Protokoll der Sitzung vom 28.01.2015

das nicht, dass das ein Argument wäre, keine Vorratsdatenspeicherung einzuführen.

Ganz im Gegenteil, die Vorratsdatenspeicherung kann dabei helfen, zeitnah Attentäter zu finden, nach ihnen zu fahnden und vor allem weitere von diesen Personen ausgehende Gefahren einzudämmen und zu verhindern. Das ist der Punkt. Das ist in Frankreich erfolgreich gelungen, weil man die Attentäter sehr schnell dingfest gemacht hatte.

(Beifall der CDU – Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Auch die Verbindungen zu anderen Attentaten können gezogen werden, wie zum Beispiel in Belgien, wo letztendlich ganze Kausalzusammenhänge mit dieser Vorratsdatenspeicherung möglich waren.

(Pörksen, SPD: Löst es doch in Berlin!)

Herr Pörksen, Sie können gleich an das Rednerpult gehen. Lassen Sie mich einfach einmal meine Ausführungen zu Ende bringen.

Terroranschläge werden leider – das ist dieser Sachzusammenhang aus der Erfahrung der letzten Jahre und der letzten Zeit – meistens bedauerlicherweise als ganze Serie verübt und oftmals auch an verschiedenen Orten. Insofern kann es hilfreich sein, dass man Kausalketten entsprechend erkennen kann.

Gerade das Instrument wie die Vorratsdatenspeicherung ermöglicht es auch, die Strukturen (Mittäter usw.) schnell zu erkennen. Aus diesem Grund haben sich Sicherheitsbehörden, wie beispielsweise auch der Präsident des BKA, für eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung unter strengen Auflagen – das muss man immer wieder betonen – ausgesprochen.

Wir müssen bei dieser Diskussion im Blick haben, dass eine Vorratsdatenspeicherung nicht nur im Kampf gegen den internationalen Terrorismus hilfreich sein kann. Sie kann auch bei anderen gravierenden und schlimmen Straftaten hilfreich sein, beispielsweise bei Straftaten im Sexualstrafbereich. Auch hier kann man einiges unternehmen.

So können beispielsweise gerade in Fällen der Kinderpornografie die Speicherungen von Verbindungsdaten beispielsweise für die Ermittlung von etwaigen Hintermännern oder Gehilfen, Lieferanten von Schutzwaffen usw. durchaus Erhebliches erleichtern und verkürzen. Hier hat man die Möglichkeit, tätig zu werden. Schauen wir einmal, wie letztendlich derzeit die Diskussion ist. Wir haben durchaus positive Signale empfangen.

Herr Minister Lewentz, Sie haben deshalb völlig zu Recht – das will ich deutlich sagen – darauf hingewiesen, dass aus den von mir genannten Gründen offen – so haben Sie es ausgeführt – über eine europaweite und verfassungskonforme Vorratsdatenspeicherung diskutiert werden muss. Das ist völlig richtig.

Sie haben in einer weiteren Pressemitteilung am 11. Januar dieses Jahres mitgeteilt, es ist kein Geheim

nis, dass die Innenministerkonferenz dieses Instrument in der Vergangenheit immer gefordert hat. Die Vorratsdatenspeicherung ist kein Allheilmittel, kann aber helfen, Ermittlungsansätze zu liefern, die sowohl für die Gefahrenabwehr als auch für die Strafverfolgung wichtige Erkenntnisse bringen. Diese Position können wir als CDU voll unterstreichen. Da haben Sie uns an Ihrer Seite.

(Beifall der CDU)

Auf Ihrer und unserer Seite stehen auch auf der Bundesebene die CDU-Bundestagsfraktion, aber auch der Bundesvorsitzende Ihrer Partei, Sigmar Gabriel, der in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 15. Januar 2015 erklärt hat, dass Beschlüsse Ihres Bundesparteitages und Ihrer Bundestagsfraktion klar beschrieben haben, unter welchen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen die Vorratsdatenspeicherung ein geeignetes und verhältnismäßiges Instrument zur Strafverfolgung sein kann. Dazu gibt es nicht mehr viel hinzuzufügen. Herr Gabriel hat recht.

