Dazu einige Beispiele: Das Ziel der Wettbewerbsverbesserung und Krisenfestigkeit manifestiert sich in der Absicht, die Direktzahlungen zur Basiseinkommens- und Risikoabsicherung auf hohem Niveau fortzusetzen, sie aber gerechter zu verteilen und stärker an bäuerlichen Strukturen auszurichten, so wie wir sie etwa in Rheinland-Pfalz vorfinden.
Die Kommission betont in ihrer Mitteilung die zwingende Notwendigkeit, landwirtschaftliche Betriebe zu modernisieren und gezielt weiterzuentwickeln. Es muss verstärkt investiert werden in einzelbetriebliches Wachstum, Diversifizierung, Rationalisierung, innovative Techniken und Digitalisierung, aber auch in mehr Tierwohl sowie in Umweltund Klimaschutzmaßnahmen. Hierzu zählen moderne Tierställe ebenso wie Präzisionslandwirtschaft in Nutzung von Big Data und sauberer Energie, um die Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Krisenfestigkeit der einzelnen landwirtschaftlichen Betriebe zu stärken.
Die Kommission möchte regionale Wertschöpfungsketten unterstützen, wie auch die Bioökonomie im ländlichen Raum. Sie fordert deshalb weitere Verbesserungen der Marktbedingungen und möchte landwirtschaftliche Erzeuger in der Wertschöpfungskette stärken. Die Kommission möchte die Junglandwirte besonders fördern, etwa durch eine Stärkung der Junglandwirteprämie der 1. Säule. Beratung und Wissenstransfer in den Agrarsektor sind weitere Ansatzstellen.
Zur Stärkung der Krisenfestigkeit und Widerstandsfähigkeit des Agrarsektors soll neben den Direktzahlungen und bisherigen Maßnahmen der 2. Säule eine permanente EU-Plattform für das Risikomanagement eingerichtet werden, die Landwirten, Behörden und Interessensträgern ein Forum zum Austausch über Erfahrungen und bewährte Praktiken bietet, die Nutzung bestehender Instrumente verbessert, deren Erkenntnisse in künftige politische Entwicklungen einfließen sollen. Zudem soll geprüft werden, wie die private Risikovorsorge im Agrarsektor gestärkt werden kann.
Zu Frage 4: Die Herausforderung besteht darin, eine neue Methodik zu finden, die zugleich den Mitgliedstaaten und
Regionen mehr Flexibilität und Handlungsoptionen gibt und eine erfolgreiche Umsetzung in den landwirtschaftlichen Betrieben ermöglicht. Diskutiert wird ein Rückzug der Kommission aus dem derzeitigen Regelungs- und Kontrollrahmen der GAP, eine Umstellung auf eine Ergebnisorientierung und eine Beschränkung auf reine Systemkontrollen in den Mitgliedstaaten.
Derzeit ist offen – das gehört zu den eingangs erwähnten zu klärenden Punkten –, ob das neue Instrument des nationalen Strategieplans für die GAP über beide Säulen und die von der Kommission zu genehmigenden Programmplanungen zu der dringend erforderlichen Entbürokratisierung führen.
Die Kommission legt dabei den groben Rahmen der Förderung fest. Die Zielerreichung, Einhaltung von Vorgaben und die Überwachung sowie die Berichterstattung obliegt den Mitgliedstaaten.
Sehr geehrter Herr Minister, Professor Alfons Balmann vom IAMO-Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien hat auf dem DLG-Kolloquium letzte Woche in Berlin eine umfassende Kritik der aktuellen Kommissionsvorschläge vorgelegt. Diese Kritik war wenig schmeichelhaft: im alten Denken der EU verhaftet, zu geringe Anpassungsfähigkeit an veränderte Rahmenbedingungen, fehlende Transformierbarkeit des Systems. Ist Ihnen diese Kritik bekannt, und wie bewerten Sie diese?
Die Kritik ist bekannt. So, wie Sie sie formuliert haben, ist sie in ihrer Allgemeinheit für mich zu undifferenziert, um sie einer kritischen Bewertung zu unterziehen.
Allgemeine Vorwürfe zu machen, das sei alles retardiert, ist mir zu einfach. Die EU-Agrarpolitik ist eine der ganz wesentlichen Politiken der Europäischen Union. Sie ist eine der ersten und grundlegenden Voraussetzungen dafür gewesen, dass Europa so zusammenwachsen konnte.
