Protokoll der Sitzung vom 17.09.2020

Lassen Sie mich deshalb noch einmal klipp und klar sagen: Das neue Nahverkehrsgesetz setzt die allgemeinen Ziele für das zukünftige Vorgehen. Es definiert den gestuften Weg in die Pflichtaufgabe mit dem neuen Instrument des Landesnahverkehrsplans. Es schafft den neuen organisatorischen Rahmen, und es definiert die grundsätzlichen Ströme, wie Mittel künftig an die richtigen Stellen in der Branche gelangen.

Unser Nahverkehrsgesetz wird das modernste in Deutschland sein. Es wird bundesweit das einzige sein, welches eine Pflichtaufgabe für die Kommunen nicht nur definiert, sondern auch schrittweise ausgestaltet.

Was Sie erfragen, sind genau die Dinge, die im Rahmen der Aufstellung des Nahverkehrsplans in einem gemeinsamen Prozess diskutiert, erarbeitet und verabschiedet werden müssen. Ebenso sind die auf Basis konkreter Standards und Projekte benötigten Finanzmittel zwingend im Landesnahverkehrsplan zu regeln. Ich glaube, das hatte ich schon wiederholt – ich würde sagen, unzählige Male – erklärt.

Meine Damen und Herren, was wollen wir im ÖPNV erreichen und welche Mittel von wem werden dafür benötigt? Diese Fragen werden auf Basis eines Diskussionsprozesses, politischer Vorgaben und vorhandener Fakten im Landesnahverkehrsplan festgelegt. Wir gestalten ihn gemeinsam mit der kommunalen Familie und vielen anderen Beteiligten.

Im Einzelnen beantworte ich die Fragen wie folgt:

Der Vorwurf, es gebe keine Zahlen, entbehrt jeglicher Grundlage. Es gibt Zahlen auf den unterschiedlichsten Ebenen, die mein Haus bereits zusammenführt und mittels eines Business Intelligence Systems auswertbar macht.

Die Fragen, die Sie in den Kleinen Anfragen aufgeworfen haben, sind hingegen teilweise nicht relevant bzw. nicht in der gefragten Form beantwortbar. Auch hier gilt: Belastbare Zahlen werden für die zweite Phase, namentlich die Erarbeitung des Landesnahverkehrsplans, benötigt und zusammengestellt.

Wie gerade erläutert, setzen wir jetzt den notwendigen Rahmen für die nächsten Schritte. Umfangreiche belastbare Zahlen werden dann benötigt, wenn es um konkrete Ziele, Projekte und Standards im Landesnahverkehrsplan geht. Meine Kolleginnen und Kollegen, man kann nicht den zweiten Schritt vor dem ersten gehen.

So weit die Antwort der Landesregierung.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Brandl.

Herr Minister, wenn das Parlament hier eine Gesetzesfolgenabschätzung beschließen würde, wären Sie in der Lage, diese umzusetzen?

Ja.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Martin.

Das war klar und deutlich.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Das steht auch im Protokoll, ist doch gut! – Zuruf von der CDU: Dann können wir es ja beantragen!)

Jetzt hat Herr Dr. Martin das Wort.

Herr Minister, ich hätte schon erwartet – deswegen frage ich nach –, dass Sie uns Ihre Vorstellungen zur qualitativen und quantitativen Fortentwicklung des Nahverkehrs erläutern. Deswegen bitte ich, diese entsprechend abgestellte Frage doch noch einmal zu beantworten. Es ist etwas anderes, dass sich das dann im Abstimmungsprozess vielleicht fortentwickelt. Wir haben nach Ihren Vorstellungen gefragt bzw. ich tue das hiermit, und dafür braucht es Fakten. Die hätte ich gerne von Ihnen erklärt.

Herr Kollege Martin, ich habe Ihnen das bereits erklärt, nämlich im Verkehrsausschuss und ziemlich umfangreich.

(Zurufe der Abg. Hedi Thelen, Anke Beilstein und Christian Baldauf, CDU)

Ich erinnere mich an die Sitzung, als der Vorsitzende des Verkehrsausschusses ungeduldig wurde, weil ich so lange dazu gesprochen habe. Ich mache das aber gerne an der Stelle noch einmal.

Wir haben in Rheinland-Pfalz die Situation, dass die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass die Landesregierung alle Anstrengungen unternimmt, um die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs zu steigern. Ich bin mir im Übrigen in Gesprächen mit den Vertretern der Kommunen einig gewesen – Herr Kollege Brandl, beispielsweise mit dem Landrat aus Ihrem Landkreis, Herrn Dr. Brechtel –,

(Abg. Martin Brandl, CDU: Guter Mann!)

dass es erforderlich ist, in Rheinland-Pfalz Effizienzdefizite zu beheben.

Eines dieser Effizienzdefizite – die Bürgerinnen und Bürger werden das sicherlich spontan teilen – ist, dass wir die Bus- und Schienenverkehre nicht aus einer Hand planen, weil unsere Strukturen in diesem Bereich getrennte Planungsorganisationen vorsehen. Daher sind die Bus- und Schienenverkehre nicht optimal aufeinander abgestimmt.

