Protokoll der Sitzung vom 12.11.2020

(Beifall der CDU, bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der AfD)

Vor diesem Hintergrund ist es meines Erachtens zwingend erforderlich, über das im Disziplinarrecht verankerte Verwertungsverbot nachzudenken, nach dem Daten zum Beispiel zu sexuellen Übergriffen nach einer bestimmten Frist aus der Personalakte gelöscht werden; denn dieses Verwertungsverbot kann die Nachverfolgung von Missbrauchsfällen und die sich daraus ableitende Prävention durchaus erschweren.

Wenn man bedenkt, dass Lehrkräfte 30 bis 35 Jahre im Schuldienst sind, würde eine längere Aufbewahrungszeit

der Vorfälle helfen, Sexismusvorwürfe länger zurückverfolgen zu können; denn Kindeswohl muss vor Datenschutz gehen.

(Beifall bei der CDU)

Gerade im Interesse des Kindeswohls müssen wir über die Schaffung neuer Strukturen nachdenken, wie wir sie in unserem Antrag fordern.

Meine Damen und Herren, die Schule ist ein Ort, an dem man Schutz erwartet. Wir haben es dort mit Schutzbefohlenen und einem durchaus sensiblen Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis zu tun.

Wenn nicht im für die jungen Menschen so prägenden Lebensraum Schule, wo sonst sollen sich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unter staatlicher Aufsicht sicher fühlen können und dürfen? Dafür müssen und wollen wir sorgen. Das muss unser Anspruch sein, und daher stellen wir heute diesen Antrag.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU und vereinzelt bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Anke Simon das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema ist leider nicht neu, und wir sind uns einig, dass es eines der schwierigsten und sensibelsten ist. Wenn es um unsere Kinder geht, müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, um sie zu schützen.

Der Antrag der CDU hat aber den Eindruck erweckt, dass es mehr um das Positionspapier des Beauftragten des Bundes geht. Deswegen spreche ich heute als familienpolitische Sprecherin und möchte noch einmal aufzeigen, was wir schon alles getan haben.

Schon in den 2000er-Jahren ist das Thema aufgekommen, dass stärker auf sexuellen Missbrauch bei Kindern reagiert werden muss. Das Landeskinderschutzgesetz aus dem Jahr 2008 war der Aufschlag. Wir waren zudem Vorbild zum Bundeskinderschutzgesetz.

Das Ergebnis sind steigende Fallzahlen bei den Hilfen zur Erziehung, aber auch zurückgehende Fallzahlen beim Missbrauch in der Polizeilichen Kriminalstatistik. Durch das Internet ist aber auch eine verstärkte Form des Missbrauchs durch Kinderpornografie entstanden.

Wir haben auf Bundesebene durch eine Verschärfung des Strafrechts reagiert, und auf Landesebene wurde das Personal für die Verfolgung der Taten im Netz verstärkt. Auch

die Prävention haben wir an den Schulen verstärkt und Schutzkonzepte umgesetzt.

Herr Barth, das wissen Sie alles schon, weil wir das mehrfach diskutiert haben. Ich nenne Ihnen beispielsweise die Vorlage 17/4386 aus dem Bildungsausschuss zum Thema „Schule gegen sexuelle Gewalt“.

Wir haben die Instrumente, um an Schulen gegen Lehrerinnen und Lehrer bei einem Fehlverhalten vorzugehen. Wir wollen nicht kleinreden, dass es dieses Fehlverhalten gibt. Ich denke, gerade das Bildungsministerium hat die Instrumente, um darauf zu reagieren. Wir müssen nicht im Parlament noch einmal einen Extrabeauftragten einsetzen, nur um die Schulen damit zu bedienen, sondern das ist ein allgemeines Thema. Darauf sollte man das auch reduzieren.

In der Kleinen Anfrage – Drucksache 17/12450 – von Jochen Hartloff und mir sind bereits die Präventionsmaßnahmen aufgeführt, zum Beispiel Kinderschutzdienste. Die Instrumente sind also eigentlich klar.

