1. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Kopplung der Frauenförderung an die Vergabe von Aufträgen einen Beitrag zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts darstellt?
2. Wie schätzt die Landesregierung die Idee im Hinblick auf ihre praktische Anwendung in Bereichen ein, in denen der Anteil männlicher Beschäftigter traditionell sehr hoch ist – beispielsweise in der Baubranche?
3. Inwiefern plant die Landesregierung den aktuellen Entwurf zum Landesgleichstellungsgesetz – vor dem Hintergrund der breiten Kritik aus Wirtschaft und Politik – nochmals zu verändern?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Sie alle wissen, ist am 13. Mai 2015 die öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf der Novellierung des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) zu Ende gegangen. Wie Sie inzwischen auch alle aus der Presse wissen, habe ich direkt nach Abschluss der Auswertung der Anhörung in Absprache mit der Ministerpräsidentin
sowie der Wirtschaftsministerin den strittigen Passus zur Kopplung der Vergabe öffentlicher Aufträge an die Frauenförderung aus dem Gesetz herausgenommen.
Ich wundere mich daher sehr über diese Mündliche Anfrage; denn es ist – wie gesagt – mittlerweile allgemein bekannt, dass diese Formulierung nicht mehr im Gesetzentwurf vorhanden ist.
(Alexander Licht, CDU: Dennoch ist die Frage erlaubt! – Alexander Fuhr, SPD: Und es ist ihr erlaubt, sich zu wundern!)
Aber wenn Sie die Antwort doch schon wissen, könnten Sie sich die Frage eigentlich sparen, aber egal.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe aus dem Hause)
Ich finde es auch schade, dass über die Novellierung des LGG nur in Verbindung mit diesem Passus diskutiert wird. Deshalb möchte ich noch einiges voranstellen, bevor ich Ihre Fragen beantworte.
Die Novellierung des LGG nach 20 Jahren war notwendig und wurde daher auch bereits im Koalitionsvertrag der Landesregierung vereinbart. Die Verwirklichung des verfassungsrechtlichen Auftrags zur tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern verlangt neue Ansätze, bessere Instrumente und verbindlichere Regelungen.
Die Novellierung des LGG wird zahlreiche Verbesserungen mit sich bringen und nicht zuletzt dafür sorgen, dass der öffentliche Dienst wettbewerbsfähiger wird, etwa durch die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Darüber hinaus werden die Gleichstellungsbeauftragten und ihre Rechte gestärkt, und ihre Aufgaben werden eindeutiger geregelt.
Zu den Fragen 1 und 2: Diese Fragen stellen sich nicht, da der aktuelle Gesetzentwurf, wie bereits erläutert, keinen Passus zur Kopplung der Frauenförderung an die Vergabe von Aufträgen beinhaltet.
Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass die Kopplung keine Erfindung des rheinland-pfälzischen Frauenministeriums ist. Andere Gleichstellungsgesetze, wie
beispielsweise in Berlin oder Brandenburg, haben schon seit Jahren entsprechende Regelungen in ihren Gleichstellungsgesetzen verankert.
Ich möchte Sie auch darauf hinweisen, dass die Verwaltungsvorschrift „Öffentliches Auftrags- und Beschaffungswesen“ bereits seit 2014 die Frauenförderung mit der öffentlichen Auftragsvergabe in Rheinland-Pfalz verknüpft. Bei der Wertung der Angebote ist im Rahmen der vergaberechtlichen Bestimmungen bei sonst gleichwertigen Angeboten dem Unternehmen bevorzugt der Zuschlag zu erteilen, das zum Zeitpunkt der Ausschreibung im Verhältnis zu den mitbietenden Unternehmen einen höheren Anteil an Frauen an Beschäftigten aufweist oder Maßnahmen zur Förderung von Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben durchführt. Diese Kriterien sind im Angebot durch eine eigene Erklärung nachzuweisen.
Diese Verwaltungsvorschrift gilt selbstverständlich weiter und ist in Rheinland-Pfalz seit 2014 bestehendes Landesrecht.
Zu Frage 3: Es läuft das ganz normale Gesetzgebungsverfahren wie bei jedem anderen Gesetz auch. Das Anhörungsverfahren ist, wie dargestellt, seit dem 13. Mai beendet. Danach wurden die Ergebnisse der Anhörung ausgewertet.