Wir haben in Rheinland-Pfalz spezifische Agrarstrukturen, die es erfordern, dass wir die Interessen der Landwirtinnen und Landwirte unseres Landes auf europäischer Ebene einbringen. Dazu gehört, dass wir gerade angesichts der Wetterkalamitäten, die wir in den letzten Jahren erlebt haben, dafür sorgen, dass die 2. Säule nicht zulasten der 1. Säule gestärkt wird, weil – ich habe es eben in meinen Ausführungen erwähnt – die 1. Säule Teil der Risikoabsicherung der Betriebe ist.
Mir werden bei den Kritiken in den Vorschlägen der EUKommission solche Aspekte zu schnell übersehen. Es hilft
nichts, theoretisch über die neue EU-Agrarpolitik zu sprechen und die konkreten Bedürfnisse der landwirtschaftlichen Betriebe außer Acht zu lassen. Die konkreten Anforderungen an eine moderne Agrarpolitik kennen wir in den Regionen besser als die Nationalstaaten und besser als abstrakt arbeitende Institute. Deswegen ist es erforderlich, dass die Landesregierung diese konkreten Erkenntnisse, die wir aus dem engen Austausch mit unseren landschaftlichen Betrieben und ihren Verbänden haben, unmittelbar in der EU-Kommission einbringt.
Die Landesregierung hatte kürzlich eine auswärtige Ministerratssitzung. Wir hatten dort den EU-Kommissar Oettinger zum Gespräch. Sie können sicher sein, dass wir die Notwendigkeiten einer modernen Agrarpolitik für Rheinland-Pfalz dort ausreichend adressiert haben.
Wir werden auch weiter im Dialog mit der EU-Kommission die Interessen der bäuerlichen Struktur in Rheinland-Pfalz dort vorbringen.
Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben soeben ausführlich die Wichtigkeit einer ausreichenden Finanzausstattung der GAP nach dem Jahr 2020 angesprochen, um die Aufgaben und Zukunftsprozesse der Landwirtschaft, aber auch der ländlichen Räume zu erhalten. Wie bewerten Sie die möglichen finanziellen Auswirkungen der BrexitVerhandlungen auf das Finanzbudget und insbesondere unser Land Rheinland-Pfalz?
Herr Kollege Steinbach, damit sprechen Sie ein sehr konkretes Problem an, das in der nächsten Finanzplanung auf europäischer Ebene eine zentrale Rolle spielen wird. Wir sind auch in diesem Themenbereich mit Herrn Kommissar Oettinger in engem Austausch.
Der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union wird Veränderungen der Finanzströme mit sich bringen. Es ist aber erforderlich, dass die Direktzahlungen an unsere Betriebe in bisheriger Höhe aufrechterhalten werden.
Wir diskutieren auf allen politischen Ebenen Verschiebungen in die 2. Säule, die gut begründbar sind, weil die 2. Säule natürlich eine zielgenauere Förderung beinhaltet. Es darf am Ende aber nicht dazu führen, dass eine Lücke beim Risikomanagement der landwirtschaftlichen Betriebe besteht, wenn die Anforderungen an das Risikomanagement steigen. Deswegen darf auch der Brexit nicht dazu führen, dass die Zahlungen reduziert werden. Ich hatte vorhin bereits ausgeführt, dass in bestimmten extensiven landwirtschaftlichen Bereichen bis zu 92 % der Betriebsergebnisse von den Direktzahlungen abhängen. Es gibt auch einen breiten gesellschaftlichen Konsens, dass keine Intensivierung erfolgen soll. Insofern müssen wir das alles im Blick haben. Damit schließt sich auch wieder der
Kreis der Notwendigkeit, dass wir aus regionaler Sicht die konkreten Interessen der Agrarbetriebe vor Ort auf europäischer Ebene mit in die Entscheidungsfindung einfließen lassen müssen. Das tun wir, und ich weiß auch, dass sich der Landtag mit diesen Themen sehr präzise und umfangreich beschäftigt, und das ist gut so. Die Landesregierung freut sich, wenn wir seitens des Landesparlaments eine breite Unterstützung erfahren.
