Herr Minister, Sie haben zu Recht kritisch angemerkt, dass wir einen gesellschaftlichen Trend zur Akademisierung haben. Sie haben da unter anderem die Eltern ein Stück weit in die Verantwortung genommen, die solche Entscheidungen für ihre Kinder treffen. Würden Sie mir zustimmen, dass daneben aber auch bildungspolitische Versäumnisse diese Entwicklung vorangetrieben haben, wie die Abschaffung der Hauptschule, die ständige Erweiterung der Hochschulzugangsberechtigungen und das Absenken des Leistungsniveaus etwa im Bereich das Abiturs?
Herr Kollege, Rheinland-Pfalz verfügt über eine hochmoderne Schul- und Bildungslandschaft. Wir haben in Rheinland-Pfalz eine Bildungsvielfalt, die es ermöglicht, alle Schülerinnen und Schüler individuell zu fördern. Wir sind als Landesregierung davon überzeugt, dass wir mit dem bildungspolitischen Kurs, den Rheinland-Pfalz eingeschlagen hat, der maximale Durchlässigkeit im Bildungssystem bietet, auch einen wichtigen Beitrag zur Anerkennung der beruflichen Bildung leisten.
In Rheinland-Pfalz sind wir beispielhaft, was die Durchlässigkeit des Bildungssystems angeht. Jeder, der sich in Rheinland-Pfalz für die berufliche Bildung entscheidet, hat keinen falschen Weg eingeschlagen, weil er sich jederzeit weiterqualifizieren kann.
Der Wechsel von der beruflichen in die akademische Bildung ist ganz wichtig, um jungen Menschen die Entscheidungsfreiheit zu lassen, sich für die berufliche Bildung zu entscheiden. Die Bildungsvielfalt und die Breite der Schullandschaft in Rheinland-Pfalz sind beispielgebend für den Bund.
Auch die Investitionen, die wir in die frühkindliche Bildung tätigen, sind aus der Sicht der Landesregierung gut angelegtes Geld, weil wir hiermit einen Beitrag leisten, Fachkräftesicherung zu gewährleisten.
Ihre konkrete Frage zur Hauptschule kann ich dahin gehend beantworten, dass wir mit der Realschule plus in Rheinland-Pfalz ein von der Bevölkerung akzeptiertes und in der Breite sehr konkretes Bildungsangebot machen, das den Anforderungen an eine moderne Schullandschaft gerecht wird.
Herr Minister Dr. Wissing, kann aus Ihrer Sicht die Woche der Berufsbildung auch einen Beitrag dazu leisten, die regionalen Unterschiede in der Situation des rheinlandpfälzischen Ausbildungsmarkt etwas zu verringern und diesen zu begegnen, oder welche anderen Instrumente sehen Sie da als geeignet an?
Herr Kollege Alt, es muss immer eine Vielzahl von Maßnahmen geben. Mit der Woche der Berufsbildung wollten wir einfach das Thema berufliche Bildung stärker in den Fokus rücken. Es gibt sehr viele Aktivitäten, die vor Ort entstanden sind. Wir werden das auch im nächsten Jahr wieder durchführen und wollen, dass in der Fläche auf die Chancen der beruflichen Bildung hingewiesen wird.
Ich höre beispielsweise aus Gesprächen mit Präsidenten der Universitäten, dass sie bedauern, dass sich viele zu schnell für ein Hochschulstudium entscheiden und am Ende nicht den Absprung in die berufliche Bildung schaffen. Besser wäre es, wenn sich alle jungen Menschen frühzeitig die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung vergegenwärtigen und in ihre Entscheidung einbeziehen würden, dass ein Ja zur beruflichen Bildung niemals ein Nein zur akademischen Bildung ist. Das breiter in die Fläche zu tragen, das auch ins Bewusstsein der Eltern zu bringen, ist eine Daueraufgabe, der wir uns stellen müssen.
