Protokoll der Sitzung vom 04.05.2017

Ich muss sagen, ich bin tatsächlich immer noch verwirrt, dass wir hier absolut einer Meinung sind.

(Heiterkeit bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt allerdings kommen die Passagen ab und nach dem dritten Absatz. Ab da bin ich wieder beruhigt, dass wir zwar alle oft das gleiche Ziel haben, aber wir von der CDU den richtigen Weg dorthin gehen wollen.

(Beifall der CDU – Zurufe von der SPD)

Es fängt damit an, dass Sie gute Jugendpolitik als Querschnittsaufgabe über alle Politikbereiche ansehen. Das ist sicherlich und unbedingt so.

(Zurufe von der SPD)

Herr Ruland, Sie müssen mich jetzt auch ausreden lassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD, FDP und Grünen, wie wollen Sie den jugendpolitischen Themen in den einzelnen Ressorts richtig Gehör verschaffen, wenn Ihre zuständige Ministerin Spiegel für das vergangene Jahr 2016 nicht einmal in der Lage war, einen Landesjugendplan aufzustellen?

(Beifall bei der CDU)

Sie war es nicht für das vergangene Jahr, und so ist es

auch offensichtlich für die bereits beschlossenen Haushaltsjahre 2017 und 2018.

(Zuruf der Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin, vielleicht wissen Sie es gar nicht. Ich erkläre Ihnen kurz, was ein Landesjugendplan leistet. Das können Sie auf jugend.rlp.de nachlesen. Hier ist die Kinderund Jugendpolitik des Landes Rheinland-Pfalz festgeschrieben. Hier finden Sie die wichtigsten Informationen in einem Landesjugendplan, den Ihr Ministerium hätte aufstellen müssen, über die Verteilung und die Höhe der finanziellen Fördermittel des Landes Rheinland-Pfalz für den Bereich Jugend. Hier legt die Landesregierung auch fest, welche Bildungs-, Beratungs- und Freizeitmaßnahmen wie viel finanzielle Unterstützung bekommen werden.

Die Internetseite Ihres Ministeriums zum Landesjugendplan ist verwaist. Sieht so Ihre Strategie für planungssichere und ressortübergreifende Finanzierung von Jugendpolitik aus? Ist das Ihr Verständnis, die Bedarfe der jungen Menschen stärker in die Aufmerksamkeit zu rücken? Ich denke, wenn Sie noch nicht einmal in der Lage sind, einen Landesjugendplan zu erstellen, dann werden Sie Ihr Ziel sicher nicht erreichen.

(Beifall der CDU)

Sie sprechen viel und mehrfach von finanzieller Unterstützung der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und der Forderung kommunaler Jugendstrategien gerade über die Wichtigkeit der Maßnahmen im ländlichen Raum. Was Ihre Frau Ministerin mit den Händen versucht aufzubauen, reißen andere aber mit dem Hintern ein. Ich will Ihnen auch das gern erklären.

Was glauben Sie denn eigentlich, wie viel Jugendliche noch im ländlichen Raum leben werden, wenn Sie die kleinen Grundschulen schließen? Wo keine Kinder sind, werden auch keine Jugendlichen mehr leben?

(Beifall bei CDU und AfD)

Das ist nur ein Punkt. Schauen Sie sich doch einmal die Haushaltsverfügungen unserer Kommunen an. Schauen Sie sich an, wie unsere finanziell schlecht ausgestatteten Kommunen von der Finanzaufsicht aufgefordert werden, ihre freiwilligen Leistungen zu kürzen.

Zu den freiwilligen Leistungen gehören auch Maßnahmen im Bereich der Jugendarbeit.

Frau Ministerin Spiegel, ich sage es noch einmal, was Sie versuchen mit den Händen aufzubauen, da haben andere schon längst begonnen, es mit dem Hintern einzureißen.

Ich komm jetzt zu Ihrem Lieblingsthema, dem Wahlalter ab 16. Aus ideologischen Beweggründen wollen Sie hier schon fast mit Gewalt das Wahlalter 16 durchsetzen, obwohl die Betroffenen selbst das mehrheitlich ablehnen.

(Beifall der CDU)

Seit zehn Jahren wird in sämtlichen vorliegenden repräsentativen Studien festgestellt, dass die Mehrheit der be

troffenen Jugendlichen eine Absenkung des Wahlalters ablehnt.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Und die sind nicht seit zehn Jahren 16!)

Genau das ist Ihr Problem bei Ihrer Entscheidung aus einer Ideologie heraus. Sie bedienen sich hier einem Demokratiebild von Rousseau. Wer bei Ihnen nicht erkennt, in welch wunderbarer Tugenddemokratie er lebt, der wird notfalls zu seiner Freiheit gezwungen. Genau das wollen Sie. Sie wollen die ablehnende jugendliche Mehrheit zum Wahlalter 16 zwingen.

Meine Damen und Herren Kollegen, Sie haben vielleicht an meinen Ausführungen, die für Ihre Überschriften der ersten beiden Absätze noch so positiv ausgefallen sind, erkannt, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen werden.

