Protokoll der Sitzung vom 04.05.2017

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur wirksamen Bekämpfung der Kriminalität müssen die Sicherheitsbehörden über die notwendigen und zeitgemäßen Rechtsgrundlagen verfügen. Auch ich will vielen Dank für die gute Debatte und für die Ankündigung der Koalitionsfraktionen bezüglich des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes sagen. Das sind solche Grundlagen. Diese müssen die grundgesetzlich verankerten Freiheitsrechte berücksichtigen – auch darauf bin ich gestern eingegangen –, aber auch den Sicherheitsinteressen der Bürgerinnen und Bürger Rechnung tragen. Ich glaube, das ist ganz klar; denn nur dort, wo Sicherheit existiert, kann sich Freiheit entfalten. Das ist unsere Verantwortung. Hieraus resultiert für uns die Verantwortung, unsere Bürgerinnen und Bürger vor Kriminalität zu schützen. Es ist gut, dass Rheinland-Pfalz auch ausweislich der Statistiken der Innenministerkonferenz, aber auch des Statistischen Bundesamtes in der absoluten Spitzengruppe der sichersten Länder in Deutschland rangiert. Ich glaube, das ist ein guter und großartiger Erfolg.

Der Antrag der CDU-Fraktion erweckt den Eindruck, die Landesregierung käme der eigenen Verantwortung nur unzureichend nach. Herr Herber, das ist falsch.

Ich komme zunächst zu den Forderungen, den Gesetzesantrag Bayerns zur Normierung der Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz zur QuellenTKÜ zu unterstützen. Ziel des Gesetzentwurfs – Sie haben es ausgeführt – ist es, durch eine Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes klarzustellen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz zum Zwecke der TKÜ auch zum heimlichen technischen Eingriff in informationstechnische Systeme, sogenannte QuellenTelekommunikationsüberwachung, befugt ist. Ob eine derartige Befugnis zugunsten des Bundesamtes für Verfassungsschutz besteht, ist bislang gesetzlich nach unserer Einschätzung nicht ausdrücklich geregelt. Angesichts der Grundrechtsintensität der Maßnahme soll im Interesse der Normenklarheit und Bestimmtheit sowie der Rechtssicherheit eine entsprechende Vorschrift geschaffen werden. Das beabsichtigte Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.

Die Arbeit der Sicherheitsbehörden kann angesichts der angespannten Sicherheitslage nicht mit punktuellen gesetzgeberischen Einzelmaßnahmen, sondern nur mit einem schlüssigen Gesamtkonzept und unter Berücksichtigung der neuen Verfassungsrechtsprechung gestärkt werden. Das gilt insbesondere auch für die Zuständigkeit des Bundes, des Bundestages, der Bundesregierung.

Der bayerische Antrag hat im Übrigen schon aufgrund der zeitlichen Gegebenheiten – die Vorredner sind darauf eingegangen – kurz vor Ende der Legislaturperiode des Bundes keine Aussicht auf Erfolg.

Als Zweites fordern Sie, die geplante Gesetzesinitiative der Bundesregierung, die Mindeststrafen bei Wohnungseinbrüchen auf ein Jahr Freiheitsstrafe anzuheben, zu unterstüt

zen. Herr Herber, Sie haben sehr sachlich eingeführt. Ich möchte Sie bitten, bei solchen Begründungen die letzten zwei Sätze – ich glaube, es waren zwei Sätze –, die Sie am Schluss Ihrer Ausführungen gebracht haben, wegzulassen. Ein solches Bild eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Gewalt in ganz engen persönlichen Beziehungen zu ziehen – Sie haben beschrieben, wie geschlagene Personen aussehen können – und der Frage des Telefonierens von Einbrechern, passt nicht ganz zusammen. Das passt auch nicht ganz in diese sachliche Diskussion.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Herber, Sie wollen die Telekommunikationsüberwachung auch bei nicht bandenmäßig begangenen Wohnungseinbrüchen ermöglichen.

