Protokoll der Sitzung vom 29.04.2020

Liebe Kolleginnen und Kollegen, leider überlagerte diese Krise aber auch Themen, die uns seit Jahren beschäftigen und gleichwohl von großer Bedeutung für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land sind. Deshalb bin ich sehr froh, dass wir heute Gelegenheit haben, abschließend über die Abschaffung der einmaligen Straßenausbaubeiträge zu sprechen.

Meine Damen und Herren, wir haben ja bereits vor Beginn der Pandemie im Innenausschuss zu diesem Thema eine weitere Anhörung durchgeführt, und darin war sich die Mehrheit der Experten einig, dass der Gesetzentwurf ausgewogen und gelungen ist. Die Mehrheit der Experten begrüßte ausdrücklich, dass wir die einmaligen Beiträge abschaffen; denn die größten Probleme, meine Damen und Herren – das ist uns als FDP besonders wichtig –, die größten Belastungen gab und gibt es durch diese Einmalbeiträge.

Deshalb bin ich auch ein bisschen verwundert, dass der Kollege Schnieder jetzt fast in den Vordergrund stellt, lie

ber Einmalbeiträge als wiederkehrende Beiträge.

(Zuruf des Abg. Gordon Schnieder, CDU)

Das ist dann mit der sozialen Gerechtigkeit schon eine eigenartige Interpretation.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Hier kam es, wie es auch die öffentliche Berichterstattung gezeigt hat, zu teilweise unverhältnismäßig hohen Belastungen der Bürgerinnen und Bürger

(Abg. Elfriede Meurer, CDU: Ja, das sagen wir doch immer!)

durch die Einmalleistungen, die Einmalzahlungen, die bis hin zu einer Existenzbedrohung führen konnten. Diese existenzgefährdenden Belastungen, meine Damen und Herren, gehören mit diesem Gesetzentwurf der Vergangenheit an.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Genau!)

Meine Damen und Herren, gleichzeitig blieb aber auch in dieser Anhörung die Frage unbeantwortet, wie hoch denn die Kosten für eine komplette Abschaffung wären. Da schwanken nach Aussagen der Experten die Kosten für Rheinland-Pfalz zwischen 50 und 600 Millionen Euro.

(Heiterkeit und Zuruf des Abg. Gordon Schnieder, CDU: Milliarden!)

Ein seriöser Vorschlag für eine Gegenfinanzierung aus dem Landeshaushalt ist demnach nicht möglich. Die Opposition hat zumindest überhaupt keine ordentlich durchdachte Gegenfinanzierung vorgelegt.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Haben wir, in den Haushaltsberatungen 2018!)

Außerdem widerspräche ein solches Vorgehen, eine Abschaffung, komplett dem abgabenrechtlichen Grundsatz, dass die Erhebung von Beiträgen Vorrang vor der Finanzierung durch allgemeine Steuermittel hat.

Die Koalition hat sich also aus gutem Grund für die wiederkehrenden Beiträge entschieden, sie verteidigt,

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Gegen die FDP-Basis!)

und sie stärkt damit das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen und verhindert, dass Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zu Bittstellern der Landesregierung in Mainz gemacht werden.

Meine Damen und Herren, ein Blick auf andere Länder hat gezeigt, dass wir damit den absolut richtigen Weg wählen.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Genau!)

Der öffentlichkeitswirksamen Abschaffung der Beiträge in

Bayern folgte pure Ernüchterung. Die Schlange der kommunalen Bittsteller in München ist lang. Gelder fließen nur zögerlich oder überhaupt nicht. Die Kosten sind weit höher als zunächst angenommen.

Und was ist in Meck-Pomm?

(Abg. Joachim Paul, AfD: „Meck-Pomm“? Was soll das denn sein?)

Dort hat die CDU mit beschlossen, die Grunderwerbsteuer von 5 auf 6 % zu erhöhen, um die Abschaffung der Beiträge zu finanzieren. Meine Damen und Herren, es kann doch nicht sein,

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD)

dass eine Abschaffung der Straßenausbaubeiträge letztlich über eine Erhöhung der Steuern finanziert werden muss.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Dies wäre allen Bürgerinnen und Bürgern gegenüber ein Schelmenstück, ja, meine Damen und Herren, es wäre verantwortungslos. Für uns Freie Demokraten steht insbesondere ein verantwortungsvolles Handeln an vorderster Stelle.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Jawohl!)

Statt über Steuererhöhungen nachzudenken, schonen wir mit wiederkehrenden Beiträgen den Landeshaushalt und greifen nicht in den Geldbeutel aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Deshalb ist unser Haushalt auch in Krisenzeiten gut aufgestellt. So haben wir ein milliardenschweres Corona-Hilfspaket auf den Weg bringen können, mit dem wir die Kommunen nochmals gezielt mit 100 Millionen Euro Soforthilfe unterstützen konnten.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Jawohl!)

Meine Damen und Herren – Herr Kollege Noss hat es angesprochen –, im Übrigen unterstützen wir mit diesem Gesetz Kommunen dabei, ihre Abrechnungsgebiete rechtssicher und transparent festlegen zu können. Ein räumlicher Zusammenhang wird in Zukunft nicht durch topografische Merkmale wie Bahngleise, Flüsse oder größere Straßen, die ohne größeren Aufwand überquert werden können, unterbrochen.

Aufteilungsentscheidungen der Satzungsgeber wird der Bürger einfach und transparent nachvollziehen können, weil die Pflicht zur Begründung statuiert wird. Mit diesen Änderungen folgen wir auch dem Wunsch der kommunalen Spitzenverbände.

Meine Damen und Herren, wir haben mit diesem Gesetzentwurf wieder einmal bewiesen, dass wir lösungsorientiert und effizient arbeiten, handlungsfähig sind und unserem

Anspruch als Regierungskoalition gerecht werden, der da lautet: Beste Politik für Land und Stadt in Verantwortung und zum Wohl von Rheinland-Pfalz und seinen Bürgerinnen und Bürgern.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit und Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Der war gut!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Schellhammer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Straßenanbindung ist ein Teil der kommunalen Daseinsvorsorge und wichtig für die dauerhafte Entwicklung einer Gemeinde. Wir als Grünen-Fraktion sind der Überzeugung, dass Straßenausbaubeiträge, bei denen sich Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer in angemessener Art und Weise am Um- und Ausbau ihrer kommunalen Straße vor Ort beteiligen, ein geeignetes Mittel sind.

Diese Haltung wurde auch in der Anhörung des Innenausschusses bestätigt. Wir haben natürlich die Anregungen, die uns die Expertinnen und Experten – in dem Fall nur Männer – im Ausschuss gegeben haben, abgewogen, und das Ergebnis finden Sie im vorliegenden Änderungsantrag.

Wir Grüne haben uns von Anfang an klar für die Stärkung der wiederkehrenden Beiträge eingesetzt, und wir sind froh, dass nun die Straßenausbaubeiträge grundsätzlich nur wiederkehrend erhoben werden.

Die Vorteile des umfassenden Systemwechsels habe ich schon mehrfach an dieser Stelle erwähnt, und ich werde sie nochmals wiederholen: Wiederkehrende Beiträge sind sozial verträglich, fair und für alle Beteiligten gut planbar.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Wir wissen aber, dass die Umstellung für viele Kommunen eine Herausforderung sein wird. Gerade die Rechtssicherheit wird immer wieder als ein Aspekt erwähnt. Deswegen kommen wir auch den Kommunen entgegen, wenn wir sie bei dem Verwaltungsaufwand, der ihnen in der Umsetzung entsteht, unterstützen. Es wurde von den Kommunen begrüßt, dass wir sie mit juristischer Beratung und finanziellen Mitteln unterstützen.

Darüber hinaus haben wir die Anregung aufgenommen – sie wurde hier schon hinlänglich erklärt –, dass der Übergang anders gestaltet und der räumliche Zusammenhang nochmals rechtlich präzisiert wird. Das haben meine Vorrednerin und mein Vorredner der Koalition schon erwähnt.

Insgesamt ist es für uns wichtig zu sagen, die schärfsten Kritiker laufen unserer Meinung nach wirklich ins Leere. Mit dem vorliegenden Entwurf erhalten wir die kommunale Selbstverwaltung vollumfänglich. Das war auch wieder so ein Punkt. Wir haben ja erste Hinweise, wie das in Bayern gelaufen ist und wie dort die Umsetzung hakt.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Genau!)

Es ist ganz wichtig, wenn wir über kommunale Selbstverwaltung sprechen, erhalten wir sie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf vollumfänglich, und das ist für uns sehr wichtig, weil die Kommunen in Rheinland-Pfalz eine tragende Säule sind, und sie sollen vor Ort über ihre kommunalen Straßen entscheiden können.

Wir federn auch soziale Härten ab. Die Einmalbeiträge werden damit endlich Geschichte sein. Das ist ein wichtiger Punkt. Natürlich haben uns alle, auch in den Fraktionen, Zuschriften erreicht, was Einmalbeiträge in einer Höhe, die für die Person schwierig ist, anbelangt. Diese werden dann endlich Geschichte sein, und das ist natürlich wichtig und stabilisiert das System der Straßenausbaubeiträge an der Stelle.