Herr Minister, gerade in den letzten Jahren wurde von der rheinland-pfälzischen Landesregierung immer wieder die Forderung laut, Umschichtungen von der 1. in die 2. Säule vorzunehmen. Wie beurteilen Sie diese Forderung heute, und wie bringen Sie sie in die Verhandlungen mit ein?
Herr Kollege Schmitt, die Gesellschaft stellt hohe Anforderungen an die Landwirtschaft, die unsere landwirtschaftlichen Betriebe auch gern erfüllen; allein, es stellt sich immer die Frage: Wer finanziert die Mehrleistungen?
Dazu gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder gibt man mehr Geld seitens der Verbraucherinnen und Verbraucher für die Produkte aus – dazu fehlt aber leider oft die Markttransparenz –, oder aber man vergütet die zusätzlichen Anforderungen etwa im Bereich des Tierwohls oder auch in anderen Bereichen und Umweltmaßnahmen über die 2. Säule. So erklären sich auch die Forderungen, die 2. Säule zu stärken, die ich von der Zielrichtung her verstehen kann. Ich habe allerdings – das habe ich soeben auch schon ausgeführt – Bedenken, eine Stärkung der 2. Säule zulasten der 1. Säule vorzunehmen.
Meine Beobachtung ist, dass diejenigen, die eine Stärkung der 2. Säule zulasten der 1. Säule fordern, dies nicht deswegen tun, weil sie die 1. Säule schwächen wollen, sondern ganz überwiegend deshalb, weil sie keine Alternative sehen, um die zusätzlichen Anforderungen in der 2. Säule zu vergüten. Was will das heißen?
Das will heißen, dass wir künftig meines Erachtens wie folgt vorgehen sollten: Wir sollten dafür sorgen, dass das Risikomanagement der Betriebe, das heute vielfach über die 1. Säule erfolgt, nicht geschwächt wird. Wir sollten auch dafür sorgen, dass die zusätzlichen Anforderungen wie Tierwohl, Umweltschutz und anderes, die von der Gesellschaft verlangt werden und die die Landwirtschaft gern erfüllt, auch vergütet werden. Das bedeutet eine Stärkung der 2. Säule, aber nicht zulasten der 1. Säule.
Mir liegen jetzt noch vier Zusatzfragen vor, danach betrachte ich die Anfrage als beantwortet. Ich erteile zunächst Herrn Weber das Wort.
Herr Minister, Sie haben soeben schon beschrieben, wie Sie auf EU-Ebene im Rahmen der letzten Ministerratsklausur mit Herrn Oettinger die Gelegenheit zu einem Gespräch genutzt haben. Meine Frage ist: Sehen Sie Spielräume, bei der GAPReform 2020 auch Instrumente zu kreieren, die in Richtung einer Ernteabsicherung aufgrund der Wetterereignisse der letzten Jahre gehen, die vielleicht auch zukünftig die Landwirtschaft vor Herausforderungen stellen, und diese Forderungen mit einzubringen und entsprechende Möglichkeiten zu eruieren?
Herr Kollege Weber, das Thema Absicherung vor Wetterereignissen spielt eine zunehmend große Rolle. Wir haben die Jahre 2016/2017 mit Wetterextremen erlebt. Ich erinnere nur an den Frost im laufenden Jahr, der der Obstblüte massiv geschadet hat, oder auch an den Hagel, der über dem Wonnegau niedergegangen ist und weite Teile der Reblandschaft betroffen hat.
Die Anforderung an Absicherung in diesem Bereich wird in den nächsten Jahren zunehmen. Wenn wir den Betrieben eine Nachfolge sichern wollen, müssen wir uns in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung genau mit der Frage befassen, die Sie gestellt haben: Wie können wir die Finanzierung einer Risikoabsicherung sicherstellen, die es den Betrieben ermöglicht, ein Risikomanagement zu betreiben, auch unter dem Gesichtspunkt, dass jeder Landwirt auch eine Altersvorsorge und ein auskömmliches Einkommen haben muss?
Deswegen befürworte ich, dass man sich in den nächsten Monaten auf allen politischen Ebenen mit der Frage beschäftigt, wie man diese Wetterrisiken versichern kann und wie die Landwirtinnen und Landwirte bei der Finanzierung dieser Versicherungen unterstützt werden können. Das spielt auch eine Rolle bei der Frage, wie die 1. Säule in Zukunft ausgestattet werden soll.
