CDU)

Herr Kollege Wansch hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Frage Neuverschuldung der Länder hat Herr Finanzminister Dr. Kühl in der Beantwortung der Mündlichen Anfrage Nummer 2 eindrucksvoll dargelegt, dass es nicht ein einfaches Ja oder Nein bei der Beurteilung gibt, wie ein Haushalt mit einem anderen Haushalt verglichen werden kann, sondern man immer auch die Frage stellen muss, wie ein solcher Haushalt aufgebaut ist, welche Besonderheiten zu verzeichnen sind und wie sich das auswirkt.

Wir haben das Beispiel Pensionsfonds. Bei anderen Ländern ist keinerlei Berücksichtigung zu verzeichnen, bzw. man erhofft sich eine Haushaltsverbesserung, indem man Pensionsfonds auflöst. Das ist sicherlich

nichts, was mit einer seriösen Haushaltspolitik vereinbar ist.

(Vizepräsident Dr. Braun übernimmt den Vorsitz)

Vor dem Hintergrund der Entwicklung des Haushalts 2013 und der damit verbundenen Neuverschuldung gestatten Sie, Herr Kollege Dr. Weiland, doch sicherlich einen Blick in die Veröffentlichung des Rechnungshofs, nachdem Sie diese so umfangreich zitiert haben.

An die Pressemeldung des Rechnungshofs waren verschiedene Diagramme angehängt. Dort ist die laufende Rechnung aufgeführt, also das, was an laufenden Ausgaben in Rheinland-Pfalz zu verzeichnen ist. Darunter ist ausgeführt – ich darf zitieren –: Lediglich in den Jahren 2007, 2008, 2012 und 2013 wurden Überschüsse erzielt. – Na ja, meine Anmerkung zu diesem Zitat, „lediglich“ hätte ich mir als Formulierung sparen können. Aber gut. Ich darf im Zitat fortfahren: „Im Übrigen ergaben sich Fehlbeträge. Für den Planungszeitraum bis 2018 erwartet die Landesregierung ab 2015 gering steigende Überschüsse.“ Ende des Zitats.

Letztlich wird deutlich, dass die Planungen der Landesregierung für die künftigen Jahre nicht einfach in den Himmel schießen, sondern es wird klar, nach klaren Aussagen der Vergangenheit und dem abgeschlossenen Haushaltsjahr 2013 wird verlässlich mit geringen Überschüssen geplant, das heißt, wenn wir die Ausführungen des Finanzministers hinsichtlich der Steuerentwicklung und der Veranschlagungen sehen, kann man sagen, er hat seriös geplant und eine Finanzplanung seriös aufgestellt.

Herr Dr. Weiland, übrigens – wie dargestellt – wurden Steuermehreinnahmen nicht einfach im Haushalt „verfrühstückt“, sondern klar dazu genutzt, die Kreditaufnahme zurückzufahren.

Das alles ist sicherlich nicht Anlass zu sagen, jawohl, wir sind über den Berg, jawohl, das ist eine Jubelmeldung, Rheinland-Pfalz hat es gepackt, es ist aber mit Sicherheit eine Feststellung, dass Rheinland-Pfalz mit einer seriösen Haushaltspolitik genau auf dem Weg ist, die Aufgaben der Zukunft weiter bewältigen zu können. Die Risiken wurden im Jahr 2013 reduziert.

Im Vergleich mit anderen Bundesländern wurde zahlreiche aus dem Osten unseres Landes zitiert, die erfolgreich Haushaltspolitik machen. Da stellt sich für uns die Frage, wieso und warum. Das hat etwas mit dem BundLänder-Finanzausgleich zu tun, das heißt, es werden Gelder zur Verfügung gestellt, damit die Haushalte dort ausgeglichen werden können. 2013 ist erstmals das Jahr, in dem Rheinland-Pfalz im Vergleich zu den Vorjahren zum Zahler wird. Das heißt, auch wir tragen dazu bei, dass andere Bundesländer ihre Verschuldung deutlich günstiger gestalten können. Das ist bei der Entwicklung des Haushalts 2013 hinsichtlich der Neuverschuldung zu berücksichtigen.

(Glocke des Präsidenten)

Vor diesem Hintergrund ist die Neuverschuldung für das Jahr 2013 sicher keine Jubelmeldung, aber es ist eine

Entwicklung, die sich seriös darstellen lässt.

