Protokoll der Sitzung vom 06.10.2016

Aber es ist festzuhalten: Ein Erlass kann die gesetzliche Regel nicht ändern. Deshalb bedarf es einer rechtlichen Regelung. Das heißt, im Jahr 2015 hat die Bundesregierung die Bundeskompensationsverordnung aufgegeben. Im gleichen Jahr haben wir dann mit dem Landesnaturschutzgesetz die Grundlage für eine einheitliche rechtsverbindliche Regelung in einer Landeskompensationsverordnung geschaffen.

Diese Landeskompensationsverordnung wird auf Basis des geänderten Landesnaturschutzgesetzes aktuell nach dem Vorbild der geplanten Bundeskompensationsverordnung erarbeitet.

Zu Frage 2: Was ist geeignete Realkompensation? Die landschaftsgerechte Neugestaltung ist nach § 15 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz eine geeignete Kompensation für die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes. Dabei kommt es nicht darauf an, dass das für die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes maßgebliche Vorhaben als solches nicht mehr wahrnehmbar ist. Geeignet für eine Aufwertung und damit als Kompensation für das Landschaftsbild sind alle Maßnahmen, die zu einer visuellen Aufwertung im Sinne charakteristischer Eigenart, Vielfalt oder Schönheit von Natur und Landschaft führen. Das sind beispielsweise das Anlegen von Alleen und Hecken, Feldgehölze, Streuobstbestände, das Entfichten von Talauen oder die Freistellung zugewachsener Trockenmauern in den Weinbergslagen.

Zu Frage 3: Herr Junge, ich finde, dass Ihre Aussage gestern zu Ersatzzahlungen wirklich diskreditierend war, und das im Hinblick auf Ihre Person und Partei; denn die von Ihnen angesprochene Verordnung stammt aus dem Jahr 1990, und zwar von dem CDU-Minister Beth.

Abgesehen von der bundesgesetzlichen Regelung gab es

in Rheinland-Pfalz lediglich Empfehlungen wie das Rundschreiben Windenergie aus dem Mai 2013, welches die Festsetzung von Ersatzzahlungen nach dem Alzeyer Modell empfohlen hat.

Zu Frage 4: Bei einer Realkompensation ist die Höhe der Kosten überhaupt nicht maßgeblich. Bei der Realkompensation geht es allein darum, dass der Eingriff ausgeglichen wird, und zwar unabhängig davon, ob das etwas kostet oder nicht. Es geht um die Qualität des Ausgleichs. Ich habe eben schon erläutert, dass hierfür diese Maßnahmen geeignet sind, die zu einer visuellen Aufwertung im Sinne charakteristischer Eigenart, Vielfalt oder Schönheit von Natur führen.

Vielen Dank.

Gibt es Zusatzfragen? – Herr Wäschenbach, Sie haben das Wort.

Frau Ministerin, wäre es nicht auch eine vernünftige Ausgleichszahlung, wenn diese an die Errichtung der fehlenden Infrastruktur für erneuerbare Energien gekoppelt würde, wie zum Beispiel Entwicklung der Speichertechnologie, intelligente Netze und Grundlastkraftwerke?

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das würde wahrscheinlich nicht den Vorgaben des Naturschutzgesetzes entsprechen. Nichtsdestotrotz ist es natürlich sinnvoll, auch solche Maßnahmen zu unterstützen.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Junge.

Frau Ministerin, ich beziehe mich natürlich auch auf Ihr Rundschreiben von 2011. Dort wird den Kreisverwaltungen quasi überlassen, welches Verfahren sie anwenden. Erst zwei Jahre später, 2013, wird das Alzeyer Verfahren eingeführt, eine quasi einheitliche Regelung, allerdings ohne Überprüfung. Der Landesrechnungshof hat hier einen Schaden von 13,5 Millionen Euro prognostiziert oder ermittelt, die im Land entstanden sind, weil es keine klare und eindeutige Regelung gab. Wie können Sie diese Anmerkung des Landesrechnungshofs entkräften, oder ist der Schaden tatsächlich entstanden?

