Meine Damen und Herren, unser Schulsystem bleibt differenziert und durchlässig. Das GTS-Angebot wird um sieben weitere Schulen vergrößert. Es gibt 619 GTS-Schulen in Angebotsform und 107 verpflichtende Ganztagsschulen inklusive der 21 G8-Gymnasien. 13 weitere Schwerpunktschulen vergrößern das Angebot für inklusiven Unterricht. Das Gymnasium bleibt eine feste Säule in unserem rheinland-pfälzischen Schulsystem.
Ich möchte noch einmal das Gutenberg-Gymnasium speziell hier in Mainz hervorheben; denn auch hier haben wir eine Neuerung beim Schulstart. Diese Schule geht als erste Kulturschule mit den neuen fünften Klassen an den Start. Das sollten wir im Auge behalten; denn das ist eine neue Profilierung in der rheinland-pfälzischen Schullandschaft.
Meine Damen und Herren, welche weiteren Schritte sind zu erwarten? Die zu Schuljahresanfang gemachten Schritte sind ein Anfang. Ziel bleibt die 10 %ige Unterrichtsversorgung, die explizit im Koalitionsvertrag niedergeschrieben ist.
Im Sinne der Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung ist die duale Ausbildung verbunden mit einer intensiven Werbung, um Fachkräfte zu stärken. Die Schulen sollen stärker bei der Personalgewinnung und Rekrutierung mitwirken können. Das ist ebenfalls ein Ziel, den der Koalitionsvertrag vorgibt.
Schließlich kommen wir bei all den genannten Zielen ein großes Stück weiter, wenn es gelingt, das Kooperationsverbot aufzuheben, damit auch der Bund in die Pflicht genommen wird.
Abschließend darf ich für meine Fraktion sagen, dass wir auf einem guten Weg sind, aber das Ziel noch nicht erreicht haben.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Schule ist ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft. Sie soll nicht nur Wissen und Fähigkeiten vermitteln, sondern junge Menschen zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten erziehen. In einer sich wandelnden Gesellschaft versteht es sich daher von selbst, dass auch die Schule permanenter Veränderung unterliegt. Schulentwicklung ist also ein dauernder Auftrag an die Politik.
Leider wurde in der Vergangenheit in der Bildungspolitik zu viel experimentiert. Anstatt am bewährten Bildungssystem festzuhalten und es behutsam weiterzuentwickeln, hat man im Gefolge von PISA und Co. Bildungskatastrophen konstruiert, um damit Handlungs- und Reformbedarf zu begründen, Qualitätsmanagement und Evaluation, AQS und EQL, PES und ORS, Modularisierung und Kompetenz
orientierung. In regelmäßigen, immer kürzeren Abständen wurde und wird auch in Rheinland-Pfalz eine neue Sau durch die Bildungslandschaft getrieben.
Halt- und zielloser Aktionismus hat eine überbordende Bürokratie geschaffen, die nichts besser, aber vieles komplizierter, schlechter gemacht hat. Endlose Strukturdebatten binden Kräfte und Energien und gehen zulasten pädagogischer und inhaltlicher Arbeit. Solides Wissen wird diffamiert und durch ausschließlich handlungs- und outputorientierte Kompetenz ersetzt, umfassende Bildung zunehmend auf aktuelle Nützlichkeit und Verwertbarkeit reduziert.
Für den schulischen Erfolg wichtige Tugenden wie Fleiß, Disziplin, Leistungsbereitschaft, Belastbarkeit und Durchhaltevermögen sind in den Hintergrund geraten. Stattdessen kreiert man Lernateliers, reiht ein Projekt an das nächste, erstellt PowerPoint-Präsentationen oder Plakatwände, auf denen die bunte Form den zumeist dürftigen Inhalt nur notdürftig kaschiert.
Man langweilt leistungsstarke und überfordert schwache Schüler mit permanenter Gruppen- und Teamarbeit, kopiert Wikipedia-Wissen und andere Internet-Puzzle zu Patchwork-Referaten zusammen, überlässt die Schüler Formen selbstorganisierten Lernens und degradiert hoch bezahlte Lehrer zu Moderatoren und Lernbegleitern.
All dies hat zu einem gravierenden Bruch mit den Idealen klassischer Bildung und infolgedessen zu einem stetigen Qualitätsverlust geführt, der die Zukunftsfähigkeit junger Menschen und auf Dauer auch die Konkurrenzfähigkeit unseres Landes bedroht.
Hinzu kommt eine egalitäre Ideologie, das aussichtslose und gleichwohl immer weiter um sich greifende Bestreben, Unterschiede als solche nicht mehr zu benennen und zu akzeptieren, sondern durch euphemistische Umschreibungen, Nivellierung des Anspruchsniveaus oder strukturelle Gleichmacherei zu beseitigen. Fehler werden so zu anderen Lösungen, Wissenslücken zu Entwicklungsfeldern.
Hauptschule und Realschule wurden zur Realschule plus mit der Folge, dass ein Realschulabschluss heute kaum noch dem Wert eines früheren Hauptschulabschlusszeugnisses entspricht.
Die Zahl der Einser-Abiturienten wächst inflationär und steht oft in krassem Widerspruch zu deren tatsächlichen Fähigkeiten.