(Glocke des Präsidenten)

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Steinbach das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist mit dieser Mündlichen Anfrage der CDU schwierig, weil der große Theologe und Philosoph Søren Kierkegaard irgendwann einmal gesagt hat, das Vergleichen ist der Anfang vom Unglück. Das ist ein bisschen genau das Unglück, in das Sie sich verrannt haben.

Meine Damen und Herren, Sie haben versucht, über einen Vergleich ein Bild über die Schlechtigkeit der Welt und insbesondere des Zustands in Rheinland-Pfalz zu projizieren und gedacht, dazu schaffen Sie irgendwo Referenzgrößen, weil es anderswo so toll läuft, nur hier läuft es schlecht.

Der Finanzminister hat in der Beantwortung der Anfrage vollkommen zu Recht darauf hingewiesen, dass diesem Vergleichen gewisse Grenzen gesetzt sind, weil es in den Länderhaushalten gewisse Eigenentwicklungen gibt. Die Punkte sind benannt, beispielsweise die Landesbetriebe, aber auch der Beamtenpensionsfonds. Wir werden nachher noch darauf zu sprechen kommen. Diese relativieren dies ein bisschen. Das muss man dann einordnen.

Meine Damen und Herren von der CDU, Ihre Absicht ist aber deutlich erkennbar. Sie wollen mit dieser Mündlichen Anfrage und der Aussprache dazu ein Zerrbild projizieren, Horrorgemälde an die Wand malen, und Sie haben den Bericht des Landesrechnungshofs von dieser Woche, die Pressekonferenz, zum Anlass genommen zu sagen, da setzen wir uns noch einmal drauf und verstärken das ein bisschen, das kann für die Landesregierung auf keinen Fall gut ausgehen. Jedoch, wenn man es genau betrachtet, vermag es Ihnen nicht so recht gelingen.

Jetzt wollen wir mit dem Vergleichen anfangen. Ich hatte den Finanzminister gefragt, wie es der Bund im Jahr 2013 macht, wie das so aussieht. Dann hat er das über die Kreditfinanzierungsquote dargestellt.

Ich will Ihnen das noch einmal anhand der Zahlen der Nettokreditaufnahme nennen. Der Bund hatte in seinem Plan für das Jahr 2013 eine Nettokreditaufnahme – die mögen Sie ja so gerne, dann nenne ich sie Ihnen auch – von 25 Milliarden Euro. Das war der Plan des Bundes.

Bei all diesen hervorragend sprudelnden Steuereinnahmen dieser Superwirtschaftslage: Wo kommt der Bund

heraus? – Bei 22 Milliarden Euro. Gegenüber dem Plan bedeutet das einen Abbau von gerade einmal 3 Milliarden Euro.

Jetzt kommen Sie und sagen, Landesfinanzminister, du hättest mehr sparen können, hier läuft der Haushalt richtig schlecht. Meine Damen und Herren, glatt danebengeschossen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Gleiche gilt für den Aufbau von Schuldenständen. Jetzt haben Sie sich des Rechnungshofs bedient, noch ein bisschen extrapoliert und in die Länge geschrieben und haben von einer Verdoppelung gesprochen.

Sie beziehen das gerne auf den Zeitraum, als die Sozialdemokraten regiert haben, die nicht mit Geld umgehen könnten. Ich nenne Ihnen eine schlichte Vergleichszahl: Frau Dr. Angela Merkel hat in ihrer Regierungszeit als Kanzlerin den Schuldenstand der Bundesrepublik Deutschland um 700 Milliarden Euro erhöht. Meine Damen und Herren, das ist Rekordleistung, das ist CDU, und das ist CDU-Haushalts- und -Finanzpolitik.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Heiterkeit des Abg. Fuhr, SPD)

Herr Kollege Schreiner hat argumentiert, die Haushaltssituation in Hessen sei so gut, sie würden anfangen zurückzuzahlen. Man kann es nicht erkennen, aber ich verweise auf den Bericht des Bundesfinanzministeriums zum Stichwort strukturelles Defizit der Länderhaushalte. Wenn Sie mir jetzt noch einmal erklären könnten, wie man mit einem strukturellen Defizit von knapp Minus 200 Euro pro Einwohner anfangen kann, Schulden zu tilgen, dann machen Sie mich doch bitte ein wenig schlauer, mein lieber Herr Schreiner. Auch das ist ein völlig ungeeigneter Vergleich.