(Beifall der CDU)

Herr Minister, wir haben im Grunde genommen keinen großen Dissens. Das ist eine gute Möglichkeit. Nach den vielen Worten gilt es aber, letztendlich Taten folgen zu lassen. Die CDU begrüßt es daher, dass Sie und wir natürlich auch über die Notwendigkeit einer in engen Grenzen einzuführenden Vorratsdatenspeicherung sprechen. Das ist ein Baustein in einem umfassenden Sicherheitskonzept in unserem Land. Wir werden Ihnen morgen noch ein paar weitere Beispiele nennen.

(Beifall der CDU)

Ich möchte noch eines sagen. Bei der Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung wird immer angeführt, dass man zunächst auf ein Signal aus Brüssel warten will.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, so wichtig es auch ist, auf Dauer eine gesamteuropäische Linie hinsichtlich dieser Frage zu finden, müssen wir jetzt auf nationaler Ebene die Maßnahmen umsetzen, damit wir Sicherheit in unserem Land haben. Das ist wichtig.

(Beifall der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, den Rechtsrahmen hat der Europäische Gerichtshof im vergangenen Jahr durch ein Urteil klar bestätigt, und auch das Bundesverfassungsgericht hat dies in seinem Urteil bereits am 2. März 2010 entsprechend vorgegeben, und daran muss man sich selbstverständlich messen lassen. Das sind Rahmenbedingungen, und es müssen gewisse Fristen eingehalten werden. Dazu sind zum Teil auch richterliche Beschlüsse notwendig, und dieses Mittel darf nur bei bestimmten Gefahrenlagen eingesetzt werden; aber es ist ein wichtiges Mittel, und deswegen müssen wir es auch zeitnah und entschlossen umsetzen und dürfen es nicht wieder auf die lange Bank schieben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Frau Ministerpräsidentin, ich muss sagen, ich hätte mir gerade aus diesem Hause ein etwas stärkeres Signal

auch von Ihnen gewünscht. Ich hätte erwartet, dass Sie nicht wieder nur sagen: Wir warten wieder einmal ab, was die Bundesebene tut. Dazu hätte ich mir eine klare Linie von Ihnen gewünscht, indem Sie sagen, ob Sie nun für die Vorratsdatenspeicherung sind oder nicht. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie einmal eine klare Aussage tätigen und klare Kante zeigen.

(Beifall der CDU)

Aber das ist leider nicht erfolgt, sondern wieder einmal nur eine gummimäßige Herumeierei. – Sorry!

Bei der Gewährleistung der Inneren Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger müssen geeignete Maßnahmen zeitnah umgesetzt werden. Wir sehen dazu insbesondere die Vorratsdatenspeicherung als ein sehr geeignetes Mittel an. Herr Minister Lewentz ist derzeit Vorsitzender der Innenministerkonferenz.

Herr Minister, wir würden Sie darin unterstützen, und es wäre ein sehr gutes Signal, wenn der Vorsitzende der Innenministerkonferenz dies demnächst auch entsprechend verkünden würde. Sie haben uns an Ihrer Seite; Sie wissen, die anderen Minister sehen diesen Punkt ebenfalls, und vor diesem Hintergrund wäre es schön, wenn unser Antrag Zustimmung finden würde.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Kollege Schwarz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Als ich in der vorläufigen Tagesordnung zur heutigen Plenarsitzung las, dass ein Antrag zum Thema Verbrechensbekämpfung von der CDU eingebracht werden soll, war ich wirklich in positiver Erwartung; denn für alle Bürgerinnen und Bürger, für die Polizei, aber auch für uns Politiker ist das sicherlich ein ganz elementares Thema. Doch als Ihr heutiger Antrag dann vorlag, trat sofort Ernüchterung ein, und meine ganzen optimistischen Erwartungen platzten wie eine Seifenblase.

Ihr Antrag reduzierte sich – wer hätte es eigentlich auch anders erwarten können – auf das Thema Vorratsdatenspeicherung, wieder ein Mäntelchen um ein Thema, um nicht die Katze aus dem Sack zu lassen, so wie vorhin bei der Aktuellen Stunde.