Die Landesregierung ist der Auffassung, dass man im ÖPNV in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz – wenn man sich die heutigen Anforderungen an den öffentlichen Personennahverkehr anschaut – eine Planung aus einem Guss haben sollte. Das habe ich Ihnen mehrfach im Ausschuss dargelegt, und das bleibt die Haltung der Landesregierung. Wenn Sie hier anderer Auffassung sind, mögen Sie das so vertreten. Wir sind der Meinung, dass es nicht

zeitgemäß ist, Busverkehre und Schienenverkehre in getrennten Einheiten zu organisieren.

Die kommunalen Vertreter waren im Übrigen auch dieser Auffassung.

Nun brauchen wir zunächst einmal eine strukturelle Veränderung, um diese Dinge in eine Hand zu bringen. Dann wird es um die Frage gehen, was es für das qualitative Angebot bedeutet, wenn wir aus einer Hand planen. Einmal kann man es besser miteinander vertakten. Das ist notwendig. Die Menschen sollen nicht, wenn sie am Bahnhof ankommen, eine Stunde auf den Bus warten müssen oder umgekehrt, wenn sie mit dem Bus ankommen, auf den Zug.

Dann kommt es darauf an, was die quantitative Ausstattung des Angebots bedeutet. Dabei reden wir am Ende über Geld und Zahlen. Wir sind uns einig, sowohl die Landesregierung als auch die Kommunen, dass wir das Angebot qualitativ verbessern wollen. Ansonsten würden wir ein solches Gesetz nicht auf den Weg bringen.

Weil wir allerdings den ÖPNV als Pflichtaufgabe ausstatten, sich aus dem Konnexitätsprinzip daher die Verpflichtung der Landesregierung ergibt, die dafür notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen, und wir nicht die Höhe der Mittel in das Belieben anderer stellen können, sondern auf der Grundlage des vom Landtag verabschiedeten Haushalts vorgehen müssen, haben wir im Nahverkehrsgesetz vorgesehen, dass wir im Rahmen eines Nahverkehrsplans gemeinsam mit den Kommunen die qualitative Weiterentwicklung des ÖPNV-Angebots definieren. Dieser Nahverkehrsplan soll dann als Rechtsverordnung des Landes verabschiedet werden, sodass gewährleistet ist, dass die Haushaltshoheit gewahrt bleibt. Deshalb dieses zweistufige Vorgehen.

Es ergibt jetzt keinen Sinn, über das qualitative und quantitative Angebot zu sprechen, weil wir zunächst einmal die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, die Dinge in eine Hand zu geben und diese Angebote dann auf der Grundlage eines Nahverkehrsplans im Rahmen einer Pflichtaufgabe der Kommunen zu definieren.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Bollinger.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatsminister, welche Änderungen am im Mai veröffentlichen Gesetzentwurf zieht die Landesregierung zurzeit in Erwägung?

Die Landesregierung hat den Gesetzentwurf noch einmal überarbeitet. Er wird in Kürze im zweiten Durchgang durch den Ministerrat gehen und dann dem Landtag zugeleitet werden.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Brandl.

Herr Minister, auf welcher Grundlage wurden die 10 Millionen Euro errechnet, die bis zum Inkrafttreten des Nahverkehrsplans bereitgestellt werden sollen?

Auf der Grundlage der uns vorliegenden Zahlen und Fakten.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU)

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Bollinger.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, nachdem Sie meine Frage eben inhaltlich nicht beantwortet haben: Hat die Landesregierung vor, bei den Änderungen der kommunalen Ebene entgegenzukommen, die Kompetenzverluste befürchtet?

Nachdem der Gesetzentwurf keine Kompetenzverluste für die kommunale Ebene enthält, weil die gesamte Anlage des Gesetzes darauf ausgerichtet ist, die Kommunen sehr stark in der Entscheidungskompetenz zu halten, sehen wir an dieser Stelle keinen Änderungsbedarf.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Also nicht? Vielen Dank!)

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Martin.

Herr Minister, weil die Antworten auf unsere Kleinen Anfragen gezeigt haben, dass die Landesregierung offensichtlich keine Faktenkenntnis hat, frage ich jetzt noch einmal nach. Nennen Sie uns doch bitte einmal sehr konkret die Fakten, auf die Sie sich eben bei der Beantwortung der Frage des Herrn Brandl zu den 10 Millionen Euro bezogen haben.

Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Land

wirtschaft und Weinbau:

Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass dieser Vorwurf, den Sie erheben, es gebe keine Zahlen, aufgrund der wir diesen Gesetzentwurf erarbeitet haben, nicht richtig ist. Es gibt auf den unterschiedlichsten Ebenen Zahlen, die wir bei uns im Wirtschaftsministerium zusammenführen. Wir sind in einem dauerhaften Austausch mit den Verantwortungsträgern auf kommunaler Ebene. Wir haben diesen Gesetzentwurf von Anfang an in einem engen Austausch mit den Kommunalvertretern erarbeitet.

Wenn Sie Fragen zu einzelnen Zahlen haben, bitte ich Sie, die an mein Ministerium zu richten. Dann werden wir sie Ihnen beantworten.

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Brandl.

Herr Minister, liebe Kollegen, ich kündige jetzt schon für die Fraktion an, dass wir eine Gesetzesfolgenabschätzung beantragen werden. Stellen Sie sich also darauf ein, diese Zahlen zusammenzutragen.