Wie ich schon ausgeführt habe, kann eine Bundesregelung nicht durch einen Erlass aufgehoben werden. Die

Bundesregierung hatte ihrerseits schon 2012 die Bundeskompensationsverordnung angekündigt. Es gab eine entsprechende Bundesratsdrucksache. Die ist letztendlich gescheitert. Die Landesregierung hat im gleichen Jahr noch eine landesgesetzliche Regelung erlassen. Diese ist Grundlage für eine Landeskompensationsverordnung.

In Bezug auf die Höhe von Realkompensation habe ich schon gesagt, dass es überhaupt nicht darauf ankommt, wie viel eine Maßnahme kostet, sondern ob sie den Eingriff in die Natur durch geeignete Maßnahmen ausgleicht. Außerdem kann es niemals sein, dass dem Land Geld entgangen ist, weil all diese Maßnahmen auch bei Ersatzgeld immer nur dafür gut sein können, im naturräumlichen Zusammenhang Naturschutzmaßnahmen durchzuführen.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hartenfels.

Frau Ministerin, gefühlt haben wir dieses Thema in den diversen Ausschüssen intensiv rauf und runter besprochen. Deswegen richtet sich meine Frage eher in die Zukunft. Sie haben angedeutet oder angesprochen, dass eine Bundeskompensationsverordnung nicht zu erwarten ist und jetzt Rechtsgrundlagen vorliegen, um eine Landeskompensationsverordnung vorzulegen. Wann genau ist mit dieser Verordnung zu rechnen?

Eine solche Landesverordnung wird nicht so lange dauern wie im Bund, sondern es gibt die abteilungsübegreifende Projektgruppe, die die Rückmeldungen der Kreise ausgewertet hat. Diese ist aktuell dabei, einen Entwurf zu erstellen. Als Vorlage dient hier der Entwurf der Bundeskompensationsverordnung. Das ist im Übrigen im Koalitionsvertrag festgehalten worden. Der erste Entwurf soll zeitnah vorliegen und dann in den üblichen Beteiligungsverfahren abgestimmt werden. Also wir wollen einen schnellen Erlass der Verordnung.

Eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Schneider.

Frau Ministerin, Sie haben das Handeln der Landesregierung damit begründet, dass der Bund ein Gesetz in Aussicht gestellt hat, das nicht in Kraft getreten ist. Aber das Bundesnaturschutzgesetz war ab 1. März 2010 in Kraft. Die Frage ist: Haben Sie beim zuständigen Bundesministerium zwischenzeitlich eine Auskunft eingeholt, ob das Handeln der Landesregierung entsprechend rechtskonform mit dem Bundesnaturschutzgesetz war?

Ulrike Höfken, Ministerin für Umwelt, Energie, Ernäh

rung und Forsten:

Sie sprechen wahrscheinlich die Beihilfefrage an. Das ist über das Bundeswirtschaftsministerium geklärt worden. Es gab offensichtlich keinerlei Anlass dazu.

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Steinbach.

Frau Ministerin, der Sachverhalt beschäftigt uns nun schon seit knapp zehn Monaten im Landtag. Ich frage Sie: Gibt es seitdem überhaupt neue Erkenntnisse? Meine Auffassung ist, dass seitens der Landesregierung und in den Ausschüssen der Sachverhalt sehr tiefgründig und nachhaltig dargelegt worden ist.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Die Ministerin hat jeden Tag neue Erkenntnisse in dieser Sache!)

Nein, es liegen überhaupt keine neuen Erkenntnisse vor. Es gibt keine neuen Erkenntnisse. Es hat sich seit den Debatten im Januar und Februar nichts daran geändert. Die abschließende Auswertung der Rückmeldungen der Landkreise zu den Fragen des Haushalts- und Finanzausschusses liegen dem Landtag seit dieser Woche vor.

Eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Schneider.

