Protokoll der Sitzung vom 23.11.2017

Die aktuelle Entwicklung ist durchaus bedrohlich; denn wir sehen, dass wir bisher nicht die notwendigen Maßnahmen umgesetzt haben, um die Ziele – unter 2 Grad Celsius bzw. bei höchstens 1,5 Grad Celsius zu bleiben – zu erreichen. Was man für uns sagen kann, für Europa, Deutschland und Rheinland-Pfalz, ist, dass man sich besonders um die Hitzeentwicklung Sorgen machen muss. Heute schon sehen die Hitzekarten für die großen Städte nicht gut aus. Über 7.000 Hitzetote haben vor einigen Jahren für sich gesprochen. Auch die Auswirkungen auf den Golfstrom durch das Schmelzen der Gletscher ist etwas, was uns enorm tangiert. Vielleicht kann ich später darauf noch eingehen.

Natürlich haben auch die Ereignisse in den USA – zum Beispiel Schäden in Höhe von 40 Milliarden Dollar in Texas – eine große Rolle gespielt oder die Situation der Inselstaaten, auf die diesmal eine besondere Aufmerksamkeit gelegt wurde, weil Fidschi Veranstalter war und die Präsidentschaft innehatte; Deutschland war nur der Umsetzer.

Jetzt zu den Fragen. Vielen Dank dafür. Was hat man erreicht? Wie gesagt, zum ersten Mal schaute die Weltöffentlichkeit auf die Situation der Inselstaaten. Sie wissen, zum ersten Mal sind auch Dörfer aus Klimagründen evakuiert worden. Es ist wirklich sehr beeindruckend gewesen, wie die Sorgen dort präsentiert wurden.

Das konkrete Ergebnis nach langen Verhandlungen – man musste auch die Nächte durchverhandeln und immer wieder noch einmal neu anfangen – lautet, es ist gelungen,

ein Regelbuch für die Konferenz in Katowice in Polen vorzubereiten. Das ist sehr wichtig. Es ist zwar technisch, aber die Voraussetzungen sind damit geschaffen, die CO2Minderungsanstrengungen tatsächlich zu bewerten, einheitlich zu gestalten und überprüfbar zu machen.

Es wurde zum ersten Mal ein Papier zur Landwirtschaft vereinbart. Das ist spektakulär, weil es über Jahre versucht wurde und man sich jetzt zusammengesetzt hat. Die Landwirtschaft wird in diesen Prozess nun mit einbezogen. Es ist auch möglich gewesen, eine Plattform für indigene Völker zu schaffen, was für die Entwicklungsländer wichtig ist. Außerdem wurde ein Gender Action Plan verabredet und beschlossen, was sehr gefeiert wurde. Frauen sind in Entwicklungsländern von dem Klimawandel sehr betroffen. Auch die Finanzen – wie Sie wissen, immer ein Streitpunkt – wurden hier gelöst oder zumindest auf einen guten Weg gebracht.

Es gab viele sehr politische Ereignisse am Rande der Konferenz, auch wenn sie nicht direkt auf der Tagesordnung standen, zum Beispiel eine Art Bündnis für die Versicherungslösungen für die betroffenen Länder, Regionen und Menschen. InsuResilience ist ein große Aktivität, übrigens mit sehr positiven Beiträgen auch unserer Bundesregierung. Zu nennen sind ferner eine große Kohleausstiegsallianz. Der französische Präsident Macron hat eine fulminante Rede gehalten, wobei ich immer darauf hingewiesen habe, dass auch die grenznahen Atomkraftwerke zu beachten sind.

Es gibt aber eine starke Allianz von 23 Ländern und Provinzen für den Kohleausstieg und gleichzeitig in Deutschland 52 Großunternehmen, die sich für die Unterstützung des Kohleausstiegs zusammengeschlossen haben. Auch die USA sind – irgendwie – noch mit dabei. Es gibt die Under2Coalition, der wir als Land Rheinland-Pfalz beigetreten sind. Dazu hat ein sehr tolles Side Event stattgefunden. Immer mehr Regionen schließen sich zusammen, um gemeinsam für den Klimaschutz zu arbeiten. Jetzt sind es allein in der Under2Coalition 205 Staaten, auch große Staaten wie Kalifornien, der sechstgrößter Wirtschaftsstandort der Welt ist. Im nächsten Jahr wird in den USA ein Gipfel zur Vorbereitung von Katowice stattfinden. Sie ahnen, das hat eine enorme politische Bedeutung.

