Protokoll der Sitzung vom 17.09.2020

Herr Minister, liebe Kollegen, ich kündige jetzt schon für die Fraktion an, dass wir eine Gesetzesfolgenabschätzung beantragen werden. Stellen Sie sich also darauf ein, diese Zahlen zusammenzutragen.

Mich würde an dieser Stelle interessieren, ob Sie auch ein politisches Ziel mit dem Nahverkehrsgesetz verfolgen, das Sie für quantifizierbar halten. Konkret: Verfolgen Sie damit eine quantitative Ausweitung des Nahverkehrs?

Ich habe Ihnen das bereits gesagt. Wir wollen den öffentlichen Personennahverkehr qualitativ und quantitativ verbessern, selbstverständlich. Ich glaube, das ist vor dem Hintergrund der Herausforderungen, die wir als Flächenland haben, enorm wichtig. Mobilität in der Fläche zu sichern, bedeutet ein breites und qualitativ hochwertiges ÖPNV-Angebot zu unterbreiten. Der gesamte Gesetzentwurf verfolgt dieses Ziel.

Dazu müssen wir überkommene und antiquierte Dinge aus unserem Nahverkehrskonzept entfernen, beispielsweise die getrennte Planung von Bus und Schiene. Dass Sie es augenscheinlich – das kann ich aus Ihren Fragen heraushören – für besser hielten, an dieser Trennung festzuhalten, erstaunt mich.

(Abg. Martin Brandl, CDU: Das ist eine Unterstellung von Ihnen! Das wissen Sie auch! So arbeiten Sie nämlich!)

Weil Sie sagen, es gibt keine Fakten, die ein solches Gesetz erfordern.

(Abg. Martin Brandl, CDU: Es geht uns um die Qualifizierbarkeit, Herr Minister!)

Herr Brandl, lassen Sie den Minister bitte antworten.

Allein die Tatsache, dass wir heute Bus- und Schienenverkehr in getrennten Organisationsstrukturen planen, ist meines Erachtens eine ausreichende Tatsache, um zu reformieren. Alleine das reicht aus, um zu reformieren.

(Zuruf des Abg. Martin Brandl, CDU)

Gleichzeitig planen wir natürlich auch, das ÖPNV-Angebot qualitativ weiter auszugestalten.

Selbstverständlich ist das Land bereit, sich finanziell zu engagieren. Es gibt ein überragendes Interesse der Landesregierung, das ÖPNV-Angebot qualitativ und quantitativ zu verbessern.

Mir liegen keine weiteren Zusatzfragen vor. Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet. Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen damit zur Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Dr. Jan Bollinger und Uwe Junge (AfD), Gescheiterter Warntag in Rheinland-Pfalz – Nummer 3 der Drucksache 17/13019 –.

Für die Fragesteller trägt der Abgeordnete Junge vor.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Bei wie vielen Kommunen funktionierte keines der Warnsysteme?

2. Welche Befugnisse im Rahmen des Warntags liegen wo in der Zuständigkeit der rheinland-pfälzischen Landesregierung?

3. Gab es bereits Beschwerden von Kommunen an die Landesregierung, dass sie in der Wartung, Instandsetzung und Installation von Warnsystemen finanzieller Unterstützung bedürfen?

4. Wie viel Geld gibt die Landesregierung im Jahr für die Wartung, Instandsetzung und Installation von verschiedenen Warnsystemen aus?

Für die Landesregierung antwortet Staatsminister Lewentz.

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der bundesweite Warntag war und ist eine bundesweite Übung, die seit diesem Jahr auf der Grundlage des Beschlusses der 210. Innenministerkonferenz vom 12. bis 14. Juni 2019 nunmehr jährlich abgehalten wird.

Der Warntag wurde unter Federführung des Bundes zusammen mit den Bundesländern vorbereitet und diente der technischen Erprobung des vor allem zu Zivilschutzzwecken vorgehaltenen modularen Warnsystem des Bundes, abgekürzt MoWaS, mit den hieran angeschlossenen Warnmitteln. Der bundesweite Warntag hat die wertvolle, natürlich aber auch enttäuschende Erkenntnis geliefert – auch das gehört zu einem Probelauf dazu –, dass technische Probleme und das Nutzerverhalten zu einer Beeinträchtigung des Gesamtsystems MoWaS des Bundes geführt haben.

Die Betreiberfirma mecom GmbH und das BBK – das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe – arbeiten mit Hochdruck daran, diese Problematik technisch auszuräumen.

Zu Frage 1: Die für die Warnung der Bevölkerung zuständigen Aufgabenträger in den Ländern waren eingeladen, an diesem Tag ihre weiteren Warnmittel, die nicht über MoWaS ausgelöst werden, zu testen. In Rheinland-Pfalz sind dies die Landkreise, kreisfreien Städte und Gemeinden. Welche Aufgabenträger mit welchen Warnmitteln teilgenommen haben und bei wie vielen teilnehmenden Aufgabenträgern die Warnsysteme nicht funktionierten, ist der Landesregierung noch nicht bekannt. Das wird natürlich nachgearbeitet.

Die Landkreise, kreisfreien Städte und Gemeinden entscheiden im Rahmen der kommunalen Selbstverantwortung und Selbstverwaltung eigenverantwortlich, wie und in welchem Umfang sie ihre Bevölkerung warnen und welche Warnmittel sie dafür vorhalten und einsetzen.

Zu Frage 2: Am bundesweiten Warntag war die klare Vorgabe an alle Teilnehmer, dass ausschließlich der Bund die Warnung über MoWaS versendet und damit alle angeschlossenen Warnmittel wie zum Beispiel Warn-Apps, Radio, Fernsehen, Websites und Stadt-Werbetafeln aktiviert. Die Aufgabenträger durften – wie zu Frage 1 ausgeführt – ihre örtlichen, nicht über MoWaS auszulösenden Warnmittel wie zum Beispiel Sirenen, Lautsprecherdurchsagen und direkt auslösende Warn-Apps erproben.

Entsprechend hatte die Landesregierung selbst über die Mitwirkung im Rahmen der Vorbereitung des bundesweiten Warntags und der mit dem Bund eng abgestimmten Pressearbeit hinaus keine Befugnisse, insbesondere nicht hinsichtlich des durch den Bund vorgehaltenen Warnsystems MoWaS und der am Warntag aufgetretenen technischen Probleme. In Rheinland-Pfalz wurde die Vorgabe, dass nur der Bund die Warnung über MoWaS versendet, eingehalten.

Zu Frage 3: Beschwerden von Kommunen bezüglich Installationen, Wartung und Instandsetzung von Warnsystemen

liegen der Landesregierung aktuell nicht vor.

Zu Frage 4: Im Rahmen der Einführung der digitalen Alarmierung für die Feuerwehren, den Rettungsdienst und den Katastrophenschutz wird auch die neue leistungsfähige digitale Ansteuerungstechnik für die Sirenen vom Land mit 50 % der Anschaffungskosten bezuschusst. Die Auslösung der Sirenensignale zur Warnung der Bevölkerung ist mit der neuen Technik problemlos möglich.

Das Land Rheinland-Pfalz hat im Jahr 2015 für seinen Zuständigkeitsbereich eine KATWARN-Lizenz für 17.850 Euro erworben. Nutzer der Lizenz können alle Behörden des Landes Rheinland-Pfalz sein. Derzeit nutzen neben dem Innenministerium die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, das Landesamt für Umwelt – mit Blick auf Hochwassermeldungen – und das Landesamt für Bergbau und Geologie – für Erdbebenmeldungen – KATWARN. Die Kosten für den oben genannten Bereich der Landeswarnungen KATWARN belaufen sich auf jährlich 3.570 Euro.

In den Jahren 2015 und 2016 hat die Landesregierung zudem die Anschaffung eines ergänzenden Katastrophenschutzwarnsystems durch die kommunalen Aufgabenträger mit 40 % der Anschaffungskosten, höchstens jedoch 7.140 Euro, gefördert. 25 Landkreise und kreisfreie Städte haben daraufhin im Rahmen dieser Förderung KATWARNLizenzen erworben.