Ich möchte mit dem zweiten Aspekt, der in Ihrer Forderung enthalten ist, beginnen und will es hier kurz machen.

Bereits im letzten November haben wir im Kreis der Innenminister und Innensenatoren genau diese Forderung erhoben, nämlich die Telekommunikationsüberwachung um den Wohnungseinbruchdiebstahl gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 des Strafgesetzbuches zu ergänzen.

Dabei war es unzweifelhaft, dass wir den Strafverfolgungsbehörden dieses weitere Instrument zur besseren Aufklärung von Wohnungseinbrüchen an die Hand geben müssen. Die Gründe hierfür sind bekannt, sodass ich mir diese weiteren Ausführungen an dieser Stelle ersparen kann.

Bezogen auf die Anhebung des Mindeststrafrahmens für Wohnungseinbrüche auf ein Jahr bedarf es, davon bin ich fest überzeugt, einer sehr differenzierten Betrachtung. Zunächst stelle ich fest, dass die IMK im November 2016 auch festgestellt hat, dass die minderschweren Fälle des Wohnungseinbruchdiebstahls nach den §§ 244 und 244 a des Strafgesetzbuches gestrichen werden sollten. Dies stellt aus meiner Sicht bereits ein deutliches Signal für die juristische Bewertung des Wohnungseinbruchdiebstahls dar.

Bei Ihrer Forderung nach der Anhebung des Wohnungseinbruchs zu einem Verbrechenstatbestand bedarf es auch hier der ganzheitlichen Betrachtung. Zunächst sind die Ermittlungsbehörden gefragt, durch professionelle Arbeit eine stichhaltige Beweislage zu schaffen, die einer Anklage und Verurteilung den Weg bereiten.

Ich bin froh, und ich habe heute Morgen schon und gestern auf die Reduzierung der Wohnungseinbruchsituation in Rheinland-Pfalz abgehoben. Das ist ein Ermittlungsansatz. Das ist ein Weg der rheinland-pfälzischen Polizei, der von Erfolgen begleitet ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was die Polizei betrifft, so wissen Sie, dass wir bei der Bekämpfung von Wohnungseinbruchdiebstahl einen zentralen Arbeitsschwerpunkt mit eben diesen positiven Ergebnissen gesetzt haben.

Bezogen auf die Verurteilung ermittelter Täter, steht den Strafgerichten auch jetzt schon – das haben die Vorredner

schon betont – ein angemessener Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zur Verfügung. Ich habe mich an vielen Stellen immer wieder zur Verschärfung von Strafmaßen geäußert. Im Übrigen, wir hatten bei der Frage der Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte 2011 eine Verschärfung, die sich leider nicht ausgewirkt hat. Ich habe schon immer an die Justiz appelliert – mehr als ein Appell steht mir auch nicht zu –, diesen Strafrahmen auch auszuschöpfen. Sechs Monate bis zehn Jahre sind ein angemessener Strafrahmen. Dies eröffnet dem Tatrichter einen weiten Ermessensspielraum.

Inwieweit dieser Strafrahmen auch ausgeschöpft wird – das will ich noch einmal sagen –, obliegt der einzelfallbezogenen Bewertung und Entscheidung des zuständigen Strafgerichts. Eine Strafandrohung bis zu zehn Jahren ist hier ausreichend.

Wir wollen uns allerdings, und da will ich mich den Vorrednern auch anschließen, einer Diskussion in der Sache selbst überhaupt nicht verschließen. Es gibt entsprechende Gesetzentwürfe, die seit wenigen Wochen unserem Justizministerium vorliegen. Die werden zu diskutieren sein.

Wir, und das ist unsere Aufgabe, werden alles Erdenkliche und Mögliche dafür tun, um Bürgerinnen und Bürger vor Kriminalität zu schützen. Damit kommen wir unserer eigenen Verantwortung am allerbesten nach.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da die Landesregierung die Grundredezeit um eine Minute und 30 Sekunden überschritten hat, steht allen Fraktionen jeweils noch einmal zusätzlich als verfügbare Redezeit diese Zeit zu. Ich sehe aber keine Wortmeldungen mehr. Damit sind wir am Ende der Debatte dieses Antrags. Wird Ausschussüberweisung gewünscht? – Nein. Dann stimmen wir unmittelbar über den Antrag ab.