Wir haben selbstverständlich Anregungen aufgenommen. Derzeit befindet sich der Referentenentwurf in der rechtsförmlichen Prüfung. Bei der zweiten Ministerratssitzung zum Referentenentwurf zur Novellierung des LGG wird dann entschieden, in welcher Fassung das Gesetz dem Parlament zugeleitet wird; denn der Landtag, Sie alle, wie Sie heute hier sitzen, sind der Gesetzgeber, liebe Landtagsabgeordnete.
Das Parlament wird sich dann wahrscheinlich noch einige Zeit mit dem Gesetz befassen, es diskutieren und in den entsprechenden Ausschüssen behandeln.
Ich hoffe darauf und freue mich, dass es dann auch zu diesem Zeitpunkt im parlamentarischen Verfahren eine sehr rege Debatte geben wird.
Frau Ministerin, im Hinblick auf das, was Sie am Anfang gesagt haben, wollte ich Sie fragen, wie dieser Passus in das Gesetz hineingekommen ist. Ist das Ihre Meinung?
Dazu, wie dieser Passus in das Gesetz hineingekommen ist, ist auszuführen, wir leben ihn in der Landesverwaltung seit 2014. Wir haben dazu eine Verwaltungsvorschrift. Das ist in diesem Land geltendes Recht. Wir waren schon der Meinung, dass das ein Vorschlag für den Gesetzentwurf ist. Insofern haben wir ihn hineingegeben, aber – das haben Sie jetzt auch feststellen können – wir haben die Anregungen der Wirtschaft sehr ernst genommen, die sie im Rahmen der Anhörung gemacht hat. Wir haben das miteinander diskutiert, und wir haben dann entschieden, dass wir diesen Passus herausnehmen, weil wir das Anliegen der Wirtschaft ernst nehmen.
Frau Ministerin, Sie haben dankenswerterweise das parlamentarische Verfahren angesprochen und gesagt, dass der Gesetzentwurf dem Parlament noch nicht zugeleitet wurde. Deshalb diskutieren wir eigentlich über etwas, worüber wir noch genüged Zeit haben zu beraten.
Können Sie uns sagen, wann Sie vorhaben, diesen Gesetzentwurf in das Parlament einzubringen, also etwas zu der zeitlichen Abfolge?
Der Gesetzentwurf liegt jetzt dem Justizministerium zur rechtsförmlichen Prüfung vor. Wenn das alles geprüft ist, wird es einen zweiten Ministerratsdurchgang geben. Wir planen, dass wir Ende September, in unserer Septemberplenumssitzung, diesen Gesetzentwurf einbringen können.
Wir werden dann genügend Zeit haben, den Gesetzentwurf in den Ausschüssen und gegebenenfalls im Rahmen einer Anhörung zu diskutieren und zu beraten. Unser Ziel wäre es dann, dass wir im Dezemberplenum den Gesetzentwurf verabschieden.
Sehr geehrte Ministerin, vielleicht könnten Sie etwas dazu sagen, welche Erfolge das Landesgleichstellungsgesetz in den vergangenen Jahren erzielen konnte.
Wir konnten schon in den vergangenen Jahren erreichen, dass sich die Stellung der Gleichstellungsbeauftragten an diesen Stellen verbessert hat und es auch weitestgehend überall Gleichstellungspläne gibt. Aber diesen Passus werden wir auch noch einmal dahin gehend verändern, dass es verbindlichere Regelungen mit Kriterien gibt.
In den letzten Jahren sind viele Verbesserungen erreicht worden, insbesondere auch mit Blick auf Frauen in Führungspositionen. Im Bereich Frauen in der Verwaltung haben wir gerade auch in unserer Landesverwaltung erreichen können, dass wir den Frauenanteil von 42 % auf knapp über 50 % steigern konnten, und insbesondere bei den jungen Frauen liegen wir bei über 60 %. Das sind eigentlich schon ganz schöne Erfolge.
Danke, Herr Präsident. – Frau Ministerin, Sie haben vorhin von anderen Bundesländern gesprochen, die diesen Passus eingeführt haben. Können Sie uns sagen, wie sich das in den Betrieben darstellt und ob es dort auch diese Proteste gegeben hat?