Protokoll der Sitzung vom 26.01.2017

Die Verbalzeugnisse haben sich in der Praxis bewährt. Deshalb ist es nicht zutreffend, dass es eine breite Kritik daran gäbe. Vor diesem Hintergrund sieht die Landesregierung keine Notwendigkeit, an den bisherigen Regelungen und Verfahren zu den Zeugnissen in der Grundschule etwas zu ändern.

Zu Frage 2: Die Landesregierung ist davon überzeugt, dass die Formulierungen in den Zeugnissen der Klassenstufen 1 und 2 den Eltern den Lernstand ihrer Kinder gut vermitteln und eine individuelle Bewertung des Lernprozesses enthalten.

Jede Lehrkraft beobachtet während des Schuljahres die Schülerinnen und Schüler. Entsprechende Aufzeichnungen werden getätigt. Aus den Beobachtungen werden Konsequenzen für die individuelle Förderung gezogen und Lernkontrollen durchgeführt. Dies alles mündet im Zeugnis in die verbale Beschreibung der Leistung und des Lernfortschritts des einzelnen Kindes.

Das Schreiben eines Zeugnisses mit Verbalbeurteilung bedeutet einen begrenzten Arbeitsaufwand, wenn die Lehrkraft ihre Lernbeobachtung das ganze Jahr über führt und zur Zeugniserstellung zusammenträgt.

Die rheinland-pfälzischen Lehrerinnen und Lehrer gehen sehr verantwortungsvoll mit dieser Aufgabe um und erstel

len für jedes Kind eine entsprechende Verbalbeurteilung. In der 1. und 2. Klasse geschieht dies mit Freitext. Ab der 3. Klasse können die Lehrkräfte dann auch mit Blick auf die Vergleichbarkeit sogenannte standardisierte Könnensprofile nutzen. Dies war ausdrücklicher Wunsch der Lehrerverbände und eines Teils der Eltern.

Der Unterricht orientiert sich an bundesweit einheitlichen Bildungsstandards, die regelmäßig vom Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen überprüft werden. Die jährlich durchgeführten Vergleichsarbeiten in der 3. Klasse – VERA 3 – geben Lehrkräften qualifizierte Rückmeldung über den erreichten Kompetenzstand der Schülerinnen und Schüler, individuell, klassen-, schul- und landesweit.

Zu Frage 3: Bei Grundschulzeugnissen handelt es sich nicht um Arbeitszeugnisse, sondern in erster Linie um eine Rückmeldung für das Kind und die Eltern, wo es steht. Die Texte in den Zeugnissen werden so geschrieben, dass sie sowohl für die Kinder als auch für die Eltern verständlich sind und deutlich machen, wo das Kind erfolgreich ist und wo es Entwicklungs- und Unterstützungsbedarf gibt.

Außerdem findet – wie bereits erwähnt – von der 2. bis zur 4. Klasse das Lehrer-Eltern-Schüler-Gespräch statt, in dem im Einzelnen der Lernstand und die Lernentwicklung des Kindes erörtert werden. In der 3. und 4. Klasse erhalten die Eltern in diesen Gesprächen Informationen zu den Noten. Unabhängig davon stehen Lehrkräfte natürlich für Elterngespräche zur Verfügung, individuell und bei Elternabenden.

Zu Frage 4: Es ist nicht richtig, dass die Schulnoten von der Grundschule bis zum Abitur allzu gut seien und immer weniger aussagekräftig sind. Eine Inflation in der Notumgebung in der Grundschule oder in den weiterführenden Schulen ist nicht erkennbar.

Die rheinland-pfälzischen Lehrkräfte gehen mit den Instrumenten der Leistungsbeurteilung und der damit verbundenen Notengebung, insbesondere auch in Bezug auf den Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule, sehr verantwortungsvoll um.

Noch eine Bemerkung zum Abitur: Die Notendurchschnitte in den Ländern haben sich in den letzten zehn Jahren verbessert, aber auf moderate Art und Weise. So variierten die Abiturdurchschnitte aller Länder im Jahr 2006 zwischen 2,33 und 2,71. Im Jahr 2015 bewegten sie sich zwischen 2,16 und 2,59. In Rheinland-Pfalz betrug der Durchschnitt an den genannten Zeitpunkten 2,63 bzw. 2,52. Das ist im bundesweiten Vergleich eine geringere Veränderung.