Weiterhin finanziert das Land den Betrieb der MoWaSAnlagen bei sieben Integrierten Leitstellen und am Standort der Berufsfeuerwehr Mainz mit einer Gesamtsumme der Betriebskosten in Höhe von jährlich 159.620,68 Euro. Die MoWaS-Anlagen bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion und im Lagezentrum der Landesregierung werden aufgrund der Zuständigkeit für den Zivilschutz durch den Bund finanziert.

Nach dem durch alle Bundesländer hart kritisierten Rückzug des Bundes aus seiner originären Verantwortung für den Katastrophenschutz hat das Land freiwillig einen Teil der vom Bund eingestellten Förderung übernommen. Eine erkennbare Rückbesinnung des Bundes auf seine eigentliche Verantwortung im Katastrophenschutz wird unsererseits ausdrücklich begrüßt.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Junge.

Vielen Dank für Ihre Ausführungen, Herr Minister. Sie haben jetzt im Nachgang noch einiges zu den Maßnahmen gesagt, die Sie ergreifen wollen. Gibt es ein Gesamtkonzept, das diesen Warntag vielleicht auf eine erfolgreiche Spur bringen kann? Vor allen Dingen, was kann das Land tun, und welche Maßnahmen wollen Sie noch ergreifen?

Ich war einer derjenigen, die in der Innenministerkonferenz sehr darauf gedrungen haben. Ich habe in meiner früheren Tätigkeit in einem Bundesamt, das der Bundeswehrverwaltung zugeordnet war, schon als junger Mann Katastrophenschutzübungen mitgemacht und war einer der Beauftragten im Katastrophenschutz im unteren System. Ich halte viel davon, dass regelmäßig geübt wird, damit das Bewusstsein vorhanden ist und man sich darauf einstellt, dass solche Dinge geschehen können.

Deswegen ist dieser Warntag mit seinem enttäuschenden Ergebnis trotz allem richtig, damit wir endlich eine Bilanz bekommen, wo wir eigentlich stehen. Deswegen wird das in der Innenministerkonferenz und in Rheinland-Pfalz mit den Kreis- und Stadtfeuerwehrinspekteuren als denjenigen nachgearbeitet, die vor Ort den direkten Blick darauf und die Kenntnis über die Anlagen in den jeweiligen Kreisen und Städten haben. Natürlich wollen wir im September 2021 zeigen, dass viel, viel mehr geht, als wir jetzt hinbekommen haben.

Es gibt Fehler, die uns aus anderen Bundesländern berichtet wurden. Man hat vorher wirklich mehrfach darauf hingewiesen, die Dinge nicht parallel zu machen, sondern zunächst MoWaS starten zu lassen. Das ist dort nicht eingehalten worden. Ich glaube, aus guten Beweggründen, denn man wollte sofort ein aktiver Teil sein. Das hat das System zum Umkippen gebracht. Ich kann Ihnen die Erkenntnisse nicht sagen, aber wir werden viele Erkenntnisse gewinnen. Ich hoffe, dass wir Mängel so schnell wie möglich abstellen können, damit wir das, was bis Anfang der 90er-Jahre selbstverständlich war, ein flächendeckendes, die ganze Bundesrepublik warnendes System – damals war es das Sirenensystem, heute gibt es natürlich modernere Mittel – in dieser Mischung wieder hinbekommen, damit wir bei anstehenden Katastrophen unsere Bevölkerung warnen können.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Bollinger.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, in meinem heimatlichen Kreis Neuwied und in der Stadt Neuwied ist der Warntag komplett ausgefallen. Die Kreisverwaltung nahm dazu Stellung, dass die Auslösung des Alarms Landessache gewesen wäre. Ist das so? Wenn nicht, warum? Danke.

Ich nehme an, Sie werden mir zugehört haben.

(Abg. Martin Haller, SPD: Ach was, wieso?)

Ich habe zur Auslösung und der Verantwortung des Bundes alles gesagt.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Also nicht?)

Ich habe das eben ausgeführt.

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Junge.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Respektlos!)

Herr Minister, ich habe keine Zweifel daran, dass Sie diese Dinge nachbereiten werden. Können wir dann davon ausgehen, dass Sie ohne Aufforderung aus dem Parlament oder von uns im Innenausschuss zu den Ergebnissen und den daraus folgenden Maßnahmen vortragen werden?