Nur, dass es von vornherein klar ist: Die Vorratsdatenspeicherung ist sicherlich ein wichtiges Thema; doch mit Blick auf Ihren Antrag stellt sich die Frage: Geht es Ihnen wirklich um eine sachliche Auseinandersetzung mit dieser Problematik, oder wollen Sie nur die aktuelle Sicherheitslage nach den fürchterlichen Morden in Paris

und die damit verbundene emotionale Betroffenheit der Menschen ausnutzen?

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Oh!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle kennen den Sachstand der aktuellen Diskussionen um die Vorratsdatenspeicherung. Ich will trotzdem kurz darauf eingehen; denn seit zehn Jahren diskutieren wir über dieses Thema, und dabei geht es um etwas sehr Wichtiges, nämlich um das richtige Verhältnis von Freiheit und Sicherheit.

Bereits 2010 wurde die bisherige bundesgesetzliche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts als nichtig erklärt. 2014 hat der EuGH durch sein Urteil auch die europäische Richtlinie dazu außer Kraft gesetzt.

(Baldauf, CDU: Aber sie haben es nicht grund- sätzlich abgelehnt, Herr Kollege!)

Beide Urteile sind in der Begründung fast identisch. Beide Urteile bestätigen aber – darin gebe ich Ihnen recht –, dass grundsätzlich eine Speicherung von Telefonverbindungs- und Internetdaten zulässig ist. Die Urteile sagen aber auch deutlich, dass die Hürden dazu entsprechend hoch sein müssen, und diese Hürden müssen sich an der Schwere der Straftat bzw. an einer besonderen Gefahrenlage orientieren und auch daran, wer zu diesem Grundrechtseingriff ermächtigen kann, Stichwort Richtervorbehalt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Bund wartet auf die Neufassung einer europaweiten Regelung, und die Bundesländer, darunter auch wir, warten auf eine Bundesregelung; denn nur darauf kann man eine sichere Landesregelung aufbauen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Pörksen, SPD: Sehr richtig! – Baldauf, CDU: Was macht ihr denn im Bundesrat?)

Was nützt denn eine schnelle, auf Aktionismus aufgebaute Bundes- oder Landesregelung, bei der dann die Gefahr besteht, dass das Gesetz vor Gericht wieder kassiert wird? – Genau das ist der Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren der CDU: In Ihrem Antrag schildern Sie einiges, was durchaus richtig ist. Herr Lammert, Sie haben es auch in Ihrer Rede erwähnt. Den Schluss daraus ziehen Sie aber völlig falsch.

Wir als Bundesland können und dürfen nicht die Vorreiterrolle für eine bundeseinheitliche Lösung übernehmen.

(Bracht, CDU: Das steht doch auch gar nicht darin! Sie haben den Antrag doch gar nicht gelesen! Hören Sie auf zu reden!)

Frau Bundeskanzlerin Merkel bewertet die Situation genauso. Sie spricht sich zwar für die Vorratsdatenspeicherung aus, fordert aber, wie dies auch die Spitze mei

ner Bundespartei tut, die schnelle Vorlage einer überarbeiteten bzw. einer neuen EU-Richtlinie,

(Bracht, CDU: Das steht so nicht in unserem Antrag, wie Sie es formulieren!)

die dann möglichst bald in eine Bundesregelung umgesetzt werden soll. Übrigens ist das auch Grundlage des Koalitionsvertrages der Bundeskoalition. Lesen Sie einmal nach.

Ich möchte noch auf ein Weiteres hinweisen. Unser Innenminister hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir zuerst einmal die Erkenntnisse aus der Auswertung der Ereignisse in Frankreich und Belgien abwarten müssen, um hieraus hilfreiche Schlüsse ziehen zu können. – Herr Lammert, ich weiß nicht, woher Sie Ihre Erkenntnisse haben. Ich habe sehr enge Verbindungen zu der Polizei in Frankreich, und dort hat man mir noch nicht bestätigt, dass es so gewesen ist.