Protokoll der Sitzung vom 22.06.2017

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Mündliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Schadenshöhe ist derzeit nur schwer zu schätzen und vom Grundsatz her erst mit der Ernte in den jeweiligen Kulturen und den Regionen von Rheinland-Pfalz möglich. Beispielsweise ist die Höhe des Schadens im Weinbau nach neueren Erkenntnissen vom Mai geringer zu bewerten als ursprünglich Ende April festgestellt. Der weitere Witterungsverlauf ist ganz ausschlaggebend für die tatsächlich auftretenden Einbußen bei den Einkommen der Betriebe.

Zu Frage 2: Die augenscheinlich hohen Verluste insbesondere im Obstbau haben die Landesregierung veranlasst, das Verfahren der Elementarschadensregelung mit dem Ziel anzuwenden, die Frostschäden als Folgen widriger Witterungsverhältnisse festzustellen, die im Förderrecht einer Naturkatastrophe gleichgestellt sind. Dies ist die Bedingung für die Gewährung weitergehender einzelbetrieblicher Hilfen, soweit hierfür im Einzelfall die Voraussetzungen vorliegen. Die Schäden dürfen beispielsweise nicht versicherbar sein. Es müssen mindestens 30 % gesamtbetriebliche Einkommensverluste entstanden sein.

Das Verfahren läuft dabei wie folgt: Es sind insgesamt vier Schritte. – Erster Schritt: Das DLR Rheinpfalz wurde zur Entlastung der Kreise und Städte beauftragt, die Angaben zusammenzustellen, die für die Feststellung des Elementarereignisses durch das Innenministerium im Einvernehmen mit dem Finanzministerium und meinem Haus erforderlich sind. –

In einem zweiten Schritt erfolgt dann die Antragstellung der Landwirtinnen und Landwirte innerhalb von vier Wochen nach Feststellung des Schadensereignisses.

Als dritter Schritt wird eine Schadenskommission durch die ADD eingesetzt. Der vierte Schritt ist wie folgt: Für die Prüfung der Einzelanträge durch die ADD prüfen wir, welche Vereinfachungen im Rahmen der Agrar-De-minimisRegelung für die Nachweise der Schadenshöhe oder die Prüfung der Bedürftigkeit im Einzelfall anwendbar sind. So ergaben beispielsweise unsere Recherchen, dass für Frostschäden im Obstbau aktuell keine Versicherungsmöglichkeit gegeben ist.

Zu Frage 3: In erster Linie kommen steuerliche Entlastungen und Liquiditätshilfen für die Betriebe in Betracht. Wegen steuerlicher Erleichterungen hat Frau Staatsministerin Doris Ahnen die Finanzbehörden bereits angewiesen, die schwierige Situation angemessen zu berücksichtigen und die Betriebe bei ihren Anstrengungen zur Überwindung der Schäden und Verluste wohlwollend zu begleiten. Infrage kommen insbesondere die Stundung fälliger Steuern des Landes sowie der Verzicht auf Steuervorauszahlungen.

Eine Unterstützung leistet auch die Anhebung der jährlichen Zuschüsse seitens des Bundes an die landwirtschaftliche Unfallversicherung von jährlich 78 Millionen Euro auf nunmehr 178 Millionen Euro. Diese allen Betrieben zugutekommende Kostenentlastung kam auf Initiative der Agrarministerkonferenz auch mit den Stimmen von Rheinland-Pfalz zustande.

Ebenfalls auf Initiative des Landes Rheinland-Pfalz stellt die landwirtschaftliche Rentenbank als zentrales Finanzierungsinstitut der Agrarwirtschaft seit dem 4. Mai Finanzhilfen in Form von Liquiditätssicherungsdarlehen für die vom Frost geschädigten Betriebe bereit. Bei diesem Darlehen liegt der effektive Zinssatz in der günstigsten Preisklasse zurzeit bei allen Laufzeiten bei 1 %. Bei einer Zinsbindung von weniger als zehn Jahren wird ein einmaliger Förderzuschuss von aktuell 1 % der Darlehenssumme ausgezahlt.

Die Landesregierung tritt darüber hinaus für geeignete Versicherungslösungen ein. Ferner hat das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landschaft und Weinbau inzwischen eine Expertenrunde eingeladen, die am 21. Juni bereits erstmals getagt hat, um eine Agenda für den künftigen Umgang mit derartigen Schadenereignissen bzw. deren Vermeidung oder Verminderung zu erarbeiten.

Auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wird bis zur Herbst-Agrarministerkonferenz einen Bericht vorlegen und im Rahmen weiterer Gremien darauf hinwirken, das Risiko- und Versicherungsmanagement weiter zu verbessern und dies gegebenenfalls auch bei der Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik berücksichtigen.

Zu Frage 4: Unter Leitung meines Hauses hat sich, wie bereits erwähnt, eine Expertenrunde aus Fachleuten der Dienstleistungszentren Ländlicher Raum gebildet, die die Möglichkeiten der Anpassung der Produktion und der Unterstützung der Wirtschaft im Zuge der sich ändernden Klimabedingungen erarbeitet. Dabei sind neben der Bestandsaufnahme der Bedeutung von außergewöhnlichen

Witterungsverhältnissen in den einzelnen Produktionsrichtungen unserer Landwirtschaft und der Spezialkulturen mittelfristige Optionen unter Berücksichtigung übergeordneter Rahmenbedingungen oder Forderungen der Betriebsbewirtschafter zu berücksichtigen.

Einen Schutz vor außergewöhnlichen Witterungsereignissen kann die Landesregierung den Produzenten nur bedingt bieten. Sie kann aber mit dazu beitragen, dass eine mögliche Prävention auf der Fläche unterstützt wird und die negativen Folgen minimiert werden. Bei jeglichen Formen des Risiko- und Krisenmanagements ist im Übrigen auch der einzelne Betriebsleiter oder die Betriebsleiterin besonders gefordert. Diese Aufgabe gewinnt zunehmend an Bedeutung.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt.

Herr Minister, bei den ganzen Daten oder den Schäden, die von den Dienstleistungszentren Ländlicher Raum oder den Fachgruppen erhoben wurde, ist zu fragen, ob die Schäden differenziert nach den einzelnen Weinbaugebieten in Rheinland-Pfalz erfasst wurden. Liegen diese öffentlich vor?

Die Schäden werden natürlich differenziert erhoben. Es sind unterschiedliche Betroffenheiten. Wir haben die Situation, dass in bestimmten Weinanbaugebieten einzelne Lagen ganz hart betroffen sind, andere nicht. Es ist sehr punktuell, wie diese Frostschäden entstanden sind. Ich würde gern in meinem Haus schauen, ob wir Ihnen Daten zur Verfügung stellen können.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Herrn Dr. Böhme.

Sehr geehrter Minister, vielen Dank für die Ausführungen. Ich habe eine weitere Frage. Von den Frostschäden sind nicht nur die Landwirte betroffen, sondern auch die Vermarktungsorganisationen, wie zum Beispiel die Vereinigten Märkte für Obst und Gemüse Rheinhessen e.G. Ingelheim. Diese haben darauf hingewiesen, dass die Gefahr besteht, dass die förderfähige Umsatzschwelle nach EU-Recht für sie unterschritten wird. Welche Möglichkeit sieht die Landesregierung, auch diese Vermarktungsorganisation zu unterstützen?

Herr Kollege Böhme, ich bin sofort vor Ort gewesen und habe mir die Schäden angeschaut. Ich habe den Verbänden

zugesagt, dass wir vom ersten Tag an im engen Dialog die Folgen und Auswirkungen in allen Bereichen analysieren und alle Hilfsmöglichkeiten prüfen werden. Das gilt auch für das von Ihnen beschriebene Problem. Auch dort sind wir bereit, Unterstützungsmaßnahmen zu prüfen.

Es ist allerdings grundsätzlich so, dass betriebliche Risiken vom Grundsatz her natürlich nicht auf Kosten des Steuerzahlers übernommen werden können. Aber ich habe schon gesagt, dieses punktuelle Ereignis ist so dramatisch und außergewöhnlich gewesen, dass wir in engem Dialog jede Hilfsmöglichkeit prüfen. Das gilt auch für dieses von Ihnen beschriebene Problem.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gies.

Sehr geehrter Herr Minister, vielen Dank für Ihre Ausführungen und für Ihren Einsatz. Ich habe noch Fragen speziell – wenn man so will – zur Prävention. Das ist letztendlich wichtig. Wie sieht es aus in puncto der Dienstleistungszentren Ländlicher Raum und Forschung im Bereich Frostschutzberegnung? Wie sieht es da fördermäßig aus? Gibt es entsprechende Überlegungen und Ausweitungen?