Gleichzeitig weist Rheinland-Pfalz mit die niedrigste Durchfallquote aller Länder im Abitur auf. Beides zusammen kann als Beleg dafür gesehen werden, dass in der Abiturprüfung in Rheinland-Pfalz hohe Ansprüche gestellt, die Schülerinnen und Schüler aber auch gut gefördert werden.

Vielen Dank.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Schneid.

Frau Ministerin, ich habe eine Frage. Wie werden die Gespräche zwischen Schülern, Lehrern und Eltern angenommen? Gibt es Eltern, die diese Gespräche nicht annehmen? Welche Konsequenzen hat das?

Frau Abgeordnete Schneid, die Schüler-Eltern-LehrerGespräche werden sehr gut angenommen. Diese sind insbesondere in der 3. und 4. Klassen auch auf Petita der Eltern hin mit eingeführt worden. Sie werden sehr rege besucht. Es gibt Einzelfälle, die ich Ihnen nicht quantifizieren kann, bei denen es manchmal schwieriger ist, die Eltern in die Schule zu bekommen. Sie werden mehrfach angeschrieben. Man versucht gemeinsam, einen Termin zu finden. Das klappt in der Regel dann auch. Aber es gibt keine Sanktionierung, wenn ein solches Gespräch nicht stattfindet.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Lerch.

Frau Ministerin, nach der neuen Grundschulordnung werden die Lernfortschritte dokumentiert, verbal oder nach Noten. Liegen Ihrem Haus Erkenntnisse und Rückmeldungen darüber vor, wie die Schulen und die Eltern mit dieser neuen Einrichtung umgehen?

Wir haben keine Erhebung darüber gemacht, wie die Eltern oder die Lehrkräfte damit umgehen. Wir haben aber auch keine Hinweise darauf, dass es Schwierigkeiten dabei geben könnte. Ich habe es gerade schon gesagt, die SchülerEltern-Lehrer-Gespräche werden sehr gut angenommen. Diese Kombination in der 3. und 4. Klasse einerseits mit Noten, aber auch mit kurzen Erläuterungen, funktioniert in der Praxis sehr gut.

Eine Zusatzfrage von Frau Abgeordneter Brück.

Vielen Dank, Frau Ministerin. In der Mündlichen Anfrage wird das Zeugnis von zwei bestimmten Jahrgangsstufen kritisiert und besonders herausgegriffen, und zwar von den Klassenstufen 1 und 2. Es gibt sicherlich Konzepte, wie man die Kinder beim Übergang von der Kindertagesstätte in die Grundschule und dann in die weiterführende Schule im Verlauf ihrer Schulzeit an die Bedeutung von Leistungsrückmeldungen heranführt und wie die Schülerinnen und Schüler damit umgehen sollen. Gibt es dazu Konzepte? Können Sie dazu etwas sagen?

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Brück. Es ist so, dass bereits in den Kindergärten – das ist sozusagen ein kontinuierlicher Strang, der von den Kindergärten in die Grundschulen geht – die Kinder Portfolios machen und Wortbeurteilungen bekommen. Die Erzieherinnen und Erzieher erläutern ihnen sozusagen im Kindergarten mit dem Wortlaut ihre Leistungen, ihren Entwicklungsstand und die Entwicklungsnotwendigkeiten. Das setzt sich in der 1. Klasse der Grundschule fort. Die ersten beiden Klassen sind die Eingangsklassen in der Grundschule. Da geht es nicht darum, sofort eine komplette Leistungsorientiertheit zu haben, sondern zunächst die Kinder bereit zu machen. Die Kinder sollen lernen. Es wird überprüft, welchen Lernstand sie haben. In Wortbeurteilungen wird ihnen dann erläutert, wo sie stehen. Den Eltern wird gesagt, wo sie stehen und wo sie sich weiterentwickeln können. Das ermöglicht eine viel differenziertere und individuellere Beurteilung der Kinder und dadurch auch eine viel differenziertere und individuellere Förderung der Kinder.

Eine weitere Zusatzfrage von Frau Abgeordneter Schneid.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Können Sie in etwa sagen, wie viele Grundschulen sich für das Könnensprofil entschieden haben und danach arbeiten bzw. das als Grundlage nehmen?

Das Könnensprofil ist nur in der 3. und 4. Klasse möglich. Es gibt die Noten in der 3. und 4. Klasse. Dazu gibt es eine kurze Erläuterung. Diese kurze Erläuterung kann mit dem Könnensprofil, das vorformuliert ist, erläutert werden. Es kann aber auch mit Freitext erläutert werden.