Danke schön.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Herr Abgeordneter Lohr von der AfD-Fraktion hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag „Eigenständige Jugendpolitik in Rheinland-Pfalz – eine gute Investition in die Zukunft unseres Landes“ trägt eine klar rot-grüne Handschrift. Einmal mehr wird deutlich, dass die FDP nur als Anhängsel und Mehrheitsbeschafferin fungiert.

(Beifall der AfD – Zurufe von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Selbstverständlich werden wir diesen populistischen Antrag, mit dem man sich offenkundig bei den Jugendlichen anbiedern möchte, ablehnen.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Wenn alles falsch ist, was drin steht, dann – – –)

Ich will unsere Ablehnung exemplarisch an zwei Aspekten festmachen. Erstens, gute Jugendpolitik ist gute Bildungsund gute Familienpolitik. Hier versagt die Landesregierung auf ganzer Linie. Weil in der Bildungs- und Familienpolitik die Grundlagen für eine positive Entwicklung der Jugendlichen vernachlässigt werden, sind immer häufiger Eingriffe erforderlich. Der Anstieg der Jugendhilfezuwendungen ist ein Problemindikator, meine Damen und Herren.

Die Ampel begrüßt diesen Anstieg. Wir natürlich nicht. Die Regierungskoalition will nun eine erhebliche Mittelerhöhung zugunsten der Jugendsozialarbeit durchsetzen, und das, obwohl die Jugendsozialarbeit ohnehin schon enorme Kosten für das Land und die Kommunen verursacht. Wir dagegen sagen, investieren Sie lieber in die Vorsorge, in Bildung und Familie. Dann werden Sie künftig weniger und nicht mehr Sozialarbeiter benötigen.

(Beifall der AfD)

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Landesverband Bildung und Erziehung haben erst am Freitag darauf hingewiesen, dass die Arbeitsbedingungen an Grundschulen schlecht sind. Deshalb appellieren wir an die Regierung, sorgen Sie mit einer besseren Bezahlung dafür, dass mehr Lehrer in Rheinland-Pfalz zur Verfügung stehen, damit die Klassenmesszahlen reduziert werden können und auf diese Weise eine bessere Lernatmosphäre geschaffen wird. Somit bleiben viel weniger Schüler auf der Strecke.

(Beifall der AfD)

Erhalten und fördern Sie differenzierte Bildungswege, damit den individuellen Fähigkeiten der Schüler besser Rechnung getragen werden kann.

Der Kollege von der CDU hat es schon angesprochen. Erhalten Sie die kleinen Grundschulen im ländlichen Raum.

Ich komme zum zweiten Aspekt. Sie wollen das Wahlalter zunächst für die Kommunalwahlen auf 16 Jahre absenken. Später wollen Sie das dann offenkundig für Landtags- und Bundestagswahlen durchsetzen und das Alter womöglich noch immer weiter nach unten korrigieren. Ginge es nach den Grünen – zumindest setzt sich die GRÜNE JUGEND dafür ein –, soll es ein Wahlrecht ohne Altersgrenze und ohne Stellvertretung geben. Das halten wir in der Tat für eine Schnapsidee.

(Beifall bei der AfD)

Wir sind gegen eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre, und zwar egal ob bei Kommunal-, Landtags- oder Bundestagswahlen; denn aus unserer Sicht sind Kommunalwahlen nicht weniger wichtig als andere Wahlen.

Es gibt einen inneren Zusammenhang zwischen dem Wahlalter und der Volljährigkeit. Mit der Volljährigkeit erhält man Bürgerrechte wie das Wahlrecht und Bürgerpflichten. Würden Sie das Wahlalter senken, dürften Minderjährige auf der einen Seite wählen, auf der anderen Seite wären sie aber noch nicht voll strafmündig. Wenn das Wahlrecht von der Volljährigkeit entkoppelt wird, besteht die Gefahr, dass die Festlegung des Wahlalters völlig willkürlich getroffen wird. Genau das strebt die GRÜNE JUGEND an, wir nicht.

(Beifall der AfD)

Den Jugendlichen fehlt teilweise – das kann man natürlich nicht verallgemeinern – aber auch noch die Reife. Wir folgen hier den Informationen der Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Württemberg – ich zitiere –: „Als besonders problematisch erscheint dabei, dass Jugendliche vermehrt zu Extrempositionen neigen und deshalb eher für Parteien mit extremen oder populistischen Positionen stimmen, was zu einer Radikalisierung des politischen Systems führen könne.“

(Zurufe von der FDP)

Leider ist das nicht nur die graue Theorie, sondern zeigt sich auch in der Praxis. Eine Umfrage vom Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap für das Kinder- und Jugendwahlrecht U18 aus dem Jahr 2013 hat herausgefunden,

dass die Grünen bei den unter 18-Jährigen mit 18 % drittstärkste Kraft sind. Ganz so dramatisch dürften die Werte heute glücklicherweise nicht mehr sein. Aber es ist natürlich klar, dass linkspopulistische Parteien von dem Wahlrecht unter 18 profitieren würden. Sie stimmen dem aus ideologischen Gründen zu. Wir bedienen uns unseres Verstandes und lehnen das ab.