Sie haben erwähnt – – –

Jeweils eine Frage.

Ach so.

Sie können sich gern noch einmal melden.

Wir haben es in Folge mit sehr ungewöhnlichen Wetterereignissen zu tun. 2016 war die Landwirtschaft, insbesondere der Weinbau, extrem geplagt mit Pilzerkrankungen, insbesondere dem falschen Mehltau, der Peronospora. Wir hatten diese Hochwasserereignisse, die insbesondere den Gemüseanbau, aber auch andere Kulturen im vergangenen Jahr erheblich geplagt haben. Dieses Jahr haben wir diese Frostereignisse.

Fest steht, dass wir durch klimatisch bedingte Extremwetterlagen die Landwirtschaft in einem schwierigen Fahrwasser sehen. Vor dem Hintergrund, dass die Ereignisse sehr unterschiedlich sind und wir nicht wissen, was uns möglicherweise in diesem oder im nächsten Jahr noch ereilt, habe ich diese Expertengruppe eingesetzt, um zu belegen, was wir in den einzelnen Bereichen tun können. Die Frage der Beregnung wird natürlich auch von uns geprüft. Es gibt viele andere Dinge wie etwa den Hubschrauberflug, mit

dem man punktuell die Temperatur bis zu 2 Grad heben kann. Da gibt es immer wieder rechtliche Aufgaben, die bewältigen werden müssen, wie etwa Ausnahmegenehmigungen beim Nachtflugverbot zu erteilen und in welchem Rahmen das möglich ist. All das soll in einer Expertengruppe evaluiert werden.

Wir müssen das gemeinsam machen. Das kann man nicht den einzelnen Betrieben oder den einzelnen Regionen überlassen. Die wären damit überfordert. Ich freue mich über die große Bereitschaft insbesondere der Landwirtschaft, hier mit in die Verantwortung zu gehen. Wir haben solche Initiativen wie Hagelflieger, das Hubschrauberprojekt oder die Beregnung. Wir werden jede Unterstützung, die wir leisten können, leisten.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Steinbach.

Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben zu Recht erwähnt, im April waren von den Frostereignissen in RheinlandPfalz insbesondere die Obstkulturen betroffen. Können Sie konkret etwas zu den nun möglichen finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten sagen? Mit welcher Unterstützung können die Betriebe im Einzelnen bei der Elementarschadensregelung rechnen?

Herr Kollege Steinbach, es ist so, dass ich den Betrieben schon sehr frühzeitig zugesagt habe, dass wir alle Möglichkeiten prüfen. Das haben wir kontinuierlich getan. Wir haben gesehen, dass sich die ursprünglichen Annahmen in bestimmten Kulturen, wie etwa im Weinbau, in der Folge weniger dramatisch dargestellt haben. Das war schon klar, als ich direkt nach dem Schadensereignis in den Weinbergen oder Obstplantagen vor Ort war. Es war völlig klar, dass man erst einmal abwarten muss, insbesondere beim Weinbau, ob es noch stille Augen gibt, die wieder austreiben. Das ist offensichtlich in stärkerem Maße geschehen, als man am Anfang angenommen hat.

Jetzt sehen wir beim Obst, dass es sehr dramatisch ist. Ich habe rechtzeitig vor Erntebeginn dieses Elementarschadensereignis anerkannt; denn nach der Ernte ist die Schadensdokumentation für die Betriebe nicht mehr möglich. Deswegen habe ich schnell gehandelt.

Finanzhilfen sind in Form eines Zuschusses von bis zu 10.000 Euro und maximal einem Drittel der festgestellten Schadenssummen nach dieser Elementarschadensregelung möglich. Bis zu diesem Volumen sind betriebliche Unterstützungen möglich.

Ich werde oft gefragt: Gleicht das die vollständigen Schäden aus? – Das ist nicht der Fall. Ich habe eben schon einmal erwähnt, dass wir nicht hergehen und betriebliche Risiken sozialisieren können. Das ist nicht Aufgabe der Elementarschadensregelung. Aber Extremereignisse bedürfen einer Reaktion und Unterstützung.