Neu in Ihrem Antrag ist der Bezug zum Positionspapier des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. In diesem Positionspapier sind viele Punkte enthalten, über die wir diskutieren sollten. Sie picken sich eine Forderung plakativ heraus: Ein Landesbeauftragter muss her.

Sie ignorieren die Tatsachen, dass wir bereits eine Ombudsstelle für den Kinder- und Jugendschutz haben, die unabhängig bei der Bürgerbeauftragten angesiedelt ist. Das, was in dem Positionspapier gefordert wird, haben wir in Rheinland-Pfalz bereits. Ich denke, wir können im Ausschuss gerne noch einmal darüber diskutieren, wie diese Stelle genutzt wird und wir vielleicht noch das eine oder andere verbessern können.

Ihren Feststellungen im Antrag können wir zustimmen. Wir können auch dem Passus der Begrüßungen mit dem Hinweis folgen, dass das Gesetz, das es verschärft, von Christine Lambrecht, einer SPD-Ministerin, auf den Weg gebracht wurde. Bei den Forderungen aber möchten wir gerne im Ausschuss diskutieren, dass wir vor allem nicht nur eine Landesbeauftragte wollen – die wir schon haben –, sondern im Zusammenhang mit dieser Landesbeauftragten ein Masterplan hinterlegt werden soll. Das ist aus unserer Sicht das eigentlich Wichtige dabei. Mit der Beauftragten wird aus unserer Sicht aber zu kurz gesprungen. Der Masterplan ist das Eigentliche, das hinterlegt werden soll.

Ich denke, wir werden im Ausschuss noch länger darüber diskutieren, wie wir das umsetzen und welche Punkte wir in Rheinland-Pfalz verbessern können. Verbessern können wir uns immer.

Danke schön.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Frisch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Seit den 1970er-Jahren bis in die 1990er-Jahre hinein gab es in der Bundesrepublik ernsthafte Bestrebungen, sexuelle Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen zu legalisieren. Einschlägige Lobbygruppen forderten die Entkriminalisierung sogenannter einvernehmlicher Pädophilie. Einflussreich war besonders die Arbeitsgemeinschaft Humane Sexualität, in der sich unter anderem der Sozialpädagoge Helmut Kentler engagierte, der als Begründer der Sexualpädagogik der Vielfalt gilt. Das ist ein Ansatz, der bis heute für die Arbeit, auch in rheinland-pfälzischen Kitas, grundlegend ist.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Hört! Hört!)

Unter dem Einfluss dieser Lobby stieß die Forderung nach einer Legalisierung der Pädophilie in Zeiten der sozialliberalen Koalition vor allem beim liberalen Koalitionspartner auf positive Resonanz.

(Zuruf aus dem Hause: Oh!)

Auch in einigen Landesverbänden der Grünen, etwa in Rheinland-Pfalz, gab es Bestrebungen, pädophile Beziehungen zu entkriminalisieren. Vielleicht haben wir es alleine der glücklichen Tatsache, dass die Grünen damals nicht in der Regierungsverantwortung waren, zu verdanken, dass solche Ideen nicht umgesetzt worden sind.

(Beifall der AfD)

Meine Damen und Herren, das ist mehr als gut so; denn der sexuelle Missbrauch an Kindern oder Jugendlichen ist eines der schlimmsten und widerwärtigsten Verbrechen überhaupt. Die minderjährigen Opfer sind in der Regel wehr- und schutzlos. Häufig leiden sie ein Leben lang unter körperlichen und vor allem seelischen Qualen.

Deshalb muss es oberste Priorität sein, solche furchtbaren Taten, wo immer es möglich ist, von vornherein zu verhindern, und zwar nicht nur durch staatlich initiierte oder geförderte Präventionsmaßnahmen, sondern auch durch eine starke Abschreckung potenzieller Täter.

Dass beides nötiger denn je ist, zeigen alleine die steigenden Fallzahlen in der Polizeilichen Kriminalstatistik, die allerdings nur das Hellfeld abzubilden vermögen. Hinter diesen nüchternen Zahlen steht die traurige Realität eines sexuellen Kindesmissbrauchs, dessen ganzes Ausmaß erst an konkreten Fällen sichtbar wird.