Wir haben darüber keine Zahlen, weil es letztlich jeder einzelnen Lehrkraft überlassen ist, wie sie das ausgestaltet, ob sie einen Freitext nimmt oder sich lieber des Könnensprofils bedient. Wir haben das Könnensprofil deshalb eingeführt, weil es insbesondere die Lehrerverbände erbeten hatten, die sich davon eine gewisse Arbeitserleichterung erhofft haben.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Frisch.

Frau Ministerin, Sie sprachen davon, dass die geringe Durchfallquote bei den Abiturprüfungen in Rheinland-Pfalz für die hohe Qualität dieser Prüfungen sprechen würde. Nun ist das nicht unbedingt logisch ein zwingender Zusammenhang. Mit entscheidend ist auch das inhaltliche Niveau dieser Prüfungen. Man kann theoretisch auch bessere Noten erreichen, indem man das Niveau absenkt. Das ist nach meiner über 30-jährigen Berufserfahrung durchaus ein Punkt, den viele Kollegen kritisieren.

Meine Frage lautet deshalb: Gibt es Untersuchungen über das inhaltliche Niveau der Prüfungen, und zwar nicht nur in der horizontalen Richtung, also aktuell zwischen verschiedenen Bundesländern, sondern auch in der vertikalen, dass man einmal geschaut hat, inwieweit die inhaltlichen Anforderungen, die Qualitätsstufen, in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert worden sind? Ist der Eindruck, den viele Lehrer haben, man würde es den Schülern zunehmend einfach machen, zutreffend, oder ist das mehr eine subjektive Wahrnehmung?

Danke schön.

Herr Abgeordneter Frisch, ich glaube, Letzteres ist der Fall. Es ist eine subjektive Wahrnehmung. Man muss eines sehen: Erstens, die Lehrpläne werden natürlich in den Ministerien, aber zusammen mit den Lehrkräften erstellt. Es ist nicht so, dass sich irgendjemand am grünen Tisch überlegt, welcher Inhalt in den Schulen gelehrt werden soll, sondern es gibt Lehrpläne, die in den Ministerien zusammen mit Lehrkräften ganz verschiedener Disziplinen jeweils erarbeitet werden. Das ist der eine Punkt.

Das andere ist, dass wir das Institut für Qualität im Bildungswesen haben, ein Bundesinstitut, das Bildungsstandards insbesondere in den Kernfächern Deutsch, Englisch, Mathematik und Französisch erarbeitet hat. Diese Qualitätsstandards gelten einheitlich für das gesamte Bundesgebiet. Das sind Qualitätsstandards, die in die Tiefe, aber auch in die Breite gehen.

Diese Bildungsstandards werden regelmäßig überprüft. Ich hatte schon die Gelegenheit, die letzten IQBBildungsstandards, die die 9. Klasse betroffen haben, und die Ergebnisse hier vortragen zu können. Sie sind sehr differenziert. Wenn Sie sich die Studie anschauen – sie hat 400 Seiten –, geht es darin nicht nur um ein Ranking, ganz im Gegenteil, sondern sehr stark auch um Inhalte und Fähigkeiten, die die Schülerinnen und Schüler erlernen.

Wir sind gerade im Bereich des Abiturs dabei, eine bundesweite Vergleichbarkeit stärker herzustellen. Wir haben erstmals in diesem Abiturjahrgang gemeinsame Aufgaben aus einem Aufgabenpool in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik eingeführt.

Wir haben mit der Kultusministerkonferenz zusammen darauf geachtet, dass die Rahmenbedingungen der Abiturprüfungen und die Bearbeitungszeiten gleich sind und insbesondere auch geschaut wird, wie hoch der Anteil der Beantwortung einer Frage sein muss, damit eine bestimmte Note dafür vergeben werden kann. Auch hier haben wir einheitlichere Rahmenbedingungen hergestellt.

Was die Qualität anbelangt, sichern diese die Bildungsstandards, und sie sind sehr gut.

Eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Brück.

Frau Ministerin, Sie sprachen eben vom Lehrer-ElternSchüler-Gespräch und dass es gut angenommen wird. Welche konkreten Rückmeldungen liegen Ihnen von den betroffenen Gruppen – Lehrkräften, Eltern, Schülerinnen und Schülern – vor? Warum wird es so gut angenommen, oder welche guten Schlüsse kann man daraus ziehen?