Uns ist natürlich bewusst, dass wir das mit einer Woche der Berufsbildung, die einmal durchgeführt wird, nicht abschlie
ßend erreichen können, aber das sollte ein Beitrag sein, der mit einem geringen Kostenaufwand realisiert werden konnte, um das Bewusstsein in der breiten Öffentlichkeit noch weiter zu verstetigen. Insofern ist diese Maßnahme aus unserer Sicht gerade auch unter dem Gesichtspunkt, den Sie erwähnt haben, in der Fläche die Menschen zu erreichen, sehr erfolgreich gewesen.
Herr Präsident, vielen Dank. – Sie haben vorhin angedeutet, dass es schwer ist, auf dem Ausbildungsmarkt zusammenzukommen. Meine Frage dahin gehend: Wie wollen Sie die nicht nachgefragten Berufe attraktiver gestalten?
Frau Kollegin, die Berufe sind sehr attraktiv. Die Ausbildungsbetriebe bieten tolle Angebote. Das, was wir in Rheinland-Pfalz an mittelständischer Struktur vorfinden, ist optimal geeignet. Die Schwierigkeiten bestehen oft darin, dass der Wert der beruflichen Bildung und vor allem die Chancen, die darin liegen, nicht ausreichend von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Aus diesem Grund wollen wir neben den Maßnahmen, die ich genannt habe, auch mit der Woche der Berufsbildung eine Verbesserung erreichen.
Es liegen noch vier weitere Zusatzfragen vor. Danach betrachte ich diese Mündliche Anfrage als beantwortet. – Zunächst eine Zusatzfrage von Herrn Kollegen Frisch.
Herr Minister, ich muss noch einmal kurz nachfragen. Ich stimme Ihnen zu, dass wir eine vielfältige und durchlässige Bildungslandschaft in Rheinland-Pfalz haben. Das ist auch gut so. Meine Frage zielte aber eigentlich auf einen anderen Aspekt. Sie haben auch gesagt, es funktioniert im Moment offensichtlich nicht, dass wir genügend junge Menschen für die berufliche Bildung begeistern können. Haben ich Sie richtig verstanden, Sie sehen da keinerlei bildungspolitischen Versäumnisse, die diesen Prozess, diese doch beklagenswerte Entwicklung mit beeinflusst hätten?
Herr Kollege Frisch, es ist eine Daueraufgabe der Landesregierung, die bildungspolitischen Angebote zu evaluieren und immer neu anzupassen. So kam es in der Vergangenheit dazu, dass man Entwicklungen in der Schullandschaft wahrgenommen, analysiert und dann reagiert hat. So kam
es beispielsweise in Rheinland-Pfalz zur Abschaffung der Hauptschulen und der Einführung der Realschule plus.
Ich halte es für eine Daueraufgabe, die Bildungslandschaft zu evaluieren, in ihr nachzusteuern und, wo immer das möglich ist, sie zu verbessern. Es gibt eine Vielzahl von Maßnahmen, die wir auch heute durchführen. Ich hatte gestern unter anderem über die Initiativen des Wissenschaftsministers gesprochen, an den Universitäten eine stärkere Kooperation mit beruflicher Bildung herbeizuführen. All dies sind Maßnahmen, die stattfinden.
Insofern kann ich Ihre Frage dahin gehend beantworten: Es gibt immer Entwicklungen, die ein Nachsteuern erfordern. Das war in der Vergangenheit so, das ist auch heute so, und das wird auch in Zukunft so sein. Entscheidend ist, dass eine Landesregierung permanent evaluiert und kontinuierlich verbessert. Das Ergebnis muss dann sein, dass man so gut dasteht wie wir in Rheinland-Pfalz.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, müsste nicht im Sinne einer Gleichstellung der beruflichen und der akademischen Bildung über den Meisterbonus hinaus, der nur einen relativ geringen Teil der beträchtlichen Kosten der Meisterausbildung abdeckt, die Meisterausbildung komplett kostenfrei gestellt werden, wie das im Prinzip beim akademischen Äquivalent der Promotion der Fall ist?
Vielen Dank, Herr Kollege. – Es ist wichtig, dass die Ausbildungskosten keine Hürden darstellen. Deswegen wollen wir mit dem Ausbildungsbonus I und II auch einen Schritt hin zur Kostenfreiheit der beruflichen Bildung erreichen. Wir streben deswegen mit diesen Maßnahmen eine ganz klare Verbesserung an, die sich aber immer im Rahmen der haushaltspolitischen Möglichkeiten des Landes bewegen muss. Insofern ist das jetzt ein Einstieg.
Wir stehen mit den Handwerkskammern in einem sehr engen Austausch und selbstverständlich auch mit den Industrie- und Handelskammern, die sehr viel berufliche Bildung verantworten, und der Landwirtschaftskammer. Wir werden diese Dinge permanent evaluieren.
Was die Höhe des Ausbildungsbonus I und II angeht, so befinden wir uns gegenwärtig im Konsens mit den Verantwortlichen in den betroffenen Kammern. Wir sind aber auch hier für einen Dauerdialog offen und haben uns den gegenseitig zugesagt.
Sehr geehrter Herr Minister, die berufsbildenden Schulen sind wichtige Partner gerade in der Ausübung der Bildung der jungen Menschen in der Berufsausbildung. Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die nach wie vor seit Jahren bestehenden hohen Unterrichtsausfälle gerade an den berufsbildenden Schulen für deren notwendigen und wichtigen Part in der Unterstützung der beruflichen Bildung?
Frau Kollegin, die Landesregierung nimmt Unterrichtsausfälle sehr ernst und steuert mit Nachdruck in Einzelfällen, wo immer das nötig ist, dagegen. Gerade auch im Bereich der beruflichen Bildung
liegt der Landesregierung eine gute Unterrichtungsversorgung neben einer guten Ausstattung der berufsbildenden Schulen besonders am Herzen. Deswegen haben wir in dieser Legislaturperiode auch Maßnahmen zur Verbesserung der Situation vereinbart und ergriffen.
Wir dürfen weitere Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses Sozialkunde der 12. Jahrgangsstufe des Geschwister-SchollGymnasiums in Ludwigshafen. Herzlich willkommen bei uns!
Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Hartenfels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Ergebnisse der COP 23: Auftakt zum Regelbuch – Nummer 5 der Drucksache 17/4623 – betreffend, auf.
Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Letzte Woche war die Woche der Verhandlungen in Berlin genauso wie in Bonn. Mit 24.000 Teilnehmern war es die größte UN-Konferenz, die jemals stattgefunden hat. Die Gespräche in Bonn und Berlin hatten durchaus etwas miteinander zu tun.
Wirklich beeindruckend aber war, dass die Vertreter von allen Staaten der Welt dort waren und trotz der weltweiten Unruhen konstruktiv und friedlich an den Zielen des Klimaschutzes zusammengearbeitet haben. Dazu muss man sogar die USA rechnen.
Das ist eine Konferenz, die einerseits aus Verhandlungen besteht und andererseits beispielsweise Experten und Wissenschaftler vereint. Gut, es gibt immer noch manche, die die Gesetze der Physik leugnen wollen, aber es gibt ganz viele, die sehr beeindruckend darlegen, welche Konsequenzen sich aus diesen naturwissenschaftlich nachgewiesenen Entwicklungen für uns ergeben, wenn wir die Klimaziele einhalten oder nicht.
Die aktuelle Entwicklung ist durchaus bedrohlich; denn wir sehen, dass wir bisher nicht die notwendigen Maßnahmen umgesetzt haben, um die Ziele – unter 2 Grad Celsius bzw. bei höchstens 1,5 Grad Celsius zu bleiben – zu erreichen. Was man für uns sagen kann, für Europa, Deutschland und Rheinland-Pfalz, ist, dass man sich besonders um die Hitzeentwicklung Sorgen machen muss. Heute schon sehen die Hitzekarten für die großen Städte nicht gut aus. Über 7.000 Hitzetote haben vor einigen Jahren für sich gesprochen. Auch die Auswirkungen auf den Golfstrom durch das Schmelzen der Gletscher ist etwas, was uns enorm tangiert. Vielleicht kann ich später darauf noch eingehen.