Wir können eines feststellen, der Klimawandel macht Landwirtschaft in Deutschland und in Rheinland-Pfalz schwieriger. Die Herausforderungen werden größer. Deswegen brauchen wir eine Fülle von Maßnahmen. Wir können jetzt punktuell helfen mit dieser auf 10.000 Euro begrenzten Summe. Das löst das Problem aber nicht.

Wir müssen darüber hinaus moderne Technologien untersuchen. Was können wir einsetzen, Beregnung, Helikopter und anderes? Wir müssen daneben auch für die Extremsituationen, die uns im Pflanzenschutz vor besondere Herausforderungen stellen – das betone ich immer wieder in der Agrarministerkonferenz –, darauf achten, dass uns weiter ein modernes, präzises und breites Spektrum an Pflanzenschutzmitteln zur Verfügung steht. Zunehmend habe ich dort Gehör gefunden, weil viele verstehen, dass die extremen Situationen eine technologische Antwort erfordern. Es wird nicht einfacher, Landwirtschaft zu betreiben.

Wir werden demnächst dem Landtag den Agrarbericht zuleiten. Dem wird zu entnehmen sein, dass die Einkommenssituation stagniert und die Risiken in den landwirtschaftlichen Betrieben zunehmen. Allein das zeigt dieses Auseinanderklaffen von Einnahmesituation und zusätzlichem Risiko, dass Investitionen dort unattraktiver werden. Wir müssen gegensteuern. Deswegen spreche ich mich ausdrücklich dafür aus, dass die europäische Unterstützung für unsere heimische Landwirtschaft mindestens im bisherigen Umfang aufrechterhalten bleibt.

Ich lasse keine Gelegenheit aus, öffentlich zu betonen, dass die Landwirtschaft ein besonderer Bereich unserer Wirtschaft ist; denn die landwirtschaftliche Produktion ist in vielen Bereichen für uns schlicht unverzichtbar. Ein Beispiel ist die Kulturlandschaftspflege durch den Weinbau. Nehmen Sie die Bewirtschaftung von Grünland durch Milchviehhaltung. Da gibt es keine alternativen Bewirtschaftungsformen. Deswegen müssen wir frühzeitig mit allen Möglichkeiten dafür sorgen, dass diese Betriebe erhalten bleiben und eine Zukunft haben.

Ich will an der Stelle sagen, wir können stolz sein, dass wir eine so engagierte Landjugend haben. Ich weiß, dass viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier die Landjugend sehr breit unterstützen. Es tut den jungen Menschen gut. Das ist außerordentlich wichtig; denn diese jungen Menschen sind mit ihrem Engagement und ihrer Bereitschaft, auch in schwierigen Zeiten in den landwirtschaftlichen Beruf zu gehen, Helden unserer Gesellschaft. Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag dafür, dass Rheinland-Pfalz in Zukunft so schön bleibt, wie es heute ist.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt.

Herr Minister, liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, dass die jetzt anhaltende Trockenheit zu weiteren Schäden in der Landwirtschaft führen könnte, und wenn ja, bezieht sie das in die Überlegungen über die Hilfen für die Landschaft mit ein?

Herr Kollege Schmitt, es ist in der Tat so – das zeigen auch diese Extreme, denen wir dieses Jahr ausgesetzt sind –, dass wir unter Frost und außergewöhnlicher Kälte in dieser Nacht zu leiden hatten. Gleichzeitig haben wir schon mit Dürre zu tun. In den Mittelgebirgslagen haben wir Dürreschäden im Bereich des Grünlands und des Getreides. Deswegen habe ich mich bereits an die Finanzministerin gewandt, um steuerliche Erleichterungen zu ermöglichen.

Im Prinzip wollen wir mit dem gleichen Spektrum auch hier helfen. Wir werden auch, was Dürreschäden angeht, der Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz beiseitestehen und alle Hilfsmöglichkeiten prüfen. Es wird in Zukunft auch Teil der Beratungen dieser Expertengruppe sein, wie wir mit diesem Ereignis umgehen.

Man sieht es. Im letzten Jahr kam es zu Peronospora und Nässe. In diesem Jahr gab es gleichzeitig Frost und Dürre. Das wird ein raueres Klima für die Landwirtschaft und wird uns deswegen auch in den nächsten Jahren stärker fordern.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gies.

Der Herr Minister hat meine Frage bereits mit beantwortet. Vielen Dank.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt.