Protokoll der Sitzung vom 16.09.2020

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir freuen uns, dass zum 1. September dieses Jahres das Pilotprojekt „Telemedizinische Assistenz RheinlandPfalz“ an den Start gegangen ist. Liebe Frau Kollegin Thelen, ich freue mich auch, dass Sie die Auftaktveranstaltung mitverfolgt und unsere Pressemitteilungen aufmerksam gelesen haben.

Schade ist nur, dass Sie diese scheinbar nicht verstanden haben; denn von „Heilsbringern“ war in dieser Pressemit

teilung nie die Rede.

(Unruhe bei der CDU)

Davon war nie die Rede.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben hier schon so häufig über das Thema „Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung“ diskutiert.

(Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Das ist der Landesregierung ein Herzensanliegen. Wir haben aber auch schon häufig darüber diskutiert, dass dies nur mit einem Bündel von Maßnahmen zu erreichen ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Bündel von Maßnahmen

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

befinden sich Maßnahmen, die kurzfristig, mittelfristig und langfristig wirken.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Und gar nicht wirken!)

Das sind Maßnahmen, die dazu dienen, mehr Studierende für die Allgemeinmedizin zu interessieren und mehr Studierende und Ärztinnen und Ärzte aufs Land zu bringen, und Maßnahmen,

(Zuruf des Abg. Bernhard Henter, CDU)

die der Entlastung von Ärztinnen und Ärzten durch die Delegation dienen.

Genau an diesem letzten Punkt – an einem Punkt dieser vielen Maßnahmen und dieses Bündels – setzt das Pilotprojekt „Telemedizinische Assistenz Rheinland-Pfalz“ an; denn im Auftrag der Hausärztinnen und Hausärzte besuchen die nicht ärztlichen Praxisassistenten die Patientinnen und Patienten, ausgestattet mit dem Technikrucksack, um vor Ort qualitativ hochwertige Untersuchungen mit dem Tablet durchzuführen – ich will Sie nicht mit Technikdetails langweilen,

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

aber dies erfolgt mit einem Tablet, das mit einer MultiSIM-Karte eingerichtet ist und sich deswegen immer den bestmöglichen Empfang sucht –

(Zuruf von der CDU)

und den direkten Weg zur Praxis zu finden, sodass es dem Arzt immer möglich ist, per Videotelefonie mit dem Patienten in Kontakt zu treten.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: Jawohl! – Zurufe von der CDU)

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ersetzt das TMAProjekt nicht den Arzt – das war nie die Absicht –, sondern es ergänzt die Versorgung durch Telemedizin.

Das TMA-Projekt ist ein Win-win-Projekt im klassischen Sinne: Es entlastet die Ärzte, und es wertet die nicht ärztlichen Praxisassistentinnen in ihrer Tätigkeit auf. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist doch unser aller Anliegen. Es entlastet auch die Patientinnen und Patienten, weil die TMA mit Zeit zu ihnen nach Hause kommt und sich um sie kümmert.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist ein Projekt, das man vielleicht im Rahmen von Telemedizin in dem einen oder anderen Bundesland schon einmal ungefähr so aufgesetzt hat – das will ich Ihnen gar nicht absprechen –, aber dieses Projekt ist bundesweit einzigartig. Ein solches Projekt gibt es in keinem anderen Bundesland.

Erstens haben wir es ausschließlich auf die allgemeinmedizinischen Praxen im ländlichen Raum ausgerichtet.

Zweitens werden wir von allen Partnerinnen und Partnern unterstützt, insbesondere vom Hausärzteverband und der Kassenärztlichen Vereinigung.

Wir sind den Wünschen dieser Partnerinnen und Partner im Übrigen im Projekt entgegengekommen. Deswegen hat sich der Starttermin wegen Corona noch einmal um sechs Monate verzögert. Es bringt doch nichts, wenn wir mit diesem Projekt mitten in der Hochzeit der Corona-Pandemie starten, sondern wir sollten dann damit starten, wenn die Ärztinnen und Ärzte, die sich an diesem Projekt beteiligen, dazu bereit sind. Deswegen sind wir auf den Wunsch des Hausärzteverbands eingegangen.

Drittens ist es ein Projekt, das von allen Krankenkassen unterstützt wird. Das finden Sie in keinem anderen Bundesland. Das war uns sehr wichtig. Deswegen war es erforderlich, intensiv mit den Krankenkassen zu sprechen; denn wir wollten nicht, dass ein Patient in der Praxis gefragt wird, bei welcher Krankenkasse er versichert ist, um dann zu entscheiden, ob er Besuch von der TMA bekommt oder nicht. Wir wollten, dass alle Patientinnen und Patienten von der TMA besucht werden können und gut versorgt sind.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Viertes Alleinstellungsmerkmal:

(Zuruf aus dem Hause)

Die Krankenkassen sind alle dabei, genau!

Die Krankenkassen haben mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Honorierung verhandelt, damit die Hausärztinnen und Hausärzte nicht nur Digitalisierung ins Land tragen, sondern sie auch ordentlich vergütet werden und sie dafür ein Honorar bekommen. Auch das suchen Sie in anderen Bundesländern in dieser Form vergeblich.

Das Technikpaket, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist individuell auf die Bedürfnisse der Ärztinnen und Ärzte zugeschnitten. Wir haben die E-Mobilität zusätzlich eingeführt und werden dieses Projekt wissenschaftlich evaluieren. Wir sind davon überzeugt und wollen es in die Regelversorgung überführen. Deswegen setzen wir die Evaluation hier an.

Die Gründe, die dieses Projekt so einzigartig machen, sind die Gründe, warum sich von 40 Praxen über 60 % zu diesem Modellprojekt angemeldet haben. Das ist eine Beteiligungsquote, die ihresgleichen sucht. Über 60 % haben gesagt: Jawohl, wir sind dabei; bis zum 31. August 2022 sind wir in diesem Projekt.

(Zuruf des Abg. Gerd Schreiner, CDU)

Meine Damen und Herren, wir nutzen in Rheinland-Pfalz die Chancen der Telemedizin, um die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit zu sichern, die Ärzte zu entlasten, Versorgungen zu ergänzen und damit eine Digitalisierung auf den Weg zu bringen, die den Menschen dient.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Gerd Schreiner, CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht die Kollegin Anklam-Trapp.

(Abg. Gerd Schreiner, CDU: Sie simulieren doch nur Regierung! 60 % von 40! Das sind 24! Das klingt natürlich super, 60 %! 24 sind das! – Zuruf aus dem Hause: Ui, ui, ui!)

Herr Schreiner, Sie können sich zu Wort melden, wenn Sie etwas zu sagen haben, aber nicht in dieser Art.

(Unruhe im Hause)

Jetzt hat die Kollegin Anklam-Trapp das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich sage es einmal so: Ich habe keinen Hausarzt in all den Jahren kennengelernt, der nicht immer wieder darüber berichtet, wie viel Zeit er bei Patientenbesuchen zu Hause auf der Straße, auf der Landstraße, verbringt. Ich

glaube, wir können alle einschätzen, wie wertvoll seine Zeit für die Patientenversorgung in der Praxis ist.

Es ist doch selbstverständlich, sehr geehrte Frau Kollegin Thelen, dass die TMA für die Hausärzte kein Heilsbringer ist, wie wir es verkünden. Sie ist aber ein ganz wichtiger weiterer Baustein.

Wir haben in Rheinland-Pfalz damals die VERAH (Versor- gungsassistentin in der Hausarztpraxis) als erste Assistenzkraft eingeführt. Mittlerweile ist die NäPa (Nicht-ärztliche Praxisassistentin), die Hausärzteassistenz, bei den Patientinnen und Patienten. Diese sind aber alle nicht ausgerüstet, alle nicht ausgestattet. Jetzt haben wir durch die TMA die große Möglichkeit der wirklichen Versorgung und der Erfassung der Vitalparameter.

Frau Thelen, es geht nicht darum, dass wir sagen, die TMA ersetzt den Hausarzt. Das haben Sie provokativ gesagt, aber das ist nicht der Fall. Sie reden es schlecht.