Ich wünsche mir und erwarte, dass dieser Geist und diese Anstrengungen auch auf unsere künftige Bundesregierung einwirken werden. Die Verhandlungen haben diesbezüglich eine Art gemeinsame Gesprächsgrundlage gezeigt. Ich erwarte, dass es auch Folgen haben wird; denn letztendlich haben wir doch eine sehr große Koalition in unserem Land, aber es müssen eben auch Taten folgen.

Was wir in Rheinland-Pfalz tun: Das Klimaschutzgesetz und die Klimaschutzmaßnahmen sind in der Umsetzung und wirken. Die Energieeinsparung wie mit dem Programm „Leuchten fürs Klima“ ist enorm. Die Förderung ökologischer Landwirtschaft, viele infrastrukturelle Maßnahmen wie das Projekt „Designetz“, aber auch die Energieeffizienz bei der Wasserversorgung und den Kläranlagen sind bei uns im Gange, genauso wie vonseiten des Verkehrsministeriums die Unterstützung für mehr öffentlichen Verkehr.

Noch kurz zu Ruanda: Es war ein sehr tolles Ereignis, die

Partnerschaft der beiden Nationalparks mit einem Letter of Intent im Museum Koenig, dem Geburtsort der Bundesrepublik Deutschland, zu begründen. Ich denke, uns gemein ist der Wunsch, die Wälder zu stärken und zu erhalten. Der Deutsche Forstwirtschaftsrat hatte eine sehr tolle Aktion während der Klimakonferenz, mit der er noch einmal darauf aufmerksam gemacht hat, die Wälder sind einerseits Opfer – weltweit gerade durch die Hitzeentwicklung bedroht, auch bei uns sind 73 % der Bäume geschädigt –, aber andererseits eine CO2-Senke. 127.000.000 Tonnen können Wälder und – sehr wichtig – Holzbauprodukte pro Jahr in Deutschland speichern. Die Wälder zu erhalten ist also Klimaschutz.

Vielen Dank.

Eine Zusatzfrage des Kollegen Hartenfels.

Frau Ministerin, was muss auf Bundesebene passieren, damit die Klimaschutzziele 2020 und 2030 erreicht werden können?

Die Bundesregierung ist kommissarisch im Amt. Die Bundeskanzlerin hat in ihrer Rede vor der Klimakonferenz sehr deutlich gemacht, sie steht zu den Klimaschutzzielen von Paris und den rechtlich verbindlichen Vorgaben, die alle Mitgliedstaaten miteinander in der EU vereinbart haben. Das ist ähnlich wie in Rheinland-Pfalz: Klimaneutralität bis 2050 und bis dahin ein stufenweiser Weg. – Dies wurde noch einmal massiv bekräftigt.

Wir müssen hier aber mehr Anstrengungen unternehmen, weil Deutschland vom Vorreiter zum Nachzügler geworden ist. Wir haben die Situation, dass die klimaschädlichen Gase leider zum ersten Mal wieder weltweit steigen, und das auch gerade in Deutschland. Vor allem der Verkehrsbereich hat seit 1990 keine Senkungen beigebracht. Hier muss unbedingt etwas getan werden. Ich hoffe, dass bald die Arbeiten in Berlin anfangen, wo auf jeden Fall die notwendigen Maßnahmen zur Erreichung der rechtlich verbindlichen Ziele auf EU-Ebene getroffen werden.

Ein sehr wichtiger Punkt ist die Auseinandersetzung um die Kohle. Ich habe schon darauf hingewiesen. Auch in den Sondierungsverhandlungen hat das eine wichtige Rolle gespielt. Ich glaube, alle sind sich darüber im Klaren, dass etwas an dieser Stelle gemacht werden muss, denn 1 Tonne Braunkohleabbau heißt nun einmal 1 Tonne CO2Ausstoß.

Wir sind ein Land, das von solchen Braunkohleabbaubereichen nicht direkt betroffen ist. Ich darf aber sagen, am Rand von Rheinland-Pfalz haben wir Garzweiler. Schauen Sie einmal, was das allein an Gebäude- und Infrastrukturschäden mit sich bringt. Hier muss etwas passieren, und wir müssen es erreichen, dass die Minderungsmaßnahmen erbracht werden können. Es wäre auch gut, wenn

wir endlich ein Klimaschutzgesetz auf der Bundesebene hätten.

Eine Zusatzfrage der Kollegen Blatzheim-Roegler.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Ministerin, welche Auswirkungen wären denn für Rheinland-Pfalz zu erwarten, wenn die Erwärmung ungebremst bis auf 3,4 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts steigen würde?

Das ist ein Anstieg, den wir hoffentlich noch verhindern können. Wir sehen aber die Auswirkungen des Klimawandels in Rheinland-Pfalz sehr deutlich. Wir haben nicht nur die Zunahme der heißen Sommer zu verzeichnen, die in den letzten zehn Jahren erfolgt ist. Wir wissen auch, dass die Klimaerwärmung in Rheinland-Pfalz besonders stark ist und über dem Bundesdurchschnitt liegt. Wir sehen außerdem zum Beispiel beim Niederschlag, dass er in den Sommermonaten, werden die Prognosen tatsächlich so fortgeschrieben, um 25 % abnehmen kann. Auf die Landwirtschaft hat das erhebliche Auswirkungen, zum Beispiel auf die Zunahme von Schädlingen und invasiven Pflanzen, die wir heute schon verzeichnen können. All das bringt Veränderungen mit sich.

Ich will noch einmal auf den Wald zurückkommen. Müssen wir die Erwärmung weiter fortschreiben, dann werden wir auch im Waldstandort Rheinland-Pfalz enorme Auswirkungen zu spüren haben. Das betrifft gerade unseren „Heimatbaum“, nämlich die Buche.

Eine Zusatzfrage des Kollegen Dr. Böhme.

Frau Ministerin, vielen Dank für Ihren Bericht. – Letzten Montag hat in Mannheim vor den Wirtschaftsjunioren Professor Franz Josef Radermacher zum Thema „Sind wir noch zu retten?“ vorgetragen. Ich glaube, Sie kennen ihn. Er ist eine wesentliche Figur in der Umwelt- und Klimaschutzdiskussion. Seine Ausführungen waren eindeutig. Er sagte, die momentane Klimaschutzpolitik verfehlt ihr Ziel. Sie ist zu teuer, zu ineffizient, sie hat einen zu geringen Effekt. Aus diesem Grund wird sie auf lange Sicht auch keine Akzeptanz in der Bevölkerung haben. Ich frage Sie: Inwieweit spielen solche Aussagen in den Diskussionen eine Rolle, und gehen solche Meinungen überhaupt in die Diskussion ein?

Die Tatsache, dass die Anstrengungen nicht ausreichen,

ist von mir gerade noch einmal betont worden. Dass wir effiziente Maßnahmen ergreifen müssen, machen wir uns nicht nur als Landesregierung zum Ziel, sondern das erwarte ich auch von der Bundesregierung.

Nun gibt es natürlich Diskussionen über die verschiedenen Maßnahmen. Ganz klar aber ist doch, dass wir die Hauptemittenten – das ist nun einmal die Kohle – als Erstes in Angriff nehmen müssen. Damit verbunden sind die Verpflichtungen – so sehe ich das auf jeden Fall –, die sozialen Auswirkungen mit entsprechenden Programmen abzufedern. Selbstverständlich kann man die Menschen in der Lausitz nicht alleinlassen.

Die Klimakonferenz ist ein unglaublicher Ort für Innovation und auch Unternehmenspräsentation für sehr viele technische und innovative Lösungen. Man kann sagen, dass sowohl das technische wie auch das wissenschaftliche Wissen da ist. Es geht – so sagen es auch die Überschriften der Konferenzen, wie zum Beispiel diejenige in Marrakesch – um das Umsetzen der besten Maßnahmen.

Mir liegen noch drei Zusatzfragen vor. Danach betrachte ich die Anfrage als beantwortet. Zunächst Herr Hartenfels, bitte.

Frau Ministerin, Sie haben Schadereignisse durch den Klimawandel angesprochen. Wie groß ist denn nach Einschätzung der Landesregierung der wirtschaftliche Schaden aufgrund des Klimawandels?

Die Schäden haben sich besonders stark dargestellt bei den Auswirkungen der Hurricans in den USA. Ich glaube, es waren allein durch zwei solcher Hurricanereignisse in den USA über 200 Milliarden Euro Schaden. Deswegen gibt es die Idee, gerade für die armen Bevölkerungsbereiche die Schadensversicherung als ganz neues Instrument einzuführen. Tatsächlich für die Armen; das ist etwas wirklich Neues.

Ganz klar ist aber, dass keine Versicherung dagegen helfen wird, sondern es muss an die entsprechenden Verursacher herangegangen werden. Schauen wir aber noch einmal auf Rheinland-Pfalz, dann haben wir die DIW-Zahlen, die deutlich sagen, bis 2050 werden es knapp 800 Milliarden Euro an Schäden in Deutschland geben, wenn wir es nicht schaffen, die Klimaerwärmung tatsächlich zu bremsen.

Wir brauchen aber nur auf unseren Wald in RheinlandPfalz zu schauen. Ich werde nächste Woche den neuen Waldzustandsbericht vorstellen. Dort sind auch wieder 73 % der Bäume geschädigt, leider unverändert. Damit sind beispielsweise mindestens 25 Millionen Euro Verluste für Landesforsten verbunden.

Man erfasst diese Schäden nicht so richtig, auch in der

Landwirtschaft. Wir haben die Frostschäden im Obst- und Weinbau. Wir haben auch die Gesundheitsschäden, die durch die Hitzeentwicklung und Luftverschmutzung – man kann das nicht richtig voneinander trennen – enorm sind.

Wir haben erhebliche Investitionen im Hochwasserschutz und hoffen, dass wir damit die Ereignisse begrenzen können, die sich auch in Rheinland-Pfalz in den letzten Jahren ereignet haben, ob es Starkregenereignisse oder Überflutungen waren.

Auf der anderen Seite haben wir die Möglichkeiten der Wertschöpfung. Das will ich noch einmal betonen. Es gibt enorme Wertschöpfungspotenziale für den rheinlandpfälzischen Mittelstand durch die erneuerbaren Energien von 2,2 Milliarden Euro bis 3 Milliarden Euro. Wir haben im Jahr 2013 etwa 12.600 Personen in diesem Bereich beschäftigt, davon 4.700 im Bereich Windenergie. Wir haben etwa 400.000 Beschäftigte in Deutschland. Wir können sagen, dass ein zusätzliches Wachstum des Bruttoinlandprodukts von ca. 1 % mit der Entwicklung des Klimaschutzes und der erneuerbaren Energien verbunden ist.

Wir haben sinkende Ausgaben für fossile Brennstoffprodukte von mehr als 3,5 Milliarden Euro bis 2020 zu erwarten. Ich finde, es ist ein sehr gutes Zeichen, wenn wir einen Rückgang der Importe von fossilen Energieträgern – dazu zählt insbesondere die Kohle – erwarten können.

Auch im Hunsrück beispielsweise gibt es detaillierte Zahlen, die Herr Landrat Fleck hat zusammenstellen lassen und die öffentlich zugänglich sind.

(Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Steinbach.

Sehr geehrte Frau Ministerin, auf der Weltklimakonferenz gab es weitere Beschlüsse, unter anderem die Fortschreibung des Fonds aus dem Kyoto-Protokoll für Klimaschutzprogramme in ärmeren Ländern. Wie haben Sie die Ernsthaftigkeit bzw. die nachhaltige Umsetzung erlebt? Wann wird dort mit ersten konkreten Maßnahmen zu rechnen sein?

(Vizepräsident Hans-Josef Bracht übernimmt den Vorsitz)

Ja, das spielte eine große Rolle. Wie gesagt, die Entwicklungsländer legen einen Hauptfokus auf die Finanzierung des sogenannten Adaptionsfonds. Es gibt eine weitere Diskussion um Loss and Damage. So heißt das. Es geht dabei um die Schäden, wobei die Versicherungslösung dort angebracht ist. So viele Schäden sind schließlich unmöglich zu ersetzen.

Es gab aber natürlich eine interne europäische Diskussion

um die Haltung von Polen. Ganz zum Schluss der Konferenz hat Polen, das Ausrichter der nächsten Konferenz ist, doch noch deutlich gemacht, sie werden das KyotoProtokoll unterschreiben. Das ist sicher ein gutes Signal für die Akzeptanz der Situation und der Bedürfnisse der Entwicklungsländer. Ich glaube, das ist ein gutes Zeichen.

Für eine weitere Zusatzfrage erteile ich der Frau Abgeordneten Schneider das Wort.

Frau Ministerin, Sie haben von der bemerkenswerten Rede des Staatspräsidenten Macron aus Frankreich gesprochen. Teilen Sie die Bewertung der Bundesumweltministerin, dass man es sehr kritisch bewerten muss, wenn Frankreich aus der Kohle aussteigt, dass sie gleichzeitig in Atomenergie investieren? Was muss nach Auffassung der Landesregierung getan werden, wenn die Versorgungssicherheit sichergestellt werden soll?

Ich habe gerade darauf hingewiesen. Wir hatten ein Treffen mit der französischen Delegation, mit den Abgeordneten. Dort habe ich noch einmal ganz stark auf die Notwendigkeit, die wir aus rheinland-pfälzischer Sicht sehen, nämlich die grenznahen Atomkraftwerke wie Fessenheim oder Cattenom abzuschalten, hingewiesen.