Frau Ministerin, wenn alles tiefgründig und erschöpfend beantwortet wäre und wenn Sie sagen, dass es eine Antwort des Bundesministeriums gibt, frage ich: Können Sie mir erklären, warum die von Staatssekretär Griese im letzten Umweltausschuss zugesagten Unterlagen, nämlich der komplette Schriftverkehr, dem Ausschuss bisher noch nicht zur Verfügung gestellt werden konnten?

Ich darf noch einmal nachfragen. Sie beziehen sich auf diese Beihilfesache?

Ich beziehe mich nicht nur auf die Beihilfesache, sondern auf den kompletten Erkenntnisgewinn. Es geht auch um die Beihilfesache, aber es geht auch darum, welchen Schriftverkehr es vor und nach dem Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes am 1. März 2010 gab. Dies hat der Staatssekretär vollumfänglich im Ausschuss zugesagt. Es liegt bis heute nicht vor. Ich denke, es dürfte kein Problem sein, dies zu kopieren.

Tut mir leid, ich war nicht dabei.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Sie stehen aber jetzt vorne!)

Das wird Ihnen sicher noch zugeleitet. Ich kann nur wiedergeben, dass das Bundeswirtschaftsministerium zwischenzeitlich per E-Mail mitgeteilt hatte, dass die ganze Angelegenheit bezüglich der EU-Beihilfe erledigt sei.

Ich darf vielleicht noch ergänzen. Wir haben über die Bundeskompensationsverordnung lange auf Bundesebene diskutiert, weil es in allen 16 Ländern unterschiedliche Regelungen gab. Natürlich war es nicht unser Ansinnen, eine Regelung für Rheinland-Pfalz zu schaffen, sondern eine bundeseinheitliche Regelung zu finden. Das steht bis heute aus. Das wäre eigentlich sinnvoll. Insofern sind die Maßnahmen, die wir getroffen haben, eigentlich nur Notlösungen im Hinblick auf eine Bundesregelung.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Trotzdem war das Bundesnaturschutzgesetz ab 1. März 2010 in Kraft!)

Ja, natürlich.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Die Gesetzeslage war klar!)

Ja.

Es gibt eine Zusatzfrage des Abgeordneten Junge. Jeder kann sich für eine Frage melden. Wir machen das in einem ordnungsgemäßen Verfahren. Herr Junge hat das Wort zur Frage.

Vielen Dank, Herr Präsident. Frau Ministerin, es wurden nicht nur Zahlungen von den kommunalen Gebietskörperschaften einbehalten. Viele Ersatzzahlungen, obwohl schon ermäßigt, wurden erst gar nicht geleistet. Bitte geben Sie einen Einblick, wie Sie das bürokratisch in Ihrem Ministerium handhaben und was dazu geführt hat, dass es zeitweise 280 Posten mit einer ausstehenden Summe von 4,8 Millionen Euro gab und viele dieser Posten mehr als vier Jahre alt sind. Das ist doch ein Schaden, der entstanden ist.

Nein, erst mal entsteht dem Land kein Schaden durch diese Regulierungen; denn das Geld ist niemals für das Land bestimmt, sondern es sind nur konkrete Naturschutzmaßnahmen zum Ausgleich für einen Eingriff.

(Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Ja, ich verweise auch auf die Unterlagen, die Ihnen jetzt über den Haushalts- und Finanzausschuss zugeleitet

wurden, worin die Auflistung enthalten ist. Die Kreise sind zuständig. Es gibt sehr unterschiedliche Eingriffe und Maßnahmen. Insofern ist es ganz sinnvoll, sich an die Kreise zu wenden und die Hintergründe für die unterschiedlichen Zeitabläufe abzufragen.

Es liegt keine weitere Zusatzfrage vor. Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet. Vielen Dank.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Steven Wink (FDP), Außenwirtschaftsprogramm des Landes Rheinland-Pfalz – Nummer 4 der Drucksache 17/1172 – betreffend, auf.

Herr Abgeordneter Wink, Sie haben das Wort.