Sie handeln wie immer nach dem Motto, lieber eine starke Behauptung, die vielleicht irgendwo durch die Presse geht, anstatt ein gutes Argument vorbringen oder eine gute Recherche machen zu wollen. Hören Sie mit diesem Unsinn bitte auf.
(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD – Unruhe bei der AfD)
Meine Damen und Herren, Kinder und Jugendliche effektiv und nachhaltig zu schützen, ist gewiss Aufgabe der Politik. Es ist aber auch gewiss, dass die Landesregierung durch diesen Antrag der CDU nicht erst auf dieses Thema aufmerksam gemacht werden muss.
Sexualisierte Gewalt gegen Kinder steht auf sittlich tiefster Stufe, und das ist besonders verwerflich. Das ist meine und sicher nicht nur meine Meinung, sondern die der meisten hier im Hohen Haus. Auch dies ist gewiss.
Allerdings würde es in keinem konkreten Fall einem betroffenen Kind helfen, wenn wir das jetzt noch einmal formell beschließen würden. Viel wichtiger ist es doch, dass sich die Bundesregierung gerade aufmacht, den Missbrauch von Kindern strafrechtlich endlich als Verbrechen einzustufen.
Die CDU beschreibt in ihrem Antrag die Häufung der Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Ja, das ist erschreckend und absolut schockierend. Immer mehr Täter fliegen aber auch deshalb auf, weil sie obendrein häufig der weiteren perversen Sucht der Weiterverbreitung solch abscheulicher Taten durch Fotos und Videos im Internet erliegen. So lassen sich Täter und Nutzer von solchem Material immer häufiger identifizieren und ermitteln. Wir müssen erreichen, dass noch mehr gesucht und gefahndet wird. Dazu muss die Polizei verstärkt weiter IT-Spezialisten einsetzen, die akribisch das Netz durchforsten.
Meine Damen und Herren, leider bestätigt die Erfahrung, dass sexueller Missbrauch von Kindern und Kinderpornografie vor allem dort vorkommen, wo Kinder eigentlich auf Erwachsene aus ihrem nächsten Umfeld vertrauen und sich somit leicht einschüchtern lassen. Es müssen Mittel und Wege gefunden werden, dem Druck der Täter auf die Opfer einen ebenso wirksamen Verfolgungsdruck auf die Täter entgegenzusetzen. Die Täter sexualisierter Gewalt dürfen sich nie mehr sicher sein.
Gute Ansätze sehe ich bei einem Anfangsverdacht, etwa bei den Razzien, die es in Rheinland-Pfalz bereits gegeben hat, oder dem Erfolg der Polizei beim Ausheben des Cyberbunkers in Traben-Trarbach.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Forderung der CDU nach einem weiteren Beauftragten für diese Problematik kann ich allerdings wenig Nutzen erkennen. Eine solche Person könnte von sich aus nirgends tätig werden. Sie müsste zentral in Mainz sitzen und warten, dass sich Opfer bei ihr melden. Das scheint nicht wirklich etwas zu bringen. Neue schulische Schutzkonzepte oder Fachtage produzieren nur mehr Papier und gewährleisten keinen raschen und wirksamen Schutz.
Allerdings haben wir in Rheinland-Pfalz – wir haben es vorhin auch von Frau Simon gehört – zahlreiche Kinderschutzdienste, die seit über 30 Jahren auf diesem Gebiet arbeiten. Sie werden über die LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege organisiert. Als spezieller Fachdienst sind die Stellen gut vernetzt und jederzeit ansprechbar. Die Mitarbeiter suchen Kinder und Jugendliche auch in ihrem Umfeld auf. Zu den umfangreichen Aufgaben und Einsatzgebieten gehören auch die Schulen und Kindergärten.
Lassen Sie uns diese Dienste weiter unterstützen und Eltern, Erzieher und Lehrpersonal über deren Arbeit informieren, damit sie überall dort helfen können, wo das tatsächlich notwendig ist.
Herr Kollege Roth, die FDP bezeichnet sich als Digitalpartei. Ich würde Ihnen empfehlen, einmal zu googeln. Sie finden ganz schnell Belege für das, was ich gesagt habe. Ich zitiere nur einmal aus dem SPIEGEL vom 11. August 2013 mit der Überschrift „Auch FDP-Jugend wollte Pädophilie legalisieren“.
Es heißt im Text: „Die Grünen haben sich Anfang der Achtziger für eine Legalisierung von Pädophilie ausgesprochen. Der Vorgang wird derzeit von Göttinger Parteiforschern untersucht.“ Das sind keine, die im Verdacht stehen, besonders rechtslastig zu sein.
Ihre Studien führten sie aber auch auf die Spur der damaligen FDP-Jugendorganisation. Es heißt weiter – Moment, ich muss noch einmal gerade schauen –: „(...) den Politikwissenschaftlern Franz Walter und Stefan Klescha [zufolge] sprach sich 1980 auch die damalige Jugendorganisation der FDP für eine Änderung des Sexualstrafrechts zugunsten Pädophiler aus.“
Sie können sich vielleicht noch erinnern, dass Ihre ehemalige hessische Kollegin Dagmar Döring im Jahr 1993 ihre Bundestagskandidatur zurückgezogen hat, weil Pädophilievorwürfe gegen sie erhoben worden sind. Ich erspare es ihnen, das jetzt weiter zu zitieren. Lesen Sie es einmal nach, bevor Sie hier solche Vorwürfe erheben, wir würden Unwahrheiten verbreiten.
Es ist für die FDP kein rühmliches Blatt in ihrer Geschichte, dass Sie damals in diese Verstrickungen mit involviert war. Das trifft die Grünen, das trifft aber auch Teile der FDP. Ich nehme Ihnen gern ab, dass Sie sich heute von diesen Dingen selbstverständlich distanzieren. Das ist auch gut so, aber Sie sollten zu Ihrer Geschichte auch mit den dunklen Seiten stehen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ist widerwärtig. Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche gehört konsequent verfolgt, konsequent bestraft und natürlich am allerbesten verhindert. Ich denke, unsere gemeinsame Ansicht ist, dass wir als Erwachsene und als Politik eine ganz besondere Verantwortung zum Schutz unserer Kinder und Jugendlichen haben.
Von dem her bin ich der CDU-Fraktion dankbar, dass sie das Thema hier noch einmal aufgreift. Herr Barth hat die erschreckenden Zahlen, die uns vorliegen, genannt. Was ich aber mindestens genauso bedenklich finde, ist, der Kinderschutzbund geht davon aus, dass sich in Deutschland ein Kind an durchschnittlich sieben Erwachsene wenden muss, bevor ihm überhaupt zugehört oder geglaubt wird,
Es geht also zum einen darum, diese Taten zu verhindern und zu bestrafen, wenn sie doch geschehen. Es geht aber eben auch darum, wenn Kinder und Jugendliche Opfer geworden sind, dass wir ihnen zur Seite stehen, sie unterstützen und uns um sie kümmern. Ich will sagen, das ist für uns alle, die wir Demokratinnen und Demokraten sind, ein Auftrag von herausragender Bedeutung, und das gilt selbstverständlich auch für unsere Landesregierung.
Nur ein aktuelles Beispiel: Beim Kampf gegen Kinderpornografie hat beispielsweise auch die rheinland-pfälzische Polizei noch einmal mit einem Pilotprojekt zur Auswertungssoftware NIKI aufgerüstet, die vor allem kinderpornografische Inhalte im Internet aufspüren und verfolgen soll. Es ist zu Recht gesagt worden, das ist im Moment ein Problem, das immer weiter ansteigt, und eine besonders perfide Art und Weise der sexualisierten Gewalt ist.
Meine Damen und Herren, ich denke, wir haben in Rheinland-Pfalz ein sehr gutes Kinderschutzgesetz mit 16 Kinderschutzdiensten an 18 Standorten für die Städte und Landkreise. Wir haben jugendschutz.net. Wir haben viele, viele Projekte der Prävention.
Ich komme auf den Vorschlag des Unabhängigen Bundesbeauftragten zurück, der in einem Schreiben vorgeschlagen hat – Sie greifen das auf –, Landesbeauftragte zu installieren. Ich finde, den Vorschlag kann man diskutieren. Man muss aber sehen, wir haben in Rheinland-Pfalz schon entsprechend gehandelt.
Die Ministerin hat auch Gespräche mit dem Unabhängigen Bundesbeauftragten geführt. Es wurde eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe gegründet, die sich mit dem Thema des Schutzes der Kinder gegen sexuelle Gewalt interdisziplinär beschäftigt. Wir haben aber schon bei uns eine Beschwerde- und Ombudsstelle für die Kinder- und Jugendhilfe bei der Bürgerbeauftragten installiert. Da sind wir in Rheinland-Pfalz Vorreiter.