Der Vorteil des Schüler-Eltern-Lehrer-Gespräches ist zum einen, dass man sehr individuell auf die Kinder und deren Fähigkeiten, aber auch auf die Entwicklungs- und Lerndefizite eingehen kann. Das heißt, die Lehrkraft kann mit den Eltern besprechen, wie man das Kind künftig noch besser fördern kann und wie das Kind es schaffen kann, den Stoff, die Fähigkeiten, die es innerhalb der Grundschule erlangen soll, noch oder überhaupt zu erlangen.

Für die Lehrkräfte ist es deshalb so wichtig, weil sie die Eltern dadurch in der Schule haben, sie kennenlernen und vor allen Dingen in die Erziehungsarbeit mit einbinden können. Die Rückmeldung, die wir zunehmend bekommen, ist nämlich die, dass die Eltern sich in vielen Fällen leider nicht so an der Erziehung, auch an der schulischen Bildung, beteiligen, wie es sein soll.

Deshalb ist das eine sehr gute Gelegenheit, zwischen den Eltern und der Schule eine Art Erziehungspartnerschaft zu begründen und gemeinsam zu überlegen, was das Kind nicht nur innerhalb, sondern vielleicht auch außerhalb der Schule braucht und wo es noch speziell gefördert werden soll.

Dieses Instrument wird nicht nur von den Lehrkräften sehr gut angenommen, sondern auch von den Eltern. In der Regel sind die Kinder bei diesem Gespräch mit dabei. Sie werden also nicht außen vor gelassen. Wenn das in Einzelfällen nicht sinnvoll ist, wird die Lehrkraft hinterher mit dem Kind ein getrenntes Gespräch führen und vermittelt dem Kind dann auch, wo es steht und wie es sich noch besser weiterentwickeln kann.

Es ist ein sehr gutes Instrument, das deshalb auch im Jahr 2013 ausgebaut worden ist. Das gab es zunächst nur in der 2. Klasse. Man hat es auf die 3. und 4. Klasse ausgebaut, gerade auch mit Blick auf die weiterführenden Schulen.

Mir liegen noch fünf Wortmeldungen vor. Danach betrachte ich die Anfrage als beantwortet. Zunächst Frau Abgeordnete Lemke.

Frau Ministerin, ich habe eine Frage, die sich an das anschließt, was Sie zuletzt ausgeführt haben, die Erziehungspartnerschaft, die mit den Eltern in diesen Gesprächen aufgebaut wird. Den Punkt, den Sie eben gemacht haben, war, die Beziehung zu den Eltern bzw. Lehrer/Eltern und Eltern/Schüler herauszuarbeiten.

Meine konkrete Frage: Wie gestaltet sich eine Form der Ermöglichungskultur mit Blick auf das, was nach der 3. und 4. Klasse für die Schülerinnen und Schüler folgt, und auf den Umgang mit den Stärken der Schülerinnen und Schüler? Sie sind in Ihrem letzten Beitrag vor allen Dingen auf die Schwächen und deren Kompensation eingegangen. Jetzt würde ich gern noch etwas dazu hören, wie wir mit den Stärken der Schülerinnen und Schüler umgehen.

Frau Abgeordnete Lemke, dieses Gespräch ist natürlich nicht so angelegt, dass es nur um die Schwächen geht. Sie haben vollkommen recht. Es geht vor allen Dingen auch um die Stärken und das, was die Kinder schon können. Das sieht man auch in den Zeugnissen.

Ich habe mir selbst Beispiele aus der 1. und 2. Klasse vorlegen lassen, weil ich sehen wollte, wie diese Beurteilungen sind, gerade in der 1. Klasse, wo der Freitext in den Verbalbeurteilungen enthalten ist. Dort wird sehr schön aufgeführt, was spezifische Fähigkeiten der Kinder sind, was sie schon können, wo sie Interessen, Schwerpunkte und besondere Begabungen haben. Das steht dann nicht nur in der Verbalbeurteilung des Zeugnisses.

Das hat einen großen Vorteil, weil dort nicht nur eine „nackte“ Note steht, sondern auch eine Beschreibung des Kindes. Das motiviert natürlich auch das Kind, ein Stück weit zu sehen, was es schon kann und was es noch lernen will. Das ist für die Kinder eine Art und Weise, wie man ihnen sehr kindgerecht Inhalte vermitteln kann, ihnen aber auch zeigen kann, wie sie sich schon entwickelt haben und sich noch weiterentwickeln können.

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse der Peter-GärtnerRealschule plus Böhl-Iggelheim. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!