Wenn es auf europäischer Ebene zu einer Reduzierung kommen sollte – ich persönlich fordere diese Reduzierung nicht, ich bin für die Beibehaltung –, dann fordere ich, dass es eine Unterstützung zur Finanzierung entsprechender Versicherungen gibt; denn zusätzliche Anforderungen an das Risikomanagement können den Betrieben nicht aufgelastet werden. Ansonsten werden wir erhebliche Schwierigkeiten bei der Nachfolge bekommen.
Sehr geehrter Herr Minister, wird die GAP aus Sicht der Landesregierung auch weiterhin im gleichen Umfang den Ausbau der ökologischen Landwirtschaft fördern, sodass die Rahmenbedingungen gesteckt sind, um wie vereinbart
Frau Kollegin Blatzheim-Roegler, die ökologische Landwirtschaft ist ein wichtiger Teil unserer Landwirtschaft. Sie sichert auch betriebliche Einkommen. Wir haben etwa beim Wein sehr hohe Fassweinpreise und leisten damit über den ökologischen Weinbau auch einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der Weinwirtschaft insgesamt.
Auch was die zukünftigen Anforderungen an den Grundwasserschutz angeht, haben wir ein Interesse daran, dass die Betriebe Anreize haben, sich mit ökologischer Landwirtschaft auseinanderzusetzen. Insofern befürworten wir als Landesregierung die entsprechende Unterstützung in der GAP, und die sollte auch so bleiben.
Herr Minister, Sie haben noch einmal betont, dass Sie eine Umschichtung der Mittel von der 1. in die 2. Säule ablehnen. Dies findet sicherlich auch unsere Unterstützung. Aber ist jeder Koalitionär in der Ampelkoalition der Meinung, dass die Mittel aus der 1. Säule nicht in die 2. Säule umgeschichtet werden sollen?
Die Umschichtung von der 1. in die 2. Säule – ich habe es vorhin schon gesagt – wird deshalb gefordert, weil man zusätzliche Anforderungen der Gesellschaft an die Landwirtschaft spürt. So gibt es beispielsweise im Bereich des Tierwohls und der Art der Tierhaltung in der Gesellschaft die Anforderung, dass durch kleinere Betriebe eine geringere Anzahl von Tieren gehalten wird. Aber dies führt automatisch zu mehr Kosten. Diejenigen, die diese Forderungen erheben, müssen sich mit der Frage auseinandersetzen: Wie soll das für die Landwirte finanzierbar sein?
(Abg. Christine Schneider, CDU: Mich interessiert, ob die Meinungen der Koalitionäre deckungsgleich sind!)
Daraus resultiert eben die Forderung, wenn es keine zusätzlichen Mittel gibt, Mittel aus der 1. Säule dafür zu verwenden.
Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass die Zahlungen aus der 1. Säule nicht reduziert werden sollten, aber zusätzliche Anforderungen über die 2. Säule einer finanziellen Ausstattung bedürfen.
Herr Minister, welche konkreten Vorschläge zur Entbürokratisierung werden Sie als rheinland-pfälzischer Landwirtschaftsminister in die Verhandlungen einbringen?
Herr Kollege Schmitt, das Thema Bürokratie und Landwirtschaft ist ein weites Feld. Vor allen Dingen gibt es dabei sehr widerstreitende Interessen. Einerseits wird von der Landwirtschaft zu Recht gefordert, dass die Anforderungen etwa an den Pflanzenschutz in Europa einheitlich gehandhabt werden. Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland beklagen sich zu Recht darüber, wenn Agrarprodukte bei uns eingeführt werden, die unter anderen Rahmenbedingungen produziert werden, als dies bei uns gestattet ist.
Insofern wird an mich permanent und zu Recht die Forderung herangetragen, ich möge mich dafür einsetzen, dass die Einhaltung der gleichen Standards wie in Deutschland auch in allen anderen EU-Mitgliedstaaten sichergestellt ist. Damit sind wir bei einer verdeckten Forderung nach bürokratischem Aufwand; denn eine solche Kontrolle kann nur stattfinden, wenn auch entsprechende Berichte erfolgen. In diesem Bereich haben wir einen Großteil des bürokratischen Aufwands in der Landwirtschaft.