Wenn demnächst im Zuge der angestrebten Totalinklusion jeder nahezu unabhängig von intellektueller oder sozialer Kompetenz das Gymnasium besuchen darf, dann wird es um das Niveau des Bildungssystems noch weitaus schlechter bestellt sein als bereits jetzt.
Nicht mehr eine an den Fähigkeiten der Schüler und den Bedürfnissen der Gesellschaft orientierte Differenzierung, sondern eine Quantität mit Qualität verwechselnde Haltung treibt die Bildungspolitik an. Auch in Rheinland-Pfalz erleben wir einen politisch induzierten Akademisierungswahn, der zum akademischen Prekariat einerseits und einem Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften andererseits führt.
Gleichzeitig klagen die Universitäten über einen rapiden Schwund der Studierfähigkeit von Abiturienten und die Betriebe über Schwächen ihrer Auszubildenden in grundlegenden Kulturtechniken wie Lesen, Rechnen und Schreiben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Deutschland lebt wie kaum ein anderes Land dieser Welt von den geistigen Ressourcen seiner Menschen. Wir können es uns nicht leisten, ein bewährtes System immer weiter zu zerschlagen und an dessen Stelle eine nivellierte Einheitsschule zu setzen.
Wir brauchen eine Vielfalt im Bildungssystem, ja, wir brauchen auch wieder eine bessere Förderung von leistungsstarken und leistungswilligen jungen Menschen. Schulentwicklung ist keine Spielwiese für ideologisch motivierte Experimente, die bereits genug Schaden angerichtet haben. Sie sollte behutsam durchgeführt und am Wohl aller am Schulleben Beteiligten orientiert sein;
denn eine gute Bildung ist die Grundlage für politische Stabilität und wirtschaftliche Stärke unseres Landes.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist doch wieder denkwürdig. Frau Beilstein, Sie haben gesagt, es wiederholt sich so viel zum Schuljahresbeginn. In der Tat geht es oft um Hausaufgaben, natürlich um die Hausaufgaben einer Regierung, die Hausaufgaben der Regierungsfraktionen, die Arbeit der Regierung zu verteidigen, die Hausaufgaben der Opposition, zu bemängeln und vorzutragen. Insofern wiederholt sich da vieles. Ich glaube, es ist wichtig, dass jeder kleinteilig diesen einzelnen Hausaufgaben nachgeht.
Ich denke aber insgesamt, dass wir die Hausaufgaben alle gut machen. Die Hausaufgabe dieser Debatte ist eine bemerkenswerte, wenn ich Herrn Frisch und Frau Beilstein
zuhöre. Worum geht es hier, wenn wir Schritt für Schritt unser Bildungssystem und die Qualität von Schule in diesem Land weiterentwickeln? Dazu gehört auch die Quantität. Wenn wir mehr Schülerinnen und Schüler zu beschulen haben, dann geht es faktisch auch um Zahlen von mehr Schülerinnen und Schülern. So kann man das auch sehen. Man muss natürlich auch damit umgehen.
Es geht aber nicht um das, was Sie eben hier so geschrieben haben, dass nämlich unser gesamtes System infrage steht.
Herr Frisch, die Debatte um die Dreigliedrigkeit des Schulsystems als dogmatische Bildungsdebatte ist vorbei. Das hätten Sie längst bemerken können. Die wird in dem Land nicht mehr geführt. In diesem Land geht es nur noch um die Qualität und um den Inhalt von Bildung, also das, was unsere Schülerinnen und Schüler erreichen müssen. Das muss ich hier noch einmal betonen.
Nein, das ist überhaupt nicht autoritär. Sie bemängeln, dass Kriterien, die natürlich wichtig sind, wie Fleiß, Disziplin, Pünktlichkeit, Teamarbeit, soziale Fähigkeiten, die man im Leben braucht, nicht mehr beschult, gelehrt und vermittelt würden. Natürlich werden sie das. Deswegen müssen Sie Ihren Blick dafür noch einmal schärfen, wo dies nicht passiert.
Ich möchte deswegen ein paar Aspekte aufnehmen, eine alte Debatte, die wir hier aber vielleicht noch einmal ein bisschen neu führen müssen. Wir haben eben gehört – Frau Kollegin Lerch hat es direkt gesagt –, auf Binnendifferenzierung kommt es an. Unsere Schülerinnen und Schüler sind unterschiedlich. Die Gesellschaft ist vielfältig. Die Schülerinnen und Schüler bilden das ab. Auch Teilleistungsschwächen sind nichts anderes als ein Ausdruck von Vielfalt, der im pädagogischen System abgebildet und aufgenommen werden muss.
Worum geht es? Es geht um ein Grundrecht, nämlich in dieser Vielfalt jedem sein Recht auf Bildung gemäß Artikel 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen in dieser Vielfalt zukommen zu lassen.
Der Grad an Bildung bestimmt maßgeblich dann auch den Grad an kultureller Teilhabe. Wenn wir daran den Grad an Freiheit, Mündigkeit und Selbstbestimmung messen, dann führen wir die richtige Debatte. Schauen wir einmal drauf, wo sich das widerspiegelt.