Wer dem Antrag der Fraktion der CDU zum Thema „Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung bei Kriminellen zum Schutz der Bürger“ – Drucksache 17/2905 – seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD abgelehnt.

Ich rufe Punkt 16 der Tagesordnung auf:

Eigenständige Jugendpolitik in Rheinland-Pfalz – eine gute Investition in die Zukunft unseres Landes Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/2897 –

Zwischen den Fraktionen ist eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart.

Ich darf einem Mitglied der Regierungsfraktion das Wort zur Begründung geben. – Herr Ruland hat das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jugendpolitik ist mehr als ein bloßes „Nice to have“. Sie trägt ganz wesentlich zu Stärkung unseres demokratischen Miteinanders und unseres Gemeinwohls bei. Nur wenn es uns gelingt, junge Menschen schon heute für eine selbstbestimmte und aktiv gestaltete Teilhabe an der Gesellschaft zu begeistern, wird unsere Demokratie auch dauerhaft Bestand haben; denn für uns gilt, Jugendpolitik ist Demokratiepolitik.

Jugendpolitik ist für uns mehr als ein Lippenbekenntnis oder Gegenstand von Sonntagsreden, die man zwar mit großen Worten beschreibt, ihnen dann aber die notwendigen Mittel verweigert. Nein, wir wollen jungen Menschen eine Stimme geben. Wir nehmen junge Menschen ernst. Wir nehmen die Bedürfnisse von jungen Menschen ernst. Insbesondere mit der JES! Jugendstrategie der Landesregierung hat die Koalition aus SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN deutlich gemacht, wir verstehen die Belange junger Menschen in Rheinland-Pfalz als ressort- und politikfeldübergreifendes Querschnittsthema. Wir wollen und werden ihre Interesse, Wünschen, Ängste und Sorgen nicht outsourcen, sondern Jugendlichen auf Augenhöhe begegnen, ihnen die Möglichkeit geben, ihr Umfeld und ihre Lebenswelt selbst zu gestalten.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: So machen wir das!)

Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist unser und auch mein Politikverständnis. Das war auch das, was mich motiviert hat, damals in die Politik, in den Stadtrat, in den Kreistag zu gehen und es heute in den Landtag einzubringen.

Wir alle hier, die fachpolitischen Sprecherinnen der Fraktionen, aber auch die Fachleute aus den Ministerien, sind nicht immer die ersten Experten für die Lebenswirklichkeit von Jugendlichen in Rheinland-Pfalz. Nein, das sind die jungen Menschen selbst in unserem Land, und nicht zuletzt deswegen möchte ich an dieser Stelle ein großes Dankeschön an die Kolleginnen und Kollegen des Landesjugendrings und ihren vielfältigen Mitgliedsverbänden geben. Ich nenne hier exemplarisch die Jugendverbände der Kirchen, aber auch die Gewerkschaftsjugend, Jugendfeuerwehr, Jugendrotkreuz usw. Sie alle zeigen, wie vielfältig das ehrenamtliche Engagement junger Menschen in unserer Gesellschaft und in unserem Land ist und welch wertvollen Beitrag sie alle zu einem aktiven Miteinander leisten. Dieses vielfältige Engagement soll Zukunft haben. Es ist ein großes Dankeschön an dieser Stelle auch wert.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Um genau diese Zukunft zu ermöglichen, wollen wir an der im letzten Haushalt beschlossenen Mittelerhöhung für eine eigenständige Jugendpolitik in Rheinland-Pfalz festhalten.

Eine Million Euro mehr für JES! wird es geben, und das ist eine gute Investition in die Zukunft unseres Landes, in eine gute zukunftsorientierte Jugendpolitik.