Ich glaube, wir müssen schauen, weil wir wollen, dass es klare Zuständigkeiten und am Ende auch Hilfe gibt, dass wir uns nicht sozusagen in vielen, vielen Stellen verzetteln, sondern die Ressourcen bündeln, um einen möglichst effektiven Schutz dieser Kinder und Jugendlichen in RheinlandPfalz auch weiterhin zu gewährleisten.
Dann kommen wir zu dem Punkt der besonders perfiden sexualisierten Gewalt an Kindern und Jugendlichen durch Schutzbefohlene. Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Sie können auch in meiner Anfrage aus dem September diesen Jahres nachlesen, dass mir das Thema „Gewaltschutzkonzepte in Bildungseinrichtungen“ ein ganz wichtiges ist.
In der Antwort ist noch einmal deutlich aufgelistet, was dort in den letzten Jahren ausgebaut und weitergeführt worden ist und dass auch immer mehr Einrichtungen diese Schutzkonzepte haben. Ich glaube, es wäre es wert, dass
Ich möchte noch einen Aspekt einbringen. Wir haben auch das Thema „Altfälle“, also Menschen, die heute keine Kinder und Jugendlichen mehr sind, heute schon erwachsen sind und ältere, die aber in ihrer Kindheit und Jugend in Einrichtungen solche Gewalterlebnisse hatten und bis heute davon traumatisiert sind. Ich glaube, wir müssen auch einmal darüber sprechen, dass wir für diese Menschen noch einmal Anlaufstellen brauchen, von denen sie Unterstützung und ein Stück weit Hilfe erfahren können.
Ein zentraler Punkt ist für mich die Aufnahme der Kinderrechte in Grundgesetz und Verfassung, weil das sozusagen auch den Rahmen geben muss. Wenn wir darauf aufbauen und dazu hinkommen, dass auch Kinderrechte in den Justizverfahren gestärkt werden und die Anhörung der Kinder durch professionelle Unterstützung in den Verfahren begleitet wird,
dann bin ich mir sicher, wir würden in Zukunft auch zu härteren Urteilen gegenüber den Tätern kommen. Wir haben also vieles zu besprechen. Lassen Sie uns das im Fachausschuss gemeinsam tun. Vielleicht kommen wir zu einem gemeinsamen Papier.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich frage mich nach all dem, was ich gehört habe. Braucht die Politik immer erst Skandale, bis etwas passiert? Reicht das, was an die Oberfläche kommt, nicht schon längst aus, um noch stärker von politischer Seite aktiv zu werden? Sie wissen genauso gut wie ich, die Dunkelziffer in diesem Bereich der sexualisierten Gewalt ist hoch.
Vorhin wurde schon einmal gesagt – das ist ein Zitat vom Bundesbeauftragten Rörig –, in jeder Schulklasse sind es ein bis zwei Kinder mit entsprechenden Gewalterfahrungen. Das müsste uns aufrütteln. Es wird also höchste Zeit, wirklich zu handeln.
Ich habe in einer Pressekonferenz am 21. September 2020 ausgeführt, was sich in Rheinland-Pfalz ändern müsste.
Erstens: Frau Simon, nur 13 % der Schulen verfügen nach einem Abschlussbericht des Deutschen Jugendinstituts über ein belastbares Schutzkonzept. Auch deshalb fordere ich
für die Schulen in unserem Land die Einrichtung einer Beratungslehrkraft für Missbrauch an jeder Schule. Es bedürfte lediglich einer Erweiterung der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung vom 20. Februar 2011, in der auch andere schulische Beauftragte festgeschrieben sind: Kosten keine, Effekt hoch. Damit gehe ich in diesem Punkt über den Antrag der CDU hinaus.
Zweiter Punkt: Die Forderung meinerseits ist auch die Einrichtung eines Landesbeauftragten für sexuellen Missbrauch. Frau Simon, zur Ombudsstelle, die erwähnt wurde, möchte ich deutlich machen: Googeln Sie einmal. Sie werden feststellen, da steht nichts von sexuellem Missbrauch. Da steht etwas von den Leistungen nach dem Jugendhilfegesetz und der Eingliederungshilfe. Das sind völlig andere Schwerpunkte.
An die FDP-Fraktion gerichtet erinnere ich daran, dass der FDP-Jugendminister aus Nordrhein-Westfalen, Herr Joachim Stamp, das Anliegen von Herrn Rörig sofort umgesetzt hat. Es gibt in Nordrhein-Westfalen jetzt einen Landesbeauftragten und 4,5 Stellen, die Unterstützung leisten. Gut so.