So hat uns etwa die Zerschlagung des kriminellen Netzwerks, das vom nordrhein-westfälischen Münster aus riesige Datenmengen kinderpornografischen Materials in der Welt verbreitete, dramatisch vor Augen geführt, dass sich die Bedrohungslage im Zuge der Digitalisierung teilweise

verändert und in jedem Fall deutlich erweitert hat.

Vor diesem Hintergrund haben wir als AfD-Fraktion das Bundesgesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder und die damit einhergehenden Strafverschärfungen gegen Sexualverbrecher ausdrücklich begrüßt. Hier darf es aus unserer Sicht keine Toleranz geben. Deshalb ist die Ausweitung der Verbrechensdefinition auf den Besitz kinderpornografischer Inhalte absolut richtig. Die Botschaft muss klar sein: Kindesmissbrauch wird überall und in jeder Form konsequent verfolgt und hart bestraft.

Auch wenn repressive Maßnahmen kein Allheilmittel sind, sollte ihre präventive Wirkung nicht unterschätzt werden. Daneben ist es natürlich richtig und wichtig, dass das Land zahlreiche eigene Projekte und Maßnahmen im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt gegen Kinder durchführt. Auf Antrag unserer Fraktion gab die Landesregierung dazu am 30. Juni 2020 einen ausführlichen Bericht im Familienausschuss ab.

So sehr wir diese Bemühungen begrüßen, zeigen aktuelle Entwicklungen in Rheinland-Pfalz aber auch, dass es auf vielen Ebenen noch erhebliche Verbesserungspotenziale im Kampf gegen Kindesmissbrauch und sexualisierte Gewalt im Allgemeinen gibt. Am Beispiel der skandalösen Vorfälle am Staatlichen Koblenz-Kolleg können wir inzwischen leicht nachvollziehen, welch verheerende Auswirkungen es haben kann, wenn staatliche Aufsichtsbehörden offenkundig jahrelang wegschauen und die Opfer im Stich lassen.

Wir unterstützen daher alle Bestrebungen, die bei den Themen des Kindesmissbrauchs und der sexualisierten Gewalt in Institutionen für mehr Transparenz und eine unabhängigere Aufsicht sorgen. Auch die Befähigung von Mitarbeitern, mit entsprechenden Fällen professionell umzugehen, tragen wir gerne mit.

Vielen Opfern fällt es allerdings schwer, sich Dritten gegenüber anzuvertrauen und Hilfe zu suchen, weil sie Schamoder Schuldgefühle haben oder in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Peiniger stehen. Gerade im schulischen Kontext kann das ein wesentlicher Faktor sein. Umso wichtiger ist es daher, den Betroffenen die Angst vor etwaigen negativen Konsequenzen ihres Handelns zu nehmen. Dafür sind eine zusätzliche systematische Aufklärung und diskrete Anlaufstellen notwendig, die auf die besonders sensible Situation von Kindern und Jugendlichen zugeschnitten sind.

Ein landeseigener Beauftragter zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt könnte einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der bereits bestehenden Angebote leisten, und deshalb stimmen wir diesem Vorschlag wie auch dem Antrag insgesamt gerne zu.

Zum Schluss möchte ich noch einen Hinweis an die SPDFraktion geben. Frau Simon, ich finde es bedauerlich, dass Sie in dem Kontext herausstellen, dass es die SPD war, die eine Vorreiterrolle eingenommen hat. Ich denke, dieses wichtige, sensible Thema ist viel zu ernst, als dass man

damit in irgendeiner Form ein parteipolitisches Süppchen kochen sollte.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Thomas Roth.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es absolut bedauerlich, was Sie heute wieder vom Stapel lassen. Herr Frisch, ich verwahre mich dagegen, dass Sie die Liberalen bezichtigen, dass wir für die Legalisierung einer Erwachsenen-Kind-Beziehung gewesen sein sollen.

Sie handeln wie immer nach dem Motto, lieber eine starke Behauptung, die vielleicht irgendwo durch die Presse geht, anstatt ein gutes Argument vorbringen oder eine gute Recherche machen zu wollen. Hören Sie mit diesem Unsinn bitte auf.