Kolleginnen und Kollegen, eine Kinder- und Jugendpolitik, die diesen Namen verdient, kostet Geld. Das gibt es nicht zum Nullkostentarif. Aber auch hier gelten in abgewandelter Form die Sätze, die Worte des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy: Es gibt nur eines, was auf Dauer teurer ist als ein umfassendes und kohärentes jugendpolitisches Konzept, nämlich kein solches Konzept zu haben. – Genau darum geht es uns, und genau deswegen haben wir dieses Konzept aufgelegt.

Um die Stärkung der Kinder- und Jugendarbeit in unserem Land weiterzuentwickeln, setzen wir auf die Fortführung des rheinland-pfälzischen Kinder- und Jugendberichts, der nicht nur bundesweit eine Vorreiterrolle einnimmt, sondern zugleich auch Grundlage für weitere jugendpolitische Maßnahmen sein muss. Nur wenn wir über die Situation von jungen Menschen in unserem Land im Bilde sind, können wir diese auch angemessen gestalten. Dies gilt in den großen Städten in Rheinland-Pfalz, aber auch für den ländlichen Raum; denn wenn wir die Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe nutzen wollen, müssen die jungen Menschen auch die Gelegenheit haben, ihr Lebensumfeld selbst zu gestalten. Dies gilt auch für Demografie. Wir brauchen nicht nur eine ältere Perspektive auf demografische Fragen, wir brauchen hier auch junge Antworten und Antworten auf die Frage, wie junge Menschen in zehn oder 20 Jahren in unserem Land leben wollen.

Darüber hinaus werden wir auch in Zukunft das Praxisentwicklungsprojekt zur Profilierung der Jugendarbeit in Rheinland-Pfalz weiterentwickeln und die Stärkung des Ehrenamts im Bereich der Jugendverbände weiter vorantreiben. Wir werden über das sogenannte FSJ Politik ebenso über die Verankerung von Beteiligungsmöglichkeiten in Planungs- und Entscheidungsprozessen Einblicke in und Teilhabemöglichkeiten an politischen Prozessen ausweiten.

Und meine sehr verehrten Damen und Herren, eines darf ich an dieser Stelle versprechen, das gilt auch für die Koalition, wir werden weiter für ein Wahlrecht ab 16 in diesem Landtag kämpfen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Haltung ist an dieser Stelle ganz klar. Wir haben Zutrauen und Vertrauen in die Jugend. Sie sollen, nein, sie können entscheiden, wer sie im Rat ihrer Heimatgemeinde vertritt. Sie sollen auch darüber entscheiden können, wer ihr Bürgermeister, ihr Landrat oder eine andere Vertretungspersönlichkeit ist. Das ist unsere Haltung, aber leider noch nicht Ihre, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Aber bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt. An dieser Stelle haben wir noch Hoffnung auf Sie.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die in dem vor

liegenden Antrag benannten Maßnahmen machen noch einmal deutlich, dass wir Jugendpolitik nicht als eine Politik der Leuchttürme, sondern als eine langfristige, gesamtgesellschaftliche Aufgabe sehen. Lassen Sie uns diese Aufgabe gemeinsam vorantreiben. Mit einer Anhörung im Ausschuss wollen wir in einen breiten Diskussionsprozess einsteigen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun darf ich Herrn Abgeordneten Herber von der Fraktion der CDU zu diesem Tagesordnungspunkt das Wort erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss sagen, ich war eine Überschrift und zwei Absätze lang schwer begeistert von Ihrem Antrag. Sie haben es tatsächlich verstanden, die Zustände in Rheinland-Pfalz treffend zu beschreiben und festzustellen, wie prägend die Jugendphase für das Verhältnis junger Menschen zu Gesellschaft und Politik ist. Sie stellen fest, dass angesichts des demografischen Wandels die Gefahr besteht, dass Jugendliche und junge Erwachsene es schwerer haben werden, ihre Interessen in Gesellschaft und Politik einzubringen.

Ich muss sagen, ich bin tatsächlich immer noch verwirrt, dass wir hier absolut einer Meinung sind.